„Ich steh direkt hinter den Polizisten mit gezogener Waffe“: Der Terror-Porno des „Stern“

Wollen Sie auch mal so richtig hautnah dabei sein, bei einem Terroreinsatz, live, wenn man noch nicht weiß, ob es gut ausgeht, mittendrin, teilweise kaum einen Meter hinter den Polizisten, die mit gezogenen Waffen ein Viertel durchkämmen, in einer gefährlichen, unklaren Situation, voller Adrenalin, atemlos, ahnungslos, aber im Zweifel immer in der Schusslinie, unmittelbar hinter den Polizisten, die, angespannt, nervös und verfolgt von einem Pulk von Verrückten mit Kameras, die Straßen sichern und irgendjemanden suchen, jagen, man weiß es nicht?

Dank „Stern“ können Sie das jetzt endlich.

Der „Stern“-Reporter Philipp Weber war heute in Saint Denis unterwegs, und er hat gemacht, was angeblich die Zukunft des Journalismus ist: Er hat über Periscope live gestreamt. Ein besonders aufregendes Videodokument hat der „Stern“ unter dem Titel „Plötzlich mitten im Anti-Terroreinsatz“ auf seiner Seite veröffentlicht. Halten Sie sich fest.

Okay, something is going on here. I just follow the crowd. Ich verfolge die Leute da hinten, ich hab keine Ahnung, was da los ist.

Man weiß nicht, was hier los ist, aber ich verfolge einfach …

Oh oh, die Polizei, die Polizei rückt vor. Polizisten mit gezogener Waffe. Polizisten mit gezogener Waffe. Gehen vor und …

Polizisten mit gezogener Waffe gehen hier lang. Man weiß nicht, was sie suchen. Ich steh direkt hinter den Polizisten. Direkt hinter den Polizisten mit gezogener Waffe.

I don’t know what’s going on here. Policemen with weapons. Running. They are very scared. I don’t know what’s going on. I just follow them. I don’t know, I don’t know if it’s dangerous or not. I don’t know. I just follow them. I’m directly behind the policemen.

Ich weiß nicht, was hier passiert. Ich weiß auch nicht, ob das gefährlich ist. Ich verfolge hier den Polizisten.

Also die Polizei scheint hier, die Polizei scheint hier, gerade irgendwie alles zu räumen. Offensichtlich gab’s hier nen Hinweis. Keine Ahnung, was hier passiert, aber ich verfolge die …

Die Polizei ist sehr angespannt, das ist extrem angespannte Lage hier. Extrem angespannt. Extrem angespannte Lage hier.

Polizisten mit gezogener Waffe.

Aber ganz ehrlich, ich glaube eigentlich, dass hier nichts ist. Obwohl die Polizei hier mit gezogener Waffe direkt vor mir steht, glaube ich nicht, dass hier irgendwas ist. Es wirkt mir …

Ja, also, die Lage hier ist extrem angespannt. Ich weiß nicht, was hier passiert, keine Ahnung. Aber, ich versuch, die Polizei weiter zu verfolgen. Ja, keine Ahnung.

Ja, Philipp Weber ist mein Name, ich bin Reporter vom „Stern“. Ich bin live hier in Saint-Denis. Wo heute Nacht ne Razzia stattfand, und die Lage ist immer noch extrem angespannt. Gerade eben haben hier Polizisten mit gezogener Waffe ne ganze Straße geräumt, und sie sind auch jetzt noch unterwegs, man kann überhaupt nicht einschätzten, was hier gerade passiert. Ich kann, ich weiß nicht, was das Ziel der Polizei ist, was sie gerade wollten, aber sie haben de facto extrem nervös reagiert, haben die Türen von Autos zugeschlagen, von Leuten, die aussteigen wollten. Und haben ne Straße ähm geräumt.

Das ist das unverantwortlichste Stück Journalismus, das ich seit langem gesehen habe, und obwohl ich dem Online-Ableger des „Stern“ unter Chefredakteur Philipp Jessen wirklich vieles zutraue – das übertrifft meine wildesten Albträume.

