Die „B.Z.“ lässt Roland Koch richtig gewinnen

„Überwältigender Sieg von CDU und FDP“, titelt die „B.Z.“ heute.

Ach was, auch die CDU mit ihrem winzigen Prozentzuwachs, der einem realen Wählerverlust entspricht, hat überwältigend gewonnen? Aber ja. Wenn Sie sich mal die Grafik anschauen wollen, die laut „B.Z.“ das „vorläufige amtliche Endergebnis“ darstellt:

Das ist ja wohl ein Supersprung, den der schwarze CDU-Balken gegenüber seinem grauen Vorgänger gemacht hat.

Die lustigen Experten von der kleinen Berliner „Bild“-Schwester haben sich anscheinend nicht die Mühe gemacht, die Graphen dem tatsächlichen Ergebnis anzupassen, sondern beim Malen frei improvisiert. Wie frei, sieht man, wenn man versucht, ein Raster über die Grafik zu legen. Es ist schwer, das genau zu machen, weil die Balken nicht einmal auf gleicher Höhe beginnen, aber nimmt man die 36,8 Prozent der CDU vom letzten Jahr zum Maßstab, ergibt sich folgendes Bild:

Der CDU-Balken entspricht einem Wert von über 42 Prozent. Das ist fast schon überwältigend.

Nachtrag, 22.40 Uhr. Das hatte ich ganz übersehen: Auch die Zahlenangaben sind falsch, die „B.Z.“ hat die 2008er-Ergebnisse von FDP und Grünen vertauscht. Dadurch erscheint der Zuwachs bei der FDP noch dramatischer, als er tatsächlich war.

48 Replies to “Die „B.Z.“ lässt Roland Koch richtig gewinnen”

  1. Wenn es nicht ein Wurstblatt von Springer wäre, könnte man das (aber auch nur vielleicht) als einmaligen, versehentlichen Ausrutscher durchgehen lassen. Da aber die anderen Graphen in ihren Proportionen auffallend zu stimmen scheinen, und es aus dem Hause Springer stammt, will der Glaube an Zufall nicht aufkommen.

  2. und dann sind auch noch die ergebnisse von b90/grüne und fdp aus dem jahr 2008 vertauscht. ts ts ts…

  3. Naja, sie schreiben ja nicht „überwältigender Stimmenzuwachs“. Und im Vergleich zur letzten Wahl ist das Ergebnis ja schon fast „überwältigend“ gut für die Beiden ;)

  4. 0,4% Zuwachs bei der CDU schlagen sich im Balkendiagramm tatsächlich etwas anders nieder als 0,3% bei der Linken, das lässt sich nicht leugnen. Hmm…

  5. Der hessische Wahlsieg von CDU und FDP ist überwältigend. Daran ist nichts zu deuteln; selbst wenn es einen realen Wählerverlust bei der CDU gibt. Hier zählt doch einzig und allein der Sieg vom 18.01.2009, und die sich daraus ergebene klare Regierungsmehrheit, wenn Guido nicht noch der Hafer stechen sollte :o)

    Die Grafik dagegen, ist in meinen Augen eine eiskalte Manipulation und Leser-Verdummung. Für mich hört hier der Spaß auf! Vergleicht man die beiden Balken der Linke (0,3 % Unterschied zur Länge) und die Balken der CDU (0,4 % Unterschied zur Länge), lässt sich ein gravierendes Missverhältnis erkennen. So geht das nicht! Hier müssten Sanktionen her:

    Wenn eine Tageszeitung wiederholt gravierende Manipulationen oder Fehler in der politischen Berichterstattung abliefert, sollte dieses Medium davon in Kenntnis gesetzt werden, dass es ihm in Zukunft untersagt werden könnte, die Leser/innen mit politischen Nachrichten versorgen zu dürfen. Das mindeste, was hier passieren sollte, ist die Zahlung von saftigen Bußgeldern. Hört sich bestimmt hart an, würde aber sicher helfen. Vom Deutschen Presserat erwarte ich nichts. Hier muss der Gesetzgeber einschreiten.

