Prinz Friso gestorben: „die aktuelle“ hat Bingo!

Ich kann mir vorstellen, dass sie in der Redaktion der Illustrierten „die aktuelle“ gestern gefeiert haben, als die Nachricht kam, dass der niederländische Prinz Friso nach Monaten im Koma seinen Verletzungen erlegen ist. Damit wirkt ihre aktuelle Ausgabe (rechts) fast prophetisch, ganz so, als würden bei der „aktuellen“ Leute arbeiten, die sich auskennen und Dinge aufschreiben, die stimmen.

Gut, dieser Eindruck verflüchtigt sich sofort, wenn man den Fehler macht, den zugehörigen Text im Heftinneren zu lesen. Die „aktuelle“ spekuliert bloß, dass Frisos Frau Mabel nach dem Ende des Sommers zurück nach London ziehen dürfte, und vermutet, dass diese Trennung Friso wohl umbringen wird. Textprobe:

Mabel wird am 11. August 45 Jahre alt. Eine Zahl, die wohl jeden nachdenklich macht. Erst recht, wenn man in einer aussichtslosen Situation steckt wie sie. Die Hälfte des Lebens ist gelebt. Wie wird es weitergehen? Wird sie den Rest ihres Lebens wie eine „halbe“ Witwe verbringen? Nie wieder lieben und geliebt werden? Nie mehr das Glück und den Alltag einer Ehe erleben? Nie wieder einen Sommer voller Wärme und Küsse? Nie wieder einen fröhlichen Geburtstag?

Aber, hey, mit der Titel-Wette darauf, dass Friso jetzt sterben würde, lag die „aktuelle“ in dieser Woche goldrichtig und hat deshalb: BINGO!

Allerdings ist die Zahl der Tipp-Scheine, die man als „aktuelle“ kaufen kann, offenbar unbegrenzt. Das Blatt hatte Friso im vergangenen Jahr bereits mehrmals für tot erklärt:



Sowie, zur Sicherheit und der Abwechslung halber, seine Genesung suggeriert:



Ja, so ein Volltreffer, wie ihn die „aktuelle“ jetzt gelandet hat, der fällt einem nicht in den Schoß: Da muss man schon unermüdlich und kontinuierlich, unter Aufbietung schier unerschöpflicher Ressourcen von Zynismus, gegen die Wahrheit kämpfen.

Aber am Ende gehört natürlich auch ein Quentchen Glück dazu. Bingo!

31 Replies to “Prinz Friso gestorben: „die aktuelle“ hat Bingo!”

  1. Ach deshalb war die Nachricht vom Tod des mir selbst bis dahin völlig unbekannten Prinzen sogar der Tagesschau-App eine Eilmeldung wert: Bei denen wird natürlich auch auf die Filter-Bubbles der Boulevard-Leser Rücksicht genommen.
    Die andere Eilmeldung des Tages war der WM-Sieg im Stabhochsprung. Wenn man bedenkt, was sonst noch so los war, kann man sich nur an den Kopf fassen. Oder man spielt Banalitäten-Bingo mit Eilmeldungen – dazu müsste man aber öfter mal die Titelblätter der bunten Heftchen betrachten.

  2. dann sollte jemand der illustrierten „die aktuelle“ jetzt den gewonnenen preis überreichen und sie dann freundlich aber bestimmt des raumes verweisen…

    es ist unsagbar traurig, dass es solche zeitschriften überhaupt gibt und ich frage mich – ähnlich wie bei der bild-zeitung – jedesmal, was in den köpfen der leute vorgeht, die da arbeiten. erzählen sie wohl zuhause jemandem von ihrem tag? was sie so getextet haben? verspüren sie so etwas wie stolz über die eigene arbeit? empfinden sie noch sowas wie scham? fragen über fragen, die aus meiner sicht die gründung einer neuen zeitschrift erforderlich machen, welche sich mit dem fiktiven schicksal möglicher autoren solcher blätter beschäftigt…(„ich habe ein jahr lang nur lügen aufgeschrieben und kann mich nicht mehr im spiegel betrachten. wer bindet mir die krawatte?“)

  3. Wie ich sehe hat „die aktuelle“ nicht mal eine vernünftige Webseite, lediglich eine Art Platzhalter mit Werbung des Gong Verlags um sich Abos und Abo-Prämien anzusehen. Das heißt man muss das gedruckte Blatt am Kiosk kaufen oder noch schauerlicher gar abonnieren, um die grottigen Artikel zu lesen die hier besprochen werden. Sehr clevere Vetriebsstrategie.

