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Katzencontent

Simon Tofield arbeitet für die Londoner Animations-Firma „Tandem Films“. Vor ein paar Monaten hat er diesen sensationellen kleinen Katzenfilm gezeichnet:

Und jetzt gibt es endlich eine Fortsetzung:

Ich kann mir das Dutzende Male ansehen (und anhören!), ohne dass meine Begeisterung nachlässt. Und dabei bin ich eigentlich ein Hunde-Mensch.

Nils Minkmar bloggt

Der kleine Siamkater hier heißt Ali — nach dem Boxer. Ähnliches Ego. Und die gefleckte ist die Alice — griechische Straßenkatze mit traumatischer Vergangenheit. Früh die Mutter verloren, dann die Schwester. Isst Weißbrot.


Alice ist klassisch sozialdemokratisch. Ali hingegen steht auf Nicolas Sarkozy und hält sich für ihn. Er könnte auch Frankreich ähnlich gut regieren.

Das politische Interesse dieser Katzen ist kein Zufall: Sie leben mit Nils Minkmar zusammen, dem politischen Redakteur im Feuilleton der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Nils ist ein guter Kollege und Freund. Ihm vor allem ist es zu verdanken, dass ich zur FAS gekommen bin, was ich nie bereut habe.

Ich kenne niemanden, der so über Politik schreibt wie er: klug, lustig und persönlich zugleich. In kleinen Anekdoten und Beobachtungen kann er einem das große Ganze erklären, er ist ungemein belesen und scharfsinnig, und er schafft es, gleichzeitig wütend und analytisch zu sein und seine Verzweiflung über die Verhältnisse (und insbesondere den Zustand der Sozialdemokratie, die theoretisch seine politische Heimat darstellen sollte), in beißenden Humor zu verpacken.

Er ist Saarländer und Halbfranzose, promovierte über „stadtbürgerlichen Ehrbegriff, Ehrenkonflikte und Habitus im Colmar des 16. Jahrhunderts in historisch-anthropologischer Perspektive“, und hat ein Chef-Versteher-Gen, das mir völlig abgeht und das er vermutlich entwickelt hat, als er für Roger Willemsen bei dessen ZDF-Talkshow gearbeitet hat, aber das tut hier gar nichts zur Sache. Wenn er eine journalistische Schwäche hat, dann die einer ausgeprägten Gleichgültigkeit gegenüber lästigen Details wie Punkt und Komma.

Er geht — wie ich — gerne in den Zoo und bringt — anders als ich — daraus kluge Miniaturen mit wie diese (die ich mir aus der FAZ ausgeliehen habe):

Unlängst wurde im Frankfurter Zoo ein Menschenaffenhaus eingeweiht. Die Szenen, die sich dort abspielen, sind in einer Familienzeitung kaum zu beschreiben. Die Bonobos scheinen mit dem gesammelten und projizierten Anthropomorphismus der Besucher derart überlastet zu sein, dass sie schlicht den Verstand verloren haben.

Ein schmales Männchen schmeißt Holzwolle auf einen großen gelben Gummiball. Dann besteigt er ihn mit irrem Blick. Kinder schauen umso besorgter, je verständnisvoller die Erklärungen der sie begleitenden Erwachsenen ausfallen: „Siehst du: der Affe macht jetzt Sex mit dem Ball.“ Es ist alles zu viel. Man möchte bitte aus dem Gattungszweig der Primaten austreten, sucht den Notausgang und wird erlöst: Völlig abseits rostet ein kleines Gehege mit einem einzelnen Lemuren vor sich hin.

Das ist ganz offenkundig nicht mehr der VIP-Bereich der Primaten, sondern eine Art Wartesaal zweiter Klasse der Evolution. Und wie leise und lustig geht es hier zu! Es gibt kaum anmutigere Tiere als Lemuren, diese Mischwesen mit ihren Hundeköpfen, Eulenaugen und schlanken Affenkörpern. Vom Totengeistdarsteller bis zum Comedystar neben John Cleese haben sie in der menschlichen Imagination kaum eine Rolle ausgelassen. Neugierig tauschen der einsame Katta und der von zu viel Affentheater genervte Zoobesucher freundliche Blicke.

Leider hat Charles Darwin nie einen lebend gesehen, dennoch hat er ihnen einen Platz eingeräumt, und zwar keinen Klappstuhl: In der „Abstammung des Menschen“ schreibt er 1871, es sei wahrscheinlich, „dass die Simiaden sich ursprünglich aus den Vorfahren der jetzt noch lebenden Lemuriden entwickelt haben“. Obwohl er ihren Charme nicht kennen konnte, hielt er diesen paar Halbaffen einen so wichtigen Platz frei. Das ist der Charme Darwins.

Wer Nils Minkmars Texte nicht kennt, könnte als Einstiegsdroge diesen Artikel über das Rätsel George W. Bush lesen oder diesen über die SPD nach dem Rücktritt Kurt Becks.

Und jetzt hat er ein Buch geschrieben. Es erscheint am kommenden Mittwoch, heißt „Mit dem Kopf durch die Welt“, und in der heutigen FAS stand ein vielversprechender Vorabdruck daraus, der so begann:

Es war am ersten Tag der Sommerferien 2006. Beim Einräumen meiner Sachen in den Wandschrank unseres Ferienhauses entdeckte ich zwischen alten Turnschuhen einen kleinen Karton, den jemand auf dem Fußboden abgestellt hatte. Auf diesem Karton stand mit dickem Filzstift der Vor- und Nachname meines Großvaters. Post für ihn war es nicht, er bekam kaum noch Post, schließlich war er schon drei Jahre tot.

Auf der Pappe klebte ein grüner Aufkleber, ein Firmenname, zusammengezogen aus Funerarium und Europa. Das Päckchen ging nicht an meinen Opa, das Paket enthielt meinen Opa.

Jahre nach seinem Tod hatte sich mein Cousin ein Herz gefasst, die Urne von Marseille, wo mein Opa während der Hitzewelle 2003 gestorben war, an die Atlantikküste zu dessen geliebtem Ferienhaus zu fahren. Der Mut hatte dann aber nicht mehr dafür gereicht, sich auch eine definitive Lagerstätte auszudenken.

Mein Großvater war, nach einer Kindheit im dunklen Schatten der Kirche, immer antiklerikal gewesen. In der Familie war man an Ritualen und Symbolen nur dann interessiert, wenn sie das Essen oder die Schulbildung betrafen, und selbst dann nur schwach. Der Tod fiel in keine dieser Kategorien, der eigene schon gar nicht.

(…)

Ich habe leider sonst noch nichts aus dem Buch gelesen, bin aber sicher, dass jetzt.de (ausnahmsweise) recht hat, wenn dort ein Rezensent dafür schwärmt.

In der nächsten Zeit wird Nils Minkmar hier ein bisschen gastbloggen, was mir eine große Freude und Ehre ist — nicht nur, weil ich jetzt endlich mal Katzencontent bieten kann.