Super-Symbolfotos (32)

Fast erscheint mir hier schon die fröhliche Ironie meines Rubrikentitels unangemessen, aber sehen Sie selbst, was dem Online-Auftritt der österreichischen Zeitung „Die Presse“ eingefallen ist:

[entdeckt von Sönke Klüss]

48 Replies to “Super-Symbolfotos (32)”

  1. Ich finde die Auswahl dieses Fotos zu dem Text gar nicht so verkehrt. Es hat eine starke emotionale Wirkung und untermalt den Inhalt durchaus treffend.

  2. Ehrlich gesagt empfinde ich die Auswahl des Bildes weniger schändlich als die Auswahl des Bildes zum Gegenstand einer selbstgerechten Medienkritik zu machen.

    Da hilft auch kein vorhergeschobenes schlechtes Gewissen. „Einfach sein lassen“ hätte geholfen.

  3. Warum braucht man bei solch einem Thema überhaupt ein Foto? Ein verhungertes fünfjähriges Mädchen zu zeigen, ist nicht wirklich nötig, oder? Und der „Ersatz“ in Form einer ungepflegten Puppe hat etwas Perverses. Und wieso, Moppel, ist bei diesem Thema noch ein Bild mit einer „starken emotionalen Wirkung“ nötig?

  4. @4: Ist den Medienkritik in Blogform denn nur auf „funny oopsies“ beschränkt? Darf es denn nur über die Eitelkeit von Mattussekk, die Absurdität von PI oder Call-In-Shows gehen, wo wir uns alle amüsieren, den Kopf schütteln o.ä.? Ich finde, wenn schon Medienkritik, dann richtig. Daß damit schon kein Schindluder getrieben wird, zeigt Kommentar 1.

  5. Ich finde viel erstaunlicher, dass der zitierte Kliniksprecher offenbar noch nie davon gehört hat, dass anderswo permanent fünfjährige Kinder verhungern und andere gar nicht erst so alt werden….

  6. Das Symbolfoto ist geschmacklos ausgesucht.
    Warum muß es überhaupt ein Symbolfoto dazu geben? Geht nichts mehr ohne Bilder? Text allein ist mittlerweile zu langweilig, demnächst wird es sogar zu anspruchsvoll sein.

  7. Die Geschichte geht weiter, ein weiteres Symbolbild aus dem kostenlosen Photocase-Fundus (Eigenbeschreibung: „Photocase ist eine Community für alltagsnahe, herzerweichende, inspirierende und außergewöhnliche Fotografie.“ Herv. T.M.) muss als Teaser- und Artikelbild herhalten: Ein Teddybär im Kinderbett.

  8. Dem Nachdreher haben sie einen Schwarzweiß-Teddy hinter Gittern verpasst. Ich weiß gerade nicht, ob das unbedingt eine erfreuliche Entwicklung ist. Was kommt als nächstes? Ein leerer Kühlschrank – natürlich schwarzweiß – mit Stacheldraht drumherum?

  9. @MiniMoppel #2

    Zustimmung.

    Diese verwahrloste Puppe als Symbol für dieses arme kleine Geschöpf.

    Traurig, echt traurig !

  10. Warum braucht man bei solch einem Thema überhaupt ein Foto?

    Weil sich manche Leute gerne lieber dümmlicher Sentimentalitätsscheisse hingeben, statt sich mal zu fragen, wie die Verhältnisse beschaffen sind in denen sowas passiert.

    Und nein, die selbstgemalenen Pappschildchen mit „WARUM?“ samt einem Sortiment hässlichen Spielzeugmülls, der zu solchen Gelegenheiten am Strassenrand zusammengeschmissen wird, gelten nicht.

  11. @19: Auch wenn man sich über das Ursprungsbild streiten kann, was ist bitte an dem von dir genannten verwerflich? Im Gegenteil, dieses Bild sagt mehr als die sprichwörtlichen tausend Worte.

