Schlagwort: Love Parade

Helden wie wir

Fast ein Jahr ist es her, dass auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs in Duisburg 21 Menschen getötet und viele Hundert verletzt wurden. Der erste Jahrestag der letzten „Love Parade“ ist Anlass, an die Katastrophe zu erinnern, das Geschehen zu rekonstruieren, der Opfer zu gedenken und zu fragen, was wir aus den Fehlern lernen können.

Eine der wichtigsten Lehren aus dem schrecklichen Geschehen liegt auf der Hand: Wir dürfen nie vergessen, was für eine großartige Zeitung die „Neue Ruhr-Zeitung“ (NRZ) ist. Dankenswerterweise erinnert die NRZ dezent daran.

Am vergangenen Sonntag brachte sie auf ihrer Medienseite einen großen Artikel über die Fernsehsendungen, die in diesen Tagen über die „Love Parade“ laufen. Das Aufmacherbild zeigt, wie könnte es bei diesem Thema anders sein, Rüdiger Oppers, den Chefredakteur der NRZ.

Im Text heißt es:

(…) Viele Beteiligte und Kritiker kommen [in einer ZDF-Doku-Fiction] zu Wort, so auch der NRZ-Chefredakteur Rüdiger Oppers. Während der Dreharbeiten war das Fernsehteam zu Gast bei der NRZ, die sich von Anfang an für eine umfassende Aufarbeitung der Ereignisse eingesetzt hat. Nicht nur die Fernsehteams sahen die NRZ in der Berichterstattung weit vorne. Rüdiger Oppers erinnert an die dramatischen Tage im Sommer 2010 und bezieht Stellung zur Frage der Verantwortung.

Auch „Spiegel TV“ schickte sein Kamerateam zur NRZ. Bei Vox läuft am Vorabend des Jahrestages (…) ein Themen-Spezial, und auch hier stand die NRZ bei den Recherchen im Ruhrgebiet zur Seite, beantwortete NRZ-Chef Oppers die Fragen der TV-Kollegen. (…)

Wenn die NRZ schreibt, dass nicht nur die Fernsehteams die NRZ in der Berichterstattung „weit vorne“ sahen, stimmt das natürlich zumindest in einer Hinsicht: Auch die NRZ sah die NRZ in der Berichterstattung weit vorne und hatte sich schon im vergangenen Jahr dafür und für die „Erarbeitung der Meinungsführerschaft“ mit einem Preis ausgezeichnet.

Wenn in den nächsten Tagen jemand beim NRZ-Verlagshaus vorbeikommt: Mich würde interessieren, ob die Menschen dort vorbeigehen, um Blumen und Dankesschreiben zu deponieren, oder sich zu übergeben.

Eva Herman vermutet Gott hinter Massenpanik

Wenn es noch eines Symbols für die Radikalisierung der früheren Nachrichtensprecherin Eva Herman bedurft hätte, hat sie es heute mit ihrem Kommentar zur Katastrophe auf der Love Parade selbst geliefert. Eva Herman vermutet, dass vielleicht ein Akt Gottes dafür gesorgt hat, dass es zu der tödlichen Massenpanik kam, um auf diese Weise die sündige Veranstaltung, das „Sodom und Gomorrha“, für immer zu beenden. Sie formuliert es so:

(…) das amtliche Ende der „geilsten Party der Welt“, der Loveparade, dürfte mit dem gestrigen Tag besiegelt worden sein! Eventuell haben hier ja auch ganz andere Mächte mit eingegriffen, um dem schamlosen Treiben endlich ein Ende zu setzen.

Ursprünglich war an dieser Stelle in ihrem Artikel ein Foto von zwei knutschenden Frauen zu sehen. Vielleicht war das kein Zufall. Vielleicht hat der grausame Gott, an den Eva Herman glaubt, nicht nur etwas gegen Zügellosigkeit, Drogenmissbrauch und schlechte Musik, sondern ganz speziell auch gegen Homosexualität. Unwahrscheinlich erscheint mir das nicht.

Schuld an den Toten sind nach Ansicht von Eva Herman letztlich die Achtundsechziger.

Die unheilvollen Auswüchse der Jetztzeit sind, bei Licht betrachtet, vor allem das Ergebnis der Achtundsechziger, die die Gesellschaft „befreit“ haben von allen Zwängen und Regeln, welche das „Individuum doch nur einengen“. Wer sich betrunken und mit Drogen vollgedröhnt die Kleider vom Leib reißt, wer die letzten Anstandsrnormen feiernd und tanzend einstürzen lässt, und wer dafür auch noch von den Trägern der Gesellschaft unterstützt wird, der ist nicht weit vom Abgrund entfernt. Die Achtundsechziger haben ganze Arbeit geleistet!

Eva Herman meint, am Tag nach dem Tag, an dem 19 Menschen unter furchtbaren und letztlich noch ungeklärten Umständen ums Leben gekommen sind und Hunderte verletzt wurden, müsse man die Frage stellen nach der Verdorbenheit der Veranstaltung an sich, die für sie auch als Ursache für das Unglück festzustehen scheint. Eva Herman glaubt, dass man in diesem Land quasi gezwungen war, die Love Parade gutfinden zu müssen:

Kritik an dieser Veranstaltung war schließlich auch schon in den letzten Jahren politisch unkorrekt.

Eva Herman liefert für diese erstaunliche These keinelei Beleg, aber den braucht sie auch nicht. Eva Herman wird, wenn sie nun von vielen Menschen für ihren dummen und unanständigen Text angegriffen wird, das als weiteren Beweis dafür sehen, dass es in diesem Land Denk- und Sprechverbote gibt.

Dabei darf sie das alles denken und sagen. Und ich darf sie dafür verachten.