  6. der fehler könnte natürlich auch darin bestehen, zu unterstellen, dass die skala bei 0 anfängt. vielleicht wurden einfach nur die ersten drei-vier prozent abgeschnitten… wobei… wenn man sich anschaut, dass der abstand zwischen der linken und der fdp bei der letzten wahl knapp 2,5% betragen soll…
    da bleibt einem wohl nichts anderes übrig, als sich auch noch von mindestens einer der folgenden annahmen zu verabschieden:
    1. die skala ist linear,
    2. für beide wahlen wurde dieselbe skala verwendet
    (oder als allerletzte hintertür auch noch: 3. für alle parteien wurde dieselbe skala verwendet)

  7. Also der Balken der Grünen ist im übrigen auch gekürzt. Man sieht es ganz deutlich bei den angelegten Markierungen: Obwohl SPD und Grüne beide 3,7 hinter der ersten Stelle stehen haben gehen die Balken unterschiedlich weit über die Markierung von 10 bzw. 20 Prozent hinaus. Der grüne Balken ist zu kurz! Und der linke Balken müsste auch über die Hälfte der 10-Prozent-Markierung gehen, tut er aber nicht. Oh man, echt peinlich für eine Zeitung die sich „die größte Berlins“ nennt.

  8. @ca-fi, #18: Nein.

    Nein – es kann nicht mit einem verschobenen 0-Punkt erklärt werden. Aus dem CDU-Diagramm kann man die Breite einer Differenz von 0,4%-Punkte ableiten – demnach hätte die SPD dann etwa 0,8%-Punkte verloren, die Grünen 0,3%-Punkte und die FDP 0,6%-Punkte gewonnen.

    Den Nullpunkt nicht zu zeigen und nicht anzuzeichnen wo die Achse beginnt ist eine gängige Täuschungspraxis bei Börsenkursen – bis man da raus hat, was die Dimension des Graphen ist, ist dann auch die nächste Grafik schon eingeblendet, und das Suchen geht von vorne los.

    Es ist keine Unfähigkeit, sondern schäbige Parteinahme, wie man daran erkennt, daß immer dem politisch nahestehenden Club zugelogen wird.

    Ob Unfähigkeit oder böse Absicht – mit einem flotten Spruch aus dem Internet läßt sich diese Frage nicht ein für allemal klären. So unform geht es nicht zu auf der Welt.

  9. Ihr müsst auch genau hinsehen: Die Grafik ist ja perspektivisch verzerrt.

    Als der Grafiker sie gestern Abend getuscht hat, stand er in einem Spiegelkabinett, das von Daniel Libeskind in Hanglange gebaut worden, aber kurz zuvor eingestürzt war. Außerdem musste er das kopfüber malen, weil er letzte Woche von einer Fledermaus gebissen worden war. Und es war dunkel und er hat kaum was gesehen.

    Na gut, vielleicht auch nicht.

  10. Da ist noch ein weiterer Fehler/ eine weitere Manipulation in der Grafik. Nicht die FDP hatte 2008 7,5 Prozent, sondern die Grünen. Die FDP hatte 2008 9,4 Prozent. Da wurden schlichtweg die 2008er Ergebnisse vertauscht. Ob das nun Schlamperei oder Schummelei war sei jetzt mal dahingestellt.

  11. Ob Balkengrafik oder Torte,
    Ein Bild sagt mehr als tausend Worte?
    Und malt man sie noch bunter,
    dann geht die Wahrheit unter..

    Da auch Analphabeten und Manager Grafiken „lesen“ können, sollten sie richtig sein (die Diagramme).

    Wie schrub Herr G aus F (später J)?
    „In bunten Bildern wenig Klarheit,
    viel Irrtum und ein Fünkchen Wahrheit.“

  12. Nur am Rande: Bei den meisten Balkendiagrammen wird zudem keine absolute Bezugsgröße (100%) angezeigt – nicht nur das SPD-Ergebnis sähe daneben noch kläglicher aus. Würde man zusätzlich noch die Wahlbeteiligung von 61% berücksichtigen, ergäbe sich, dass für die CDU mit 22.57% noch nicht mal jeder vierte Wahlberechtigte gestimmt hat; für die FDP entsprechend 9.88%. Summa Summarum: Noch nicht einmal ein Drittel (32,45%) aller Wahlberechtigten bestimmte diese Regierung. Das sind mal Mehrheiten.

