David Copperfield ist nicht Uri Geller

Man muss das natürlich prinzipiell begrüßen, wenn ein Medium nicht einfach stumpf eine Agenturmeldung übernimmt, sondern sich eigene Gedanken dazu macht. Es ist nur nicht ohne Risiko.

Bei „Welt Online“ kam ein Mitarbeiter am vergangenen Freitag auf die Idee, aus zwei Meldungen eine zu machen. Leider hatten beide nur in seinem Kopf etwas miteinander zu tun.

GEFÄHRLICHE ZAUBER-SHOWS: TV-Verbot für Mentalisten in Ecuador / Ein Assistent des US-Magiers David Copperfield ist bei einer Vorstellung in Las Vegas in einen Ventilator geraten und schwer verletzt worden. Für die Gegner von Parapsychologie ein gefundenes Fressen: In Ecuador hat der Nationale Rundfunkrat bereits beschlossen, dass Zauberer oder Mentalisten nicht mehr im TV gezeigt werden dürfen.

Man kann beim Lesen des Vorspanns schon fast das Knirschen im Übergang hören.

Im Artikel selbst wird es nicht besser. „Welt Online“ beschreibt erst, wie ein Assistent Copperfields schwer verletzt wurde, weil er in einen Ventilator gesogen wurde, durch den der Zauberer scheinbar schreiten sollte. Und dann folgt der Satz: „Dass auch eine psychische Gefahr von solchen Shows ausgeht, hat jetzt den Nationalen Rundfunkrat in Ecuador dazu veranlasst, Parapsychologie aus dem Fernsehen zu verbannen.“

Die Entscheidung des Rundfunkrates in Ecuador hat sicher nichts mit dem Unfall in Las Vegas zu tun — vor allem aber hat David Copperfield nichts mit Parapsychologie zu tun. Der Mann ist Zauberer. Er nennt sich Illusionist, was ein sehr klarer und treffender Begriff für seine Kunst ist. Er behauptet nicht, mithilfe übersinnlicher Fähigkeiten durch Ventilatoren gehen, fliegen oder die Freiheitsstatue verschwinden lassen zu können. Er weiß nur, wie man es so aussehen lässt, als könne er durch Ventilatoren gehen, fliegen oder die Freiheitsstatue verschwinden lassen.

Ich vermute, die Entscheidung in Ecuador richtet sich eher gegen verschärfte Varianten von „Astro-TV“ mit Wunderheilungen, Ritualen und allem drum und dran. (Vielleicht kennt einer der Leser ja entsprechende Fernsehsendungen von dort?) Das ist ein riesiger Unterschied. Die einen können tolle Tricks und unterhalten uns. Die anderen sind Scharlatane und verkaufen uns für dumm.

Den dämlichen Schluss des Artikels hat „Welt Online“ sich nicht selbst ausgedacht, der stammt original aus der Agenturmeldung:

Auch im deutsche Fernsehen treten immer wieder so genannten Mentalisten auf, die behaupten, über übernatürliche Fähigkeiten zu verfügen. So strahlte der Sender Pro Sieben Anfang des Jahres eine Casting-Show mit Uri Geller aus, der für das Verbiegen von Löffeln per Gedankenübertragung bekannt ist.

Newsflash für AP und „Welt Online“: Niemand kann Löffel per Gedankenübertragung verbiegen. Uri Geller schon gar nicht.

23 Replies to “David Copperfield ist nicht Uri Geller”

  1. Wir haben ja auch allerhand Scharlatane und Wegelagerer in unserem TV.
    Diese nachtaktiven Geschöpfe versprechen schnellen Reichtum oder einen Blick in Zukunft und das nur durch einen kostenpflichtigen Anruf.
    Ich bin auch für einen Verbot in Deutschland.