Da ist ein Journalist, der nach eigenem Bekunden nichts weiß über die Situation, in der er sich befindet, außer dass sie vermutlich sehr gefährlich ist. Der sich nicht nur selbst in Gefahr bringt, sondern womöglich auch die Polizisten, die er „verfolgt“. Der immer wieder wie besoffen wiederholt, dass er direkt hinter einem Polizisten mit gezogener Waffe steht, mit gezogener Waffe, und keine Sekunde überlegt, ob das eigentlich gut ist, dass er hier steht mit seinem Handy im Anschlag, und filmt und rennt und filmt.

Und als wäre das als Live-Situation schon nicht schon heikel genug, veröffentlicht es die Redaktion hinterher noch ohne jeden Kontext auf der Internetseite. Nichts erfährt der Zuschauer aus diesem Video darüber, was hier los war, wer von den Polizisten gesucht wurde und warum, ob die Situation wirklich so gefährlich war oder warum womöglich nicht. Es ist ein reiner Terror-Porno, den der „Stern“ seinen Zuschauern zum gemeinsamen Aufgeilen zur Verfügung stellt.

Ich halte es für unverantwortlich, dass ein Journalist in dieser Weise sich und andere in Gefahr bringt. Ich halte es für unverantwortlich, dass die „Stern“-Redaktion ihre Reporter dazu ermuntert und die obszönen Ergebnisse dieser Arbeit veröffentlicht. Ich möchte nicht, dass Polizisten bei solchen Einsätzen von Pulks aus filmenden „Reportern“ begleitet werden, und ich möchte nicht live dabei sein, direkt hinter dem Polizisten mit der geladenen Waffe, als würde ich irgendwelchen YouTubern gerade bei einem Ego-Shooter-Spiel zugucken.

Ich möchte mir nicht ausmalen, wenn es bei einem solchen Einsatz zu Toten oder Verletzten kommt, weil sich herausstellt, dass die Polizisten da tatsächlich aus gutem Grund mit gezogener Waffe herumlaufen und es gar nicht die beste Idee ist, sich da selbst in die Schusslinie zu bringen, das Smartphone in der Hand, atemlos schnaufend die eigene Aufgeregtheit und Überforderung kommentierend. Was, wenn einer aus der Horde dieser Schau- und Filmlustigen dann im Weg steht?

Und bevor der Einwand kommt, dass das nun mal das Wesen von Reportern ist, dass sie dabei sind, dass sie beobachten und berichten, auch wenn es brenzlig wird, dass es eben nicht reicht, das alles vom heimischen Sofa aus zu kommentieren – ich glaube nicht, dass dieser Film und diese Art des Filmens irgendetwas mit Journalismus zu tun hat. Es geht hier nicht darum, zu berichten, was passiert – und dass der VJ nicht weiß, was passiert, sagt er ja ununterbrochen. Es geht hier ausschließlich ums Mittendrin-statt-nur-dabei-Sein, um einen obszönen Nervenkitzel.

117 Replies to “„Ich steh direkt hinter den Polizisten mit gezogener Waffe“: Der Terror-Porno des „Stern“”

  1. Mittlerweile dürfte eigentlich bekannt sein, dass in solchen kritischen Situationen jede Weitergabe von Informationen bezüglich der Position von Einsatzkräften Leben gefährden kann. Spätestens seit Mumbai ist ja bekannt, dass solche Attentäter live-Kontakt zu Drahtziehern haben die das Mediengeschehen exakt verfolgen und dadurch auch taktische Vorteile ziehen können.
    Was dieser Philipp Weber da macht ist auf mehreren Ebenen extrem unverantwortlich und abscheulich.

  2. Er macht auch nicht den Eindruck, als hätte er Französischkenntnisse vorzuweisen, die ihm in dieser Situation helfen, zu verstehen was los ist. Polizisten (in EXTREM angespannter Lage!) hinterherzulaufen, deren Anweisungen (mit GEZOGENER WAFFE!) man nicht einmal verstehen würde … nun ja.

  3. Danke, ja. Ich persönlich finde auch, dass die Kommentare des „Journalisten“ eher in die Kategorie Bild-Lesereporter passen. Professionell ist genau das Gegenteil davon.

  4. @stadtnarr (#5)

    Gilt aber nur für echte Journalisten. Also nicht für Angestellte von stern.de.

    Was ich Herrn Weber gern fragen würde: Feuer- oder Erdbestattung?

  5. Es dauert nicht mehr lange, dann wird es noch ganz andere Live-Bilder geben. Die verwaschenen Smartphone-Streams sind nur der Anfang. Ein 3er Team, wobei Reporter 1 mit der GoPro in die Gefahrenzone geht, Reporter 2 eine Drohne über dem Tatort steuert und Reporter 3 das ganze am Laptop mischt und kommentiert. Die Investitionskosten dafür sind lächerlich. Aber die Klickraten dürften ungeahnte Höhen erreichen.

  6. Dass man solche Einsätze nicht live berichten soll ist seit der Olympiade in München bekannt. Viele Menschen verloren deshalb ihr Leben. Wenn journalistische Arbeit die Einsätze der Polizei live preisgibt und untergräbt ist das absolut untragbar. Und das schreibe ich als Journalist.

  7. Das erinnert mich fatal an die Geschehnisse im Gladbecker Geiseldrama 1991. Damals rügte der Presserat das Vorgehen der unmittelbar beteiligten Journalisten. Diese Vorgänge kennen die Journalisten beim Stern sicherlich.

  8. „Nach dem schrecklichen Zwischenfall … (ernster Blick) … haben wir uns natürlich gefragt: Kann man, darf man diese Aufnahmen senden? Wir haben das in der Redaktion sehr intensiv und kontrovers diskutiert. Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Aber wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Öffentlichkeit ein Recht auf diese Aufnahmen hat. Wir würden es als Verstoß gegen unser journalistisches Berufsethos verstehen, wenn wir dieses einzigartige Zeitzeugemdokument, das uns zeigt, was Terror in unserer Gesellschaft bedeutet, der Öffentlichkeit vorenthalten würden. Unsere Gedanken sind dabei natürlich bei den Angehörigen…“

  9. Voyeurismus, Gaffertum, Sensationsgier…alles Wurscht und egal. Ich sehe genau einen Grund warum diese Form der Berichterstattung starkt reglementiert gehört: Das für die Heldenakteure unkalkulierbar ansteigende Gefährdungpotenzial.

  10. Wieso dürfen die das überhaupt? Das ist ja massive Beeinträchtigung bei akuter Gefahrenlage. Idioten gibts überall, aber das geht ja garnicht. Und wenn der Herr „Journalist“ dabei jetzt getötet wird, hat er wohl sein Leben gegeben, um die Menschheit an wichtigen Informationen teil haben zu lassen!? Einfach nur widerwärtig. Aber, die Werbeeinnahmen durch Klicks für den Stern für dieses Jahr gesichert. Kotzbrocken-

  11. Auch andere Periscope-Streams waren grässlich. Zum Bsp. der von einem Bild-Reporter direkt vor dem Stadion in Hannover. Dieser wusste rein gar nichts im Moment des Geschehens, konnte sich auch nicht informieren, weil er ja periscopt hat, las aber munter Falschmeldungen der anscheinend „gut“ informierten Bürgerjournalisten vor. Bsp: User: „Ein als Busfahrer verkleideter Mann wurde gesichtet.“ Reporter: „Ich weiß nichts, aber anscheinend wurde ein als Busfahrer verkleideter Mann gesichtet.“ Gerücht erstmal kurz etabliert. Fertig. Periscope ist ein wunderbares Tool. Aber gerade in hitzigen Situationen zeigt es seine Schattenseiten. Meiner Meinung nach lieber darauf verzichten, es sei denn, man hat wirklich etwas zu berichten. (Im Bezug auf Reporter und Journalisten.)