  12. @Felix: gehts noch? Du magst inhaltlich ja Recht haben, gestattest aber Angehörigen oder Freunden (wir gehen mal davon aus, dass die nicht alle was dafür können) nicht, emotional zu reagieren. Hässlicher Spielzeugmüll, Sentimentalitätsschiße. Ich bin grundsätzlich wie du ein Freund davon, solche Dinge nüchtern zu betrachten, aber deine Wortwahl ist schon eine Frechheit.

  13. Wie sind denn die Verhältnisse beschaffen, in denen so etwas passiert? Das frage ich mich wirklich.

    Vor allem aber: Müssen die Verhältnisse irgendwie beschaffen sein, damit so etwas passiert. Oder passiert so etwas einfach – auch wenn es zynisch klingt? Passiert so etwas einfach, weil es Eltern gibt, die mit dem Eltern-Sein überfordert sind? Weil es zwar Hilfe gibt, es aber ein Teil der Überforderung ist, diese nicht mehr annehmen zu können? Vielleicht auch, weil mir – noch zynischer – zehn verhungerte Kinder in Deutschland pro Jahr lieber sind als Millionen vom Staat überwachte?

    Fragen über Fragen, die ich mir stelle. Übrigens egal, ob ich eine Puppe, einen Teddybären oder ein paar Ermitlungsakten sehe.

  14. @18: Stimmt, auf jeden Fall würde man ein geeignetes Bild finden.

    @21: Sehe ich genauso.

    Woran man sieht, dass das Thema Symbolfoto nicht ganz einfach und einstimmig behandelt werden kann.

  15. ich auch. das bild regt zum innehalten an.

    prinzipiell finde ich bei so einer meldung ein melancholisches symbolfoto nicht falsch. auch, wenn es zumindest im onlinebereich praktisch nie anzutreffen ist.

  16. vielleicht ist moralische empörung über ein verhungertes kind ja durchaus angebracht. bei einem symbolfoto wie diesem ist sie aber sicherlich nicht zwingend nötig.

  17. @29

    Gemeint war „Über ein Symbolfoto wie diesem …“, denke ich? Stimmt aber in der Originalformulierung auch. Gerade deswegen sollte man so emotionale Geschmacksverstärkung bei Nachrichten besser unterlassen.

  18. Stefan, bist Du (wenn ich so frei sein darf…) grundsätzlich gegen Symbolfotos? Oder welche Art Bild hätte Dir vorgeschwebt? Du hättest doch sicherlich kein Bild des abgemagerten Mädchens vorgezogen? In diesem Fall versteh´ ich Deine Kritik einfach nicht. Was ist an dem Bild der Puppe schlimm?
    Das Schicksal des kleinen Mädchens ist schlimm, die Zustände, die zusammen spielen müssen, damit so etwas überhaupt passieren kann, sind schlimm. Der aalglatte Typ von der PK, der keinerlei Schuld im eigenen Hause sieht, ist schlimm. Dass es wohl nicht das letzte kleine Kind war, das unnötig stirbt, ist schlimm.
    Das Foto ist Scheißegal.

  19. @22/mikethebike
    Du magst inhaltlich ja Recht haben, gestattest aber Angehörigen oder Freunden (wir gehen mal davon aus, dass die nicht alle was dafür können) nicht, emotional zu reagieren.
    Das hatte Felix nicht geschrieben. Die Frage ist nicht, dass Angehörige oder Freunde auf diese Art trauern (wobei ich mich frage, wo diese Angehörigen und Freunde waren, während das Kind verhungerte), sondern dass ich diese Trauer NICHT sehen will, weil sie eigentlich etwas INTIMES ist. Oder ist Ihnen eine solche Pietät unbekannt?

    @31/Olly
    Das Foto ist Scheißegal.
    Nein, das ist es eben nicht. Ich stimme denen zu, die dieses Bild für Emotionalitätskitsch halten. Es ist nichts anderes: Die Empörung macht sich dann primär nicht mehr an dem verhungerten Kind fest, sondern bekommt in dem Bild eine ikonografische Dimension. Der Sinn dahinter ist, dass man sich als Empfänger der Nachricht nicht mehr das verhungerte Kind vostellen muss (was ja grausam wäre), sondern durch den Anblick der Puppe ein Symbol bekommt. Einen Emotionalitätsableiter.

