Schlagwort: Europameisterschaft

Matze Knop

Gut, man kann natürlich nicht eine ganze Europameisterschaft nur wegen Matze Knop absagen. Schon weil sich auch die Fußball- und Fernsehwelt nicht erpressbar machen darf. Aber hätte man nicht, auch im Sinne Barack Obamas, wenigstens sprechen müssen mit ihm, ohne Vorbedingungen? Vielleicht hätte Knop sich ja doch auf einen Handel eingelassen, irgendeinen Deal im Ausgleich für die Zusage, wenigstens an einzelnen Tagen während dieser EM nicht mit einer lustigen Fußballerparodie aufzutreten.

Am 24. Januar 2008 hatte Knop nach eineinhalb Jahren relativer Medienabstinenz in einer Presseerklärung bekannt gegeben, „wieder in die Rolle des Kaisers“ zu schlüpfen. In „guter alter Tradition“ werde er an der Seite von Oliver Pocher Franz Beckenbauer spielen – eine Formulierung, in deren Zynismus sich die ganze Skrupellosigkeit der Branche audrückt. Die Ankündigung stand, nicht zufällig, am Anfang dieses EM-Jahres, und nun ist er überall, der Matze Knop als Beckenbauer.

Es ist, zugegeben, nicht seine schlechteste Nummer – aber das ist natürlich eine Formulierung, die bei jemandem, der als „Supa Richie“ bekannt wurde, vergleichsweise wenig Aussagekraft hat. Er hat sich diverse Sprech-Marotten, die man für die von Franz Beckenbauer halten kann, so sehr angeeignet, dass er schnell und spontan reagieren kann, ohne aus der Rolle zu fallen. Das Problem ist nur, dass der Witz (wenn wir ihn mal der Einfachheit so nennen wollen), allein aus diesen Marotten besteht: Guck mal, da ist wieder dieser Mann, der so tut, als wäre er Beckenbauer. Irgendeine wechselnde Idee darüber hinaus gibt es nicht. Das ist von großer Einfalt – und wird gerade endlos vervielfältigt. (Klar, vermutlich wird es bis zur WM 2010 wieder dünn im Auftragsbuch von Matze Knop, da muss man mitnehmen, was man kann.)

Aber war Parodie nicht mal so etwas wie Notwehr? Ein Ventil? Ausgleich und kleine Rache für die Omnipräsenz und Nervigkeit der prominenten Fernseh- und Fußballfiguren? Irgendetwas muss schiefgelaufen sein, wenn plötzlich die Parodien allgegenwärtiger und nerviger sind als das Original – und man sich schon deshalb über jede echte Pressekonferenz der Nationalmannschaft freut, ganz ungebrochen, unironisch.

Denn der Witz der Parodien ist längst auf eine Meta-Meta-Ebene geflohen: Ist das lustig, wie Harald Schmidt Oliver Pocher sagt, dass seine Jogi-Löw-Parodie miserabel ist. Vielleicht hätte man die EM doch absagen müssen.

(c) Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung