Schlagwort: George W. Bush

Wie George W. Bush nicht über den „Spiegel“ lachte

Irgendwie sind sie stolz beim „Spiegel“. Denn auf Fotos, die jetzt veröffentlicht wurden, sieht man den George W. Bush im Weißen Haus, wie er mit seinem Vize Dick Cheney über einen „Spiegel“-Titel lacht.


Quelle: U.S. National Archives

Aber irgendwie ist der auch doof, der Bush. Denn der amerikanische Präsident kam in dem Heft damals „denkbar schlecht weg“, wie „Spiegel Online“ verblüfft feststellt.

Der SPIEGEL-Titel vom 27. Oktober 2008 zeigt einen schwer angeschlagenen George W. Bush in Rambo-Outfit, den Arm in einer Patronenschlinge, die linke Hand auf einer Maschinenpistole abgestützt. Hinter ihm steht sein missmutig dreinblickender Vizepräsident Dick Cheney, hinter diesem wiederum eine amazonenhafte Außenministerin Condoleezza Rice mit zerborstenem Schwert.

Ein desolates Panorama mit eindeutig negativer Botschaft. In dem Artikel „Ende der Vorstellung – Die Bush Krieger“ ging es um den misslungenen Feldzug der Vereinigten Staaten gegen „das Böse“. Vertreter der Bush-Regierung hatten im Vorfeld selbst gravierende Fehler im Irak-Krieg zugegeben.

Hunderttausende Iraker und Tausende US-Soldaten starben in dem Krieg, der die Region nachhaltig destabilisierte. Doch Bush-Junior scheint sich wider Erwarten beim Betrachten der Illustration prächtig amüsiert zu haben.

Bloß: Das ist gar nicht der beschriebene „Spiegel“, den Bush auf dem Foto in der Hand hält. Das Titelbild von 2008 griff ein Titelbild von 2002 wieder auf, als die „Bush-Krieger“ noch gar nicht „schwer angeschlagen“ und „völlig abgehalftert“ dargestellt wurden, sondern wild entschlossen, in Saft und Kraft. Statt der Zeile „Ende der Vorstellung“ stand auf dem „Spiegel“-Titel „Amerikas Feldzug gegen das Böse.“

2002:

2008:

Dieser Titel von 2002 wird im „Spiegel Online“-Artikel auch erwähnt. Aber der anonyme Autor hat unerklärlicherweise nicht gemerkt, dass es das Cover dieses Heftes ist, das Bush amüsiert in der Hand hält. Kein Wunder: Das Foto ist aus dem Jahr 2002.

[entdeckt von Mathias Schindler]

Nachtrag, 21:30 Uhr. „Spiegel Online“ hat sich korrigiert – und entsprechend den ganzen Artikel umgeschrieben.

Gnade für den Schuhwerfer

Es ist nicht die feine Art, Schuhe auf ausländische Staatsgäste zu schleudern.

Bei dem verklemmten und verdrucksten Ton, der bei Bush-Pressekonferenzen herrschte, und der wohl aus einer Mixtur aus Fremdschämen und Ehrfurcht herrührte, hätte es sicher gereicht, wenn Muntasar al-Saidi etwas gerufen hätte. Jede kleine Geste kommt in diesem durchchoreografierten Event als grosser Protest rüber.

Ich war mal bei so einer Pressekonferenz von Bush, in Stralsund. Es waren gespenstische Veranstaltungen. Vorher wurde man durchsucht, durchsucht und dann nochmal durchsucht. Das BKA sagte an, wann die letzte Gelegenheit zum Toilettenbesuch sei. Man ging dann eingerahmt von Sicherheitsbeamten zum Klo.

Bush hatte Spaß daran, so oft wie möglich das Wort pig auszusprechen, das es am Abend in Trinwilershagen für ihn geben sollte. Als ein Kollege ihn auf den beginnenden Krieg Israels gegen Hezbollah ansprach, konterte er: „I thought you’d gonna ask me about the pig“, und dann kam sein berüchtigtes keckerndes Lachen. Irgendwann rollte selbst Angela Merkel bei der Erwähnung des Schweins nur noch genervt die Augen.

Ich hatte mir auch eine Frage überlegt: „As someone who’s been to Bagdad a few times, could you help us understand the problem by explaining the shism between Shia and Sunni?“

Nahm mich aber keiner dran.

Und doch verdiente dieser Wurf keine solch hohe Strafe. Drei Jahre Haft sind zuviel. Der Irak wurde nicht von Saddam befreit, der den Personenkult bis zum Exzess betrieben hat, damit solch ein drakonisches Urteil gegen symbolischen Protest gefällt wird.