  12. Fehlt nur noch das selbsternannte Lesereporter im Pulk jedem Plozisten nachlaufen … mit gezücktem Handy …

    Das nächste Mal sollte der „Journalist“ vielleicht vor der Polizei laufen .. dann hat er auch freies Bild …

  13. @19 Was (neben den offensichtlichen Fragen zur journalistischen Ethik) auch die Frage aufwirft: Woran erkenne ich einen als Busfahrer verkleideten Mann?

  14. @22: Und wenn ich dann weiss, wie man sich als Busfahrer verkleidet, woher weiss ich dann, dass es sich um einen als Busfahrer verkleideten Mann handelt – und nicht beispielsweise um enen Busfahrer?

  15. Oder um einen Busfahrer, der sich als Nicht-Busfahrer verkleidet hat, der sich als Busfahrer…

    Fragen über Fragen.

  16. @ #5 stadtnarr :

    Gab es nach den Geiselnahme von München1972 und deren Liveübertragungen im Fernsehen nicht einen Beschluss irgend eines Verbandes, so etwas nicht noch einmal geschehen zu lassen?
    I

  17. Was die Sache noch bedenklicher macht, Stern-Kamera-Kind Philipp ist ja nicht einmal allein. Mit ihm rennen mindestens 50 weitere Schwachsinnige hinter den Polizisten her. Daraus ergibt sich eine wunderbare taktische Variante für Terroristen: Die Polizei anlocken und die irren Zivilisten laufen dann schön hinterher ins offene Messer.

  18. stern.de ist doch genauso doof wie yahoo.de oder all die anderen Portale. Sie dienen nur zum Klicken, damit sich die Online-Werbung auszahlt. Mit Journalismus oder Information hat das nichts zu tun.

    Daher kein Grund zur Aufregung und Reporter ohne Grenzen sollte bei all den getöteten Journalisten jene aus der Statistik abziehen, die sich wie dieser Philipp Weber benehmen,

  19. Demnächst direkt im TV: „Mit den Kult-Cops Toto&Harry auf Terroristenjagd“

    Szene 27: Polizei hat ein Haus umstellt, Toto&Harry klingeln an der Tür. Es öffnet eine Terroristin mit angelegtem Sprengstoffgürtel.

    „Mensch seid ihr’s wirklich?“ Sie dreht den Kopf nach innen und ruft: „Abdul, du glaubst es nicht. Toto&Harry stehen vor unserer Tür. Und bring schnell mein Autogrammheft her!“

  20. Terror sells! Dann noch die Aussage von 1 Funktionär eines Bundesligisten (Martin Kind: „für die Bundesliga wird sich alles ändern“) oder 1 Fußballkommentators (Tom Bartels: „EURO 2016 könnte ausfallen“), die suggerieren, dass der Terror regiert. Dazu BILD-Videos a la „hier fährt der DFB-Bus weg“ mit tatütata. Herrlich

  21. Ich hatte die Szenen soeben in den franz. Nachrichten auf France2 gesehen und war erschüttert. Das Verhalten der Journalisten ist unverantwortlich. Aus Sensationslust wird das Leben von Polizisten auf’s Spiel gesetzt. Einer der Journalisten sprach Deutsch (ohne jeglichen Akzent). Kurz nach der Sendung war ich mir im übrigen sicher, bald einen Artikel von Niggi vorzufinden – und – tatsächlich – ich hatte mich nicht getäuscht! Danke!
    Hier ab Minute 10:05 http://www.francetvinfo.fr/replay-jt/france-2/20-heures/jt-de-20h-du-mercredi-18-novembre-2015_1170223.html
    Grüsse aus Frankreich…

  22. So ganz konnte sich die Tante BBC heute leider auch nicht diesem Porno entziehen und musste eine Nachrichtenmeldung produzieren:
    http://www.bbc.com/news/world-europe-34854517

    Das Dumme an dem Audio ist, dass es von 7:27 (MEZ) stammt, also drei Stunden nachdem die Aktion begann. Der Reporter war zwar gerade live im „5 live Breakfast“ auf Sendung, aber den Anfang der Aktion (was noch einigermaßen sensationell gewesen wäre) hat man da nicht rein zufällig übertragen. Die Schalte ging dann noch 3 Minuten weiter.

