Alternativen zur Alternativlosigkeit

Die Betriebsräte der Gruner+Jahr-Zeitschriften „Capital“, „Börse Online“ und „Impulse“, deren Redaktion gerade in einem einmaligen Hauruck-Verfahren verkleinert und mit der „Financial Times“ zusammen gelegt werden, haben an Hartmut Ostrowski, den Aufsichtsratschef von Gruner+Jahr und Vorstandsvorsitzenden von Bertelsmann, einen besorgten Brief geschrieben, in dem sie darlegen, wie verheerend der Verlag vorgehe, und um wenigstens einen Aufschub der Pläne bitten. Ostrowski hat darauf freundlich geantwortet, dass er ihnen nicht helfen wolle. Zu der beschlossenen „Maßnahme“ gebe es weiterhin „keine Alternative“.

Keine Alternative? Der Verlag Gruner+Jahr ist gezwungen, komplette Belegschaften in Köln und München mit über 100 Mitarbeitern zu entlassen, die sich dann für 50 neue Stellen zu schlechteren Konditionen in einer Zentralredaktion in Hamburg bewerben dürfen? Zu diesem unwürdigen Verfahren gibt es „keine Alternative“?

Das war also nicht nur ein Plan des zukünftigen Gruner+Jahr-Chefs Bernd Buchholz, der kurz zuvor seine Aufgabe noch mit der eines Kapitäns verglichen hatte, der „den Leuten auf dem Sonnendeck“ sagen müsse, „dass sie ihre Liegestühle und Drinks beiseite stellen müssen“, sondern das war der einzig mögliche Plan?

Vielleicht stellt man sich das als Laie ja falsch vor. Es ist also gar nicht so, dass die Manager dafür bezahlt werden, dass sie aus mehren Möglichkeiten die ihrer Meinung nach beste auswählen. In Wahrheit besteht ihr Job nur darin, das Steuer festzuhalten, während man den einzigen Weg fährt, der zum Ziel führt, was vermutlich ein Dreijähriger schaffen könnte.

Und eh jetzt jemand kommt und sagt: Das dürfe man nicht so wörtlich nehmen, der Ostrowski habe eigentlich nur gemeint, dass die beschlossene „Maßnahme“ der beste Weg sei, die Zukunft der Wirtschaftspresse von G+J sicher zu stellen — nein, ich bin mir sicher, das hat er nicht gemeint. Denn das würde bedeuten, dass man darüber streiten könnte, welche anderen Wege es noch gibt, dieses Ziel zu erreichen, und ob vielleicht sogar einer darunter ist, bei dem man vorher nicht quasi der ganzen Belegschaft kündigen muss oder hinterher keine eigenständigen Zeitschriften mehr hat. Eine solche Diskussion ist aber natürlich das letzte, was Ostrowski und Buchholz und die anderen Gruner+Jahr-Abwickler wollen, weshalb Ostrowski sicherheitshalber sogar die theoretische Möglichkeit einer solchen Diskussion ausschließt: Es gibt „keine Alternative“.

Vielleicht bilde ich es mir ein, aber ich habe das Gefühl, es gibt gerade eine Inflation dieser Form von Argumentationsverweigerung. Krisensituationen machen es leicht zu behaupten, zu bestimmten Entscheidungen gebe es keine Alternativen. So werden nicht nur die Verantwortlichen entlastet, sondern auch die Opfer ihrer „Maßnahmen“ zum Erdulden ihres Schicksals gezwungen. Zur Teilverstaatlichung der Commerzbank gab es angeblich ebenso keine Alternative wie zum Angriff Israels auf den Gaza-Streifen. „Tina-Prinzip“ heißt dieses Muster („There Is No Alternative“), und das praktische an ihm ist, dass es nicht nur jede Kritik von vornherein als weltfremd und daher zu vernachlässigend abtut, sondern die Folgen der Entscheidungen gleich mit legitimiert. Man darf Israel nicht für den Tod von Hunderten Kinder und Zivilisten verantwortlich machen, denn die Israelis hatten ja keine Wahl.

Der Rückgriff auf das „Tina-Prinzip“ in Diskussionen sollte den Sprecher ähnlich disqualifizieren wie ein Hitler-Vergleich. Aber ich fürchte, wenn man Herrn Ostrowski fragte, warum er sich auf diese Weise jeder Argumentation verweigerte, würde er nur antworten, dass es dazu keine Alternative gegeben habe.