  4. Die wichtigste Frage ist doch: Wer kauft und liest so einen Scheiß? Wenn es dafür keinen Markt gäbe, würde sowas auch nicht produziert. Alles was sich gewinnbringend verkaufen läßt, wird auch produziert, und „Redakteure“, die sich den Quatsch ausdenken, finden sich dann auch.
    Das gleiche gilt auch für die jüngst ins Gerede gekommenen „Landser“-Hefte. Auch da war ich schockiert, dass es offensichtlich immer noch Leute gibt, die sowas kaufen.

  5. Besonders schönes Detail: „Das neue Leben seiner jungen Frau“ – man muss ja nicht unbedingt den Forties-Blues pfeifen, aber mit 45 ist man auf jeden Fall nicht mehr jung, nichtmal mehr in der Nähe davon.

    @Harald: Meine Oma hat die aktuelle früher gelesen, sie fand die Fotos von Königinnen mit ihrem Schmuck und den Kleidern so schön, hat sie also mehr als Bilderbuch denn als ernst zu nehmende Zeitschrift genutzt.

  6. Für mich ist es immer schwer, sich mit diesen Zeitschriften zu beschäftigen. Ich treffe täglich Menschen, die so etwas lesen. Sie glauben das, was dort steht, genau so wie sie an Homöopathie und Gott glauben.

    Wenn ich dann überlege, ob ich sie wach rütteln soll, weiß ich ganz genau, dass es sinnlos ist.

    Was mich aber viel mehr umtreibt ist das Wissen, dass diese Menschen so ideale Mitläufer abgeben. Es bleibt dann irgendwann nur noch übrig, diese Zeitschriften zu ignorieren und sich einzureden, dass es ja grundsätzlich nicht schlecht ist, Zuckerpillen zu schlucken und auf den Knien durch ein kaltes, großes Gebäude zu rutschen – oder sich wie martin anspricht halt einfach schöne Bilderchen anzuschauen und dazu eine ausgedachte Seifenoper zu lesen.

  7. Wir waren uns im Rahmen einer Textbespechung im Deutschunterricht über Trivialliteratur/Yellow Pess einig: mit dem Ableben unserer Omas und Tanten würde es keine Yellow Press mehr geben. Welch klassischer Irrtum (oder Neudeutsch: epic fail)!!!
    Dazu fällt mir ein Zitat aus einem nicht eben als intellektuell veschrieenem Druckwerk, einem Micky-Maus-Heft aus den 60ern, ein: „Die Dummen werden nicht alle…“

  8. @martin III
    Watzefack??
    @den Hausherrn
    Könnte man nicht einfach diese Zeitschriften da lassen, wo sie hingehören? Auf dem Grabbeltisch beim Arzt oder Friseur? Es ist doch ein besonderes Glück für die Menschheit und den Leser im Internet, dass die keine lesbare Homepage haben.

  9. Ich sag’s mit einem großen unbekannten Philosophen: Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte. Es sind aber nicht diese Zombie-Journalisten, die ganz offensichtlich nicht über gesunden Menschenverstand verfügen und dahinvegetierend Versatzstück aus dem letzten Sommerloch aneinanderbappen und Namen in dafür vorgesehen Platzhalter stellen; die also sind es nicht, die mich zum Kotzen bringen, sondern vielmehr dieses asoziale Dreckspack von Lesern (um es genauer zu sagen: von Käufern), die dieses sensationsgeile Schmierblatt finanzieren, weil sie genau diesen unsäglichen Abfall haben wollen, getreu dem Motto: „Egal, wie dreckig es uns geht, andere sind noch viel schlimmer dran. Schwein gehabt!“ Die Schlagzeilen folgen der marktwirtschaftlichen Regel: „Angebot und Nachfrage regulieren den Preis“. Wenn die Nachfrage auf Null sinkt, können diese gewissenlosen und Desinformationen verbreitenden Verlage ihr buntes Klopapier nicht mal mehr verschenken. Hört endlich auf, den Mist zu kaufen! Fangt an zu denken! Fangt an, verantwortungsbewusst zu handeln! Das Leben ist ohne die Regenbogenpresse auch nicht weniger interessant. Wir können alle gut darauf verzichten.

