Schlagwort: Die Alm

Die Arschlm

Wenn man, wie ProSieben, keinen Ruf mehr zu verlieren hat, erhöht das deutlich die Handlungsoptionen. Und so griff der Sender in seiner Verzweiflung, dass die Leute sich nicht massenhaft dazu hinreißen lassen, die als Sommerhit geplante Sendung „Die Alm“ der sendereigenen Schrottproduktionsfirma Red Seven zu gucken, am späten Mittwochnachmittag zu einem erstaunlichen Mittel.

Er gab eine Pressemitteilung heraus, die man beim flüchtigen Hinsehen für eine Nachricht, sogar eine dringende Nachricht halten konnte. Sie lautete:

(Eil) Gina-Lisa, Rolfe und der Checker verlassen „Die Alm“

Unterföhring (ots) – Gina-Lisa Lohfink, Rolf Scheider und Thomas „Der Checker“ Karaoglan haben „Die Alm“ verlassen. Wie es weitergeht: Heute Abend um 22.15 Uhr live auf ProSieben.

(Vollständiges Zitat.)

Die Pressemitteilung ist eine Unverschämtheit. Die drei Unbekannten hatten die Alm schon am Dienstagmorgen verlassen. Und waren bereits am Dienstagabend zurückgekehrt. Wenn überhaupt, hatten die Kandidaten vorübergehend die Alm verlassen, aber nicht „Die Alm“.

Nun ist es für einen Sender wie ProSieben vermutlich bloß Ausdruck von Realitätssinn, bei seinen Pressemitteilungen nicht mehr auf Qualität Wert zu legen als bei der Produktion seiner Fernsehprogramme. Und wie viel Glaubwürdigkeit bei ProSieben zählt, bewies der Sender schon vor zwei Jahren, als er Werbung für eine neue Mystery-Serie so aussehen ließ, als handelte es sich um echte Breaking News. Trotzdem musste man bislang nicht unbedingt davon ausgehen, dass ProSieben über den üblichen Presseverteiler und unter dem Namen der tatsächlichen Pressesprecherin eine solche Lügengeschichte verbreiten würde.

Andererseits: Eine Ein-Satz-Mitteilung inklusive Schalten-Sie-ein-Teaser — kann das ernsthaft die Grundlage sein, auf der Journalisten Berichte verfassen?

Es kann.

Der Branchendienst DWDL verlieh der Ente zusätzliche Glaubwürdigkeit, indem er behauptete, sowas schon vorher gehört zu haben:

Gina-Lisa, Rolfe und der Checker verlassen „Die Alm“

Schon seit Mittwochmorgen ging das Gerücht um, der ProSieben-Realityshow „Die Alm“ würden die Promis weglaufen. Tagsüber dementierte der Sender noch. Am frühen Abend dann aber die Bestätigung per Eilmeldung über die üblichen Presseverteiler.

Eine Stunde später korrigierte DWDL sich und entschuldigte sich für die „kurzfristige Verwirrung“.

Auf Bild.de steht immer noch folgendes Nachrichtenfragment:

Gina-Lisa, Rolfe und der Checker verlassen „Die Alm“

Unterföhring (Bayern) — Gina-Lisa Lohfink, Rolf Scheider und Thomas „Der Checker“ Karaoglan haben „Die Alm“ verlassen. Die Sendung wird auf ProSieben ausgestrahlt.

Und in Rekordzeit interpretierte der über die dramatischen Vorgänge in der Sendung offenbar bestens informierte Online-Ableger der „Rheinischen Post“ die Breaking News:

Gina-Lisa, Rolf und der Checker
Promis verlassen die Alm von Prosieben

Düsseldorf (RPO). Die Promis hatten offenbar genug vom Landleben: Gina-Lisa Lohfink, Rolf Scheider und Thomas „Der Checker“ Karaoglan haben „Die Alm“ verlassen. Das teilt Prosieben am Mittwochabend mit.

Es war nicht immer alles sonnig bei der Promi-Trash-Show „Die Alm“ — aber das ist ja auch das Konzept. Nun haben laut Sender aber gleich drei Bewohner ihre Rucksäcke gepackt und sind abgerauscht. Und das zeichnete sich bereits ab.

Rolf(e) Scheider drohte bereits mit Ausstieg. Denn die Bedingungen auf der Alm sind einfach zu hart für den sensiblen Castingdirektor, meint Prosieben. (…)

Moderatorin Charlotte und Ex-Topmodel-Anwärterin Tessa haben erst Thomas „Checker“  Karaoglan die Schlafdecke versteckt, dann haben sie Gina-Lisa auf dem Kieker (…).

Sollte es damit jetzt vorbei sein, mit allen diesen Lästereien und Boshaftigkeiten? Oder geht es ohne Rolf, den Checker und Gina-Lisa weiter? Prosieben hüllt sich in Schweigen — und verweist auf die Sendung um 22.15 Uhr. Vielleicht lassen sich die drei ja überreden, zurückzukommen.  Viel Lärm um nichts, würde man das dann wohl nennen.

Joa. Obwohl mir da noch andere Formulierungen einfielen, wie man das „wohl nennen“ würde. „Deppen unter sich“, vielleicht. Oder: „Wenn PR-Simulation auf Journalismus-Simulation trifft“. Oder irgendwas mit Fäkalien.