Höchststrafe für DJ Tomekk

Spiegel Online ist aufgefallen, dass im Dschungelcamp nicht über den Hitlergruß von DJ Tomekk diskutiert wurde, und schreibt:

Offenbar war es den Machern des Dschungelcamps zu heikel, einen Ex-Torwart, eine Ex-Pornoqueen und einen Ex-Popstar über Vorfälle mit echter Relevanz diskutieren zu lassen.

Tja, blöder Anfängerfehler von RTL, das Camp nicht mit einem Ex-Journalistenschüler, einem Ex-Ressortleiter und einem Ex-Chefredakteur zu bestücken, die jedes beliebige Thema natürlich unabhängig von seiner Fallhöhe spontan und angemessen hätten diskutieren können. Aber mal abgesehen von dieser Arroganz: Ist das nicht traurig? Journalisten produzieren nicht nur lächerliche Erregungswellen; sie halten sie dann auch noch für „echte Relevanz“!

Das scheint eine merkwürdige Gesetzmäßigkeit zu sein, dass nach solchen Entgleisungen wie der von DJ Tomekk ein gemeinsamer öffentlicher Wettlauf beginnt, mit dem sich möglichst viele Leute so lächerlich zu machen versuchen, dass die auslösende Dummheit dagegen fast verblasst.

Die Medienmaschine war sofort angesprungen. Bild.de hatte das Video, das bis dahin noch niemand kannte, von dessen Existenz außer „Bild“ noch niemand wußte, bereits bei der Erstausstrahlung mit dem Satz vertont: „Dieses Skandalvideo schockiert Deutschland“. Und die Nachrichtenagentur AFP reagierte reflexartig und brachte noch vor dem Aufstehen eine Meldung, die mit dem Satz begann:

Ein handfester Nazi-Skandal erschüttert das RTL-„Dschungelcamp“.

Ich bin ja ein Freund davon, sich sprachlich Steigerungsmöglichkeiten offen zu lassen, und frage mich: Was war — abgesehen von einem möglichen schlechten Kalauer — an diesem „Skandal“, wenn es denn einer war, „handfest“? Und was wird AFP schreiben, wenn es einmal im Dschungelcamp oder sonstwo wirklich zu einem „handfesten Nazi-Skandal“ kommen sollte?

Aber „Bild“ hatte den Fall ja noch vor der Veröffentlichung mithilfe des offiziellen Naziskandalometers messen lassen: dem Zentralrat der Juden in Deutschland. „Die Sache ist schockierend und erklärungsbedürftig“, attestierte dessen stellvertretender Vorsitzende Dieter Graumann. „Wer Hitler feiert, muss geächtet werden.“

Ich würde mir so sehr wünschen, der Zentralrat würde nicht jedesmal über dieses Stöckchen springen, das ihm „Bild“ oder sonst ein Medium hinhält, sondern wenigstens einmal dem Kollegen so etwas antworten wie: „Wissen Sie was? Ich glaube, das können Sie auch als Nichtjude ganz gut beurteilen, was von so einem Hitlergruß zu halten ist. Sie müssen da nicht jedesmal einen organisierten Juden anrufen und als Empörungshansel missbrauchen. Oder wäre der Hitlergruß okay, wenn wir Juden sagen würden, er ist okay? Wäre es nicht ein Zeichen von Reife der deutschen, überwiegend nicht-jüdischen Gesellschaft, sechs Jahrzehnte nach dem Holocaust, von ganz alleine, ohne Vorgabe von uns, die nötige Empörung oder Nicht-Empörung aufzubringen? Und whothefuck ist DJ Tomekk?“

Aber stattdessen sagt der Zentralrat, was von ihm erwartet wird, und „wir“ sind auf eine komplizierte Art von einer eigenen Auseinandersetzung entlastet, aber auch entmündigt.

Und dann kommt, unvermeidbar wie eine Lawine — Michel Friedman.

Ausgerechnet in der „B.Z.“, einem rechten Witzblatt, kommentiert er DJ Tomekks Sekundenauftritt mit der ihm eigenen Übersteuerung (sein interner Lautstärkeregler ist vor Jahren abgebrochen) und beantwortet die Frage: „Kann man sich für einen Hitler-Gruß so einfach entschuldigen?“ in der üblichen Rhetorik, in der nichts abgewogen wird, sondern alles ganz und gar ist, ohne Wenn und Aber, völlig und total. Als offenbar langjähriger Kenner der Psyche von DJ Tomekk und unter Ausblendung all der gegenteiligen Indizien in dem einzigen bekannten Ausschnitt aus dem Video stellt er erst einmal fest:

Dies ist kein spontaner Lausbubenstreich (…), sondern eine bewusste Handlung.

Um sich dann in eine (angesichts der Biographie Tomekks) absurde Oberstudienratspose zu werfen:

Das heutige moderne Deutschland ist die positive Antwort auf die Zerstörungswut von Hitler. Wenn DJ Tomekk das noch nicht begriffen hat, wird es Zeit, dass er es lernt.

Sein heftiger Schluckauf endet so:

Das kann [Tomekk] nur, indem eindeutig und klar die rote Karte gezogen wird und ihm stellvertretend für andere deutlich gemacht wird: In Deutschland 2008 gibt es keine Toleranz mehr gegen Intoleranz.

Friedman ist ein lustiges „mehr“ in den Satz gerutscht. Vor allem aber ist ihm bei all dem Wortgetöse irgendwie das Konkrete abhanden gekommen. Was fordert er? Was will er denn nun? Was soll mit DJ Tomekk, eindeutig und klar, geschehen?

Abschieben? Wegsperren? Oder gleich die Höchststrafe: Ins „Vanity Fair“-Interview mit Michel Friedman?

[Mehr zum Thema bei „Coffee and TV“ und im Hitlerblog der „taz“.]

127 Replies to “Höchststrafe für DJ Tomekk”

  1. Das ist ein toller Eintrag!

    Abgesehen von deinen Punkten beeindruckt mich, dass man mit Künstler-Elternhaus (ein Teil aus Polen, der andere aus Marokko) doch so fix in der Nazi-Ecke landet.

    Und was ist Michel Friedmanns Toleranz wert, wenn sie Intoleranz nicht toleriert? Noch dazu spricht er vorsorglich gleich für alle Deutschen, sodass man sich noch umständlich von dem Gesagten abgrenzen muss.

  2. Naja, die Frage kann man auch umdrehen: Was ist Toleranz wert, wenn sie Intoleranz toleriert? Vor allem: Wie lange wird sie dann überleben, die Toleranz? (Aber das ist nochmal ein anderes Thema.)

  3. Nebenbei bemerkt: Friedmann hat sich nie dafür entschuldigt, dass er sich Zwangsprostituierte bestellt hatte. U.a. Terre des Femmes hat das damals scharf kritisiert – aber in dieser Frage sind die Deutschen wohl „toleranter“.

  4. Naja, wieso sollte der Zentralrat der Juden nicht empört sein? Wenn man den Jungs & Mädels nix vor die Füsse werfen würde, wäre ihnen sicherlich schnell langweilig! Das ist halt der Nachteil am Job des Berufsempörers…

  5. Tomekk ist durch diese Aktion in meiner Achtung gestiegen.
    Warum? Ganz einfach, durch die Reaktionen auf seine Aktion wurde einem wieder mal blendend vorgeführt, daß Deutschland und deren ge-bild-ete Bevölkerung ihre Geschichte noch immer nicht aufgearbeitet hat.

    Was ich mir wünschen würde, ist das komplette Video samt Ton zu sehen. Würde mich nicht wundern, wenn der Ausschnitt Teil einer (unlustigen weil flachen) Hitler-Parodie war.

  6. Ich habe Michel Friedman sofort verstanden, eindeutig und klar! Er möchte, dass dem DJ(vielleicht schon gleich bei der Ankunft am Flughafen) eine rote Karte gezeigt wird, auf der steht, dass es in Deutschland 2008 keine Toleranz gegen Intoleranz mehr gibt. Das sollte diesen ausreichend verwirren und der eingeforderten Relevanz der Angelegenheit ist damit auch genüge getan.

    Schade, seit seinen Drogen- und Sexeskapaden steht Friedman leider nicht mehr die ganze Palette moralischer Empörung zur Verfügung, sonst würde man ihn noch zu vielen anderen Skandälchen als Gast-Aufreger hinzuziehen. Und gute Zankpartner fallen auch nicht mehr vom Himmel.

    Wenn erst mal raus kommt, dass Frau Schaffrath ganz anders heißt und früher „so“ Filme gemacht hat – das gibt Aufregung im SPIEGEL-Kabinett…

  7. Der DJ ist halt in Teilen infantil – aber keinesfalls judenfeindlich. Spannend ist auch noch die Frage, wer der Bild das Video zugespielt hat. Man munkelt ja, dass es aus dem privaten Umfeld der übrigen Kandidaten für viel Geld an die Bild-Redaktion verkauft worden ist. Und wer von den zehn hat Geld am dringendsten nötig… ?

  8. Ob es wohl auch in 20 Jahren noch jede zweite Woche einen Naziskandal gibt, der Deutschland so sehr erschüttert?

    Grund für den ganzen Schrott scheint mir nicht die fehlende Aufarbeitung der Geschichte zu sein, sondern die krampfhafte Suche der Medien (nicht nur BILD) nach Aufreger-Themen. Und kommt das Thema nicht von alleine, schaffen wir uns halt eines. Dumpfe Leser und die Kollegen von den andern Publikationen danken es uns.

  9. Ich finde diesen sogenannten Skandal einfach nur traurig. Zum einen zeigt es mal wieder, dass die Deutschen bei solchen Sachen immer noch überreagieren, andererseits aber auch, dass die Medien über jeden Skandal glücklich sind.

    Wie kann man nur ernsthaft fragen, ob DJ Tommek ein Rechtsradikaler ist, wenn man seinen Hintergrund sieht. Wenn es einer sicherlich nicht ist, dann er.

    Das schlimmste an der Sache: Aufgrund eines Ausrutschers wird von den Medien der Ruf eines Menschen ruiniert. Allen voran Bild, die am schrecklichsten darüber berichtet hat.

  10. Besonders treffend finde ich den Absatz über den Zentralrat der Juden. Tatsächlich hat es mitunter den Anschein, als würden manche Äußerungen doch sehr reflexhaft erfolgen. Dadurch leidet in meinen Augen etwas die Glaubwürdigkeit … Nicht das mich hier jemand falsch versteht: Gerade mit unserer (deutschen) Geschichte ist es absolut notwendig und richtig, dass es diese mahnende Instanz gibt!

    Was der deutschen Gesellschaft nach wie vor fehlt, ist der richtige Umgang mit der eigenen Geschichte und die richtige Einschätzung von gewissen Vorfällen. Wenn irgendwo in Deutschland ein Mob mit Hitlergruß durch die Straßen zieht, dann mache ich mir Sorgen. Aber wenn irgendein C-„Promi“ in privatem Rahmen eine Show abzieht, dann kann ich nur mitleidig dadrüber lächeln (herzhaft lachen kann ich dafür über die inszenierten Kampagenen von Teilen der Presse – obwohl es ja eigentlich traurig ist …).

  11. Ja, Journalisten produzieren nicht nur lächerliche Erregungswellen, sondern potenzieren sie auch. Wenn eine derart läppische Sendung aus sich heraus schon zu vertrocknen droht (welch‘ eine gute NAchricht wäre das gewesen: keine NAchricht vom Dschungelcamp!), müssen halt Umfeldskandale ‚ran. Würde mich nicht wundern, wenn sowas als Joker nicht inszeniert worden wäre und diese alberne DJ-Figur beim Streichholzziehen eben nur verloren hatte (ja, das klingt jetzt nach Verschwörungstheorie).

    Lesenswert wird Niggemeiers Artikel erst da, wo er die ach so wohlfeilen Reflexe aufgreift und thematisiert. Der oberflächlich interessierte muss längst glauben, der Zentralrat der Juden ist eine Art Moralbehörde, womöglich staatlich beauftragt, die jegliche Verstösse medial aufgreift und ahndet. Das hatte tatsächlich mal eine wichtige Funktion, als es galt Protagonisten aus der NS-Zeit entsprechend einzuordnen (bspw. der unsägliche Filbinger). Inzwischen wirkt das oft genug (leider) nur noch lächerlich.

    Und ausgerechnet Friedman, der einem bekennenden Neo-Nazi Mahler ein Forum geboten hat (naturgemäss mit dem Gedanken, sich selbst zu profilieren, was dann einigermassen missglückte), arbeitet sich nun an diesem – im wahrsten Sinne – dummen Jungen ab. (Was die permanente Erwähnung seiner „Drogen- und Sexeskapaden“ damit zu tun hat [#9/schäfer] vermag ich allerdings nicht zu sagen – diese Argumentation spiegelt ja exakt Friedmans.)

    Der permanente Alarmismus, das ständige, sofortige Umschalten auf Alarmstufe „rot“ bei jeder Gelegenheit hat nur leider fatale Folgen: Irgendwann hört man demjenigen, der bei jeder Kleinigkeit lospoltert, nicht mehr zu – selbst wenn es dann mal wichtig wäre.

  12. Tja, so macht man sich’s halt leicht bei Bild und deren Zielgruppe: Nazi ist, wer seltsame Zuckungen im rechten Arm hat. „Ausländer raus“ (natürlich nur die kriminellen – und alle die es werden könnten) hat damit üüüberhaupt nichts zu tun.
    Wahrscheinlich würden die meisten Bild-Leser DJ Tommek eher abschieben, weil er einen „Migrationshintergrund“ hat und noch dazu ’ne schwarze Freundin. Aber sowas dürfen sie ja so nicht öffentlich sagen. Da regen sich lieber Neo-Nazis im Geiste über einen Hitlergruß auf. Geht’s noch scheinheiliger?

  13. DJ Tommek hat seinen Namen mit medialer Aufmerksamkeit (entspricht bekanntlich barem Gold) ueberzogen, BILD und CO hatten ihre Schlagzeilen, der Videoverkauefer nett verdient, RTL kann sich durhc den Rauswurf einen „NatuerlichTolerierenWirSowasNicht“ Bonus gutschreiben, unanstaendige Journalisten koennen fuer ihre tumben Leser dem DJ ihm seine Mutter befragen, anstaendige Journalisten koennen sich vor ihren anstaendigen Lesern darueber auslassen wen das eigentlich alles interessiert und noch anstaendigere Journalisten koennen sich darueber Gedanken machen warum die ja nur bedingt anstaendigen Journalisten all das eigentlich thematisieren und wie ungehoerig das doch ist.

    Da haben doch alle gewonnen. Und jetzt schalten wir rueber zu BigBrother, die Muehen sich doch auch derzeit eifrig mit solchen Mechanismen ab.

  14. @ Robert (Ente!) #1:

    Auch wenn DJ Tomekk aus einem

    „Künstler-Elternhaus (ein Teil aus Polen, der andere aus Marokko)“

    stammt und er über sich selbst sagt

    „meine Freundin ist schwarz und ich bin alles andere als fremdenfeindlich“

    ist das noch lange kein Beweis, dass er kein Nazi sein könnte.

    Ich schrub extra „könnte“, ich halte ihn nicht dafür und das was „die Medien“ moralinsauer skandalisieren, ist wohl ein sehr unüberlegter, sehr unreifer, total unwitziger und dummer „Spaß“. Ich habe mir das Video voller Absicht nicht angesehen. Es hat für mich keine Relevanz.

    Das ist der typische Sturm im Wasserglas:

    „Denn DJ Tomekk braucht keine strafrechtlichen Konsequenzen wegen seines auf Video festgehaltenen Hitlergrußes zu fürchten. Das bestätigte heute der Sprecher der Staatsanwaltschaft Berlin gegenüber SPIEGEL ONLINE. […] Es sei nicht strafbar, wenn ein Ausländer im Ausland den Hitlergruß zeige.“

  15. Ähem, entschuldigung: Wozu in aller Welt muss denn bitte hier die jüdische Gemeinde in Deutschland aus Tablett gezerrt werden? Die reflexartige Umkehr der Geschehnisse und das Herumgedresche auf Friedman verkennt die Tatsache, daß es Tommek war, der in eindeutiger Pose keine Fragen offen ließ.

    Und natürlich kommen wieder die Koks- und Nuttengeschichten. Mein Gott, get over it.

    Ich finde es sehr merkwürdig, unter welch fadenscheinigen Gründen immer wieder Kritik an der jüdischen Gemeinde geübt wird. Das finde ich ehrlich gesagt viel schlimmer als einen blöden Rapper, der wahrscheinlich gerade mal die Hauptschule beendet hat.

  16. […] Höchststrafe für DJ Tomekk (stefan-niggemeier.de) “Ich würde mir so sehr wünschen, der Zentralrat würde nicht jedesmal über dieses Stöckchen springen, das ihm ‘Bild’ oder sonst ein Medium hinhält, sondern wenigstens einmal dem Kollegen so etwas antworten wie: ‘Wissen Sie was? Ich glaube, das können Sie auch als Nichtjude ganz gut beurteilen, was von so einem Hitlergruß zu halten ist. Sie müssen da nicht jedesmal einen organisierten Juden anrufen und als Empörungshansel missbrauchen. Oder wäre der Hitlergruß okay, wenn wir Juden sagen würden, er ist okay? Wäre es nicht ein Zeichen von Reife der deutschen, überwiegend nicht-jüdischen Gesellschaft, sechs Jahrzehnte nach dem Holocaust, von ganz alleine, ohne Vorgabe von uns, die nötige Empörung oder Nicht-Empörung aufzubringen? Und whothefuck ist DJ Tomekk?’” […]

  17. Ach herrje. Sehr schöner Beitrag. Bei Bild wundert es mich ja nicht mehr, dass sie nahezu synchron im Duett mit PI fremdenfeindliche Hetze betreibt und andererseits fordert, man solle von einer Nichtigkeit im Hotelzimmer schockiert sein. Tomekk hat niemandem etwas getan, und wenn man den Clip jetzt nicht so hochskandalisieren würde, könnte man ihm noch nicht mal vorwerfen, dass er das Nazitum verharmlose.

    Aber der Spiegel und „echte Relevanz“? Da hätte ich immer noch und trotz allem ein wenig mehr vom Spiegel erwartet. Schade, dass Broder gerade damit beschäftigt war, das zu Erwartende über Jessen zu schreiben – er ist gewöhnlich ganz gut darin, die wohlfeile Antinazi-Heuchelei aufzuspießen, die sich an isolierten Medienphänomenen festmacht, während rechte Gewalt weitgehend unbeachteter Alltag ist (wobei es den Gesamteindruck leider erheblich trübt, dass Broder bei aggressivem Rassismus selbst fünfe gerade sein lässt, solange er sich gegen Muslime richtet).

    Und ich hatte sogar darüber nachgedacht, ob es nicht übertrieben ist, Tomekk wegen einer Albernheit im privaten Raum überhaupt des Camps zu verweisen. Aber RTL meinte ja, man wolle ihm die Chance geben, sich zu äußern; so gesehen war’s wohl richtig.

    @Gregor Keuschnig, 15: Ich finde die PR-Theorie nicht plausibel. Der Abgang hat einen Campbewohner gekostet und die Zuschauer um eine Abstimmung gebracht. Und wer aufgrund des Rummels neugierig war und das Dschungelcamp eingeschaltet hat, der konnte dort alles mögliche sehen, aber nichts über Tomekk und nichts über Nazis.

  18. @19: Der Mann hat sich als halbverwaister junger Pole in Deutschland im Alleingang bis in die USA hinein Aufmerksamkeit und Anerkennung als Musiker erarbeitet – wenn er sie auch schnell wieder verspielt hat. Ich weiß nicht, ob einem da der bloße Schulabschluss so viel Anlass zu Überlegenheitsdünkel gibt.

  19. @ Sebastian #19:

    Sie haben so recht. Wobei es ja sogar nur eine Schulabschlussunterstellung ist.

    Manche Leute denken wohl „Mein Schwiegervater hat überhaupt keinen Schulabschluss, muss ich mich jetzt von meiner Frau scheiden lassen und meine Kinder verstoßen?“

    Das ist in meinen Augen unendlich ärmer, als das, was ich auf dem Tomekk-Video hätte sehen können.

  20. @Marius#19:

    Und da haben wir den nächsten typischen Reflex. Niemand redet hier von der jüdischen Gemeinde – es geht um einige Personen in der Institution des Zentralrats, die sich hier mal wieder vor den Medienkarren spannen lassen. Sie müssen doch zugeben, dass solche immer gleichen Äußerungen bei extrem nichtigen Anlässen auf Dauer der Glaubwürdigkeit schaden. Irgendwann denkt sich die Allgemeinheit nur noch „Ach ja, der Zentralrat mal wieder…“ und schaltet auf Durchzug. Das kann ja wohl nicht der Sinn dieser Institution sein, oder?

  21. Über Sinn und Unsinn der Institution sollten doch aber wohl besser die entscheiden, die sie stellen und mit Leben füllen.

    Ich finde es schon kommentierungswürdig, wenn sich eine Person des öffentlichen Lebens mit aktuell großer medialer Aufmerksamkeit so offenbart. Ob er nun ein Nazi ist oder einfach nur ein dummer Bengel ist mir in diesem Zusammenhang ehrlich gesagt ziemlich pumpe.

  22. Was mich noch irritiert, ist , warum genau in dem Moment das Video auftaucht, als die mediale Aufmerksamkeitskurve für das Dschungelcamp außerhalb der RTL-Welt die Nulllinie schon deutlich nach unten durchschritten hatte.

    Irgendwie ist es doch auffallend prima, dass nun in allerlei Medien, die sich sonst wohl kaum diesem grenz debilen Format zugewandt hätten, der Titel der Sendung auftaucht. Zudem kann Bild aus 10 Sekunden Video mindestens eine Woche lang täglich einen Artikel destillieren.

    Mal so am Rande.

  23. @27/Marius
    Über Sinn und Unsinn der Institution sollten doch aber wohl besser die entscheiden, die sie stellen und mit Leben füllen.
    Merkwürdiges Verständnis einer pluralistischen Gesellschaft.

    Ich finde es schon kommentierungswürdig, wenn sich eine Person des öffentlichen Lebens mit aktuell großer medialer Aufmerksamkeit so offenbart.
    Ich finde es auch „kommentierungswürdig“, wenn eine Person, die nicht im „öffentlichen Leben“ steht, sich derartig „offenbart“. Davon schreiben aber „Bild“ und Konsorten höchstens, wenn es zur Gewaltexplosion kommt. Bei dem Dschungelcamp-Lümmel wird dann die blosse Geste zum Hype.

    Aber wie schon geschrieben wurde hier: demnächst wird der Kerl noch bei „Kerner“ Abbitte leisten und gleichzeitig für seine neue CD werben.

  24. @22/Sebastian
    Und wer…das Dschungelcamp eingeschaltet hat, der konnte dort alles mögliche sehen, aber nichts über Tomekk und nichts über Nazis.
    Aber er war erstmal „drauf“ – und hierauf kommt es an. Insofern stelle ich mir Torstens Frage (#28) auch.

  25. @ 15 / Gregor Keuschnig

    Friedman war vor seinem Sündenfall die große moralische Krawallschachtel, hat jedem, der sich in seine Sendungen oder sonstigen Medienauftritte wagte, „gesagt“, was richtig/falsch/gut/böse ist. Nun, seit ein großer Teil seiner öffentlich-moralischen Autorität flöten gegangen ist, kann er nur noch auf kleiner Flamme mitkochen, dann, wenn’s irgendwo anbräunt, bzw. Nazis-Juden-Israel. Da fühlt er sich qua Herkunft noch als Instanz, wird gebucht. (Seine Leistungen und Überzeugungen hierzu will ich gar nicht in Abrede stellen.) Aber trotzdem versucht er dann nach Kräften mit der ganz großen Keule drauf zu hauen, er scheint nur dieses eine Werkzeug zu kennen. Jedes Mal. Und sei’s nun auf diesen Kasper. Dem Mann fehlen seit damals einfach die passenden Gegner.
    Ich finde ihn in seiner ausufernden Empörung – er nimmt sich Tomekk ja auch stellvertretend vor, wie er schreibt – unterhaltsam, nur ernst nehmen kann ich ihn genau deswegen nicht.

    (Disclaimer: Wer mir als erster was Rechtes unterstellt, gewinnt einen Blumentopf, die übrigen gehen leider leer aus!)

  26. Ich denke, diese Hitlernummer von Herrn Tomekk war nichts mehr als eine Kinderei, ein lustvoller Tabubruch, der ja genau so geklappt hat, wie man sich das vorstellt.

    Da muss man doch gleich an John Cleese in „Falty Towers“ denken, als er Gäste aus Deutschland bewirten soll und sich deshalb vorher beschwor, bloß nicht über den Krieg zu reden. Am Ende hat er laufend die Deutschen mit diesem Thema gepiesackt. Ein schönes Beispiel, wie man mit einem Tabu das Tabuisierte im Bewusstsein hält.

    Man sollte endlich wieder unterscheiden lernen zwischen den wirklichen Nazis und denen, die bloß mal mit verbotenen Früchten spielen, um die Anständigen zu einem Aufstand zu provozieren. Das ist vermutlich nichts anderes, als wenn man bei Papa auf den teuren Wohnzimmer-Teppich kotzt.

  27. Da entgleist also ein irgendwie durch die Inegrationsbemühungen des Zentralrates geschlüpfter „Ausländer“, zieht eine unappetitliche Show im Ausland ab, als wäre der Rest vom Camp nicht schon unappetitlich genug, und Friedmans Michel konstatiert im Deutschland 2008 seine Nichttoleranz mit Ausländern im Ausland. Der deutsche Michel ist tot, nur Friedman nicht, und keiner sagt seiner hochwürdigen gelackten Arroganz, auch für ihn gilt: In Deutschland 2008 gibt es keine Toleranz mehr -aber auch nicht weniger- gegen Intoleranz, nichtmal gegenüber der von Michael Friedman.

  28. Zum Thema „öffentliche Entrüstung“ nach solchen Vorfällen: Max Goldt hat diese Leute mal so schön treffend als „Kommentarwichsmaschine des öffentlichen Lebens“ bezeichnet. Er spricht von „Schriftstellern und Schauspielern, die sich nach irgendwelchen Ereignissen immer gleich einen Zettel mit Formulierungen schreiben und den neben das Telephon legen in der Hoffnung, sie werden von den Medien angerufen.“

    So läuft das wohl ab, wenn die Bild-Zeitung ihr Adressbuch abtelefoniert, um Stellungnahmen zu bekommen. Das größte Mitgefühl gilt Max Goldt zufolge denjenigen, die „vergeblich den ganzen Abend neben dem Telephon standen“.

  29. So, und jetzt warte ich ja nur auf den nächsten Artikel (Zeitung fast beliebig) zum Thema „Stefan Niggemeier sympathisiert in seinem Blog mit Nazis und macht den Zentralrat der Juden lächerlich“.

  30. Jehova, Jehova, Autobahn.
    Ich bin der festen Überzeugung, dass fast alle Journalisten die Relevanz des Geschehenen bzw. des Videos richtig einzuschätzen wissen: Der DJ ist einfach ein bisschen dumm, aber kein Nazi, jetzt ist auch gut. Und nach dem „Aufschrei“ wird sich alles schön beruhigen und der Vorfall nicht mal im RTL-Jahresrückblick erwähnt werden.

    „Ich bin ja ein Freund davon, sich sprachlich Steigerungsmöglichkeiten offen zu lassen“, so SN, und ich hoffe und freue mich auf Steigerungen von Formulierungen wie „„B.Z.”, einem rechten Witzblatt“, und von „kommentiert er (Friedman) DJ Tomekks Sekundenauftritt mit der ihm eigenen Übersteuerung (sein interner Lautstärkeregler ist vor Jahren abgebrochen)“.
    offtopic: Friedmans Meinung interessiert mich nur zu einem Thema, aber ausgerechnet dazu sagt er nie was.

  31. Für mich ist das doch wieder ein kalkulierter Skandal, um PR zu bekommen. Mit was kommt man in diesem Land sofort in die Schlagzeilen? Na? Irgendwas mit Nazis! Und welche Berliner Plattenfirma hat schon immer mit der Symbolik des Dritten Reichs gespielt? Aggro Berlin. Dort ist ja sein „Homie“ Fler (Neue Deutsche Welle) gesignt. Und Tomekk hatte ja mit ihm gemeinsam den Hit „Jump!Jump!“. Jetzt bleibt abzuwarten, wann das neue Album von DJ Tomekk erscheint. Wer außerdem mal die Hausseite von Tomekk angeschaut hat, wird sich schon am Kopf kratzen, wenn er die Begründung für Tomekks Dschungel Aufenthalt liest. Also: Perfide gemachte PR für einen Musiker, der im Nichts verschwunden war und nun wieder in aller Munde ist.

  32. @19/Marius:

    Die reflexartige Umkehr der Geschehnisse und das Herumgedresche auf Friedman verkennt die Tatsache, daß es Tommek war, der in eindeutiger Pose keine Fragen offen ließ.

    Wenn Sie von „eindeutiger Pose“ und „keine Fragen offen“ schreiben, wissen Sie sicher mehr über den Fall als wir alle (Friedman ausgenommen). Dann erzählen Sie doch mal, was Tomekk damit ausdrücken wollte.

  33. „Über Sinn und Unsinn der Institution sollten doch aber wohl besser die entscheiden, die sie stellen und mit Leben füllen.“

    Der Scientology-Thread ist aber nebenan.

  34. Na ich weiss ja nicht…Tomekk grübelt ja noch über den Text, während er den Arm hebt. Und er schaut in die Runde, dort wo quasi die Camptruppe + Kamerateams stehen. Viel interessanter wäre der gesprochene Part vor dem Gesang und der Teil vor „…so viele Ausländer sind im Haus„. Nur das eben genau diese Teile ausgeblendet bzw. durch die Moderation überdeckt sind. Warum?

    Man sollte auch in Erwägung ziehen, daß die letztere Aussage in Bezug auf das australische Hotel gar nicht so falsch ist. Da wären ja quasi alle Campteilnehmer bzw. die gerade versammelten Technik und Tonfuzzis Ausländer. Tomekk macht macht einen Rundblick, so als ob er sich Gedanken darüber mache, daß in der Lobby des Hotels mehr Deutsche als Australier anzutreffen sind. Man muss nur in Erfahrung bringen, in welchen Zusammenhang der Satz viel.

    Wie auch immer, da hat er einfach nicht weit genug gedacht….oder nicht deutsch genug. Aber warten wir mal ab, was in der Sache noch nachgeschoben wird.

  35. Jaja die Leute haben es gerne E wie einfach.
    Gut und Böse ist schonmal schön einfach. Jetzt muss man nur noch wissen was Böse ist. Aber immer schön einfach. Hitlergruß ist Böse. Punkt.
    Anstatt das sich die Leute wirklich um Rassismuss kümmern, haben Sie jetzt einen, auf den Sie schimpfen können und die Welt ist wieder mal von dem Bösen befreit. Hurra!

  36. Großartiger Eintrag. Ab und zu freue ich mich, einmal die Stimme eines verstandesbegabten Menschen zu vernehmen, der das einzig Richtige auch noch eloquent ausdrückt. Danke.

  37. Vielleicht ist Tomekk ja gebildet, ich denke diese Möglichkeit sollte man nicht einfach so ausschließen, und sein Gruß war ein „saluto romano“ – denn irgendwie ist das Dschungelcamp ja auch eine moderne Form des Kolosseums: Menschen die sich zur Belustigung der Massen gefährden oder erniedrigen.

  38. Ist doch klar:

    Nicht meine Meinung:
    Politisch korrekte Wiedergabe der der Gesellschaft durch 68er aufgezwungenen erlaubten Gedanken (mit Selbsthass).

    Meine Meinung:
    Politisch inkorrekte Gedanke kritischer Freidenker, die sich heroisch dem Gedankendiktat der 68er widersetzen.

  39. @kinch: Vielleicht ist deine Meinung richtig. Aber warum, dann das Deutschland-Lied?
    Wäre nicht: Morituri te salutant. Dann besser gewesen?

  40. Nun ich gebe zu: Was ich von dem Vorfall weiß, kenne ich nur aus dem Artikel, und da steht ja nichts von Sangeseinlagen. Aber vielleicht war es ironisch gemeint: Denn der Spielgeber ist ja nicht mehr der Kaiser Roms sondern das deutsche Volk.

  41. Ist „im Haus“ nicht auch recht eindeutig HipHopper-Idiom?

    Außerdem fällt mir wieder ein, dass Tomekk im Hotel morgens beim Wecken den „Ranger“ etwas eigenwillig gegrüßt hatte, wie in der ersten Sendung vor zwei Wochen zu sehen war. Möglicherweise war der DJ an jenem morgen einfach ein wenig überdreht und „militarisiert“.

  42. Das von #51 Beschriebene hörte ich von Anbeginn an
    genau so.
    „Wieviele?“ was wohl auf eine Frage:
    „.. wie fühlst Du Dich als Pole, für einen deutschen Sender in Australien aufzutreten“? als Gegenfrage verstanden werden sollte..

  43. Danke, Stefan – ein erster Reflex führt immer dazu, dass man sagt „so etwas wie das Dschungelcamp ist die Beschäftigung damit nicht wert“. Doch tatsächlich lässt sich wie hier gezeigt hervorragend über die Mechanismen unserer mediatisierten Welt reflektieren. Vor allem die Unart der Bild, sofort von „schockiert Deutschland“ zu sprechen, obwohl die dazugehörige Info erst durch die Bild über uns kam. Ähnlich übrigens in Bezug auf DSDS aktueller Staffel: Da wird am Mittwoch der 17jährige Kandidat gezeigt, der schon beim Hereinkommen hyperventiliert und der schließlich sehr dramatisch (gekünstelt?) scheitert, Bohlen kommentiert wie gehabt und gar nicht mal übermäßig hämisch. Die Bild macht zwei Tage später (!) einen Aufmacher online (auch in Print?) daraus, der zum einen den tatsächlichen Ablauf verkürzt und Bohlens Agieren völlig überzeichnet. Wie gesagt, alles nur Randthemen, aber mustertypisch für das Agenda Setting der unsäglichen Diek-Männer… Vergleiche den Clip zum Auftritt des bedauernswerten Jungen mit der Bild-Meldung hier: http://dsds-video.rtl.de/player.php?videoid=MTM2MzUwfDE4MzQxMTQ%3D&cat=201 versus http://www.bild.t-online.de/BILD/entertainment/TV/2008/01/25/bohlen/brutalo-bohlen.html

  44. Bevor das hier zu einseitig wird:

    Der Zentralrat der Juden ist ein Interessenverband. Interessenverbände haben es nun einmal an sich, dass sie sich zu Themen äußern, die mit ihrem „Ressort“ zu tun haben. Dabei bringen sie in der Regel eine dezidierte Meinung zu Gehör.

    Herrn Niggemeiers Appell an den Zentralrat wirkt auf mich so, als würde man z.B. von den Gewerkschaften verlangen, sie sollten auf die Arbeitgeberforderung nach Abschaffung gewisser Feiertage Folgendes sagen: „Können Sie als Nicht-Gewerkschafter nicht selbst beurteilen, was von so einem Ansinnen zu halten ist?“

    Der Zentralrat der Juden meldet sich auch nicht häufiger oder zu unpassenderen Gelegenheiten zu Wort, als dies andere Interessenverbände tun, aber beim Zentralrat wird die Frequenz der öffentlichen Stellungnahmen bzw. deren Anlass kritisiert, bei anderen Gruppierungen nicht.

    Vielleicht ist die Sensibilität des Zentralrats besser verständlich, wenn man sich mal anschaut, was es heißt, als Jude in Deutschland (bzw. ganz allgemein außerhalb Israels) zu leben: Jüdische Einrichtungen benötigen Polizeischutz; an den Stammtischen bzw. auch von manchen sog. „Gutmenschen“ wird der Holocaust durch einen Vergleich mit der israelischen Palästinenser-Politik relativiert; im Jahr 2008 gibt es immer noch studierte Menschen in Europa, die behaupten, „die Juden“ hätten zu viel Einfluss …

    Vielleicht sollten sich einige Diskussionsteilnehmer mal fragen, wie sie reagieren würden, wenn einer der Camp-Insassen eine ausländer- oder frauenfeindliche Parole lanciert hätte und ob sie den jeweiligen Interessenverbänden dann auch das Recht zur Kritik abgesprochen hätten.

    Übrigens: Wenn Herr Graumann diese Sache als erklärungsbedürftig bezeichnet, dann kann ich mich ihm nur anschließen. Auch mich würde interessieren, warum ein gänzlich unbekannter Plattenaufleger in einer uninteressanten TV-Sendung gegen §86a StGB verstößt. Der Verdacht auf Quotenfang liegt nahe.

  45. DJ Tomekk ist vieleicht ein wenig simpel gestrickt wenn das eine Hitler-Parodie werden sollte (die ist schon besseren Darstellern wie Helge Schneider oder Harald Schmidt nur mäßig gelungen) oder er geglaubt hat dieses Material würde nie jemand senden, aber er ist bestimmt nicht das Epizentrum eines „Nazi-Skandals“. Das passt weder zu seinem familären Hintergrund noch zu seiner Arbeit mit zahlreichen deutschen und amerikanischen schwarzen Künstlern, mit denen er sich bestimmt nicht umgeben würde (und die sich nicht mit ihm) wenn er wirklich den Nazionalsozialismus verherrlichen würde.

    Ich sehe die „echte Relevanz“ des Djungelcamps im Allgemeinen und dieses „erschütternden“ Vorfalls im Speziellen jedenfalls nicht so dramatisch wie Bild und Spiegel Online. Weckt mich wieder wenn ein Spitzenpolitiker der CDU oder der Chef eines Dax-Konzerns von Bild beim Hitlergruß erwischt wird, dann können wir gerne von einem Nazi-Skandal sprechen.

    Und lieber Michel Friedman, warum eigentlich „kann man sich für [Drogenkonsum mit Zwangsprostituierten] so einfach entschuldigen“ weil man „einen Fehler gemacht“ hat, aber nicht für eine solche Dummheit? Oder genügt es wenn DJ Tomekk auch öffentlich um „eine zweite Chance“ bittet?

  46. […] höchststrafe für dj tomekk Posted by scheff on Freitag, Januar 25, 2008, at 14:25, and filed under Post. Follow any responses to this post with its comments RSS feed. You can post a comment or trackback from your blog. […]

  47. Bloggen ist anders…

    Hier und da wird seit kurzem über das Verhalten mancher Blogger hergezogen. Blogger überschätzen sich selbst , Blogger bloggen mit Scheuklappen, Blogger schweigen zu wichtigen Themen (Börsencrash).
    Ich kann diese Diskussion bzw. de…

  48. @ stefan: auf jeden Fall hättest Du hier noch das falsche Zitat (siehe Kommentar 51) hereinbringen sollen, das von der BLÖD in die Welt gesetzt und folglicherweise auch von allen anderen Medien falsch kolportiert wurde, da es entlarvt, dass sich all diese „Kommentarwichsmaschinen“ das Video offensichtlich nicht einmal angesehen haben.

    Vielleicht sollte man auch hinterfragen, warum auf dem Video nur dieser kurze Ausschnitt gezeigt wird, aus dem Zusammenhang ergäbe sich mit Sicherheit ein ganz anderes Bild. IMHO ist selbst aus dem kurzen und zusammenhanglosen Videoausschnitt schon erkenntlich, dass es sich um eine satirische Paordie gehandelt hat. Warum wird also nicht auch Leuten wie John Cleese, Bruno Ganz, Helge Schneider, etc. Rassismus unterstellt?

    Fazit: Die Massenmedien haben sich mal wieder bis auf die Knochen blamiert, der Zentralrat der Juden und Michel F. sind Opfer ihrer pawlowschen Reflexe geworden und die alltägliche fremdenfeindliche Gewalt wird in der öffentlichen Diskussion weiterhin ausgeblendet.

  49. “Und was wird AFP schreiben, wenn es einmal im Dschungelcamp oder sonstwo wirklich zu einem „handfesten Nazi-Skandal” kommen sollte?“

    Ganz einfach. Dann wird das allseits beliebte „erneut“ hervorgeholt. Oder auch das „wieder“ meinetwegen, oder irgendeine andere Vokabel, die den Eindruck erwecken soll, dass es da eine plötzliche Ballung von Ereignissen gäbe und sie deswegen berichtenswert wären – nicht weil sie es an sich sowieso wären. Natürlich völlig ungeachtet dessen, dass ein betreffendes Ereignis ständig vorkommt und halt nur über dieses mehr oder minder zufällig berichtet wurde weil sonst grad Flaute war, somit eine angeblich existierende öffentliche Empörung weiter bedient werden kann. „Wieder“ Rentner in U-Bahn verprügelt. „Erneut“ Nazi-Skandal. „Weiteres“ Kind verhungert. Unfall-„serie“ auf deutschen Autobahnen „reisst nicht ab“. Als ob irgendetwas davon nicht quasi alltäglich vorkäme.

    Vulgo, die durch’s Dorf getriebene Sau bis sich eine neue findet.

  50. Vielen Dank für diesen tollen, besonnenen Beitrag. Dass sich der Zentralrat der Juden in Deutschland tatsächlich immer gerne für billigste Stimmungsmache seitens der BILD und anderer Gröl-Organen instrumentalisieren lässt, ist eine Erkenntnis, die so deutlich noch niemand zu formuiieren gewagt hat.

  51. @Marco (#40):

    Ich bin nicht überrascht. Stefan denkt und schreibt in Farbe, ist sogar in der Lage, Nuancen zu beschreiben. Darin unterscheidet sich seine Sichtweise von der der Schwarzweißseher, die die Welt immer nur in zwei Fronten geteilt wahrnehmen, welche sie dann z.B. politisch korrekt und politisch unkorrekt nennen (vermutlich weil sie Schiss haben, dass sie sonst völlig den Überblick verlieren ;o).

  52. In der ganzen Berichterstattung finde ich sehr spannend wie gewisse Internat zum «Verurteilten» unter den Tisch gekehrt werden, dass DJ Tommekk Sohn einer Polin ist, passt ihnen ja noch ins aktuelle polnische Konzept.