  10. „Ich kann nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.“ – beim Betrachten eines Fackelzugs zu Adolf Hitlers Machtübernahme; zitiert nach Bernd Küster: Max Liebermann – ein Malerleben

    Nur zur Info.

  11. Meiner Beobachtung nach „liest“ niemand ‚die aktuelle‘ oder ähnliche Druckwerke, allenfalls zum Bilder gucken werden solche Zeitschriften in die Hand genommen. Ein Relikt aus Zeiten, als es noch keine Katzen-Videos auf youtube gab. Kein Leser/Bilder-Gucker erwartet Journalismus in/von solchen Zeitschriften oder würde ‚die aktuelle‘ als Journalismus bezeichnen. Aber gerade deshalb können die doch auch auf solch eine menschenverachtende „Berichterstattung“ verzichten.

  12. Der Tod des ursprünglich in London wohnhaften Niederländers wurde sogar von „seriösen Medien“per Eilmeldung verbreitet.
    Eine Frage an Stefan Niggemeier, hast Du etwa all diese spannenden Blätter abonniert und musst sie auch noch lesen -mein Beileid.

  13. @Mithos

    Irgendwo las ich, die Nachricht vom Tode Prinz Frisos war eine der meistgelesenen bei Spiegel Online an diesem Tage.

    Ob das ein Hinweis darauf ist, dass diese Adelskacke beim Publikum ankommt oder ob die Leser – wie ich – darauf geklickt haben, weil sie nicht mal einschätzen konnten, ob der Tod des Prinzen irgendeine Relevanz haben könnte, blieb allerdings offen.

    Hätte ich gewusst, wer Prinz Friso war, hätte ich seine Todesnachricht ignoriert.

  14. @9 „mit dem Ableben unserer Omas und Tanten würde es keine Yellow Press mehr geben. Welch klassischer Irrtum“
    .
    Das wundert mich auch bei der Musik.
    Die heute „alten“ Leute (wie ich) sind doch mit mindestens Elvis, Fats Domino, Jerry Lee Lewis (wenn nicht sogar Blues, Jazz, Soul) und etwas später dann mit den Beatles & Stones & Who (etc.) erwachsen geworden. Und heute hören sie die gleiche Deppenmusik wie schon unsere „Omas“, von R.Kaiser bis zur „Volks“-Musik. Radio und TV zeugen davon.

  15. @6

    Mich schockt die Leserschaft solcher Blätter viel mehr als die des „Landsers“. Der „Landser“ist Fiktion, klar als solche erkennbar. „Die aktuelle“ tut so, als bringe sie tatsächliche Meldungen, und spielt deshalb mit ihren unfreiwilligen Protagonisten ein unendlich perfides Spiel. Darüber hinaus bekommt der Landser-Leser weitgehend das, was ihm versprochen wird: Wehrmachts-Histörchen. „Die aktuelle“-Leserinnen lassen sich Woche für Woche vom Titelblatt anlügen, ganz offenbar ohne Lerneffekt. Beim Landser vermute ich kleine Geister (und/oder ein gewisses Maß an Eskapismus), „die aktuelle“ verbinde ich mich Gleichgültigkeit der Wahrheit gegenüber, Sensationslust und moralische Abgestumpfheit.

  16. Wenn einem das eigene Leben zu langweilig und selbst Rosemunde Pilcher noch zu anspruchsvoll ist bleibt wohl nur noch sowas zum lesen…

  17. Ist es eigentlich Zufall dass die „aktuelle“ (hier erstes Bild in der Übersicht) und der „Freizeit Monat“(Erstes Bild in der Übersicht bei topfvollgold http://www.topfvollgold.de/?p=5758 ) das selbe Foto und die selben beiden Texte („Es ist vorbei“ und „Beatrix unter Schock“) verwendet, oder hängen die irgendwie zusammen?

  18. @martin III und M.Veers
    Ich kann nicht glauben, dass jemand allein die Fotos von Adeligen so spannend findet, dass er sich so ein Blatt kauft. Dann könnte der Verlag ja auch ein Bilderheft ohne Texte herausbringen, um Kosten zu sparen, denn etwas Geld werden die Geschichtenerfinder ja auch verlangen.
    @Jeeves
    Das mit der Musik stimmt so pauschal nicht. Ich höre immer noch überwiegend die Platten aus den 60ern und 70ern.
    @Albert Rum
    Meines Wissens sind die „Landser“-Hefte nicht Fiktion, sondern werden von Autoren geschrieben, die das genau so erlebt haben (wollen). Insofern müßte der Stoff langsam ausgehen, denn so viele Zeitzeugen gibt es ja nicht mehr.