    Und der BBC-Reporter hat hörbar aus einem weitaus größeren Sicherheitsabstand gearbeitet als der Vollpfosten vom Stern.

  23. @Andreas Meyer: Wird das denn irgendwie kritisch kommentiert, von France2? (Mein Schulfranzösischwissen ist quasi nicht mehr existent.) Wirkt da, als ob die auch einfach begeistert die Aufnahmen gezeigt haben.

  24. @22: Ja, das ist eben auch noch die Frage! :D Der als Busfahrer verkleidete Mann wurde anscheinend verdächtigt bzw. der Mann war kein Busfahrer, soll aber so gekleidet gewesen sein und deshalb wurde er auch verdächtigt. Das hätte ich ruhig noch hinschreiben bzw. so formulieren können. Es ging mir aber um das Prinzip, nicht um den Busfahrer. Den es ja gar nicht gab. Ich hör jetzt auf. BTW. ganz vergessen: ein sehr guter Beitrag, Herr Niggemeier!

  25. Auf die deutschen Medien ist eben Verlass. Egal, wie widerlich die zu berichtende Katastrophe auch ist, sie schaffen es immer wieder, die Art der Berichterstattung mindestens genauso widerlich zu machen und immer noch einen draufzusetzen. Neben den bereits erwähnten Beispielen München 1972 und Gladbeck 1988 sollte man auch nicht vergessen, dass die deutschen Medien bereits in diesem Jahr beim Germanwigs-Absturz ähnlich erbärmlich reagierten; vor allem die Menschen in Haltern am See waren echt zu bedauern.

  26. Die Schalek: „Die 208 Leichenphotographien legitimieren mich wohl zur Genüge vor der Nachwelt; sie wird nicht zweifeln, daß ich mitten drin war im heroischen Erleben.“
    (Karl Kraus, Die letzten Tage der Menschheit, 5. Akt, 16. Szene)

  27. Laut dem Peter-Prinzip müsste Philipp Weber fortan Reportagen vom Kaninchenzuchterverein Hodenhagen machen. Philipp Weber: „Okay, something is going on here. I just follow the crowd. Ich verfolge die Leute da hinten, ich hab keine Ahnung, was da los ist. Man weiß nicht, was hier los ist, aber ich verfolge einfach. Oh oh, das weiße Kaninchen, das Kaninchen, es hoppelt. Und da, ein brauens mit angelegten Ohren. Oh Gott. Kaninchen überall. Lauter Rammler. Rammler. Ich weiß nicht, was hier passiert. Ich weiß auch nicht, ob das gefährlich ist. Ich folge dem weißen Kaninchen…“

  28. Kommt es denn nicht auch darauf an, ob es Abnehmer für diese Art ‚Angebot‘ gibt? Die Leser hier werden (davon gehe ich stark aus) niemals auf die Idee kommen, sich an solchen Journalisten aufzugeilen. Aber der Trend zeigt doch, dass ein Teil des Volkes sensationsgeil bis über beide Ohren ist. Und das ganze Theater um solche Berichterstattung wird bestimmt noch zu steigern sein. Leider…

    Ein Kampf gegen Windmühlen; so kommt es mir vor, wenn ich niggi, Mats und Co. verfolge… aber nennenswerte Einsicht der gewatchbloggten erwarte ich wahrlich nicht. Zu groß ist der Druck, Klickzahlen zu generieren.

  29. Es ist einfach zum kotzen, jede stehengebliebene Tasche, jede Äußerung im Internet, alles scheint momentan zu genügen, um einen beschissenen Artikel zur Terrorgefahr zu veröffentlichen. Clickbait und Panikmache im Verbund sind die wissenschaftlichen Hifskräfte der Terrorgruppierungen geworden. Totaler Selbstläufer!