  2. Ein Redakteur einer überregionalen Zeitung aus dem Süden hat mir neulich berichtet, dass er auch so was fabriziert hat. Eigentlich 2 Themen in einem Artikel zu verwursten. Wurde natürlich allseits bemerkt.
    Die Konsequenz: „Lass es so. Kommt dann eben nicht ins Blatt, aber fürs Onlinestellen reichts.“

  3. Gaaah! Warum ist das denn so schwer zu begreifen?

    Wer sich als Mentalist bezeichnet, wird nie im Leben tatsächlich behaupten, übersinnliche Fähigkeiten zu haben. Wenn, dann nur als Teil der Show. Mentalist = professioneller Zauberer, der Effekte erzielt, die auf Gedanken lesen, Hypnose etc. herauszulaufen scheinen. Derren Brown ist z.B. ein Mentalist.

    Diejenigen, die die gleichen Methoden benutzen, auch eine Show abziehen, sie aber als „echt“ verkaufen, sind keine Mentalisten und haben sich bis zum unsäglichen Geller-Zirkus auch nicht so bezeichnet, sondern wahlweise als Medium, Psi-begabt, und so weiter und so fort.

    Ich glaube, das werde ich Pro7 nie verzeihen können: Eine Berufzbezeichnung als Deckmäntelchen für ihren Mist zu verwenden („wir bezeichnen die jetzt als Mentalisten, den Begriff kennt eh keiner – und wenn wer fragt ob das hier fair ist, weisen wir darauf hin, daß die Bezeichnung ja quasi schon sagt, daß es Tricks sind“) — und dann so laut und häufig behaupten, alles sei echt, daß am Ende solche Agenturmeldungen rauskommen.
    Die dann als Sahnehäubchen von Welt übernommen werden.

  4. „Ich vermute, die Entscheidung in Ecuador richtet sich eher gegen verschärfte Varianten von „Astro-TV” mit Wunderheilungen, Ritualen und allem drum und dran.“

    Südamerika hat ein breites Angebot an dubiosen Kanälen auf denen u.a. Krebsheilungen, Teufelsaustreibungen u.ä. von noch dubioseren Kreaturen angeboten werden. In der Regel natürlich mit dem Verweis auf persönliche Sprechstunden oder überteuerte Produkte, die angeboten werden.

    9live Variationen gibt es natürlich auch, bei denen allerdings nie jemand durchgestellt wird, ein Anruf 3 US-$ Kostet und der Preis in Landeswährung ausgezahlt wird und umgerechnet ca. 50$ ist.

  5. Naja, aber auch die 2. Staffel von „The next Uri Geller“ kommt jetzt im Januar raus. Dieses mal sind wirklich auch wieder namenhafte Zauberkünstler mit dabei. Shuttlecock hat schon Recht, es sind Zauberer und das was sie vorführen sind einfach Zauberkunststücke. Nur Uri Geller ist einer der wenigen, die steif und fest behaupten, dass das alles wirklich Magie ist – Schwachsinn

  6. Postillon, das sehe ich eben anders. Der Unterschied liegt darin, daß Mentalisten niemanden über den Tisch ziehen – beziehungsweise ganz klar sagen: „Sie werden über den Tisch gezogen, und zwar zur Unterhaltung. Nichts davon ist echt.“ Mentalisten behaupten eben nicht, irgendetwas von dem, was sie vorführen, wirklich zu können. Mentalisten behaupten nur eins: Tricks gelernt zu haben, die nicht leicht durchschaubar sind, die unterhaltsam sind, und an denen sie hart gearbeitet haben. Daran ist nichts schlimm. Pro7 und Geller dagegen suggerieren permanent, daß ihre Schützlinge tatsächlich paranormale Fähigkeiten haben – keine harte Arbeit involviert, Unterhaltungswert rein zufällig auch da und nicht etwa langwierig choreographiert.

    Aber die „ehrlichen“ werden eben Dank Pro7 mit den Leuten in einen Topf geworfen, deren Arbeitsweise wirklich schlimm ist.

    Stell‘ Dir mal vor, das würde jemand mit Ärzten und Wunderheilern machen. Die Wunderheiler, die mit Hilfe von Wattebäuschen und ein paar Hühnerinnereien „Krebs heilen“ und Tumore in einer „schmerzlosen Operation“ aus dem Patienten „entfernen“ werden als „Ärzte“ bezeichnet. Ein vernünftiger Arzt würde nie im Leben behaupten, Krebs einfach so heilen zu können, erst recht nicht mit einer solchen „Operation“.