52 Replies to “Alternativen zur Alternativlosigkeit”

  1. „In Wahrheit besteht ihr Job nur darin, das Steuer festzuhalten“

    aber nicht bei ruhiger See. Das schafft kein Dreijähriger. Immerhin muß er einen Teil der Mannschaft über Bord gehen lassen um dann die Rettungsringe zu versteigern.

  2. Das ist quasi die ’sophisticated‘-Form eines Dialogs, den ich früher etwa tausenfach mit meinen Eltern hatte:

    Ich: Wieso denn nicht?
    Eltern: Darum!!

  3. ich hatte schon lange mal ein tina blog vor. argumentationsfreie argumentation macht grossen spass. und wenn sie mich fragen warum ich das schreibe? da gab es keine alternative.

  4. Ich bin schon länger auf des Suche, was dem TINA-Prinzip argumentativ entgegnet werden kann. Jemand eine Idee?

  5. Vielen Dank für den Artikel, die Argumentation von G+J hat mich auch schon sehr gestört!

    Eine benannte Alternative hätte mich auch interessiert, aber die kennt wohl nur ein ausgebildeter Steuermann.

  6. TINA, aha, es hat also einen konkreten Namen; dazu dann doch nochmal den Sloterdijk rausgeholt, Kapitel 2: „Aufklärung als Gespräch – Ideologiekritik als Fortsetzung des gescheiterten Gesprächs mit anderen Mitteln“; da stehen so feine Merkwürdigkeiten wie: „unaufklärbares Durcheinander von hartköpfigen Konservatismen, verschlepptem Biedermeier, messianischen Kleinreligionen, apokalyptischen politischen Richtungen und so realistsichen wie psychopathischen Verweigerungen gegen die Zumutungen einer ungemütlichen Moderne.“ Oder: „Offensichtlich wird die Aufklärung durch den Widerstand entgegengesetzter Mächte gebrochen. Es wäre aber falsch, dies nur als Frage der Machtarithmetik zu betrachten. Denn sie bricht sich zugleich an einem qualitativen Widerstand im gegnerischen Bewusstsein. Dieses wehrt sich wütend gegen die Einladung zur Diskussion, gegen das „zersetzende“ Gespräch über Wahrheit; dem Reden selbst gilt schon das Ressentiment, weil darin die herkömmlichen Ansichten, Werte und Formen der Selbstbehauptung auf Spiel gesetzt werden.“ (Kritik der zynischen Vernunft, FfM. 1983, S. 44ff.)

  7. Sorry, mein Mitleid hält sich hier in Grenzen. Was hat sich diese weltfremde Sippschaft über Hartz-4 Empfänger pauschal das Maul zerrissen. Und jetzt droht ihnen ähnliches, wie den tausenden, die bei Nokia rausflogen, weil dem Konzern 67 Mio Jahrsüberschuss zu wenig war – ein Zustand, ein MUST-HAVE, den Publikationen wie „Capital”, „Börse Online” und „Impulse” erst herbeischrieben.

    Wohl bekomms.

  8. Was bleibt da noch zu sagen: Jahrelang gegen die lästige und bremsende Mitbestimmung geschrieben und stattdessen die unendliche Weisheit der Vorstände und Aufsichtsräte gelobt, aber jetzt den Steuermann lauthals nach Alternativen fragen. So hat halt mal jeder was von dieser schicken Eigenverantwortung, von der wir alle mehr gebrauchen können – wäre doch schade, wenn immer nur irgendwelche prekär Beschäftigten in diesen Genuss kommen.

  9. So wie Ärzte immer mehr zum verlängerten Arm der Pharmaindustrie geworden sind, werden Journalisten immer mehr zum verlängerten Arm der Werbekunden. Noch kläglicher fällt die Bilanz bei den Wirtschaftsjournalisten aus: Wenn sie einen visionslosen Machertypen zum „Unternehmer des Jahres“ hochgejubelt haben, kann man mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass er zwei Jahre später im Knast landet. So frisst der Raubtierkapitalismus seine eigenen Kinder.

  10. @10:
    kein mitgefühl haben, weil es anderen auch oder noch schlechter geht ist noch so ein totschläger…

  11. Über TINA bin ich gestern in der F.A.S. auch gestolpert. Bezogen auf die Wirtschaft gibt es sicher Alternativen. Ein Interview mit »alternativer« Meinung zur Finanzkrise kann man bei faz.net lesen.

    Aber bezogen auf die Maßnahmen gegen jahrelange Angriffe aus dem Gaza-Streifen gibt es allenfalls alternative militärische Mittel, jedoch keine Alternative zum Eingreifen. Man lese über die Situation in Israel auf Lilas Blog (Letters from Rungholt) aus der Sicht einer Betroffenen, die ganz gewiss keine israelische Hardlinerin ist.

    So denke ich, dass es TINA in echter und unechter Form gibt und dass man TINA nicht gänzlich ächten kann. Als Zeitungsleser und denkender Mensch muss man auf die Abgrenzung der beiden Formen achten und darf sich kein TINA vorspiegeln lassen.

    Wir würden doch hier auch nicht über Alternativen nachdenken, wenn alte oder neue Nazis gegen Synagogen vorgehen. Wir würden schon den Farbbeutelwerfer oder den Steinewerfer und erst recht den Bombenleger streng verfolgen, ohne lange über Alternativen nachzudenken.

  12. Egal, ob Ursache, Begleiterscheinung oder Auswirkung des Niedergangs der Medienwirtschaft – die haben seit längerem „richtige“ Manager mit „richtigem“ Managergehabe (bin selber einer, aber nicht so einer) wozu eben auch der Absolutheitsanspruch der eigenen Überzeugung gehört. Die haben zwar vielleicht wenig Ahnung vom Zeitungmachen, aber dafür wissen sie genau, wie man Unternehmen „führt“ … und natürlich den eigenen Bonus maximiert.

    Warum sollte es der Medienwirtschaft besser ergehen als dem Rest der Wirtschaft?

    Nach einer Fusion zweier Firmen konnte ich das Hauen und Stechen aus nächster Nähe beobachten. Da konnten wir uns drei Jahre lang alle sechs Monate wieder für den eigenen Job bewerben. Im Osten wurde so gut wie alles „abgewickelt“ ohne die Alternative eines anderen Jobs. Im Westen und Südwesten wurden und werden die Zechen stillgelegt. Seit den Siebzigern werden Mitarbeiter frühpensioniert, wenn sie ins „Beste Alter“ kommen. Demnächst gehört man schon mit 40 zum alten Eisen. Die Ein-Euro-Jobber und Scheinselbständigen machen das ja auch nicht zum Lustgewinn.

    Überall um uns herum passiert so etwas ständig und da regt sich Herr Niggemeier für 100 Leute auf? Und versteigt sich sogar in einen (meiner Meinung nach ungehörigen) Palästinavergleich???

    Wllkommen in der Realität.

  13. Was ist denn das für eine merkwürdige Argumentationsfolge?
    Weil es anderswo auch passiert, auch bei deutlich mehr als 100 Leuten, darf man sich nun nicht mehr für diese 100 stark machen?
    Dass der Medienjournalist Niggemeier ausgerechnet ein Beispiel aus der Medienwelt wählt ist überraschend?

  14. Diese hundert Leute (auch die gesamten Belegschaften der Zeitungen und Zeitschriften) müssen sich selbst stark machen. Von außen kann man das allenfalls unterstützen, indem man mehr G+J-Zeitungen kauft oder mehr Anzeigen schaltet. Denn offensichtlich bricht denen ja wirklich gerade ein Teil des Umsatzes weg. Also mal abseits von TINA: Was sollen sie eigentlich mahcen?

  15. @17: „Ungehörig“ ist auch so ein Wort, nach dem der Sprecher nicht mehr damit fortfahren muss, sich und seine Gedankenwelt zu beschreiben.

  16. Interessant, welche Themen hier einige Kommentatoren – folgerichtig – streifen. Ein bisschen Häme muss zugelassen sein, weil ein jeder selbst zur Krise beigetragen hat: Aus Eigennutz, das eigene Fell am nächsten war, schwimmt es doch irgendwann davon. Niemand ist mehr sicher … Es reicht nicht, nur seinen Job zu machen. Ein jeder sollte sich auch für die Statik unserer Gesellschaft interessieren. Das sind die Grundpfeiler des persönlichen Wohlergehens. Die nur anzugaffen, wenn sie bröckeln und wanken, ist nicht genug. Die Grundpfeiler unserer Gesellschaft müssen ständig neu befestigt und ausgebaut werden. Jeder trägt Verantwortung. Jeder trägt eine Schuld …

  17. Besonders dreist empfinde ich die im kress-Artikel anklingende Aufforderung, dass sich die Mitarbeiter – trotz angeblicher Alternativenlosigkeit! – mit konstruktiven Gespräche ans Management wenden sollen. Wie soll das gehen? Fehlt jegliche Alternative, kann konstruktive Beteiligung doch nur das Abnicken des Beschlossenen sein, oder? Eigentlich ist es nicht dreist, sondern empörend und beleidigend dummdreist.

