Bilderbuch-Journalismus

Die Art, wie n-tv.de gestern abend auf der Startseite zwei Bilderserien zum Thema Barbara Rudnik und „die sexiesten Frauen der Welt“ bewarb, hatte einen verstörenden Effekt.

Das war, womöglich, unbeabsichtigt. Bei der Rudnik-Bilderserie selbst handelt es sich dagegen nach Auskunft von n-tv.de nicht um ein Versehen.

Erzählt wird die Geschichte von Rudniks Krebserkrankung darin als Bildergeschichte mit fortlaufendem Text — eine Form der Aufbereitung, die bei n-tv.de inzwischen einen erheblichen Teil der Berichterstattung ausmacht und unter anderem auch bei sueddeutsche.de bevorzugt eingesetzt wird. Nun hat n-tv.de allerdings keine aktuellen Fotos von Frau Rudnik. Die sind für die von n-tv.de gewählte Form der Bildergeschichte aber auch entbehrlich. Und die geht so:

Wenn n-tv.de die Aussage von Frau Rudnik zitiert, viele Menschen bekämen sicher einen Schreck, wenn sie sie sähen, sehen wir ein Foto von Frau Rudnik, wie sie ganz erschrocken guckt:

Und wenn es im Text heißt: „Jetzt lebe sie bewusster und glücklicher als vor drei Jahren, weil sie jeden Tag genieße“, sehen wir ein Foto von Frau Rudnik, auf dem sie richtig glücklich aussieht (obwohl es schon über neun Jahre alt ist: Sie dirigiert da zufällig gerade in einer Art Hochzeitskleid mehrere Rappen bei „Stars in der Manege“).

Die Bilder zeigen also nicht, was der Text beschreibt, sondern illustrieren es. Es sind allesamt Symbolfotos. Das ist sehr unjournalistisch und ein bisschen gewöhnungsbedürftig, aber gewöhnen ist gar keine gute Idee: Sonst fängt man nämlich an, Fragen zu stellen: Warum n-tv.de zum Beispiel den Text „Drei Monate später sei der Krebs zurückgekommen und sie habe mehrere Zyklen Chemotherapie hinter sich“ mit einem Bild von einer schwungvoll über den Roten Teppich laufenden Rudnik bebildert. Steht das für die Rückkehr?

„Andere Schauspieler wussten bis jetzt nichts vom Schicksal ihrer Kollegin und reagieren bestürzt“, steht unter einem Foto, das offensichtlich die Wörter „andere Schauspieler“ illustriert, aber nicht die Bestürzung:

„Alle wünschen ihr Kraft und Zuversicht“ steht auf der nächsten Seite, und anscheinend sind „alle“ vor allem SPD-Politiker:

Wie illustriert n-tv.de Rudniks Plan, sich „erhobenen Hauptes“ und mit ihren „kurzen ungefärbten Haaren“ der Öffentlichkeit zu zeigen? Mit einem Foto von ihr mit langen, gefärbten Haaren und dem Zusatz: „(Foto von 2003)“.

Und der Satz „Für eine Operation sei die Krankheit schon zu weit fortgeschritten gewesen, da der Krebs auch Leber und Knochen befallen habe“, wird von n-tv.de so bebildert:

Eines der freundlicheren Wörter, das mir zu dieser Bilderserie einfällt, ist gaga.

Tilman Aretz, einer der beiden Chef der Berliner Nachrichtenmanufaktur GmbH, die für n-tv den Online-Auftritt bestückt, kann weder mein Problem mit dieser Bilderserie verstehen, noch einen unfreiwilligen Humor darin erkennen. Von einer Text-Bild-Schere könne gar keine Rede sein, sagt er, ebenso wenig wie bei der Geschichte neulich, als n-tv.de eine Steinigung mit einem Foto von einem Galgen bebilderte. Es handele sich bei den Texten eben nicht um Eins-zu-Eins-Erklärungen der Fotos, das sei ja auch langweilig und redundant; ein gewisses „Abstraktionsvermögen“ gehöre schon dazu. Andererseits sei es aber auch nicht so, dass man nur den Text hinschreibe und irgendwelche Fotos dazustelle. Falsch sei im übrigen auch der immer wieder geäußerte Verdacht, mit solchen Bildergalerien nur Klicks generieren zu wollen — die mit Rudnik zum Beispiel ist ja auch nur 30 Bilder lang.