  30. EKELHAFT! Das zeigt uns wieder einmal deutlich, in welche Richtung unser Qualitätsjournalismus geht. Alle sehen es, nur die Journalisten und Verleger nicht…

  31. Heute morgen im Radio auf SWR 4
    Guten Morgen liebe Zuhörer, was für ein Glück, in dieser Nacht war es friedlich in der Welt. Es ist nichts passiert.
    Gestern morgen war der Großeinsatz in Paris bereits im vollen Gange.
    blablaba terror terror terror…

    Fazit: Überall Terrorr aber macht euch keine Sorgen, das Risiko an einem Autounfall zu sterben ist in Deutschland größer als bei einem Terroranschlag.

    Was ist eigentlich mit Griechenland, Bankenkrise, Flüchtlinge und nicht zu vergessen, Waldsterben, Meeresspiegel und gab es 2008 nicht mal irgendwas mit Tibet?
    ups fast Ukraine, organge Revolution, Russland, Putin vergessen

  32. und gerade auf der GMX Startseite:
    Terroristen wollten Attentat filmen. Das braucht ihr nicht liebe Terroristen, Sternreporter erledigen für euch die Arbeit

  33. Das ist der neue Stream-of-consciousness-Journalismus: Zuschauer und Journalist kommen sich in ihrer beider Unwissenheit noch näher! Er zeigt auch: Wir alle können Sender sein. Es braucht nur ein Mediengerät und ein bisschen „Mumm in den Knochen“. Der Rest ergibt sich.

  34. Danke für diese klaren Worte.

    Was mir noch fehlt ist die Frage nach der Rolle der Polizei – Was ist hier abgesprochen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei einem Einsatz der GSG9 Sternreporter willkommen sind. Der Journalist wird zum Risikofaktor während des Einsatzes und wenn ich die Bilder richtig deute, trägt Weber nicht einmal eine Schutzveste – was ist das für ein Theaterstück? Wer so was veröffentlich betreibt Gesinnungsjournalismus, macht Stimmung statt das er informiert und dokumentiert.

    Der Sternreporte wird zum PR Gag der Pressestele der Polizei – Was soll hier dem Zuschauer vermittelt werden, wohl nicht die Einsatzstrategie der Polizei? Der eingebettete Journalist ist kein freier Chronist. Was er uns vermittelt hat Null Nachrichtenwert, wie es dieser Fall beispielhaft belegt. Seriös ist was anderes. Weber wird zum „Idiot“im besten Sinne des Wortes.

    Und wir sollten nicht vergessen, die Polizei dokumentiert minutiös ihre Einsätze mit Hilfe von Helmkameras, die Bilder gibt es, wann sie der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden entscheidet die Pressestelle der Polizei.

    Die Kritik von Stefan Niggemeier ist mehr als berechtigt, ich hoffe der Beitrag erscheint als Medienkritik in der FAZ.

  35. also früher oder später wird das einfach standard, dass es immer einen typen in der spezialeinheit gibt, dem man eine gopro kamera auf den helm pflanzt und der immer mit vorne dabei sein muss. wenn es den erwischt, hat der nächste die kamera zu übernehmen.

  36. Abgesehen von der offensichtlichen Gefahr für Leib und Leben, aus journalistischer Perspektive ist das Idiotische das Live-Streaming. Ob solche Leute einen Aktenstapel für eine Investigativreportage halten?

  37. @ Stadtnarr, # 5:

    „Gab es nach den Geiselnahme von Gladbeck 1988 nicht einen Beschluss des Journalistenverbandes, so etwas nicht noch einmal geschehen zu lassen?“

    … der die übliche Halbwertszeit einer jeden freiwilligen Selbstverpflichtung hatte – und den gleichen Zweck: eine unliebsame Diskussion schnellstmöglich beenden, indem man sich geläutert gibt. Und dann so weitermachen wie vorher.