  18. Da wenden sich Mitarbeiter konstruktiv an den Obermanager, der sagt, es gibt keine Alternative, aber man solle ich bitte weiter an die Untermanager wenden, zwecks Alternativensuche. So kann man seine Selbsteinschätzung natürlich auch kundtun.

  19. Hmm,

    bin doch tatsaechlich sehr ueberrascht, wieviele TINA bislang gar nicht kannten.
    TINA rekuriert auf eine Rede M. Thatchers, die sie mit dem Ausspruch „There is no alternative“ beendete und die ihre neoliberale Reformwelle lostrat.

    Da uns nach dem selben Argumentationsmuster seit 1998 der Jugoslawienkrieg, die Sozialreformen, die Unternehmenssteuerreform, die Gesundheitsreform und eigentlich die gesamte Politik der großen Koalition nach dem selben Muster verkauft wird, bin ich eher von Reaktionen a la „Och Gott TINA, alter Hut“ ausgegangen.

    Macht mal die Augen/Ohren auf und hoert Euch an, was uns schon seit Jahren insb. in der Wirtschaftspolitik vorgesetzt wird.

    Die Tinas, die so Apologeten wie der Sinn absondern, scheinen ja nichtmal aufzufallen, wenn sie sich binnen Jahresfrist komplett widersprechen.

  20. @#23: Welche Teile des Briefes enthalten denn eigentlich konstruktive Lösungsvorschläge?

    @#24: Ein Grund mehr, zwischen echten und vorgeblichen TINA-Fällen zu unterscheiden. Eine Argumentation mit TINA abzuschließen ist jedenfalls nicht per se falsch, sondern es muss jeder Einzelfall untersucht werden.

  21. „There are thousands (of) alternatives“? ;-)

    @16: Aber sicher gibt es Alternativen. Wie sinnvoll die sind, steht wieder auf einem anderen Blatt. Und auch wie sinnvoll Diskussionen darüber sind – zumindest bei Gaza-Konflikt dürfte nicht jeder davon überzeugt sein, dass ein Militärangriff die sinnvollste Alternative ist.

  22. Herr Ostrowski hat zumindest sprachlich einigen Kommentatoren hier etwas voraus: Er weiss, dass es keine AlternativEN gegeben hätte.

    Was ich damit sagen will ist: AlternativEN gibt es nicht. Wenn, dann gibt es immer nur EINE Alternative.

    Al|ter|na|ti|ve [-və] f. Wahl zwischen zwei Möglichkeiten. (Die erste Möglichkeit ist der gewählte Weg, die zweite Möglichkeit wäre die Alternative.)

    Nichtsdestotrotz: Vielleicht hätte es ja ein Dutzend anderer „Möglichkeiten“ gegeben. Aber davon spricht Herr Ostrowski ja gar nicht.

  23. @ stefanolix, 16: „Wir würden doch hier auch nicht über Alternativen nachdenken, wenn alte oder neue Nazis gegen Synagogen vorgehen. Wir würden schon den Farbbeutelwerfer oder den Steinewerfer und erst recht den Bombenleger streng verfolgen, ohne lange über Alternativen nachzudenken.“

    Dessen wäre ich mir nicht so sicher. Auf unsere Strafverfolgungsbehörden vertraue ich zwar eigentlich schon. Aber wenn ich sehe und höre, was auf den derzeitigen Anti-Israel-Demonstrationen so vor sich geht und dass eine Welle der antijüdischen Gewalt über Europa hinwegfegt, nährt sich in mir die Befürchtung, dass ein nicht geringer Teil der Bevölkerung eine Wiederholung der Novemberpogrome von 1938 durchaus goutieren würde.

    Die Heuchelei dieser Solidaritäts-Demos könnte nicht größer sein. Tote Kinder in Darfur oder auf Sri Lanka oder in anderen Krisenherden dieser Welt treiben niemanden auf die Straße. Und die Lage der Palästinenser wäre den Demonstranten doch eigentlich auch egal, wenn sie nicht einen willkommenen Anlass zum Ausleben antiwestlicher Gefühle böte.

    Und wer bitte solidarisiert sich mit den europäischen Juden, deren Sicherheit mal wieder stärker als gewöhnlich bedroht ist?

  24. @#27: Das ist kein Angriff, sondern eine Verteidigung nach jahrelangen Angriffen. Vielleicht wäre es hilfreich, im Wikipedia-Eintrag zum Gazastreifen wenigstens mal die Abschnitte zur Geschichte ab 2005 durchzulesen.

    @#29: Zum Glück ist es noch Zeit, gegen solche Tendenzen zu argumentieren. Aber dazu gibt es nun wirklich keine Alternative.