  19. Noch schlimmer als die Tatsache, dass erwachsene Menschen (die sich vielleicht auch noch Journalisten nennen) einen derartigen Schwachsinn schreiben, ist die Tatsache, dass so viele vermutlich ebenfalls erwachsene Menschen es lesen. Und vor allem auch noch regelmäßig Geld dafür ausgeben. Wäre es nämlich nicht so, dann hätte sich dieses Geschreibsel vermutlich ganz schnell erledigt…

  20. Wobei… ich vermute mal, dieses Heftchen hat in Wirklichkeit überhaupt GAR KEINE „LESER“… weil, wenn man sich mal die durchschnittlichen Konsumenten dieses Produktes anschaut: Die sind doch alle FAST BLIND. Selbst MIT BRILLE könnten die doch den Text (mal abgesehen von den Überschriften) überhaupt nicht entziffern. Insofern ist denen dann doch offenbar tatsächlich vollkommen egal, was da so geschrieben steht ;-)

  21. Ich arbeite bei „die aktuelle“. Und weil es so viele interessiert: Ja, ich kann prima in den Spiegel schauen.
    Vielleicht müsste so mancher auf seinem hohen Ross einmal darüber nachdenken, dass das, was wir tun Unterhaltung ist. Gossip, Klatsch, Yellow Press. Wir erheben nicht den Anspruch die FAZ oder der Spiegel zu sein. Nein , es geht um seichte, einfache Unterhaltung, garniert mit schönen Kochrezepten und Modetipps. Und auch wenn in den Sphären, in denen offensichtlich viele Kommentatoren hier schweben so etwas undenkbar scheint: Die Leserinnen unserer Hefte sind keineswegs alles unterbelichtete Schwachmaten. Und auch nicht blind (by the way: merkt ihr eigentlich wie überheblich ihr seid?!?) Einfache Frauen, ja. Aber auch denen ist bewusst, dass nicht alles immer stimmen kann, sondern vieles Spekulation ist. Aber das ist nichts anderes, als wenn man sich beim Bäcker mit der Nachbarin über die neuesten Gerüchte austauscht. Und wie gesagt, es geht hier nicht um Nachrichten, sondern um Unterhaltung.
    Also an alle , die „die aktuelle“ für das Tor zum Niedergang der zivilisierten Welt halten: Take it easy…

  22. Irgendwo kann ich Ihnen ja zustimmen, Yellowfee. Ihre Geschichten sind sicherlich nichts Anderes als „Dear Penthouse“ oder die „Erlebnisberichte“ in der „Coupé“ oder der „Bravo“.

    Aber sagen Sie doch bitte nicht Gossip.

    Wenn am etwas hinschreibt für das es keine Belege gibt, sind es Lügen. Sie können ja gerne noch Weasel Words benutzen wie „Some say“ sprich sich auf „Quellen“ beziehen, die es nicht gibt, aber akzeptieren Sie doch bitte dass Stefan Niggemeier hier einfach nur darstellen will, dass Sie das sind, was Sie sind. Wir sind Ihnen ja auch nicht wirklich böse, es ist mehr so etwas wie die Betrachtung von Menschen, die kein Schlechtes Gewissen haben wenn Sie Menschen mit Lügengeschichten das Geld aus der Tasche ziehen. Wie Homöopathen, Religionen, Kartenleger und Schamanen, Pastor Fliege, die Wall Street, Bernie Madoff oder Haliburton.

    Die können sicherlich auch super schlafen, und die Erklärung dafür ist ganz einfach wenn Sie mal „The Sociopath Test“ von Jon Ronson gelesen haben.

    Wobei ich Sie natürlich nicht persönlich meine oder Ihre Zeitung, ich spreche eher so Allgemeinen. Sprich informierte Quellen könnten mir übermittelt haben, dass Sie für Geld lügen könnten und für eine gute Story Ihre Mutter verkaufen würden. Ich kann das ja alleine deshalb nicht mit Sicherheit wissen weil Sie unter Pseudonym auftreten.

    Wir unterhalten uns hier halt gerne über Scharlatane. Von daher – Take it easy.

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