Auch im Fernsehen, sagt Aretz, würde man bei einem Bericht über die Krebserkrankung Rudniks ähnliche Archivbilder sehen. Dabei ist das ja gerade eine der Schwächen des Mediums Fernsehen: Dass es auf Bilder angewiesen ist, während Online-Journalisten zwischen bildlastigen und textbasierten Erzählweisen wählen können. Theoretisch. Es sei denn, sie entscheiden sich, wie n-tv.de, auch dann um den Preis aberwitziger Text-Bild-Scheren und unfreiwilliger und unangemessener Komik jedesmal für die dutzend- und hundertfach klickbringende Bilderserie.

Aretz fand es beleidigend, dass ich seinem Team neulich „Unfähigkeit“ vorgeworfen habe. Vermutlich war das wirklich insofern ungerecht, als es sich nicht um Versehen handelt, sondern Methode.

In der Rudnik-Serie hat n-tv.de über den Satz „Ihre Filmtochter ist Sophia Thomalla, die Tochter von Schauspielerin Simone Thomalla“ ein Foto gestellt, das weder Sophia noch Simone Thomalla zeigt.

Meine Frage, ob der Firmenname „Nachrichtenmanufaktur“ ironisch gemeint sei, hat Aretz nicht verstanden.

[via Lukas]

52 Replies to “Bilderbuch-Journalismus”

  1. Entschuldigung, aber die Idee „Krebserkrankung von XY“ oder „Steinigung“ auf Teufel komm raus bebildern zu müssen ist doch arg geschmacklos.

  2. Die Vorstellung wie die Supertopcheckermedienprofis der „Nachrichtenmanufaktur“ den Blogeintrag von dir lesen und sich verdientermaßen selbst in den Hintern treten möchten entschädigt für so einiges.

  3. OK – dazu fällt einem echt nicht mehr viel ein. Das ist wirklich Sinnlos-Journalismus ohne Stil, Niveau und Anspruch.

  4. Wann kommt der schöne Tag, an dem man hochkonzentrierte Nachrichten lesen kann, in denen das wichtige erklärt wird und die Hintergrundinformation einfach verlinkt wird?

    Was nicht verstanden wird, wird nachgeklickt, was schon gewusst wird, wird nicht überflüssig gelesen.

    Schon öfters hab ich in Nachrichten, „Wissenssendungen“ und Dokus so viel Gelaber gelesen, einfache Platz oder Zeitfüller, die nicht meinen Verstand anspringen lassen sondern ihn im Gegenteil: einschlafen lassen.

    Und genau da reihen sich auch diese tollen Galerien ein: Ein minimum an Information, gestreckt mit Sägespänen, informellem Abfall.

  5. Mart, meinst Du wirklich, die Nachrichtenmanufaktoren werden sich nach Lesen des Beitrags selbst in den Hintern treten wollen? Die haben doch gar nicht verstanden, was an der Bilderserie nicht passt. Die werden allenfalls den ewigen Nörgler Niggemeier in den Hintern treten wollen, diesen Nestbeschmutzer, der seine Supercheckermedienprofikollegen bloßstellt, anstatt selbst auch profijournalistisch zu arbeiten.

  6. Man hat (verzeihung: ich habe) den Eindruck, die – die Manufaktur – sind schlicht doof.

  7. Tilman Aretz, einer der beiden Chef der Berliner Nachrichtenmanufaktur GmbH, die für n-tv den Online-Auftritt bestückt, kann weder mein Problem mit dieser Bilderserie verstehen, noch einen unfreiwilligen Humor darin erkennen.
    Ich halte solche Leute, die derart immunisiert gegen jede Form von Pietät und Geschmack sind, nicht nur für gaga, sondern in ihrer (scheinbaren?) Einfältigkeit für heimtückische Verdummungsproduzenten. Man müsste nur noch herausbekommen, ob es sich um intellektuelle Überforderung handelt oder eine vollkommene Absenz von rudimentärsten Formen menschlichen Anstands.