    Dieses Symbol, diese ikonografische Bedeutung trägt einerseits zur Emotionalisierung bei (das haben einige Posting hier bestätigt) und andererseits – fast gleichzeitig – zur Distanzierung (das eigentliche, reale, wirkliche Bild wird [glücklicherweise!] nicht gezeigt). Daher ist die Bebilderung mit irgendwelchen Aktenordnern für den erwünschten Effekt nicht genug. Auch diese Betroffenheitsrituale mit Grablichtern hat sich – als ikonografische Alternative – verbraucht. Die (mutmassliche) Täterin, die das Kind hat verhungern und verdursten lassen, darf nicht gezeigt werden (das wäre der Pranger; vermutlich der „Bild“-Zeitung vorbehalten). Und selbst das tote Kind darf inzwischen aus rechtlichen Gründen nur noch verpixelt gezeigt werden (der Emotionalitätswert wäre null).

    Die wirklich wichtige Frage ist, warum eine solche Meldung überhaupt bebildert werden muss. Die Antwort ist vermutlich in unseren Rezeptionsgewohnheiten zu suchen, oder, wie es hier so schön heisst „das gehört so onnlein…“.

  20. Ich kann mich vielen Vorrednern (bzw. -schreibern) anschließen: Das Puppen-Foto ist geschmacklos und unpassend, es anonymisiert und distanziert. Noch schlimmer ist da meines Erachtens nur das Teddy-Bild im Nachdreher, der das Ganze auch noch verniedlicht…

    Ich greif einfach mal die Frage von Gregor (#31) auf: Muss diese Meldung bebildert werden? Und nein: Das Bild des toten Mädchens will ich bestimmt nicht sehen! Muss es zu jeder Nachricht ein Foto geben? Und umgekehrt: Ist eine eindrucksvolle Illustration ein Nachrichtenwert für sich? Ich fürchte, zumindest die letzte Frage wird oft genug mit „Ja“ beantwortet…

  21. @Gregor Keuschnig (32): „samt einem Sortiment hässlichen Spielzeugmülls, der zu solchen Gelegenheiten am Strassenrand zusammengeschmissen wird,“ (Zitat Felix)

    Und nu erzählen Sie was von Pietät?

  22. … wurde eigentlich schon mal geklärt, was ein SymbolFoto überhaupt ist…? Ist das ähnlich dem ‚Garniervorschlag‘ auf der Grützdose? Natürlich dient ein ‚icon‘ der schnellen Konsumierbarkeit (eigentlich: Bedienung), aber gerade dieses Bsp. zeigt doch sehr ’schön‘, wie unnötig, wie kontraproduktiv, wie unjournalistisch, wie unprofessionell eine Illustration ‚ausm großn Haufen‘ ist.

    .. oder sollte etwa die bewußte Auswahl eines vergammelten Kindskopfes ein ‚Hingucker‘ sein.. ? ..-

  23. Grundsätzlich wäre ich dafür, solche Meldungen schlicht ohne (Symbol-)Bilder auskommen zu lassen.

    Allerdings finde ich dieses Foto schon einigermaßen passend, weil es eine gewisse Abstraktionsebene bietet. Für manche Eltern mag ein Kind wie eine Puppe sein, die man auch achtlos in die Ecke wirft, wenn man sie nicht mehr „süß“ findet. Natürlich ist das schlimm, weil ein Mensch natürlich etwas anderes ist als ein Plastikspielzeug, aber so müssen wir uns das als vom Boulevardjournalismus informierte Außenstehende wohl einfach vorstellen – schon um es in halbwegs begreifbare Dimensionen zu lenken.
    Vermutlich hat sich bei der „Presse“ niemand solche Gedanken gemacht, aber ich finde das schon halbwegs schlüssig.

