Dieser Max braucht jemanden, dessen Hund er sein kann

Das ist Max.

Max ist ein Mischling auf Rauhaardackel-Basis, dem man seine 14 Jahre nicht anmerkt, insbesondere, wenn er Schubläden, Schränke und Rucksäcke auf Lebensmittelreste oder Spielzeuge kontrolliert, einem Quietschtier hinterherjagt oder durch den Schnee tollt.

Max ist ein richtig cooler Hund, dem ich es wünsche, dass er jemanden findet, der ihn aus dem Tierheim Falkensee zu sich nach Hause holt.

Insbesondere, weil ich ihn gerade erst dorthin zurückgebracht habe, nach einer knappen Probewoche bei mir. Aber es lag nicht an ihm, es lag an mir.

Das klingt nach einem abgeschmackten Satz, der auch sonst, bei Trennungen zwischen Mensch und Mensch, vermutlich nur selten die beabsichtigte beschwichtigende Wirkung entfaltet. Aber es stimmt. Max ist ein cooler kleiner Hund, neugierig, anhänglich, zögernd kuschelig und unfassbar niedlich. Ich habe in der gemeinsamen Woche nur gemerkt: Er ist nicht mein Hund.

Ich kann das nicht gut erklären – zum einen, weil es zu privat und persönlich würde, zum anderen aber auch, weil ich es selbst nur zum Teil verstehe. Objektiv hätte wenig dagegen gesprochen, ihn dauerhaft bei mir aufzunehmen. Max ist kein ganz unproblematischer Hund, aber er ist alles andere als ein Problemhund. Ich hätte an ihm arbeiten müssen, vor allem daran, dass er andere Leute, die es wagen, in die Wohnung oder ins Büro zu kommen, empört anbellt. Von „Ressourcenverteidigung“ spricht man, wenn Hunde ihr Futter, ihr Spielzeug oder auch ihren Menschen nicht teilen wollen und in solchen Situationen mit lautem Protest oder Schnappen reagieren. Es kann sein, dass das bei Max im Tierheim schlimmer geworden ist, vielleicht war er auch vorher schon so, in jedem Fall müsste man ihm das abgewöhnen.

Aber das war nicht der Grund, weshalb ich mich gegen ihn entschieden habe, es gab keinen konkreten Grund, es gab nur die ganze Zeit ein Gefühl der Skepsis, einen Zweifel, der leider auch nicht wegging, als sich Max sehr freundlich und gar nicht aufdringlich auf dem Sofa an mich schmiegte. Und dieses Gefühl, dieser Zweifel, hat vermutlich viel mit meinem Hund Bambam zu tun, der im März gestorben ist.

Ich glaube, es war die Ähnlichkeit mit Bambam, die mich überhaupt erst auf Max aufmerksam gemacht hat. Im Tierheim hängt ein Foto von Max, das fast ein Foto von Bambam sein könnte: das graumelierte Gesicht, die großen Augenbrauen, die dunklen Augen, sogar einen Hauch von Bart hat er. Er ist allerdings viel kleiner und auf krummen Beinchen unterwegs. Und ein ganz anderer Typ Hund.

Max hat das Bambam-förmige Loch in meinem Leben nicht nur nicht gefüllt. Er hat mir dieses Loch überhaupt erst richtig bewusst gemacht. Wenn er zum Beispiel klein und gemütlich und aufmerksam hinter mir an der Leine hertrottete, erinnerte er mich daran, dass da mal ein anderer grauer Flauschzottel war, der groß und unabhängig und unangeleint vorauslief.

Nichts an dem, wie Max neben mir an der Leine lief, war falsch. Aber für mich fühlte es sich falsch an.

Ich bin trotzdem gar nicht überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war, ihn nicht zu behalten. Ich habe sehr mit mir gerungen und werde ihn nachher vermissen, wenn er nicht, zusammengerollt wie der Firefox-Fuchs, neben mir auf dem Sofa liegt, nachdem er sich sehr umständlich die Decke so zurechtgeschoben hat, dass er seine Schnauze entweder darauflegen oder reinstecken kann. Vielleicht werde ich sogar vermissen, wie er wie mit den Geräuschen eines sehr, sehr kleinen Darth Vader unter geschlossenen Türen durchatmet, um noch den letzten erreichbaren Geruchspartikel aufzusaugen, der ihm verrät, was dort passiert (oder wenigstens hörbar zu machen, dass geschlossene Türen prinzipiell echt nicht okay sind).

Ich wünsche diesem freundlichen kleinen Fell-Opi, dass er nochmal jemanden findet, dessen Hund er sein kann. Er sieht und hört anscheinend nicht mehr sehr gut, und er hat, was viele Hunde in dem Alter haben, eine Herzklappenverdickung. (Er kriegt Medikamente dagegen und ist laut Tierheim gut eingestellt.) Aber er wirkt gar nicht, als hätte er mit dem Leben schon halb abgeschlossen; er wirkt, ehrlich gesagt, überhaupt nicht wie ein 14-jähriger Hund. Er hüpft die Treppen rauf und runter, kommt allein aufs Sofa, und schafft es sogar, aufrecht auf seinen Hinterpfoten zu stehen, die Vorderpfoten in der Luft, wenn das hilft, herauszufinden, ob jemand da hinten auf dem Schrank versehentlich ein Leckerli liegen gelassen hat.

Er ist absolut innenstadttauglich und entspannt beim Spazierengehen, der Verkehr ist ihm egal, andere Menschen und Hunde, die vorbeikommen, bringen ihn auch nicht in Rage. Nur in den Situationen, in denen er glaubt, seinen Halter oder sein Futter beschützen oder für sich reklamieren zu müssen, macht er Probleme. Daran müsste man arbeiten, aber daran könnte man arbeiten.

Der Max ist ein cooler, sehr niedlicher Hund. Er könnte noch ein paar gute Jahre haben, und jemand mit ihm. Auch wenn ich das nicht bin, würde mich freuen, wenn ich dabei helfen könnte. Max hätte es verdient.