  8. es ist ja nachvollziehbar, dass die ihren werbekunden klicks vorzuweisen haben und vermutlich ahnen sie ja selber, dass sie da halt etwas an den haaren herbeiziehen müssen.
    aber ganz ernsthaft gefragt: sind die denn nicht unter menschen groß geworden? merken die gar nichts mehr? und wenn nein (und das ist ja wohl die offensichtliche antwort): warum denn nicht?

  9. ich bin der meinung, dass profijournalistisch den stil von n-tv.de in weiten Teile sehr gut beschreibt. anführungszeichen finde ich da nicht notwendig.

    ich meine ausserdem mich zu erinnern, dass n-tv.de im vorvergangenen monat ein photo von stefan niggemeier als symbolphoto verwendet hat – der kontext war lächerlich, das photo unvorteilhaft und die retourkutsche (mehr kann es wohl nicht sein) arm.

    was herr aretz nun als beleidigung empfindet, erschliesst sich so gesehen, nicht wirklich. aber so ist das wohl mit den befindlichkeiten.

  10. Lieber Stefan,

    schlag mich, aber ich bin mir nicht sicher, inwieweit das verwerflich ist. Führt es doch in eine Art dritte Zone: Die, in der Leser den Abgleich (kerngesund versus „dem Tod geweiht“) vornehmen und auf ganz eigene Art berührt / angesprochen werden. Was vielleicht nicht das Schlechteste ist, wenn man an den Effekt denkt.

    Wenn ich jedoch den Gedanken des Text:Bild-Verhältnisses aufgreife, dann würde ich unterschreiben, dass mehr oder nur Text ausreichen würde, um den Worten die volle Tragweite zu geben. Das kann etwas durchaus gewichtiger machen. Gerade dann, wenn alles andere bebildert ist.

  11. Manchmal sagt ein Bild mehr als tausend Worte. Hier nicht, zumindest keine passenden Worte.

  12. Von dieser Form der Bebilderung ausgehend ist es dann gar kein Fehler mehr, Tibet und Nepal zu verwechseln, sondern u.U. Absicht.

    Statt Vulkanopfern könnte man auch Erdbebenopfer oder Hurrikanopfer zeigen – Naturkatastrophen halt.

    Einen Vulkanausbruch mit Vulkanbildern zu illustrieren ist doch irgendwie geistig arm.
    Vielleicht noch von genau dem Vulkan? Das ist ja völlig phantasielos!

  13. Also geht es ums Prinzip?
    Ich frage das wertneutral. Versuche Eure bzw. Ihre Gedankengänge nachzuvollziehen.

  14. Es geht darum, dass Bilder zu Ausschreitungen in Tibet Ausschreitungen in Tibet zeigen sollten, wenn darunter steht: Hier sehen Sie Ausschreitungen in Tibet.

    Wenn ich nun einen Artikel mit der Überschrift Vulkan X bricht aus versehe und ein Bild dazu setze, welches Anne Will bei der Sonntagabendrunde zeigt und darunter steht Tibeter leben friedlich, dann bin ich vielleicht maximal kreativ, aber minimal journalistisch. Der geneigte Leser bringt normalerweise Titel, Bild und Bildunterschrift in einen Kontext.

    Das kommt vermutlich vom Bilderbuchlesen. Dort steht dann „Das Lämmchen leiht sich vom Hasen den Kamm“ und daneben sind dann Abbildungen eines Hasen, eines Kamms und eines Lamms. Nicht von Saddam Hussein, meiner Gartenschere und Berliner Löffelerbseneintopf.

  15. Ich persönlich finde es recht originell. Es bricht mit den Gewohnheiten der Leser, die einen konsequenten Bild-Text-Zusammenhang erwarten. Natürlich nicht mit Absicht, sondern vermutlich eher zufällig, aber nu ja…

  16. ergänzend zu meinem beitrag #12 und als antwort auf die erstaunte mail, die mich erreichte: natürlich war der erste absatz ironisch gemeint. herrje.