    Das er auch Sohn eines Marokkaners ist, man die Hautfarbe seiner Freundin und Mutter seiner Tochter nicht als weiß beschreiben würde, müsste man sie als solche differenzieren, das wird nicht auf’s Trapez gepackt.

    Ansonsten kann ich mir vorstellen, wenn das Ganze nicht unter einem eher sarkastischen praodistischen Aspekt geschehen ist, sind mit Bata Illic, dem Engländer und dieser schwedischen Tanzmaus als auch mit dem kleinen blonden Kind, dessen Lover auch eher nach internationaler Herkunft aussah, schon genügend Leute anwesend gewesen, die dem Jungen aufgrund ihres eigenen Hintergrundes intern die Meinung geblasen hätten.

    Nun, wie auch immer. Es ist das einzige Geschehen, was zur aktuellen Staffel dieser Sendung offensichtlich Diskussionsgrundlage bietet. Das sollte dem veranstaltenden Sender zu denken geben.

  53. @59 (Eichelhäher)

    Ich möchte eigentlich Deinem Kommentar und dem Artikel zu 100% zustimmen. Da dies nicht ganz geht:

    Ich finde es bei Interessenverbänden und Politikern(also nicht nur beim Zentralrat) insgesamt furchtbar, dass sie Kommentare abgeben ohne sich vorher genau zu informieren. Es wird ziemlich deutlich aus dem Video, das dies nur ein dummer, geschmackloser Scherz war. Und dies hätte ein Kommentar vom Zentralrat vielleicht auch deutlich machen können (wenn man sich über Herrn Tomekk informiert hätte).

  54. Ja, es wäre sicher schöner, wenn bitter nötige Institutionen wie der Zentralrat der Juden in Deutschland nicht über jedes Stöckchen springen würden, das irgendjemand gerade irgendwo hinhält. Ich weiß bloß leider nur zu gut, wie die Stöckchen-Seite tickt, und die wird eben leider nicht nur von BILD&Co. bevölkert, sondern auch von der taz. Als dort 1984 am selben Tag derselbe Autor rabulierte, das die Werke von Anselm Kiefer bei reichen Juden in New York besonders beliebt seien, und die Schilderung einer Diskonacht mit dem Adjektiv gaskammervoll schmückte, habe ich einen Leserbrief geschrieben. Daraufhin brach erst ein taz-interne Schreierei und dann eine öffentliche Debatte los. In ersterer erklärten die verantwortliche Redakteurin den Schreiber mit hysterisch brechender Stimme siebenmal hintereinander für „göttlich“ (sie ging dann zur ZEIT) und der damalige Kulturchef in aller trendigen Coolness: „Ich weiß überhaupt nicht, was das hier soll. Wenn ich so eine Situation habe, dann ruf ich’n Broder an und lass mir von dem was schreiben.“ Einen Persilschein, nehme ich an. (Ach ja, jener Kulturchef ist heute einer der hauptamtlichen Verschwörungstheoretiker in Sachen 9-11, der Gaskammervoll-A(dje)ktivist Professor an einer renommierten deutschen Hochschule.)
    Mir fällt’s da, ehrlich gesagt schwer, dem Zentralrat vorzuwerfen, dass er tut, was leider auch sein Job ist.
    Pieke Biermann

  55. @59/Eichelhäher
    Natürch ist der Zentralrat ein Interessenverband. Aber seine Äusserungen dürfen (und müssen) doch trotzdem (gerade deswegen) auch kritisiert werden dürfen, oder? Hinzu kommt, dass man – S. N. deutet das in seinem Beitrag an – in den letzten Monaten über fast jedes hingehaltene Stöckchen gesprungen ist.

    Ein Monopol auf „die richtige Meinung“ hat der Zentralrat nämlich genau so wenig wie andere Interessengruppen wie z. B. die Gewerkschaften. Und wie in vielen Ländern (u.a. in Grossbritannien vor rd. 12 Monaten mit den „Independent Jewish Voices“) gibt es inzwischen auch in Deutschland jüdische Stimmen, die den Alleinvertretungsanspruch des Zentralrats infrage stellen.

  56. @ 68, Markus R. Mueller:

    Ich stimme mit Ihnen absolut überein, dass es besser wäre, Stellungnahmen auf eigene Informationen/Recherchen zu gründen. Aber wer den Presse-Alltag kennt, der weiß, dass da oft in Sekundenschnelle ein O-Ton gefordert ist. Dies ist vielleicht auch der Grund dafür, warum so viele Reaktionen der diversen Interessenverbände vorhersehbar und repetitiv sind.

    @ 71, Gregor Keuschnig:

    Natürlich darf der Zentralrat bzw. die Äußerungen eines seiner Vertreter kritisiert werden. Ich habe niemandem das Recht abgesprochen, dies zu tun. Meine Absicht war folgende: Ich wollte darauf hinweisen, dass meines Erachtens mit zweierlei Maß gemessen wird. Bei allen anderen Interessenverbänden wird der Stöckchensprung vielleicht mit verdrehten Augen, aber doch als letztlich akzeptiertes gesellschaftspolitisches Ritual hingenommen. In Bezug auf den Zentralrat schwingt dagegen häufig ein dumpfer Summton mit, so nach dem Motto: „Die sollten lieber ruhig sein.“

    Es ist ein Unterschied, ob ich kritisiere, WAS jemand sagt oder DASS er etwas sagt. Wenn Herr Graumann sich nun so geäußert hätte, wie Herr Niggemeier ihm das vorschlägt, dann hätte Herr Graumann zwar geredet, aber außer einem für den gemeinen Leser wohl rätselhaften „Sapienti sat“ nichts gesagt. Sein Kommentar wäre dann ein ausführlicheres „Kein Kommentar“ gewesen. Insofern könnte Herrn Niggemeiers Appell als Kritik daran verstanden werden, DASS sich Herr Graumann zu Herrn Tomekk eingelassen hat. Gegen diese mögliche Lesart, die vermutlich nicht die von Herrn Niggemeier intendierte ist, aber die in gewissen Kreisen doch auf Resonanz stoßen dürfte, wollte ich Position beziehen.

    Ob der Alleinvertretungsanspruch des Zentralrats berechtigt ist oder nicht bzw. von wie vielen Vertretenen er gebilligt wird oder nicht, ist in diesem Zusammenhang absolut irrelevant.

  57. Was eventuell auch an der feinen Unterscheidung liegen koennte, dass Gewerkschaften, BdI oder dergleichen ihre wirtschafltichen Interessen vertreten, waerend der Zentralrat als moralische Autoritaet herhalten muss.

  58. Ich finde, der Tomekk und die Eva H. sollten ganz dringend beide zu Kerner gehen und dort zusammen mit Margarethe Schreinemakers, Dirk Bach und Sonja Zietlow über ihre Erlebnisse diskutieren. Herr Koch könnte dann noch als Experte dazu geschaltet werden (so wie die CSU-Politiker in der Elefantenrunde). Und damit das Ganze dann den richtigen Rahmen bekommt, analysiert die Supernanny danach, was genau bei allen schiefgelaufen ist.

  59. @Eichelhäher: Ja, ich kritisiere, dass sich Herr Graumann eingelassen hat. Nicht weil er nicht das Recht dazu hätte. Und schon gar nicht im Sinne eines „Die sollen lieber ruhig sein“. Sondern weil ich glaube, dass es der Sache nicht dient. Der des Zentralrates nicht und unserer aller nicht.

    Naiv gefragt: Warum ist der Zentralrat der Juden zuständig, wenn irgendjemand irgendwo den Hitlergruß zeigt? Es kommt mir so vor, als hätten wir unsere Empörung damit an ihn delegiert. Muss man Jude sein, um sich über einen Hitlergruß aufzuregen? Gibt es in unserer Gesellschaft nicht einen Konsens in dieser Sache?

    Deshalb hinkt auch der Vergleich mit anderen Interessensverbänden. Wenn sich Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände öffentlich äußern, vertreten sie unterschiedliche Interessen, und im Idealfall wird dann im öffentlichen Diskurs ein Ausgleich gesucht. Ähnlich vielleicht bei Umweltverbänden und Automobilindustrie. Aber der Zentralrat der Juden ist doch nicht der Anti-Hitlergruß-, Anti-Nazi-Interessensverband! Auf diese Rolle wird er aber von den Medien gerne reduziert, und er lässt sich offenbar sogar gerne auf diese Rolle reduzieren.

    Ich bin sehr dafür, dass der Zentralrat in Deutschland eine Rolle als Mahner und Gewissen einnimmt. Dass er warnt und auf gefährliche Entwicklungen hinweist, wann immer er das für richtig erachtet. Dafür brauchen wir [wir alle, aber auch: wir nichtjüdischen Deutschen] den Zentralrat. Aber wir brauchen keinen Zentralrat, um zu wissen, dass es falsch ist, den Hitlergruß zu machen. Im Gegenteil: Wir machen es uns dadurch leicht. Wir müssen uns nicht selbst empören (das machen ja die Juden schon) oder lassen uns von den Juden erklären, wann wir uns gefälligst zu empören haben (anstatt ein eigenes Gespür dafür zu entwickeln).

    Dadurch, dass der Zentralrat reflexartig immer wieder wie ein Anstandswauwau kläfft, entwertet er seine eigene Autorität, und wenn man dann wirklich sein lautes Gebell bräuchte, hört keiner mehr hin. (Entschuldigung für die verunglückte Metapher.)

    Und, nein, das ist kein spezielles Problem mit dem Zentralrat der Juden. Der Chef des Journalistenverbandes DJV zum Beispiel ist auch einer, der ununterbrochen kläfft und immer das sagt, was man von ihm erwartet. Ich persönlich nehme ihn daher auch kaum noch wahr, wenn er etwas sagt, was wirklich Gehör finden sollte.

    Der Unterschied liegt aber in der Fallhöhe — also darin, dass der Zentralrat eine ganz andere moralische Autorität haben könnte, sollte und müsste.

    (Und dass der Alleinvertretungsanspruch in diesem Zusammenhang irrelevant ist, sehe ich auch so.)

  60. @72/Eichelhäher
    In Bezug auf den Zentralrat schwingt dagegen häufig ein dumpfer Summton mit, so nach dem Motto: „Die sollten lieber ruhig sein.”
    Wollen Sie diesen „Summton“ hören oder warum wehren Sie sich so vehement gegen Kritik an den Kritiker?

    Ob der Alleinvertretungsanspruch des Zentralrats berechtigt ist oder nicht bzw. von wie vielen Vertretenen er gebilligt wird oder nicht, ist in diesem Zusammenhang absolut irrelevant.
    Nein, das ist nicht irrelevant, weil der ZdJ ja durchaus vorgibt für „die Juden“ zu sprechen und in den Medien dies als homogene Meinung verbreitet wird.