  24. @34/mikethebike
    Zugegeben eine drastische Schilderung. Aber auch dieses Bild, welches hier so drastisch geschildert wird, ist doch letztlich nur wieder ein „Symbolbild“; durch das immer wieder Zeigen bei solchen Anlässen entwertet und abgestumpft. Informationswert: Null. Reine Betroffenheitsmystik.

  25. @36/Lukas
    so müssen wir uns das als vom Boulevardjournalismus informierte Außenstehende wohl einfach vorstellen
    Das verstehe ich nicht. Leute die vom Boulevardjournalismus „informiert“ werden (ein Widerspruch in sich, aber egal), benötigen solche Bilder, um sich überhaupt noch etwas vorzustellen?

  26. Kein Symbolfoto, aber Medienzynismus hätt ich noch zu bieten:

    Der Fall: Ein mit Milch beladener Tanklastzug schleudert, vermutlich auf Grund zu hoher Geschwindigkeit, in der Auffahrt zu einer Bundesstraße aus der Kurve, stürzt um und fegt dabei einen Kleintransporter von der Straße, dessen Fahrer am Unfallort verstirbt.

    Die Überschrift: „Ein Menschenleben und viele 100 Liter Milch“

    Fast ein Fall für den Presserat, aber der befasst sich ja leider nicht mit Anzeigenblättern…

  27. Es scheint ja so zu sein, dass in Online-Medien eine Nachricht immer aus Überschrift, Nachrichtentext und Bild bestehen muss. Ob das sinnvoll ist, ist zu bezweifeln. Dennoch denke ich, dass das Symbolfoto an dieser Stelle verhältnismäßig gut gewählt ist.

    Die meisten Betrachter, ob jetzt so intellektuell wie die meisten Kommentatoren hier (zu sein meinen) oder eher die hier oft diskutierten „typischen“ BILD-Leser, werden verstehen, was gemeint ist:

    -Kinder sind keine Puppen, die man verwahrlosen lassen darf. Manche Kinder haben eine schlimme Kindheit – symbolisiert durch eine schlimm aussehende Puppe (und manche Kinder haben eben auch nur eine schlimme Kindheit. Emotionen und Mitgefühl sind keine Privilegien der Möchtegernintellektuellen. Fast jeder versteht irgendeine symbolische Bedeutung des Symbolfotos. In diesem Sinne ist es vielleicht die bestmögliche Illustration – nämlich einfach eine Illustration tiefer Traurigkeit.

  28. Im ZDF Morgenmagazin bzw. den dazu im Programm gesendeten „heute“ Nachrichtenblöcken gab es heute früh ein Bild des Gesichts des Kindes zu sehen, was nur durch eine minimale Unschärfe „unkenntlich“ gemacht wurde. Das fand ich auch nicht gerade eine passende Illustration.

  29. @40/Christian
    Es scheint ja so zu sein, dass in Online-Medien eine Nachricht immer aus Überschrift, Nachrichtentext und Bild bestehen muss.
    Warum denn? Wer legt das fest?

    (Und das sind keine rhetorischen Fragen).

  30. @42 Gregor Keuschnig

    Ich bin kein Journalist, ich beobachte nur. Und mir drängt sich der Eindruck auf, dass die Content Management Systeme der Online-Medien keine andere Art an Nachrichten „zulassen“. Der Button „ohne Bild einstellen“ scheint nicht zu existieren.

    Ich denke, dass ist auch von den Verantwortlichen so gewollt. Die Leser werden so lange an Bilder gewöhnt, bis sie ohne Bilder gar nicht mehr lesen. Und als Online-Medium behauptet man dann, man handle „gemäß der Rezeptionsgewohnheiten der Rezipienten“ oder irgendetwas ähnlich blasiert Hochgestochenes.

  31. @43/Christian
    Jetzt habe ich das verstanden. Danke. Ich stimme Ihnen im Prinzip zu.

    Aber ich bestreite einfach, dass das sozusagen unabänderbares Gesetz sein soll (das schreiben Sie ja auch nicht).

  32. Also zum Innehalten hält das Bild an – so pervers es dann auch beim Lesen des Artikels resultiert.
    Und dann ist da ja noch das 8 Monate alte Baby….

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