  17. Neben „gaga“ fände ich die Bezeichnung „merkbefreit“ in Bezug auf die Reaktion von Herrn Aretz mehr als passend. Unfassbar was für ein Selbstverständnis die Nachrichtenmanufaktur offensichtlich hat…

  18. Hm, ist es nicht die Zielgruppe, die bestimmt, wie Artikel illustriert und getextet werden?
    Wer, außer der Klischeefrau, die sich gerade beim Friseur eine Dauerwelle machen läßt oder das Mittagessen für die Kinder zubereitet, liest sich Artikel über die Krebserkrankung von Barbara Rudnik und/oder Hitparaden der drallsten Blondinen durch?

    Solche Artikel müssen leichtverdaulich sein, das Mitgefühl anregen und dem Konsumenten nicht den Tag versauen, ansonsten bekommen die von der Schule heimkehrenden Kinder Pizza statt Eintopf, weil Mutti mal wieder ins Essen gebrochen hat, da ihr das Bild von einer blutenden Mamille übel aufgestoßen ist.

    Der Leser bekommt das, was er bestellt: Bei n-tv gibt’s Resteverwertung von RTL, bei Niggemeier gibt’s Empörung darüber. Nervend ist auf Dauer beides – obwohl – vielleicht ist „nervend“ auch das falsche Wort; „eintönig“ trifft es vielleicht eher. Es ist ein- bis dreimal unterhaltsam, den Boulevardschmierlappen rhetorische Fragen unterzujubeln, auf die sie entweder gar nicht, offensiv oder verständnislos reagieren, aber irgendwann müßte man auch selbst mal in die seriöse Schiene wechseln und Fragen stellen, die das Gegenüber auch ohne Gesichtsverlust beantworten kann, ansonsten kann man sich die Fragen auch gleich sparen.

  19. #23, Jeff: in weiten teilen finde ich das eigentlich eine meinung, die zumindestens bei mir den nerv trifft, dass ich zustimmend nicken. aber! das rutscht in die grundsatzdiskussion ab letztlich, die man eigentlich nicht zwingend führen muss: der eine ist medienjournalist und so ist es sein job, sich mit eben diesen dingen auseinanderzusetzen und sie zu besprechen. dass er sich damit in weiten teilen nicht wirklich beliebt macht, bringt das mit sich. „eintönig“ würde ich es nicht bezeichnen, aber natürlich: es geht oft in eine richtung. das will es aber auch?
    der andere hingegen macht journalismus und hat (hoffentlich, vielleicht?) eigentlich den anspruch leser zu informieren – und auch, wenn sein leser es gerne leicht hat, sollte doch irgendwie die grundsätzliche sache stimmig sein. ich habe nun einige bilderserien bei n-tv.de durchgeklickt heute morgen (der niggemeier schickt einen immer an abgründe, das ist nicht nett!) – und das problem bilderunterschriften den bildern wenigstens halbwegs passend zuzuordnen, ist ein grundsätzliches dort. ich meine, wenn unter einem bild steht „und John Malkovich, …“ würde ich da auch gerne John Malkovich sehen und nicht Michelle Pfeiffer. es wirkt einfach so, als ob man es sich sehr einfach macht.

  20. Warum um alles in der Welt sollte man Leuten wie den hier angesprochenen „Fragen stellen, die das Gegenüber auch ohne Gesichtsverlust beantworten kann“, wenn die sich ihrerseits einen feuchten Kehricht um den Gesichtsverlust der Leute, über die sie „berichten“ scheren?
    Mag sein, dass es ein wenig eintönig ist, immer wieder die gleichen Vorwürfe an immer wieder die gleichen Personen zu richten. Aber in meinen Augen ist ein Kampf gegen Windmühlen der völligen Resignation eindeutig vorzuziehen. Das erfordert eine Unermüdlichkeit, die mir persönlich höchsten Respekt abverlangt.