    Angeblich wollte man nach dem Suizid Robert Enkes ja auch fairer mit Fußballspielern umgehen. Oder nach Amokläufen nicht mehr groß über die Täter reden.

    Ich schrieb es schonmal: wäre die Deutsche Bahn so lernresistent wie die großen Player in der deutschen Medienlandschaft, hätten wir jede Woche ein Eschede.

  38. Wenn solchen „Reportern“ beim Live-Streamen aus der Schusslinie dann etwas passiert, sollte man sie aber bitte nicht zusammen mit den Journalisten, die in Ausübung ihrer Tätigkeit ihr Leben ließen erwähnen, sondern eher beim Darwin Award.

  39. Hier war die Rede davon, dass dies von dem Journalisten unverantwortlich sei solche eine „Fotostrecke“ anzubieten mit dem reißerischen Attribut „live dabei“. Aber ist das nicht schon Gang und Gäbe dass nach spektakulären Ereignissen die „Live-dabei-Maschinerie“ in etlichen Medien anläuft, dass sich überall Information boulevardisiert? Eigentlich fängt das ja schon mit den Pressekonferenzen an, wo viel geplappert und ausgeplappert wird, dass die Täter schon verwerten können und das alles nur, um ein sog. „Informationsbedürfnis“ oder gar Voyeurismus so schnell wie möglich zu befriedigen. Ich persönlich finde es aber nicht nur unverantwortlich von diesem Stern-Journalisten, ich finde es auch unverantwortlich von den Sicherheitskräften, dies zu erlauben. Oder sind wir in Europa auch schon so weit wie in den USA, wo Polizeireviere Exklusivverträge mit TV-Sendern haben um bei der nächsten Verfolgungsjagd live dabei zu sein? Mir wäre oft eine stille Fahndung mit Erfolg lieber als eine medial aufgebauscht mit Live-Reportern begleitete, genau, wie mir eine Abschlusspressekonferenz lieber ist wie die ganzen Dauerkonferenzen.

  40. Es ist die bisher perverste Steigerungsform eines Journalismus, der im Fernsehen ja auch am liebsten life berichtet, daß er gerade nichts zu berichten hat. Davon leben doch sogenannte Nachrichtenkanäle inklusive der des ÖR – viel Wind, nichts Neues zu melden, aber wild daher gefaselt ohne Rücksicht auf diejenigen, die gerade davon betroffen sind, im schlimmsten Fall lebensbedrohlich.

    Würde es nicht bedauern, wenn einer davon mal die Gefahr für sich überschätzt – das wäre ein Beweis für den Sinn von Evolution.

  41. Ich habe das auch im französischen Fernsehen gesehen und hätte Haus und Hof verwettet, dass das nicht von einem „echten“ Journalisten kommen kann, sondern von irgendeinem völlig durchgeknallten, hirnverbrannten und verantwortungslosen Gaffer. So kann man sich täuschen.

    Ganz allgemein finde ich die Berichterstattung zu den Attentaten und zum Terror katastrophal. In Interviews völlig verblödete Fragen, die nur darauf abzielen, den Leuten irgendwelche dramatischen Statements zu entlocken. Mörder werden wie Helden aus Hollywoodfilmen immer wieder und wieder gezeigt. Bei dem Echo kann ich mir gut vorstellen, dass es Leute „geil“ und total spaßig finden, mit einfachen Mitteln Großveranstaltungen zu verhindern, Bahnhöfe lahmzullegen, Flüge umzuleiten etc.

  42. Wegen solch undistanzierter BErichterstattung (Paris ist doch weit weg von Deutschland aus, selbst von Aachen mehrere hundert Kilometer) plus komische Politiker, denkt der Deutsche, am Freitag sei alles vor seinem Haus passiert.

    Die Leute sollen sich entspannen: Wenn es passiert, dann passiert es. Pech gehabt. Aber in der Zwischenzeit einfach das Leben wie gewohnt genießen.