    Zwar spricht der Papst im Verständnis der katholischen Kirche sehr wohl für die Katholiken, dennoch ist die Gleichung Papstmeinung = Katholikenmeinung nicht zutreffend.

    Im übrigen ist Niggemiers Frage, ob die alleinige „Zuständigkeit“ für Hitlergruss beim Zentralrat liegt, schon interessant.

  61. @ 75, Stefan:

    #Warum ist der Zentralrat der Juden zuständig, wenn irgendjemand irgendwo den Hitlergruß zeigt? Es kommt mir so vor, als hätten wir unsere Empörung damit an ihn delegiert. Muss man Jude sein, um sich über einen Hitlergruß aufzuregen?#

    Nein, natürlich nicht. Jeder Mensch, der auch nur die geringste Ahnung von der deutschen Geschichte hat, sollte sich über nationalsozialistische Wiederbetätigung empören, allein schon aus Sorge um die eigene(n) Freiheit(en) und Rechte. Aber als Jude fühlt man sich da vielleicht doch noch ein bisschen bedrohter (den ungrammatischen Komparativ bitte ich zu entschuldigen).

    #Aber der Zentralrat der Juden ist doch nicht der Anti-Hitlergruß-, Anti-Nazi-Interessensverband! Auf diese Rolle wird er aber von den Medien gerne reduziert, und er lässt sich offenbar sogar gerne auf diese Rolle reduzieren.#

    In anderen Belangen wird der Zentralrat von der nichtjüdischen Öffentlichkeit doch gar nicht wahrgenommen. Wen (vor allem auch: welchen Journalisten) interessieren denn schon (religiöse) Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten zwischen Orthodoxen und Reformern? Wen interessiert es zum Beispiel, wie die Zuwanderung von Juden aus der Ex-Sowjetunion von den alteingesessenen Glaubensbrüdern und -schwestern aufgenommen wird? Das wären sicher ganz spannende Geschichten, aber welcher nichtjüdische Journalist befragt den Zentralrat denn schon zu solchen Themen oder druckt entsprechende Pressemitteilungen ab?

    #Dadurch, dass der Zentralrat reflexartig immer wieder wie ein Anstandswauwau kläfft, entwertet er seine eigene Autorität, und wenn man dann wirklich sein lautes Gebell bräuchte, hört keiner mehr hin. (Entschuldigung für die verunglückte Metapher.)#

    Ich verstehe schon, was Sie meinen. Mir kommt bei manchen Wortspenden von Interessenverbänden auch der Gedanke an das Märchen vom Hirtenknaben und dessen zuerst vorgetäuschten, dann realen Hilferufen vor dem Wolf. Doch dieses Problem dem Zentralrat oder dem DJV anzulasten, ist meines Erachtens zu kurz gesprungen. Vielmehr sollten wir da mal über die generelle Infotainment-Unkultur in unserem Land nachdenken (die sich durch Liveticker für jedermann und pausenlos aktualisierte Internet-News-Angebote sicher noch verschärft hat), was auch eine – jenseits von Korruption und Schleichwerbung angesiedelte – Reflexion der Journalisten über ihr Berufsethos bedingen würde.

    #Der Unterschied liegt aber in der Fallhöhe – also darin, dass der Zentralrat eine ganz andere moralische Autorität haben könnte, sollte und müsste.#

    Vielleicht rührt Ihre Verärgerung ja gerade von diesem (von Ihnen an den Zentralrat gestellten) Anspruch her? Vertreter der christlichen Kirchen äußern sich ja auch zu vielen unerheblichen Dingen, zum Beispiel zu Faschings- (= Fastnachts-/Karnevals-) Kostümen, die einer Mönchskutte bzw. einer Nonnentracht nachgebildet sind. Da denkt man sich vielleicht auch: „Si tacuisses …“, aber der (das) mediale Groll(en) ist hierbei weitgehend ausgeblieben: Ob das vielleicht daran liegt, dass von den christlichen Kirchen niemand mehr die Rolle einer moralischen Autorität erwartet? (Für alle, die eines Ironiezeichens zum intentionsgerechten Verständnis dieser Äußerung bedürfen: ;-))

  62. @ 72, Gregor Keuschnig:

    Ich will diesen Summton nicht hören, er ist aber sehr oft deutlich und aufdringlich zu vernehmen, zumindest für jemanden, der Ohren hat zu hören und der vor dem latenten Antisemitismus in ganz heterogenen Teilen der Gesellschaft nicht die Augen verschließt. In Herrn Niggemeiers Beiträgen habe ich diesen Summton NICHT festgestellt, aber in der öffentlichen Diskussion geht er nicht selten in ein ohrenbetäubendes Crescendo über.

    Abgesehen davon wehre ich mich gar nicht gegen die Kritik am Kritiker. Auch ich finde Herrn Graumanns Reaktion überzogen, jedoch anhand der von mir vermuteten Interview-Umstände und der generellen Situation von Juden in der Diaspora zumindest teilweise nachvollziehbar.

    #Nein, das ist nicht irrelevant, weil der ZdJ ja durchaus vorgibt für „die Juden” zu sprechen und in den Medien dies als homogene Meinung verbreitet wird.
    Zwar spricht der Papst im Verständnis der katholischen Kirche sehr wohl für die Katholiken, dennoch ist die Gleichung Papstmeinung = Katholikenmeinung nicht zutreffend.#

    Sie widersprechen sich da selbst. Der Anspruch deckt sich in beiden Fällen nicht mit der Realität. Sowohl der Zentralrat als auch der Papst sprechen für ihre Organisation bzw. die von ihnen Vertretenen, und in beiden Fällen ist mit einem gewissen Maß an Dissens innerhalb der Organisation zu rechnen. Die Gleichung Zentralratsmeinung = Meinung aller deutschen Juden ist folglich auch nicht zutreffend. Wenn die Medien dies dennoch so darstellen oder dies vom Publikum so wahrgenommen wird, dann liegt das vielleicht daran, dass die Mehrheit völlig gegen jede Kenntnis der menschlichen Natur vermutet, dass die Minderheit immer an einem Strang zieht.
    Doch im gegebenen Fall ging es wirklich nicht um dieses Thema, sondern um die Öffentlichkeitsarbeit eines Verbandsfunktionärs – ganz unabhängig davon, wie viele Mitglieder seiner Organisation hinter ihm stehen oder nicht.

  63. Ein Pole zeigt in Australien den Hitlergruss und in Deutschland schnappen die üblichen Verächtigen ab. Der Mann hat einen blöden Witz gemacht, man sollte es TOLERANT zur Kenntnis nehmen und es vergessen. Wenn Herr Friedmann meint das sei eine Verhöhnung der Opfer Hitlers, soll er sich doch mal ansehen, was ausländische TV Sender seit Jahrzehnten an Nazi-Blödsinn senden ua. „Allo, Allo“ (Gross Britannien) oder ein ähnlicher Mist der zur Zeit in Polen läuft, ohne dass irgendjemand gegen solchen Dreck Sturm läuft. Und wenn diese absolut hirnverblödenten Serien a la Hogan´s Heroes widerspruchslos hingenommen werden, dann sollte man über den Quatsch im Dschungelcamp am besten kein Wort mehr verlieren. Und ja: Friedmann´s Spruch von wegen KEINE TOLERANZ GEGEN INTOLERANZ ist ja auch nur Quatsch, das macht doch alles keinen Sinn. Da wollten sich nur mal wieder ein paar Leute wichtig tun.
    Michael Huck

  64. @ SteffenH

    Naja, ein politisch korrekter, kollektivistischer Beitrag hätte wohl mit den Worten „Angesichts unserer Vergangenheit …“ begonnen. ;)

    Niggemeier setzt sich für einen entspannten Umgang mit dem Vorfall ein. Immerhin.

  65. […] Bild machte daraus selbstverständlich mehrere Tage lang die Titelstory, stellte das Video online (mit dem Kommentar “Dieses Skandalvideo schockiert Deutschland” – Ganz Deutschland? Nein…) und befragte auch umgehend einen Vertreter des Zentralrates der Juden, um die Empörung glaubhaft zu dokumentieren. Ich kann da, weil ich zufällig auf einen Beitrag gleichen Inhalts gestoßen bin, Stefan Niggemeier nur beipflichten, weil ich mir Ähnliches gedacht habe. Muss bei jedem Nazi-Vergehen, ob ernst oder nicht ernst gemeint, ein Vertreter des Zentralrates gefragt werden, ob er auch wirklich empört ist, um eine ehrliche Stimme zu haben? 60 Jahre nach dem Holocaust sollte jeder vernünftige Deutsche reif genug, um selbst ein Urteil über solch einen Mist fällen zu können, sonst wäre all der Unterricht und die ganze Aufklärungsarbeit doch hinfällig, wenn es immer und immer wieder einen Vorreiter bräuchte, der die Meinung vorgibt. Niggemeier dokumentiert die ganze Aufregung um einen Niemand übrigens sehr ausführlich und interes…. […]

  66. Ich finde es eh eine Unverschämtheit, dass der Zentral Rat der Juden und besonders der Friedmann (der ohne hin selbst Dreck am Stecken hat) meinen, sich bei jedem Scheiss zu Wort melden zu müssen. Klar darf man das alles nicht verherrlichen, aber es artet ja schon soweit aus, dass man bei jedem Tun und Lassen erst dort um Erlaubnis fragen muss und ob wir den Segen haben…

  67. @83: „…erst dort um Erlaubnis fragen“ und „…ob wir den Segen haben“.
    Das sagt ja schon alles, DIE und WIR, gelle?
    Au weia.
    @ Stefan: Danke, sehr gelungener Beitrag.

  68. Danke :)

    Genau für solche Einträge liebe ich diesen (und andere) Blogs so … die ‚klassischen‘ Medien können sich so eine Meinung überhaupt nicht leisten, denn Otto Normalleser käme wohl nicht damit zurecht, sich nicht über das Fehlverhalten anderer aufregen zu müssen, sondern mal klar zu denken.

  69. „Die Medienmaschine war sofort angesprungen“:

    mich erinnert das nur all zu sehr an die Diskussion über FoxNews neulich an gleicher Stelle (http://www.stefan-niggemeier.de/blog/a-news-channel-to-be-afraid-of/), nur dass an die Stelle von Fox hierzulande die Bildzeitung tritt, wenn es darum geht, eine „Diskussion“ oder „Berichterstattung“ über diese Nicht-Themen anzustossen.

    klappt ja auch super: einfach jede Menge heiße Luft reinpusten, ein paar „Experten“ zum „Thema“ zu Wort kommen lassen, fertig ist der Artikel / der Beitrag mit dem man sich / seine Zeitung / seinen Sender wieder ins Gespräch bringt.
    Das ist fast so ne Art Pawlowsche Konditionierung die BILD mit den restlichen Medien da macht, oder, vielmehr, die die anderen Medien mit sich geschehen lassen. Kaum läutet das Glöckchen, fangen alle zu sabbern… :)
    schade.