  21. Ich grüß Jeff mal völlig off topic von der Kinder, Küche, Klischeefraufront. Okay, die Denleistung lässt in der Stillzeit ein wenig nach, ansonsten sind wir aber nicht durchweg so blöde, dass wir uns den Schuh für solche Geschmacklosigkeiten anziehen müssten.

    Schöne Pfingsten.

  22. @21: Und damit Du weisst, was man bei uns kriegt: Ich starte einen Board-Wettbewerb: Wer macht die sinnbefreiteste oder lustigste Bilderserie. ppt wäre ok. :-)

  23. Nachrichtenmanufaktur = Zentrale Intelligenz Agentur?

    „Praktikanten: Viel arbeiten, wenig verdienen“, „Feste und Freie Mitarbeiter, Autoren: Viel arbeiten, angemessen verdienen“

    Humor haben sie.

  24. Nachgedacht.
    Erkenntnis:
    Wenn ich als Leser an die Sache rangehe, stört es mich nicht so sehr und das „Prinzip“ würde ich als Argument einerseits gelten lassen, andererseits nicht, weil Prinzipienreiterei auch ausarten bzw. sinnlos werden kann. Als Leser gehe ich irgendwie drüber weg, wobei sicher auch eine Rolle spielt, dass ich mich an Stumpfsinn gewöhnt habe.

    Wenn ich als Redakteurin an die Sache rangehe, sieht es ganz anders aus. Ich stelle mir vor, jemand sagt „Mach mal ne Bilderstrecke zur Rudnik.“ Entweder kriege ich die Texte oder schreibe sie selbst und merke, dass ich kein Material kriege, weil die aktuellen Bilder gesperrt oder nicht vorhanden sind. Dann beginne ich, Auswege zu suchen. Bastel Material zusammen, das ich habe. Und dann merke ich, wie pietäts- und geschmacklos es wird, weil ich innerlich stocke und denke „Neeeeee, das kann man nicht machen… Das ist derartig hingekrampft und daneben und was soll das überhaupt. Schmeiß die Bilder raus, nimm nur eines und lass lediglich den Text stehen.“ Womit sich der Punkt „Bilderstrecke“ insgesamt totläuft.

    Versetze ich mich in die Chefredaktion, wird es noch deutlicher. Konferenz: Rudnik als Thema. Wie machen wir das? Als Bilderstrecke? Und dann direkt unter die sexiest women alive platziert?

    Das oberste Bild (Schreck) fände ich allerdings auch als Leser geschmacklos. Ansonsten bin ich verwundert, diese Wahrnehmungs-Schizophrenie in mir zu entdecken. Wieder was gelernt.

  25. ich muß bestätigen, das in letzter Zeit bzw. schon seit geraumer Zeit NTV in seiner Berichterstattung erheblich nachgelassen hat
    aber das mit den Fotos ist ja wirklich schon makaber…
    ich frag mich ob da der jeweilige verantwortliche Leiter nicht über diese Sachen drüber schaut? Wird anscheinend nur noch alles schnell veröffentlich um die Quote zu halten

    Am Ende wirds wie in Amerika…

  26. Man muss aber nicht nur daran denken, wie diese Form der „Berichterstattung“ auf uns wirkt und sich dann darüber empören. Wenn man die Reaktion auf die Konfrontation mit der Thematik beurteilt sollte man auch bedenken dass die Kritik das gesamte Geschäftsmodell der Nachrichtenmanufaktur (wollt‘ ich erst in Anführungsstriche setzen, aber so heißen die nun mal) in Frage stellt. Da hat man dann kein Verständnis für das Problem.

  27. heutzutage hat ja jeder krebs, der leiseste verdacht muss als argument für heldentum herhalten. lernt der protagonist aus seiner ihm vom schicksal [oder drehbuch] auferlegten prüfung, wird er neu geboren. wenn nicht, wird aus der heldin eine tragische.

  28. >Meine Frage, ob der Firmenname >„Nachrichtenmanufaktur” ironisch gemeint sei, hat Aretz >nicht verstanden.

    Scheiß die Wand an – ich kann nicht mehr. You made my day!