  13. Da hatte die BZ wohl eher den Begriff „Donnerbalken“ statt „Erdrutschsieg“ vor Augen und folgerichtig kam nur Sch… raus.
    Oder wie mein Lieblingszauberer kommentieren würde: „Stercus stercus stercus moritorum sum!“

  14. Bisweilen hege ich leise Zweifel an der Authentizität von Kommentaren wie z.B. #14. Das kann doch niemand ernst meinen. Wie hat mein alter Botanik-Prof immer gesagt: Der Mensch ist ein Augentier. Ein solches Balkendiagramm ist schlichtweg Leserverarschung, auch wenn die Zahlen stimmen. Mich würde ja wirklich mal brennend interessieren, wie so etwas redaktionell zustande kommt (also, wie der Wortlaut ist, mit dem eine solche Verfälschung in Auftrag gegeben wird).

  15. @31 Olly:
    Du meinst, Fred sei ein Alter Ego von Stefan Niggemeier, um die Diskussion anzuheizen? Klingt interessant. Sollte mal ein namhafter Medienjournalist untersuchen.

  16. @ Der Postillon, #32

    Du meinst, Fred sei ein Alter Ego von Stefan Niggemeier, um die Diskussion anzuheizen?

    Oh, stimmt, das könnte man so verstehen. Aber nein, so war das nicht gemeint, der Gedanke ist auch eigentlich völlig abwegig, solange hier nicht einige Hundert Kommentare pro Tag weniger eingehen.
    Ich wollte nur meinem Meinungsäußerung, die ja nichts Neues beigetragen hat, durch den Bezug auf einen vorhergehenden Kommentar zu etwas Relevanz verhelfen…

  17. Ich weiß nicht, was ich lächerlicher finde: Die unfähigen Balkenzeichner der „BZ“ oder die Verschwörungstheoretiker unter den Kommentatoren hier.
    Welchen Sinn soll denn eine absichtliche Verfälschung der Balken haben? Selbst der dümmste „BZ“-Leser kann die Prozentzahlen lesen. Und dass Herr Koch Ministerpräsident in Hessen bleibt, dank der hessischen Wähler, hat auch die „Tagesschau“ berichtet.

  18. @ Fred, #35

    Welchen Sinn soll denn eine absichtliche Verfälschung der Balken haben?

    Stimmungmache im Superwahljahr?

  19. Im Übrigen…:
    Wenn man die dazugehörige B.Z.-Schlagzeile („Überwältigender Sieg von CDU und FDP”) sowie deren allgemeine politische Ausrichtung berücksichtigt ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass die Balken mit Absicht beschönigt wurden und Du leicht naiv bist als dass das ein Versehen war und ich ein Verschwörungstheoretiker bin…

  20. @ Olly
    Welche Stimmung hat denn der gemeine Westberliner „BZ“-Leser nach der Lektüre des Artikels und dem Betrachten der Balkengrafik?
    Und was ergibt sich daraus für seine Wahlentscheidungen im „Superwahljahr“?

  21. Nun, er ist möglicherweise eher geneigt zu glauben, dass die CDU die Partei der Gewinner ist, die Partei, der die Menschen auch und gerade in Krisenzeiten vertrauen. Selbst wenn das Unsinn wäre, bringt es der B.Z. doch klare Vorteile. Durch die Wahl der Schlagzeile/Verfälschung der Balkendiagramme kommt sie nicht in Erklärungsnöte. Sie braucht nicht darüber zu schreiben, warum die Union nicht vom selbstverschuldet desolaten Ergebnis der SPD profitieren konnte. Sie muss nicht hinterfragen, welche kapitalen Fehler die CDU und Koch begangen haben müssen, um trotz der erdrutschartigen Verluste der SPD nicht eine Stimme hinzugewonnen zu haben. Und weil die B.Z. dank ihrer Wahl der Schlagzeile/Verfälschung der Balkendiagramme solche Fragen gar nicht zu stellen braucht, muss sie ihren Lesern auch keine Gründe liefern, ihr Kreuz nicht bei der überwältigenden Siegerpartei zu machen.
    Aber das kann ich mir auch alles einbilden…

  22. @Eisenmann, #26: Wo sind die Balken unterschiedlich breit? Bei mir 24px pro Balken. Die 2008er Balken sind schmaler – ja. Aber das ist doch wohl legitim.

    Die Aussage der Balkengrafik richtet sich – auch wenn die Leser keine Analphabeten sind, sondern sich nur wie solche verhalten – weniger an den Itellekt, denn mehr ans Gefühl. Das Gefühl „wir haben den längsten“ soll hier ausgedrückt werden, wir haben die Zuwächse, Aufschwung, Zukunft, Hirnerweichung!

  23. @ pecas, #41

    Vergib mir das ‚Ölly’, ich wollte es damit nur Fred zeigen, verstehst Du?

    Schon o.k., aber verstehen tu ich´s nicht…

  24. @Olly, #43
    Ich wollte den Standpunkt Freds karrikieren | Keineswegs Fred | Daher verlieh ich in meinem Kommentar zu Eurem Dialog der Stimme Freds diabolischerweise einen kleinen lautmalerischen Hieb; Ölly.
    Das will beileibe nicht heissen, dass ich mich da als Rassist betätigt habe; aber seien wir doch einmal ehrlich: Irgendetwas in Richtung allzu willfähriger Verführbarkeit gegenüber der „überwältigenden Siegerpartei“ (der Ausdruck war gelungen, ich nahm ihn vielleicht in seiner ganzen Bedeutung auf) mitsamt ihren asbachuralten Beschuppungsmaßnahmen (wie die Gaudi mit dem Diagramm) – und daher auch eine Verfügbarkeit für diese – scheint nicht untypisch für die 40 Jahre lang in eine absolut einseitige Kritikhaltung gezwungene, und dann 20 Jahre lang schön alimentierte Osthälfte ‚dieses unseres Landes‘ zu sein, dass ich mich vielleicht einen Moment lang dazu hinreissen ließ, die genauso asbachuralte, untertänige Indifferenz hinsichtlich derlei quasi-obrigkeitlichen Winkelzügen („Es stand doch in der Zeitung“) – die sich freilich in derselben Preislage im Westland finden lässt, bloß, wie ich beobachten zu können glaube, in einem (noch?) nicht ganz so starken, flächendeckenden, ausgelieferten und mir vielleicht von daher geradezu symbolträchtig erscheinenden Aufkommen – just mit einem genauso unbeabsichtigt wirkenden Anklang an die Schnödheit zu markieren, wie er sich hinter den oft so ungern zur Kenntnis genommenen Absichten der Motivationsschönfärberei zu stimmungsbeeinflussenden Zwecken verbirgt, und der sich eben – für meine Begriffe – heute am ehesten in dem idealtypischen Idiom des „so-muss-es-sein-Ostens“ zum Ausdruck bringen ließe.
    Aber ist es nicht eigenartigerweise gerade diese Schnödheit, die der Minderheit der rechtschaffen Meckernden für gewöhnlich unterschwellig von der Schar der Mitläufer unterstellt wird? – Das wird ein Mechanismus des ‚wishful thinking‘ sein, mit dem jene „Siegerpartei“ von jeher operiert.
    Und wer diesem das Wort redet, wird immer so klingen, als hätte er eine Socke im Mund, ganz egal woher er/sie/es stammt oder kommt.

  25. Ich hab die Lösung:

    Sie haben eine Wunsch-Grafik schon letzte Woche gemacht und dann nur noch die Zahlen ergänzt.
    Das geht einfach am schnellsten :-)

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