  70. @83: besser erstmal informieren. Der Zentralrat hat sich nicht „zu Wort gemeldet“, er wurde von „Bild“ kontaktiert und um einen Kommentar gebeten zu einem Vorfall, von dem bis zu diesem Zeitpunkt wohl nur „Bild“ Kenntnis hatte. Er hatte die Wahl, entweder gar nichts zu sagen, oder das offensichtliche.

  71. @89: Und dazu wuerde mich auch noch interessieren, ob der Hr. Graumann der einzige vom ZdJ war, der von der Bild angesprochen wurde. Ich halte es fuer durchaus nicht unwarscheinlich, dass die Bild durch die gesamte Vorstandaschaft telefoniert, und die Aussagen desjenigen, der sich im meisten ueber den von der Bild geschilderten Vorfall aufregt, dann als die Meinung des ZdJ publiziert. Vielleicht hat sich ja Fr. Knobloch aehnlich zu dem Thema geaeussert, wie Stefan es vorgeschlagen hat. Aber so eine Stellungnahme koennte man ja nicht drucken…

  72. Ich frage mich, welches Recht hat noch dieser Drogen-Friedmann sich in der Öffendlichkeit als Moral-Apostel aufzuspielen…

    Gruß MarioAt

  73. @ 83, Marcel Greiner:

    Das ist ein Beispiel für die undifferenzierte Polemik, an der ich Kritik übe.

    Hätten Sie sich genauso aufgeregt, wenn die zur Debatte stehenden Äußerungen nicht im Namen des Zentralrats, sondern eines anderen Verbandes getätigt worden wären?

    Michel Friedman ist im Zuge der von Ihnen angesprochenen Affäre übrigens von allen seinen öffentlichen Ämtern zurückgetreten. Seine in der Tat sehr pathetischen und den Anlass deutlich überbewertenden Zeilen in der BZ können daher nicht als Stellungnahme des Zentralrats verstanden werden.

    Wer mir jetzt wieder unterstellen möchte, dass ich mich gegen Kritik am Kritiker wehre, sollte besser den vorangehenden Absatz noch einmal lesen. Wogegen ich mich wehre, ist dieses dumpfe „Der hat doch selber Dreck am Stecken, der soll lieber den Mund halten“, das jede konstruktive Diskussion im Keim erstickt.

  74. Wieso heißt es immer, der kann kein Nazi sein, nur weil seine Eltern aus dem Ausland kommen? In Polen gibt es genauso Nazis wie in Frankreich, Dänemark, Schweden, Italien, USA etc. Von anderen faschistischen Gruppierungen mal ganz abgesehen. Wer sich auch nur ganz oberflächlich mit Thema auseinandergesetzt hat, müsste dies wissen. Kurzum: die meisten Nazis auf der Welt gibt es bestimmt nicht in Deutschland.

    Das traurigste ist, das beim Begriff Nazi jeder immer nur an Deutschland denkt.* Die Nazis haben Deutschland genauso geschadet, wie den anderen Ländern. Vor allem was die Nachwirkungen angeht. Die künstliche Ost-West-Teilung wiegt dabei am schwersten und wird das Volk noch lange spalten und schwächen. Man beschäftigt die Bevölkerung doch immer am besten, indem man verschiedene Gruppen gegeneinander aufhetzt. Aber ich schweife ab…

    Vielleicht sollten die Leute mal darüber nachdenken, dass Faschismus eben eine natürliche Erscheinung ist, die immer wieder und überall aufkeimen kann. Und genau da muss man sie ersticken!

    Aber da müsste man ja vielleicht kritisch mit sich selbst umgehen…

    *: noch ein Analogie-Versuch: wenn jeder beim Begriff Nazi an Deutschland denkt, weil sie dort ihren Anfang hatten, dann müsste man auch beim Begriff Atomwaffen/Massenvernichtungswaffen immer an die USA denken…

  75. vielleicht kennt Dj Tomekk die richtige deutschland hymne auch garnicht….ich hab die früher auch gesungen(erste strophe) nichts wissend das die verboten ist und ich bin ne DEUTSCHE.Armer Tomekk

  76. @Eichelhäher: Da stimme ich Dir grundsätzlich zu. Das einzige Problem was ich speziell mit Herrn Friedman hier sehe, ist allerdings, dass er regelmäßig gar nicht schnell genug mit seiner Meinung und Moralapostelei an die Öffentlichkeit gehen kann und eben selbst nun mal was ausgefressen hat, was völlig unmoralisch, unwürdig und illegal war. Besonders für jemanden in seiner Position und mit dem Ansehen, dass er zumindest damals noch hatte, darf so etwas nun einmal nicht passieren, da hat er, zumindest in meinen Augen, jedes Recht verspielt, über andere zu urteilen. Seine Meinung kann er ja haben, aber er hat eine Angewohnheit, andere in Grund und Boden zu reden und die Moral mit Löffeln gefressen zu haben und sowas stört zumindest mich.

  77. [EDIT: gelöscht. @katja: Man muss seine eigene Dummheit ja nicht noch in der Öffentlichkeit ausstellen.]

  78. ja ja.löschen ist einfach….dann werden die deutschen ja belogen mit dem grundgesetz man darf das sagen was man denkt.lösch ruhig…..mir egal

  79. @ 100, Kat:

    Seit seinem Rücktritt von allen öffentlichen Ämtern habe ich von Herrn Friedman eigentlich nichts mehr gehört, was nicht damit bzw. dem auslösenden Ereignis und dessen Folgen zu tun hatte. Ich kann also nicht feststellen, dass sich Herr Friedman regelmäßig zu Wort meldet, aber das kann natürlich auch damit zusammenhängen, dass ich Medien wie die BZ nicht sehr oft konsumiere.

    Dass Herr Friedman durch sein Verhalten sich selbst den größten Bärendienst erwiesen und seinen Kritikern ein Totschlagargument geliefert hat, steht außer Zweifel. Ich frage mich nur, ob es überhaupt noch öffentliche Diskussionen gäbe, wenn nur noch derjenige, der selbst ohne Sünde ist, den ersten Stein werfen dürfte.

  80. Ich würde mir so sehr wünschen, der Zentralrat würde nicht jedesmal über dieses Stöckchen springen, das ihm „Bild” oder sonst ein Medium hinhält, sondern wenigstens einmal dem Kollegen so etwas antworten wie: „Wissen Sie was? Ich glaube, das können Sie auch als Nichtjude ganz gut beurteilen, was von so einem Hitlergruß zu halten ist. Sie müssen da nicht jedesmal einen organisierten Juden anrufen und als Empörungshansel missbrauchen. Oder wäre der Hitlergruß okay, wenn wir Juden sagen würden, er ist okay? Wäre es nicht ein Zeichen von Reife der deutschen, überwiegend nicht-jüdischen Gesellschaft, sechs Jahrzehnte nach dem Holocaust, von ganz alleine, ohne Vorgabe von uns, die nötige Empörung oder Nicht-Empörung aufzubringen? Und whothefuck ist DJ Tomekk?”

    Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

  81. @ Eichelhäher

    Wie genau ist dieser „BZ-Leser“ Kommentar gemeint? Muss man gleich zu Beleidigungen greifen, weil man anderer Meinung ist?

    Ich lese die BZ nicht und habe Herrn Friedman trotzdem regelmäßig im Fernsehen und Printmedien freudig Auskunft geben sehen, und von seinem eigenen Verhalten war da äußerst selten die Rede. Zu Beginn kochte das hoch, war aber schnell wieder vergessen.

    Es geht doch nicht um ein Totschlagargument oder dass sich Herr Friedman nun nicht mehr öffentlich äußern sollte. Es geht einfach darum, dass man als öffentliche Person, die gern anderen den Spiegel der Moral vorhält vielleicht kürzer treten sollte, wenn man selbst etwas von solcher Tragweite verzapft hat. Man wird einfach unglaubwürdig.

  82. @ 106, Kat:

    Ich hatte nicht die Absicht, Sie zu beleidigen. Was ich sagen wollte, ist Folgendes: Vor seinem Rücktritt habe ich Herrn Friedman in der Tat sehr oft in den Medien gesehen und gelesen. Doch seitdem ist er mir kaum noch oder gar nicht mehr untergekommen. Meine Erklärung dafür war, dass entweder Herr Friedman sich bewusst zurückhält und/oder dass ich nicht diejenigen Blätter lese bzw. Sendungen höre/sehe, in denen er in Erscheinung tritt – und eine der Zeitungen, in denen sich Herr Friedman artikuliert, ist ja offenbar die BZ.

    Sie schreiben, dass es nicht darum gehe, dass sich Herr Friedman nicht mehr öffentlich äußern soll, er möge allerdings kürzer treten. Wie hat man sich das konkret vorzustellen? Welche Themen sind noch statthaft? „Darf“ er noch wertende Kommentare abgeben oder hat er dieses Recht verspielt?

    Meine Fragen stelle ich Ihnen übrigens in voller Naivität, weil ich wirklich nicht weiß, wie Herr Friedman in der medialen Öffentlichkeit etwas sagen soll (und was), ohne bei Ihnen Anstoß zu erregen.

  83. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie genau Du all das auf Begriffe bringst, was mir in der Regel bloß ein diffuses Unwohlsein beim Betrachten auslöst.

    Ich fand’s auch schön, wie Harald Schmidt kurz und trocken kommentierte: Unglaublich, wie Dirk Bach sich da gewunden hat, wegen des Deals mit der Bildzeitung.

  84. hehe, kann mich hirni nur anschließen!

    zu bild: sie skandaliert nazi-moves von dj tommek. vllt will sie damit auch nur ihre hetze gegen ausländer-(ähh jugend-)kriminalität relativieren.

    als neues argument: „aber wir haben doch auch was gegen hitlergrüße gesagt…“

    wo steuert diese zeitung nur hin?

    i hate ‚dem bitches

  85. was mich generell wundert:

    Über Tommek’s Fettnapfsalto regt sich jeder auf … aber vor vier Wochen kam in der Sendung mit der Maus (nich lachen! *g) ’ne Bildergeschichte, in der Nazis vorkamen (inkl. HK) und … in einem Clip im Fernsehen war die „Stromberg“. Mannschaft zu sehen, in SA-Uniformen und mit HK-Flaggen auf dem Bürotisch …

    … und darüber fiel kein Sterbenswörtchen.