  29. Also ich finde die Bildzeitung gut und ich kaufe sie seit fast 30 Jahren jeden Tag. Kompetent und Informativ ist das erste was mir zur Bildzeitung einfällt. Die fleissigen Redakteure trauen sich auch heisse Themen anzupacken und souverän in Beiträge zu fassen, die den Leser interessieren.

  30. @34

    Wenn Sie tatsächlich erfahren möchten, inwieweit Ihr Eindruck „Kompetent und Informativ“ bezüglich der „Bild“-Zeitung einem Abgleich mit der Wirklichkeit standhält, so haben Sie hier

    http://www.bildblog.de/

    ausreichend Gelegenheit, das herauszufinden. Nehmen Sie sich ruhig etwas Zeit, es dürfte eine Offenbarung für Sie werden. Sie sind herzlich willkommen.

  31. @23/angeber.in:
    Mit der Grundsatzdiskussionen und den anderen angesprochenen Punkten hast Du Recht, ich bin wohl nur bedingt blogkompatibel. ;)

    @24/inga:
    Weil es die Chance auf ehrliche Antworten erhöht, wenn man sich vom unteren Niveau, das der Interviewpartner durch systembedingte Zwänge repräsentiert, deutlich entfernt.

    Da diese Chance hier nie gegeben war, weil der Dienstleister und nicht der Auftraggeber gefragt wurde, diente die Fragestellung lediglich der Befriedigung der Erwartungshaltung der geneigten Leserschaft. Das ist nicht weiter schlimm, wenn man’s merkt und sich dabei prima unterhalten fühlt. Geht mir ja genauso.

    @25/kim:
    Wie gesagt: Klischeefrau! Ein mögliches Bild, das Nachtichtenmacher von ihrer Zielgruppe haben MÜSSEN, um so einen Schund überhaupt liefern zu können. Dir auch Frohe Pfingsten! :)

    @35/Peter Viehrig:
    Einen Grundkurs zum Thema „Ironie und ich – eine Geschichte voller Mißverständnisse“ finden Sie im Prospekt Ihrer nächstgelegenen VHS.

  32. @36

    Sie mögen recht haben. Mögen, wohlgemerkt, ich komme darauf zurück.

    Wenn dem so ist, dann fehlt hier der Ironie eine entscheidende Komponente, nämlich Humor. Und sie ist in diesem Falle unangebracht, da auf Kosten anderer (hier „Bild“-Leser), die es zumeist einfach nicht besser wissen und mißbräuchlich und zielgerichtet ihres Geistes und zusätzlich noch um einiges ihrer oft schwer erarbeiteten Kaufkraft beraubt werden. Man kann den Spott auf diese Menschen für feinen Spott halten (ich tu das nicht, ich bin chronisch humorlos), genau so, wie ein Aasgeier es amüsant finden könnte, daß dieses blöde Herdenviech sich von einem Raubtier reißen ließ, bevor er sich nun an dessen Resten delektiert.
    Wenn man mit einer Keule auf den Kopf eines Menschen schlägt, wird er umfallen und wahrscheinlich tot sein. Das kann man lustig finden, so wie das vowiegend im Osten dieses Landes, aber nicht nur da, immer wieder welche lustig fanden.
    Oder wenn einem Menschen tausende Kakerlaken in das Gesicht fallen, dann wird er wahrscheinlich Ekel empfinden. Das kann man lustig finden. Auch die Tatsache, daß er sich dem vermeintlich oder tatsächlich freiwillig aussetzt, kann man lustig finden.
    Man kann es auch lustig finden, daß andere es lustig finden. Das ist dann besonders feiner Humor, intellektuell sozusagen, da man es ja besser weiß. Ach, was haben wir heute wieder reflektiert! Mir indessen erscheint das wie geistiges Onanieren. Es mag ein Hochglanzposter sein und doch fehlt eigentlich alles.

    Na? Amüsieren Sie sich? Lehnen Sie sich zurück und genießen Sie, denn es geht weiter!