  25. @#28: Das stimmt nicht. »Alternative« hat mehrere Bedeutungen. Die folgenden beiden sind hier relevant:
    [1] eine von mehreren Möglichkeiten oder eine Ausweichsmöglichkeit
    [2] die Wahlmöglichkeit zwischen zwei sich ausschließenden Optionen
    Quelle: de.wiktionary.org
    Wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, ist »Alternativen« dafür ein allgemein akzeptierter Begriff.

    Wenn man »TINA« sagt, kommt natürlich nur der Singular in Frage. Wenn man widerspricht, kann man mehrere Alternativen anführen.

  26. Viele Wege führen nach Rom, aber für Herrn Ostrowski eben dieser Weg sicherlich nach oben. Mitarbeitern zu kündigen ist nach Ansicht von Stakeholdern ein probates Mittel die Rendite zu steigern. Für Alternativen braucht man in der Regel Rückhalt bei den Stakeholdern und diesen Rückhalt erarbeitet man sich durch Rückgrat. Allerdings geht man dabei ein Risiko ein – und wozu sollte er das Risiko eingehen, wenn er doch nur nach oben will, die Leute unter ihm aber scheissegal sind?

  27. @30: Jaja, und die Palästinenzer verteidigen sich nur gegen die bösen Israelis… Gut, den aktuellen Krieg hat ganz klar die Hamas angefangen, aber insgesamt gesehen ist da einer so lang wie der andere breit. Auf beiden Seiten viel zu viele Sturköpfe, für die „Kompromiss“ ein Fremdwort ist, das sie nicht verstehen wollen.
    Gegen Verteidigung an sich dürften auch die wenigsten etwas haben (außer der Hamas natürlich). Aber bei Art und Umfang dürfte es durchaus Alternativen geben. Ich halte Eskalation jedenfalls nicht unbedingt für einen erstrebenswerten Weg.

  28. @#33: Ich teile nichts in »Gut« und »Böse« ein. Lies in der Quelle oder im Archiv von Lilas Blog nach. Spätestens seit 2005 könnte sich das Gebiet friedlich entwickeln, wenn nicht die Terroristen von dort ihre Raketen starten und andere Angriffe verüben würden. Für die Eskalation ist nicht Israel verantwortlich.

  29. @24: Ja, stimmt, sie sprach damit u.a. die Globalisierung an – Globalisierung als „self fulfilling prophecy“ (Bröckling u.a. (Hrsg.): Glossar der Gegenwart, FfM. 2004, S. 108); Herr Niggemeier spricht aber eher von Sprechakten und wie konstantiv oder performativ diese in den Medien erscheinen, glaub ich.

  30. Schon interessant, daß die Betriebsräte der Standorte in Köln und München für sich in Anspruch nehmen, für alle Mitarbeiter dieser Standorte zu sprechen. Wie ist denn der Organisationsgrad in den Redaktionen?

    Ansonsten ist das Schreiben ja in der üblichen Kampfsprache von Betirebsräten verfasst. Eigentlicher Adressat ist ja nicht Ostrowski, sondern die verbleibende Belegschaft, weil die Herren ja schlißelich auch wiedergewählt werden wollen. Die Leute wissen doch, daß man mit derartigen Pöbleien nicht den Vorstand beeindrucken wird, sondern nur die schlichtesteten Gemüter unter den Mitarbeitern befriedigen kann.

    Herr Ostrowski ist ja noch nicht so lange im Amt. Da ist er wohl noch naiv genug, daß er überhaupt auf so einen Unsinn antwortet. Die Erwartungshaltung, daß jemand gefälligst ernsthaft auf einen offenen Brief antworten solle, halte ich für absurd.

    Gleichwoh ist die Kritik von Stefan an der Formulierung, es gäbe keine Alternative zu den Plänen, berechtigt. Eine sinnvolle Alternative zur Verkleinerung und Zusammenlegung der Redaktionen wäre sicher die Einstellung der Magazine Impulse und Börse online. Capital hat ja immerhin noch einen gewissen Unterhaltungswert.

  31. Es gibt jetzt übrigens auch eine Stellungnahme des neuen G+J-Chefs Bernd Buchholz zu der Sache. Und von was spricht er? Genau, einer „alternativlosen Weichenstellung“.

  32. Nur mal so aus dem schnellen Überfliegen:

    „handwerklich fehlerhaft orchestriert“
    „ohne erkennbare Erfahrung“
    „Management-Desaster“
    „Einsparpotenziale falsch berechnet“
    „Schnellschüsse“
    „verzweifelte Versuche des Managements“
    „PR-Bluff“
    „handwerkliche Fehler des Verlagsmanagements“
    „miserabel organisierter Umzug“
    „wachsender Dillettantismus“
    „Himmelfahrtskommando“
    „Hochrisiko-Projekt“

    Mal ganz abgesehen von der Frage, ob diese Vorwürfe jeder im einzlenen richtig oder falsch sind, halte ich es für weitgehend ausgeschlossen, daß der BR bei dieser Wortwahl und gleichzeitiger Veröffentlichung des Briefes ernsthaft an einer konstruktiven Diskussion interessiert ist.

    Ich bin ja durchaus ein Freund von Mitbestimmung, wenn sie verantwortungsvoll wahrgenommen wird. Aber dem Mangement öffentlich handwerkliche Fehler, Dillettantismus, Management-Desaster usw. zu unterstellen, ist kaum zielführend. In meinen Augen ist Pöbelei und der wählenden Belegschaft zu gefallen. Mehr nicht.

  33. [Offtopic Hinweis] Achtung: Die Verlinkung unter dem Text „Hitler-Vergleich“ führt auf die Webseite coffeeandtv.de auf der Google Analytics läuft. Dieses Program ist als datenrechtlich problematisch anzusehen. [Offtopic end]

  34. Na, Stefan, da hättest du aber sorgfältiger prüfen sollen, auf wen du verlinkst. Da hättest du ja gleich auf Hitler persönlich verlinken können. [Zur Sicherheit:;-)]

  35. Ich glaube ich müsste in beiden Blogs nicht lange suchen um einen Beitrag zu finden, der sich mit Datenschutz beschäftigt und dem dringenden Bedarf einer Sensibilisierung der Bevölkerung aufgrund allgemeinem Dessinteresses diesem Thema gegenüber. Insbesondere auch das Bildblog.de legt in einem grossen Teil seiner Beiträge gesteigerten Wert auf Wahrung personenbezogener Daten und Informationen. Es wundert mich daher schon ein wenig wenn der Author selbst nach Hinweis auf eine Datenschutzproblematik auf einer, der von ihm verlinkten Seiten nur mit einem lapidaren Achselzucken mit leicht ironischem Einschlag reagiert. Oder wie soll man die Kommentare verstehen? Bei heise.de sind ein paar sehr informative Artikel zu GAnalytics zu finden. Der Einsatz von GA ist demnach zumindest derart problematisch wenn nicht ungesetzlich das dieser Dienst von verschiedenen vom Bund und den Ländern betriebenen Webseiten nunmehr entfernt wurde um der eigenen Gesetzeslage zu entsprechen. Sicherlich, einen nicht verpixelten Gesichtszug an promineter Stelle auf einer millionenfach erscheinenden Tageszeitung gedruckt zu monieren ist bestimmt einfacher als ein Spionagetool, welches vergleichsweise viel tiefgreifender in die Privatsphäre eingreifen kann, dieses aber im stillen tut ist lange nicht so plakativ herauszustreichen. Davon nimmt doch kein Mensch notiz, und schliesslich ist man ja auch noch selbst Webseitenbetreiber, welches eine ganz andere Sicht auf die Dinge erlaubt. Aber sicherlich hat der Herr Stefan N. seine Paybackkarte lange gezückt noch bevor ihn die Verkäuferin danach fragen konnte, denn die gibt es ja schliesslich auch nur um die beliebten Rabattgeschenke zu bekommen. Nee, is klar.

  36. Es könnte eventuell hilfreich sein, wenn einige Diskutanten einfach mal in den betroffenen G&J Titeln blättern würden. Es ist nämlich nicht nur so, dass die keiner liest. Anzeigen finden sich ebenfalls kaum noch. Das liegt sicher auch daran, dass sich die meisten Blätter längst totgespart haben.

    Aber mal ehrlich: wer würde heute freiwillig sein hartverdientes Geld für eine Wette auf den hochwertigen Wirtschaftsjournalismus in die Hand nehmen? Die wenigen, die bereit sind, für Informationen zu bezahlen, haben längst FAZ, Financial Times, Handelsblatt und/oder Wall Street Journal abonniert. Der große Rest ist mit kostenlosen Internetangeboten vollauf bedient.

    Ich jedenfalls kann Liz Mohn verstehen, wenn sie in diesen Zeiten lieber in neuen Goldschmuck als in Journalismus investiert.