Das macht doch den Eros des Westens aus: Du kannst, anders als in allen arabischen Ländern, den Präsidenten beschimpfen, und dir geschieht nichts.

Und es ist nicht so, dass Protest ungerechtfertigt wäre. Bush trifft eine persönliche Schuld an der mangelnden Planung der Post-Invasionsphase, die durch bürgerkriegähnliches Chaos und Bandenkriege geprägt war. Irakische Kulturgüter, Museen, Bildungseinrichtungen blieben völlig ungeschützt. Viele unschuldige Menschen haben diese Nachlässigkeit das Leben gekostet. Wenigstens die Akten hätte der amerikanische Oberbefehlshaber lesen müssen. Dass er es nicht tat, wissen wir von vielen Büchern seiner ehemaligen Mitarbeiter, die dieses Verhalten entsetzt hat. Vielleicht hätten sie auch mal mit dem Schuh auf den Tisch klopfen sollen, wie Chruschtschow. Eine Mitarbeiterin hat es immerhin mal getan, verbal jedenfalls. Auf die Frage, wie es denn das Leben in Bagdad so sei, antwortete sie ihm — es war der Höhepunkt der Bürgerkriege: Es ist die Hölle, Mr President.

Aber keine Nachfrage von Bush. Gegen diese willkürliche Ignoranz einen Schuh zu schleudern ist kein Verbrechen, das mit einer so hohen Freiheitsstrafe belegt werden sollte.

Crazy-Talk auch nach Bush gesichert

As to speculation on running in 2012, Governor Palin has shown that we will still have plenty of crazy-homeless person syntax after President Bush leaves office…

„That is based on my philosophy that it’s crazy to close a door before you know what’s even open in front of you,“ she said.

That would be a door, Governor.

(Indecision 2008)

Nachtrag (via Jürgen Kalwa in den Kommentaren): Dick Cavett hat einen weiteren wunderbaren Satz von Palin:

My concern has been the atrocities there in Darfur and the relevance to me with that issue as we spoke about Africa and some of the countries there that were kind of the people succumbing to the dictators and the corruption of some collapsed governments on the continent, the relevance was Alaska’s investment in Darfur with some of our permanent fund dollars.

Der Golf-Krieg

Man darf George W. Bush nicht Unrecht tun. Auch für den amerikanischen Präsidenten hatte der Irak-Krieg schlimme Konsequenzen. Auch für ihn ist das Leben ein anderes, seit im Irak täglich amerikanische Soldaten sterben. Auch er musste Opfer bringen. In einem Interview mit Politico spricht er es offen aus:

Mr. President, you haven’t been golfing in recentyears. Is that related to Iraq?

THE PRESIDENT: Yes, it really is. I don’t want some mom whose son may have recently died to see the Commander-in-Chief playing golf. I feel I owe it to the families to be as — to be in solidarity as best as I can with them. And I think playing golf during a war just sends the wrong signal.

Mr. President, was there a particular moment or incident that brought you to that decision, or how did you come to that?

THE PRESIDENT: No, I remember when de Mello, who was at the U.N., got killed in Baghdad as a result of these murderers taking this good man’s life. And I was playing golf — I think I was in central Texas — and they pulled me off the golf course and I said, it’s just not worth it anymore to do.

Der MSNBC-Moderator Keith Olbermann gab darauf in seiner Sendung „Countdown“ eine deutliche Antwort:

You, Mr. Bush, let their sons and daughters be killed. Sir, to show your solidarity with them you gave up golf? Sir, to show your solidarity with them you didn’t give up your pursuit of this insurance-scam, profiteering, morally and financially bankrupting war.

Sir, to show your solidarity with them you didn’t even give up talking about Iraq a subject about which you have incessantly proved without pause or backwards glance, that you may literally be the least informed person in the world?

Sir, to show your solidarity with them, you didn’t give up your presidency? In your own words „solidarity as best as I can“ is to stop a game? That is the „best“ you can do?

Olbermanns Stil ist schon an normalen Tagen überengagiert, überpathetisch, überkandidelt. In seiner Antwort an Bush hat er das (was kaum möglich scheint) noch einmal ins Extreme gesteigert. Und doch wirkt sein bizarrer Auftritt auf merkwürdige Weise ebenso grotesk wie angemessen. Die letzten Worte nach zwölf Minuten (!) lauten: „Mr. Bush: Shut the hell up!“

(Ich übernehme keine Verantwortung für Schäden, die durch aus dem Video tropfenden Schaum entstehen.)

[via Huffington Post]

Nachtrag, 16. Mai.
Jon Stewart zum selben Thema.