    Schauen Sie, mir fehlt dieses Gen. Ich hebe den Arm und versuche so allerlei Manipulationen mit meiner Achsel, aber es krabbelt nicht. Warum nicht? Auch kneife ich mir immer wieder in die Hüften. Es krabbelt nicht! Gibt es dafür einen Kurs an meiner nächstgelegenen VHS? Oder ein schlaues Buch? Sicher kennen Sie eines. Behalten Sie es! Ich würde es nicht lesen. Denn, und damit komme ich auf meinen Eingangssatz zurück, solange ich es einfach nicht besser weiß, gilt folgendes:

    Ich unterstelle, daß Sie nicht recht haben. Ich unterstelle bis zum Beweis des Gegenteils, daß sich jemand NICHT wie ein geistiger Parasit verhält. Ich unterstelle, daß ein Mensch aus Respekt vor anderen, einfach weil sie auch Menschen sind, sich nicht auf deren Kosten amüsiert, solange sie in Unkenntnis gefangen sind. Für SIE muß ich also ein recht trostloser Zeitgenosse sein, ach so, Entschuldigung, ich muß ja erst noch zum Kurs.

    Daraus folgt natürlich, daß ich Ihren und anderer Spott riskiere. Damit kann ich leben. Ich ertrage ihn ungern, aber ich pariere recht gut, finde ich. Andererseits gelingt es mir, in dem einen oder anderen Fall vielleicht einen Menschen ein ganz kleines bißchen von seinen geistigen Fesseln befreien zu helfen. Dafür lohnt es, Ihren Spott zu ertragen.

    Also amüsieren Sie sich gut. Und bitte nur auf meine Kosten.

  33. Peter Viehrig, das ist aber eine außerordentlich steile These, dass Satire und Parodie parasitär seien und noch niemals ihrerseits „einen Menschen ein ganz kleines bißchen von seinen geistigen Fesseln befreien“ geholfen haben. Der Humor und das Lachen sind doch Todfeinde jedes Dogmatismus und daher von Beginn an wesentliche Mittel der Aufklärung. Sie sollten sich gut überlegen, ob Sie diese wunderbare und mächtige Tradition wirklich entsorgen wollen, auch wenn sie Ihnen persönlich nicht zusagt. Ich bin mir auch nicht sicher, ob Ihre Prämisse, das Gegenüber sei „in Unkenntnis gefangen“, so viel eher eine Kommunikation auf Augenhöhe ermöglicht als ein bisschen Ironie. Letztere unterstellt immerhin einen mündigen Adressaten.

  34. @37:
    >>Wenn dem so ist, dann fehlt hier der Ironie eine entscheidende Komponente, nämlich Humor.
    Humor ist kein Bestandteil von Ironie,…

    >>Und sie ist in diesem Falle unangebracht, da auf Kosten anderer[…]
    …im Gegensatz zur Abwertung Dritter.

    […](hier „Bild”-Leser)[/…]
    Das primäre Zielobjekt waren die Redakteure, nicht die Leser.

    […]
    In der Kürze liegt die Würze.

  35. Herr Viehrig, Sie sind ein Chauvinist. Oder ein chauvinistischer Zyniker. Egal. Jedenfalls nicht die Sorte Mensch, die ich achten kann. Die, die nicht von Vorurteilen zerfressen werden und sich selbst für überlegen halten. Ich komme aus dem Osten dieses Landes.

  36. „…Meine Frage, ob der Firmenname „Nachrichtenmanufaktur” ironisch gemeint sei, hat Aretz nicht verstanden…“

    Klasse! Ein „verstehen wollen“ wäre da vielleicht noch treffender?!? Am Ende nutzt es doch alles nichts und der Nutzer muss selber bewerten, was einem da vorgesetzt wird.

  37. @41

    Nun, ich komme auch von dort. Und über das eigene Erleben hinaus gibt es objektive Tatsachen.

