Ingolf Lück

Bastian Pastewka holt schon lange nicht mehr den Brisko Schneider aus dem Schrank. Anke Engelke verwandelt sich nur noch zu besonderen Anlässen in Ricky mit ihrem Popsofa. Nur Ingolf Lück gibt immer noch den „Ingolf Lück“ aus der „Wochenshow“.

Ich bin mir nicht sicher, ob das ein gutes Zeichen ist.

„Ingolf Lück“ ist die Parodie eines Fernsehmoderators. Immer eine Spur, nein: drei zu laut, die Gesten zu groß, das Lächeln zu breit. Wenn er lacht, ist es ein demonstratives, comicartiges „Ä-hää-hä“. „Ingolf Lück“ hat das gerääuschvollste Einatmen im deutschen Fernsehen: Jedesmal, wenn er Luft holt, macht das ein heftiges Schnarren, in dem man, wenn man will, die Angst des Fernsehmoderators vor der Stille hören kann, die atemlose Panik vor jedem Zur-Ruhe-Kommen. Und dann das „äh“, das „Ingolf Lück“ fast immer direkt am vorhergehenden Wort andockt: „Herzlich Willkommen bei-äh…“. In schlechten Momenten hängt diese Silbe am Ende jedes einzelnen Wortes. Oder dehnt sich, bei Bedarf, zu scheinbar beliebiger Länge, bis das Publikum endlich lacht oder applaudiert.

Dieser „Lück“ ist natürlich eine Kunstfigur. Die übertriebene und undifferenzierte Euphorie, mit der er jeden Moment jeder noch so belanglosen Show moderiert, muss eine Satire sein. Ein Mittel zu zeigen, wie egal das hier alles ist. Wie künstlich. Und wie frei von jedem Grund, euphorisch zu sein.

Aber längst ist Ingolf Lück im Fernsehen nicht mehr von „Ingolf Lück“ zu unterscheiden. Egal, was er moderiert, ob die Pro-Sieben-Panelshow „Die 100 nervigsten irgendwas“, die ZDF-Panelshow „Nachgetreten“ oder die neue Kabel-1-Panelshow „Darf man das?“, an der das einzig Bemerkenswerte ist, daß sie letzte Woche mehr junge Zuschauer hatte als der gleichzeitig laufende Sat.1-Hochglanz-Thriller „Blackout“ — er moderiert es immer in derselben Art, die einmal eine Parodie war, und heute einfach die Art, wie Ingolf Lück eine Sendung moderiert. Kein anderer Fernsehmoderator ist in den vielen Jahren auf dem Bildschirm so sehr eins geworden mit der eigenen Karikatur wie Ingolf Lück — mit Ausnahme vielleicht von, ja, Servus, Herrschaften, Thomas Gottschalk. Aber im Zweifelsfall ist es dann vermutlich doch angenehmer, als seine eigene Karikatur Claudia Schiffer und die neue Single von Justin Timberlake anzusagen, als Lou Richter und einen gespielten Witz von Christina Plate.

Ich weiß nicht, ob es für Ingolf Lück ein Segen ist, daß die Fernsehsender ihre Sendungen offenbar immer wieder von „Ingolf Lück“ moderieren lassen wollen. Oder ein Fluch.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

16 Replies to “Ingolf Lück”

  1. Wenn Du Dir dagegen die Formel 1-Show auf Kabel 1 anschaust (die, wo der ehemalige Bohlen Partner moderiert), da schafft Lück es völlig ohne stottern, ähs und gackern über Stars und Musikstücke aus seiner Zeit als Formel 1 Moderator zu reden.
    Es gibt ihn also noch, den normalen Lück. Er offenbar nur für die „Comedy-Formate“ nicht erwünscht.

  2. Ungefähr kann ich mir erklären was eine Panelshow sein soll – nur genau nicht. Ich bitte um eine Erklärung oder einen Link, denn Google wollte mir nicht helfen.

  3. @Stefanie: In einer Panelshow sitzen Menschen wie Mirja Boes, Bernhard Hoecker, Lou Richter oder Guido Cantz beisammen und versuchen, Fragen des Moderators zu beantworten und vor allem: lustig zu sein. Erfolgreichste Beispiele in Deutschland: „Sieben Tage, sieben Köpfe“, „Genial daneben“.

  4. @farlion – Lücks Auftritte in „Best of Formel Eins“ sind doch aber ganz grässlich auf witzig getrimmt, letztlich jedoch genauso schal wie die Bemerkungen der unerträgliche Stefanie Tücking und des Gähn-Moderators Kai Böcking. Mich macht der Typ einfach aggressiv.

  5. @h
    Dann habe ich letzte Woche wohl eine Ausnahmesendung gesehen. Denn da kam Lück, im Vergleich zu seinen sonstigen Shows, eher seriös daher.

  6. war lück tatsächlich mal irgendwann lustig? oder dachte man in den trüben 80ern nur das wäre humor, genau wie man gottschalk für charmant hielt und bill cosby und alf für frech.

    wir hatten doch nix damals. nix hatten wir. da wurde weggelacht was kam.

  7. Mir ging es ja neulich so:

    Entdecke gerade in der TV-Zeitung die wunderbare Sendung „Die 100 nervigsten Deutschen“ und bin überrascht, dass Pro7 die Bekanntgabe der – wenig überraschenden – TOP 4 mit Ingolf Lück, Kim Fischer, Hans Werner Olm und Elton bereits zum Vorabdruck zugelassen hat.

    Rasch bemerke ich meinen Irrtum. Es handelt sich lediglich um die Namen des Moderators und seiner Gäste.

  8. @Heydrich: Recht haben sie, junger Mann. Wo man doch am Wannsee sitzen und die Probleme lösen könnte, nicht wahr?

  9. @11, na, na, na: 1. politisch korrekt darf es (sollte es auch nicht) selbst für i.lück keine „endlösung“ geben; 2. der heydrich ist tot (und das ist gut so)

  10. […] Hatte nicht schon FAS-Kolumnist Stefan Niggemeier erst kürzlich über Ingolf Lück geschrieben: „Ingolf Lück“ ist die Parodie eines Fernsehmoderators. Immer eine Spur, nein: drei zu laut, die Gesten zu groß, das Lächeln zu breit. Wenn er lacht, ist es ein demonstratives, comicartiges „Ä-hää-hä“. „Ingolf Lück“ hat das gerääuschvollste Einatmen im deutschen Fernsehen: Jedesmal, wenn er Luft holt, macht das ein heftiges Schnarren, in dem man, wenn man will, die Angst des Fernsehmoderators vor der Stille hören kann, die atemlose Panik vor jedem Zur-Ruhe-Kommen. […]

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