  86. @ Sehwolf – 111 –

    Der eigentliche Skandal ist diese Call-in-Super-Abzocke …

    Jeder Sender strahlt ab 2300 diesen Deppenfang aus … in einer Call-in-Show hab‘ ich beim durchzappen mal gesehen, das die Moderatorin sogar topless vor der Kamera stand … primitiver geht’s nimmer.

  87. @77, 78/eichelhäher
    Vielmehr sollten wir da mal über die generelle Infotainment-Unkultur in unserem Land nachdenken (die sich durch Liveticker für jedermann und pausenlos aktualisierte Internet-News-Angebote sicher noch verschärft hat), was auch eine – jenseits von Korruption und Schleichwerbung angesiedelte – Reflexion der Journalisten über ihr Berufsethos bedingen würde.
    Da stimme ich Ihnen zu. Aber zu der Infotainment-Unkultur gehören mindestens zwei: Diejenigen, die allzu willig Futter liefern – und diejenigen, die dieses Futter dann den Konsumenten zum Frass vorwerfen. Wie wäre es, wenn die Futterlieferanten ein bisschen mehr auf Qualität achten würden und nicht bei jedem Sonderangebot zugreifen?

    Ich will diesen Summton nicht hören, er ist aber sehr oft deutlich und aufdringlich zu vernehmen, zumindest für jemanden, der Ohren hat zu hören und der vor dem latenten Antisemitismus in ganz heterogenen Teilen der Gesellschaft nicht die Augen verschließt.
    Nicht jede kritische Äusserung zu einer Äusserung des ZdJ ist mit latentem Antisemitismus gleichzusetzen. Machen wir uns nichts vor: Das Führungspersonal des Zentralrats ist in der letzten Zeit oft genug – um es freundlich zu formulieren – überfordert und springt allzu hastig auf den Mainstreamzug auf. Ein Paul Spiegel fehlt eben. Das war (nur ein Beispiel) besonders deutlich bei der Diskussion um die SS-Zugehörigkeit von Grass im vergangenen Sommer. Das, was Frau Knobloch da geäussert hat, war indiskutabel und hat dem Zentralrat und seiner moralischen Potenz letztlich einen Bärendienst erwiesen.

    Nebenbei: Ich hätte mir durchaus zum Beispiel einmal klare Worte des Zentralrats der Juden zu den Äusserungen von Ralph Giordano in Bezug auf den Islam gewünscht. Diese Äusserungen waren in höchstem Masse despektierlich und gingen weit über das zulässige in solchen Diskussionen hinaus. Ich will hier Niggemeier nicht interpretieren oder gar in ein falsches Licht rücken. Aber vielleicht meinte er das, wenn er davon spricht, „dass der Zentralrat in Deutschland eine Rolle als Mahner und Gewissen“ einnehmen soll.

    Sowohl der Zentralrat als auch der Papst sprechen für ihre Organisation bzw. die von ihnen Vertretenen, und in beiden Fällen ist mit einem gewissen Maß an Dissens innerhalb der Organisation zu rechnen. Die Gleichung Zentralratsmeinung = Meinung aller deutschen Juden ist folglich auch nicht zutreffend. Wenn die Medien dies dennoch so darstellen oder dies vom Publikum so wahrgenommen wird, dann liegt das vielleicht daran, dass die Mehrheit völlig gegen jede Kenntnis der menschlichen Natur vermutet, dass die Minderheit immer an einem Strang zieht.
    Das ist nicht richtig. Der Zentralrat (oder der Papst oder der ADAC) ist fast gezwungen zu suggerieren, er spreche für die Gesamtheit seiner Gruppe. Hiervon hängt – das ist nicht ganz unwesentlich – die Teilnahme und auch die Berücksichtigung im öffentlichen Diskurs ab. Das können Sie sehr schön am Zentralrat der Muslime sehen. Diese Organisation ist nicht nur eine von vielen Organisationen, die Muslime in Deutschland vertreten – sie werden auch „nur“ als solche wahrgenommen. Das hat zur Folge, dass der ZdM entweder gar nicht in der öffentlichen Wahrnehmung vorkommt oder immer gleich noch die Vertreter von zwei oder drei anderen Organisationen parallel zu Wort kommen (müssen). Es ist in unserer Mediengesellschaft wichtig, dass eine Organisation einen Alleinvertretungsanspruch mindestens behauptet (auch aus pekuniären Gründen; der Zentralrat der Juden muss sich da ja Ansprüchen anderer jüdischer Organisationen erwehren).

    Die Wirkungsmacht im Diskursraum hängt entscheidend davon ab, für wie vielen „Sprecher“ der jeweilige Diskutant steht. Steht er a priori nur als Teil einer (ohnehin schon sehr kleinen) Gruppe, fehlt ihr die Autorität.

    @104
    Friedman war einige Zeit nach seiner Verurteilung wieder bei N24 auf, hatte (hat?) dort eine Talkshow. Ich stimme mit Ihnen überein, dass Friedmans kriminelle Vergangenheit primär keinen Einfluss auf sein aktuelles Urteilsvermögen haben muss. Auch wenn das bei Moralaposteln wie Friedman schwer fällt festzustellen. Bedenklich allerdings in diesem Zusammenhang sein publicitygeiler Auftritt, als er Mahler in einem Interview für Vanity Fair (ausgerechnet für Vanity Fair!) dekonstruieren wollte. Dieses Gespräch hatte nicht zuletzt kaum Aufklärungscharakter, sondern bot Mahler ein Forum. Da hat Friedman ziemlich versagt, zumal seine Stärke in einem Zeitungsinterview sowieso nicht deutlich wird.

  88. Jemand schrieb:
    „Tomekk ist durch diese Aktion in meiner Achtung gestiegen.“

    Das freut mich ja… aber ob der ruf von den
    Deutschen in australien auch so toll gestiegen ist
    bezweifle ich. Der hat sich ja in die Hotellobby
    gestellt für seinen hitlergruß… ein sehr schönes
    beispiel dafür wie sich deutsche im ausland
    beliebt machen können

    Torsten

  89. @Torsten: Du meinst, um den Ruf der Deutschen im Ausland zu versemmeln, brauchen wir jetzt schon Polen?
    Kriegen wir das nicht mehr selber hin?

  90. @ 114, Gregor Keuschnig

    #Nicht jede kritische Äusserung zu einer Äusserung des ZdJ ist mit latentem Antisemitismus gleichzusetzen.#

    Da muss ich Ihnen selbstverständlich beipflichten. Ich habe nirgendwo etwas anderes behauptet.

    #Das war (nur ein Beispiel) besonders deutlich bei der Diskussion um die SS-Zugehörigkeit von Grass im vergangenen Sommer. Das, was Frau Knobloch da geäussert hat, war indiskutabel und hat dem Zentralrat und seiner moralischen Potenz letztlich einen Bärendienst erwiesen.#

    Sie messen ganz offensichtlich mit zweierlei Maß. Weder Friedman noch Grass sind der moralischen Elle, die sie an andere anlegen/angelegt haben, gerecht geworden. Bei Friedman stimmen Sie in die Kritik ein, bei Grass verwehren Sie sich gegen eine negative Stellungnahme.

    Die Häme, die Grass damals vor allem in konservativen Medien entgegenschlug, fand ich auch ziemlich unpassend. Allerdings bedauere ich es schon, dass er dieses Detail aus seiner Vergangenheit nicht früher zu Tage gefördert hat. Er hätte dadurch zum Repräsentanten all derjenigen verführten Jugendlichen werden können, die sich später bestürzt und desillusioniert von der nationalsozialistischen Ideologie abgewandt haben.

    #Ich hätte mir durchaus zum Beispiel einmal klare Worte des Zentralrats der Juden zu den Äusserungen von Ralph Giordano in Bezug auf den Islam gewünscht. Diese Äusserungen waren in höchstem Masse despektierlich und gingen weit über das zulässige in solchen Diskussionen hinaus.#

    Dann müssten Sie aber auch erwarten, dass muslimische Verbände zu herabwürdigenden oder hetzerischen Statements von Muslimen gegenüber Juden unmissverständlich Position beziehen.

    #Der Zentralrat (oder der Papst oder der ADAC) ist fast gezwungen zu suggerieren, er spreche für die Gesamtheit seiner Gruppe.#

    Wir reden da ein bisschen aneinander vorbei. Sie hatten/haben die De-jure-Situation, ich die De-facto-Verhältnisse im Sinn. Selbstverständlich spricht der Papst de jure für alle Katholiken, de facto tut er das bekanntlich nicht. Nur weil die offizielle kirchliche Lehrmeinung beispielsweise mit gelebter Homosexualität ein Problem hat, sind nicht alle Katholiken automatisch Schwulenhasser.
    Die höchsten muslimischen Würdenträger halten das Kopftuch-Tragen mehrheitlich für ein religiöses Gebot, dennoch gehen viele muslimische Frauen barhäuptig auf die Straße.
    Ebenso ist nicht davon auszugehen, dass alle Deutschen jüdischen Glaubens immer und ausnahmslos die Ansichten des Zentralrats teilen. Manche Kommentare erwecken durch die Gleichung Zentralrat = Juden indessen den irrigen Eindruck, dass die jüdische Gemeinschaft in Deutschland eine kompakte, in ihren Bestrebungen einheitliche Gruppe darstellt. Und mit einer solchen Vereinfachung wandert man schon auf einem Grat, dessen Abgründe Klischee und Ressentiment heißen.

    Vielen Dank für die Informationen zu Herrn Friedmans medialer Präsenz. Dass sich „Vanity Fair“ – gelinde gesagt – als Plattform für eine Auseinandersetzung mit Herrn Mahler nicht gerade aufdrängt, sehe ich nicht anders als Sie.

  91. ehrlich gesagt habe ich den ausdruck auch schon live gehört und bin erschrocken, als ich den kontext erfahren habe – ich frage micht, wie viele von 100 auf der straße befragten, tatsächlich wissen, woher „arbeit macht frei“ stammt

    ich bin der meinung, dass wir nicht alles was die nazis pervertiert und adoptiert haben, kennen können – ich bin fest überzeugt, dass die moderatorin ohne großes nachdenken gehandelt hat; eine kurze einweisung in die thematik und die entschuldigung am ende wäre vollkommen ausreichend gewesen…

  92. Kellner: Nun, ganz früher benötigten Menschen, die durch eine Fernsehkamera zu einer breiten Öffentlichkeit sprachen, eine gewisse Qualifikation.

    Dazu gehörte – neben einer Sprechausbildung – durchaus auch Allgemeinwissen. Zumindest bei Moderatoren, die keine von einer Redaktion aufgeschriebenen Texte vortrugen.

    Zugegeben, bei CallIn-Formaten wäre das eher hinderlich. Da ist vor allem Schmerzfreiheit und eine hinreichende moralische Flexibilität gefragt. Und ja, natürlich ist Juliane Ziegler ein Bauernopfer.

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