    Und dann sagt jemand „aber ist doch egal wie man das nennt, Arzt oder Wunderheiler, was die machen ist schlimm“. Fändest Du das als Arzt nicht zum Haareraufen?

    Oder als Klempner, von dem alle glauben, er würde Erdstrahlen beseitigen? Oder als Gärtner, dessen Beruf es nach Darstellung von Pro7 hauptsächlich beinhaltet, Feen umzusiedeln?

    Ich kann nur wärmstens empfehlen, mal die Eigenpräsentation von oben genanntem Derren Brown und die Präsentation von Pro7 zu vergleichen. Das sollte den Unterschied eigentlich sehr, sehr klar machen.

  7. Shuttlecock, mag ja alles sein und ich verstehe den Unterschied auch. Ist mir aber schnurz, weil ich kein so enges Verhältnis mit Mentalisten pflege und sie auch nicht für wichtig genug halte, als dass ich mich um eine Bedrohung für ihren Berufstand sorgen würde.

  8. Dann wäre Deutschland gegenüber Ecuador ja ein Entwicklungsland.

    Verbannen wir die telemediale Glaskugelschau und Massenverblödung wieder in die dreckigen, dunklen Hinterhöfe, wo sie der Interessent nur durch Hörensagen findet.

    Schade, wenn die wirklichen Künstler magischer Illusionen wie Copperfield & Co, von denen ich Fan bin, mit Kaffesatzleser und energieausgleichfordernde Telefongebührenabzockern in einen Sack geworfen werden.

    Ich stelle mir gerade vor, wie der Verkehrsminister wegen eines Verkehrsunfall eines Autofahres, das Fahren auf öffentlichen Straßen verbieten würde.

  9. Statt solche Scharlatane zu verbieten, sollte wir die Leute informieren. Wenn jeder weiß, das dass was die machen Müll ist, dann gibt auch Niemand Geld dafür aus. Dann müsste man nicht verbieten, zensieren und den ganzen anderen Kram.

  10. So ein Verbot ist vermeintlich hilfreich. Tatsächlich bringen Verbote aber recht wenig, wie die Weltgeschichte zeigt. Viel wichtiger ist Aufklärung und Information, damit die Leute nicht mehr jeden Mist glauben der ihnen da vorgesetzt wird.
    Die Leute springen ja deshalb so sehr auf diesen Kram an, weil ihnen nicht im gleichen Maß jeden Tag stundenlang vermittelt wird, dass dieses Wahrsager- und Wunderheilerzeugs nichts weiter als gequirlte Flitzkacke ist.

  11. Liebe Kollegen,

    glaubts oder lasst es: Ich war als Berichterstatter bei einer Show von Uri Geller dabei. Bewaffnet mit einem Fotoapparat und einem Loeffel dachte ich mir: Heute zeigs ich es ihm und werde ihn blossstellen. Also hab ich mir einen Termin besorgt, den Loeffel zu Hause eingepackt (ihn auf der Rueckseite markiert, damit ein evtl. Austausch bemerkt wird) und bin los.

    Nach der Show hab ich ihn im Laufe des Interviews gefragt, ob er mir denn bitte einen Loeffel verbiegen wuerde. Er sagte ja. Also gab ich ihm den von mir mitgebrachten. Und… er hat ihn in die Hand genommen und mit dem Zeigefinger der anderen Hand beruehrt und daran gerieben – ohne Kraftaufwand etc. Dann verbog sich der Loeffel ein wenig. Er hat ihn mir in die Hand gegeben und mich gebeten zu warten. Der Loeffel wuerde sich weiter verbiegen – was er dann auch tat. Danach signierte er ihn. Ziemlich platt bin ich nach Hause gefahren. Nun liegt der verbogene Loeffel auf meinem Regal und ich ueberlege immer noch wie er es angestellt hat.

    Gruss und einen schoenen Tag!