    Nur zur Illustration:

    http://www.prevent-racist-attack.org/pdf/prevent_d.pdf

    http://www.eac-magazine.com/de/index.php?option=com_content&task=view&id=20&Itemid=55

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,501614,00.html

    http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,488791,00.html

    http://books.google.de/books?id=wKHNmCR6g3AC

    Vorstehendes habe ich recht willkürlich aus den ersten der 84000 Treffern einer Google-Suche herausgegriffen. Meinen Sie wirklich, daß die Berichte alle chauvinistisch sind? Ich glaube das nicht. Nun kann man schon die Tatsache, daß ich dies nicht glaube, für Chauvinismus halten. Und für den Ausdruck eines von Vorurteilen zerfressenen Menschen. Womöglich enstspringen die Erinnerungen an die Schläge dieser frisurlosen Menschen auch meiner Phantasie, ich habe das alles nicht erlebt. Die haben mich während dieser Aktion für Deutschland auch nie aufgrund eines Dreitagebartes als „Zecke“ tituliert, das bilde ich mir sicher alles nur ein. Ich bin sicher krank, ein kranker Chauvinist, der Ihre Achtung nicht verdient. Ich hätte mich eben rasieren sollen.

  38. puh. wenn ich hätte tippen sollen, in welche richtung sich die kommentardiskussion unter diesem eintrag entwickeln würde — darauf wär ich nicht gekommen.

  39. Ich halte das für verzerrte Wahrnehmung. Es impliziert, dass das nur im „Osten“ geschieht und dass der gesamte Osten dafür verantwortlich ist.
    Solche Berichterstattung und Einstellung führte zur BILD Schlagzeile über den „Neonazi-Mord im Schwimmbad“ von Sebnitz, zur „Hetzjagd“ in Mügeln und den berüchtigten „no go areas“ der letzten WM.
    Ich stimme dem nicht zu und unterstelle, dass jemand, der aus dem Osten kommt das aus täglicher Erfahrung anders sieht, es sei denn seine Wahrnehmung sei verzerrt durch andere Erfahrungen.

  40. @44/Stefan

    Es tut mir leid. Ich habe mich sicher über Gebühr provozieren lassen und dadurch beigetragen, daß es abdriftete. Entschuldigung. Aber „Chauvinist“ kann von mir nicht unwidersprochen bleiben. Den will ich zurückgenommen wissen.

    @46/Nobilitatis

    Was meinen Sie, könnten wir uns zumindest darauf einigen, daß ich kein Chauvinist bin? Ich habe auch nicht behauptet, daß solche Dinge nur im Osten geschähen. Aber es gibt Schwerpunkte, und die liegen nunmal dort. Verzerrt wäre in meinen Augen eine Wahrnehmung, die das verleugnet.

  41. Okay, den Chauvinisten nehme ich zurück. Mir geht es um die generelle Haltung, die als Medienberichterstattungsmuster erscheint, der Osten sei braun. Es gibt aber dieselben Erscheinungen auch im Westen (Norden und Süden). Das „in die Ecke stellen“ ganzer Regionen hilft aber nicht beim Überwinden. Zudem kommen einige Errungenschaften dieser Richtung (z.B. Wehrsportgruppen) direkt aus westlicher Richtung. Und im Osten gibt es große Regionen, die weltoffen sind und für die diese einseitige Berichterstattung ein Problem darstellt (z.B. Wissenschaftler lehnen Stelle in Dresden ab, weil das im Osten liegt).
    Ich und meine vietnamesische Frau hatten hier jedoch noch nie Probleme, man begegnet uns in der Regel sehr freundlich und hilfsbereit.
    Also, Entschuldigung für das böse Wort, Ihre Motivation ist wohl eine andere.

  42. „Wenn man mit einer Keule auf den Kopf eines Menschen schlägt, wird er umfallen und wahrscheinlich tot sein. Das kann man lustig finden, so wie das vowiegend im Osten dieses Landes, aber nicht nur da, immer wieder welche lustig fanden.“

    finden!
    Oder besser noch: und sonst so?
    Humor ist ein Bestandteil der Ironie? So humorbefreit sind sie wohl doch nicht. Oder war es ironisch?

  43. Tja, tatsächlich sind RTL, n-tv, VOX und RTL II der gleiche Schuppen. Das merkt man eben auch an sowas. Wer glaubt, n-tv stehe für seriösen Journalismus, irrt. Das nur für die „Irrglauber“..
    Daher finde ich diesen Artikel fast schon unnötig..

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