  37. @harald eisenmann
    zum thema „spionagetool“: es gibt da auch noch ein ganz anderes tolles tool – nennt sich adblock plus. damit kann man nicht nur ganz subversiv dem seitenbetreiber die werbeeinnahmen vorenthalten oder PI-zählungen boykottieren, sondern ganz nebenbei auch die verbindung zum besagten spionageserver kappen.
    im gegensatz zur blöd-zeitung muss mithin niemand gegen seinen willen zum opfer von ga werden. hier humpelt der vergleichshamster also gewaltig – jedenfalls genug, um ein achselzucken zu einer angemessenen reaktion auf eine enthüllung wie die des marcus‘ zu machen. (und das sogar ganz ohne inhaltliche auseinandersetzung mit dem vorgehen von google)

  38. Einige Kommentare hier sind unter aller S…, aber erst einmal zum Kern der Niggermeierschen Frage: Gibt es Alternativen? Ich sage: Ja.

    Erstens: Die Medien hätten sich nicht auf Google einlassen dürfen (siehe SZ-Kommentar vom 10.1., S.3). Hier siegt die Technik über den Inhalt. Wenn alles kostenlos ist, weil man ja alle News verlinken kann, braucht sich keiner wundern, wenn die Vielfalt stirbt.

    Zweitens hätte man sich vorher nicht schon so abhängig machen dürfen von Werbung, sondern um den Leser buhlen sollen. Und dann wundert man sich, wenn das Ganze in einem Abschwung nicht mehr rentabel ist. Schön blöd! Und machen wir uns nix vor: Börse Online wird schon seit Jahren am Markt für nen Appel und ein Ei angeboten (zuletzt wollte man wohl 3,9 Mio. Euro) und niemand schlägt zu. Warum wohl? Qualität allerhöchstens mittelmäßig, Management miserabel, zu große und leicht störrische Redaktion, dazu Schleichwerbung en masse. Die meisten Leser merken es, wenn Sie vera… werden. Da steht dann die Einschätzung zum Öl und daneben die Werbung fürs Zertifikat (am besten von Lehman?).

    Drittens: Die Lohnunterschiede in der Branche sind gravierend. 1999 sind die Manager rumgerannt und haben jedem Dödel ein fantastisches Gehalt angeboten, der keine Rechtschreibschwäche (!?) hat. Von denen hocken noch etliche in den Redaktionen (z.B. bei der FTD, HB, Bö usw.). Und dann wundert man sich, warum das Ganze in einem Abschwung nicht mehr rentabel ist. Schön blöd! Die jungen Leute haben dann sicher keinerlei Bock, irgendeinem untertänigen Ressortleiter irgendwelche Ideen zu geben, damit der sich mit Alternativen brüsten kann. Die Verlagsbranche dürfte nebem dem universitären Zirkel (der Prof, der von der Arbeit seiner Doktoranten profitiert) die einzige „Branche“ sein, in der Ideen zwar hochgehalten werden, die Ideengeber oft aber nicht einmal verbale Anerkennung dafür ernten. In anderen Branchen gibt es dafür KVP-Programme und wer ne gute Idee hat, kriegt echte Kohle dafür und wird auch eher bei Beförderungen berücksichtigt. Dies gilt für weite Teile der Medienbranche (insbesondere große Verlage) defintiv nicht.

    Viertens: Die meisten Manager haben keine Ahnung mehr von den Inhalten. Wer die Inhalte nicht wirklich versteht, kann auch kein Geschäft machen. Keine keine erfolgreiche Autowerkstatt, die von einem Bäckermeister geführt wird. Zudem handeln alle prozyklisch. In schwierigen zeiten wird nicht gefragt, wie man seine Einnahmen erhöhen könnte (mehr Leser, neue Geschäftsmodelle, whatever), sondern wo man am besten Sparen kann. So viel zu diesen „kreativen Zerstörern“.

    Fünftens: Niemals hätte die Branche ihre Inhalte zu einem großenTeil im Internet anbieten sollen. Aber man glaubt ja, dass der Werbemarkt größer ist als der Abomarkt. Mag sein, aber er ist ein Derivat der Konjunktur. Das weiß jeder Depp. Und dann wundert man sich, warum das Ganze in einem Abschwung nicht mehr rentabel ist. Schön blöd!

    Sechstens: Nochmals zur Vielfalt. Wenn alle dasselbe machen und die gleiche politisch korrekte Kriecher-Meinung haben (auch im Wirtschaftsteil oder dem Feuillton), kämpfen alle um die gleichen, eher uninformierten und sprunghaften Leser. Die sind dann mal weg und informieren sich bei den Sparnews von Web.de oder bei tina.de (;-) (konnte ich mir jetzt nicht verkeifen). Und dann wundert man sich, warum das Ganze in einem Abschwung nicht mehr rentabel ist. Schön blöd!