    Andi

  12. Der Urin Kellner wäre mit Sicherheit kein schlechterer Illisionist als David Copperfield. Doch während D. C. die Menschen mit seinen Illusionen verzaubern will, wo man als Zuschauer nicht einmal versucht, hinter jeden Trick kommen zu wollen um verzaubert zu bleiben, ging der Urin Keller, mit seinen Kunststücken aus dem Zauberkasten, einen eher unglaubwürdigen, parapsychologischen Weg und sich selbst Kräfte andichtete, die er angeblich von Aliens oder gar Gott bekommen haben will.

    Klar, dass dann jeder Zauberlehrling seine angeblichen paranormalen Kräfte anzweifelte und jedes ausgelobte Phänomen als billgen Taschenspielertrick zu entlarven versuchte, oft schlecht als recht.

    Ich stelle mir gerade vor, da ja Millionen Menschen seit fast 2000 Jahren auf den Messias warten und ich mich als diesen zu erkennen geben würde, sich die Menschen mit 100%iger Sicherheit NICHT freuen sondern mich als Schwindler lynchen würden.

    Der Mensch will nämlich nur an die endzeitliche Rettergestalt glauben aber nicht wirklich erleben, da ihm sonst bei Erfüllung der Glauben daran genommen würde und der selbsternannte „Stellvertreter Christi auf Erden”, genannt „Papst”, seinen Hut nehmen müsste.

  13. @17: „Und… er hat ihn in die Hand genommen und mit dem Zeigefinger der anderen Hand beruehrt und daran gerieben – ohne Kraftaufwand etc. Dann verbog sich der Loeffel ein wenig.”

    Tja, was eine Chemikalie so alles bewirken und Metallstrukturen eines Löffels verändern kann, bis zur Ermüdung und letztendlich erfolgt der Bruch, je nach Konzentration der aufgetragenen Chemikalie. Wirklich verblüffend, gell. ;-)

  14. David Copperfield gegen Uri Geller auszuspielen ist nicht unbedingt überzeugend, denn auch Copperfield zeigt häufig Mentalmagie http://www.metacafe.com/watch/467814/david_copperfield_graffiti_wall/ und spielt mit seinem Image und der Doppeldeutigkeit des Begriffs „Zauberer“. Es gibt reichlich erwachsene, gebildete Menschen, die ihm echte magische Fähigkeiten zusprechen. Selbst, wenn es showmäßig dargeboten wird: http://www.metacafe.com/watch/467865/david_copperfield_the_fan/

    Jeder versierte Zauberkünstler macht früher oder später die Erfahrung, dass Zuschauer nach einem gelungenen Zauberkunststück, für das ihnen jeder Lösungsansatz fehlt, auf übersinnliche Fähigkeiten schließen, selbst nach profanen Kartenkunststücken oder schwebenden Jungfrauen.

    Selbst Mentalisten, die in Disclaimern darauf hinweisen, dass sie nicht ernsthaft übersinnliche Fähigkeiten beanspruchen, berichten übereinstimmend, dass diese bei entsprechend glaubensgeneigter Klientel keine nennenswerte Wirkung entfalten.

    Wenn etwas unter dem Label „Show“ läuft (bei Pro7 läuft es sogar unter dem Programmbereich „Comedy-Show“), dann ist es eine Show, ein Theater. Ob man daher Mentalisten pauschal als Scharlatane verunglimpfen sollte, anstatt ggf. deren Leistung anzuerkennen, grenzt bisweilen an Ignoranz. Illusionen gehören ins Showgeschäft und sind dort auch legitim.

    Es gibt einen Unterschied, ob man Uri Geller in einer schrillen TV-show präsentiert, oder ob ein etablierter Journalist wie Günther Jauch seinen guten Ruf hergibt und Uri Geller in einer als Experiment deklarierten Show als möglicherweise echt präsentiert. Das Schöne ist, dass man einen Umkehrschluss auf die Glaubwürdigkeit entsprechender Journalisten ziehen kann.

  15. Um es auf den Punk zu bringen: Ich hab keine Ahnung wie es funktioniert. Ich hab nur gequotet was mein Vorredner zu Tage gebracht hat. ;) Schöne Restfeiertage!

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