    Siebtens: Das Ganze mit Palästina oder der Commerzbank in einen Topf zu werfen, ist etwas weit hergeholt, aber die TINA-Frage stellt sich trotzdem.

    CoBa: Jeder in Frankfurt weiß, dass die Coba wegen der Problempapiere in den eigenen Büchern und ihrer Tochter Eurohypo (Aufgepasst: Spezialisiert auf Gewerbeimmobilienkredite, ähnlich wie die in Abwicklung befindliche Hypo Real Estate) keine Chance mehr hatte, die Dresdner samit ihrer eigenen Probleme zu übernehmen. Denen fliegt eh grad alles um die Ohren, da hat Blessing halt keine Wahl gehabt und ist unter den Staatsschirm geschlüpft. Der hätte wirklich einpacken können. Und wenn das Gehalt eh schon auf 500 große Scheine begrenzt ist, dann kann man sich die Übernahme auch durch den Staat finanzieren lassen. Wenn man kein Gesicht mehr hat, kann man es auch nicht verlieren! Schade nur, dass die Regierung die Allianz nicht zur Kasse gebeten hat (Finanzmittelbestand zum 30.9.: +26,4 Mrd. Euro; siehe Q3-Bericht, S. 51). Aber die Versicheurngslobby war in Berlin halt schon immer stärker als die Bankenlobby!!! Die haben einfach den Mund gehalten und etwas Geld hintergeschoben. Schon waren sie ihre Probleme auf Kosten des Steuerzahlers los. Hatte also nichts mit fehlenden Alternativen (langsame Abwicklung über Garantien oder Verkauf der Drsdner an ne kapitalstarke Bank), sondern mit Geschacher und ganz viel Schmierenkomödie zu tun.

    Gaza/Israel: Es ist schon erschreckend, wie wenig man in Deutschland gegen Israel sagen darf. Ein hochgerüsteter Militär- und – wie einige bereits sagen – Apartheidsstaat, der in dicht besiedelten Gebieten Krieg führen darf, ohne Sanktionen zu befürchten. Danke Staatsräson, und wir haben es ja mitfinanziert, das Arsenal. Staatsräson ist ja auch eine TINA-Sache. Die Argumente zählen nicht, hauptsache man fühlt sich ewig schuldig und drückt permanent beide Augen zu und wundert sich, dass die nächste Generation in Palästina eher zu den Waffen greift als zum Wort. Siehe hierzu auch den Kommentar bei den ARD-Tagesthemen (der beste seit zehn Jahren!!). Denn allen neutralen Beobachtern ist klar, dass Israel sich nicht an die Abmachung mit der Hamas gehalten hat. Aber unsere Kanzlerin hatte ja schon im Georgien-Konflikt kräftig daneben gelegen. Sie macht mit dem Unfug einfach weiter. Keine Argumente, nicht die Sachlage klären, sondern: Erst mal blind Partei ergreifen. … Aber wie sagte Barak (heute Israels Verteidigungsminister) vor sechs Jahren (oder fünf??): Wenn ich Palästinenser wäre, wäre ich auch ein Terrorist. In diesem Sinne wird es wohl noch einige Kriege so weitergehen.

  39. Alternativen aufzeigen. Dann verblasst jede sogenannte „Tina“-Argumentation. Ist doch eigentlich ganz simpel, wird aber meistens von genau denen nicht gemacht, die anderen vorwerfen, sie würden mit „Tina“ argumentieren. Vermisse ich übrigens auch im Beitrag. Was sind denn jetzt die möglichen Alternativen zu der angeblich doch nicht alternativlosen Methode?

  40. @47: Entschuldige wenn ich da mal widerspreche, aber wenn jemand die Bild Zeitung liest, dann steht da gross drüber ‚BiLD Zeitung‘ und man weiss, aha, hier erfährt man nicht immer die (ganze) Wahrheit. Wenn ich eine Seite absurfe, die Google Analytics im Hintergrund am laufen hat, so nehme ich davon ÜBERHAUPT KEINE KENNTNISS wenn nicht der Betreiber so gnädig ist es im Impressum oder sonstwo versteckt zu erwähnen. Das ist leider eine ganz andere Qualität. Dennoch hat der Herr Stefan N. nun seine Verlinkungen auf besagte Seite in weiteren Blogbeiträgen wiederholt OHNE auf diese Datenschutzproblematik hinzuweisen. Für mich eine nicht erklärbare Fehlleistung eines sonst absolut integeren Journalisten mit hervorragender Reputation. Bis jetzt.

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