  43. allein das lesen ist schon unerträglich.
    man hört ihn buchstäblich die ganze zeit hecheln, hecheln, hecheln.

    auch ganz schlimm war die lähmende live-berichterstattung vor dem stadion in hannover nach absage des fussball-länderspiels.
    reporter, die herumirrten und unglaublich investigative fragen stellten: und im station wurden ihnen keine gründe für die evakuierung genannt, wirklich gar keine hinweise, echt keine weiteren informationen?
    vor lauter schmerz blieb mir nur die flucht ins internet.

    wie verzweifelt und hilflos muss man sein, dass man sendezeit mit solchem bullshit füllt?
    früher gab es doch redakteure….

  44. Das ist der neue Stream-of-consciousness-Journalismus

    Nö. Das Wort consciousness ist in dem Zusammenhang falsch.
    Was richtig wäre, weiß ich leider auch nicht.

    Jetzt wird die Polizei von Flüchtlingsheimen zu Fußballstadien abgezogen? Natoll. Ich bin auch dafür, dass die Terroristen ihre Anschläge selber filmen. Wenn sie dabei in die Luft fliegen, trifft es wenigstens keinen Falschen. Und im Kommentar hört man, was tatsächlich passiert.

  45. klingt ein bisschen wie hunter s. thompson ohne vorbereitung und inhalt.

    stream of sensibilities, i’d like to say. arztroman mit splitterschutzweste.

    .~.

  46. Abgesehen davon, dass diese Art von Journalismus gefährlich ist, bringt sie ja auch keinen Informationsgewinn. Im Strom solcher Wichtigtuereien gehen dann Zeugenaussagen wie diese unter:
    http://www.mirror.co.uk/news/uk-news/paris-attack-witness-says-black-6834503
    „He fired lots of bullets. He was white, clean shaven and had dark hair neatly trimmed. He was dressed all in black accept for a red scarf….They looked like soldiers or mercenaries and carried the whole thing out like a military operation….“

  47. In der nächsten Stufe laufen „Journalisten“ bei terroristischen Aktivitäten auf der Täterseite mit. Geheuchelte Begründungen („um Schlimmeres zu verhüten“, „Ich konnte der Polizei Hinweise zur Kleidung geben.“) fallen einem bei solchen Exemplaren locker ein.

  48. Die Bewusstseinsphilosophie also ‚consciousness‘ beschreibt in der Position von Chalmers, aber auch aus dem dualistischen Lager die individuelle Sicht minutiös und behandelt Bewusstseinsinhalte, also das, was jeder einzelne als Vertreter eines Glaubenssystems wahrzunehmen glaubt. In diesem höchst speziellen und individuellen Zusammenhang ist 1. die Frage der Täuschung des Individuums ein Problem (Descartes‘ deus malicus) und 2. die Frage, was bildet tatsächlich einen Fakt aus? Einbildung, Gefühle, Stimmungen sind das Fakten, können wir das beweisen, überprüfen? Nein, eigentlich ist das Innere eines Menschen immer noch nicht von aussen einsehbar, auch wenn man über externe Zuschreibungen versucht das Glaubenssystem des Individuums zu knacken und sein Verhalten vorauszusagen. Daher wie gehabt: Vier Augen sehen mehr als zwei! Ich denke wirklicher Qualitätsjournalismus wird gerade in heutiger Zeit nur noch produziert, wenn ganz eng an der überprüfbaren Faktenlage recherschiert und berichtet wird.
    Spekulation bleibt eben Spekulation und Sensation eben sensationelle unseröse Wichtigtuerei!

  49. Hallo Stefan, leider hat auch France2 das Video unkritisch präsentiert. Eingangs wird erwähnt, dass ein deutscher Journalist mit seinem Handy die Szenen aufgenommen hätte. In der Überleitung erklärt der Nachrichtensprecher (David Pujadas), „Um den Umfang („Ausmass“, „Bedeutung“, AdÜ) des Einsatzes zu verstehen, sehen Sie, was in den umliegenden Strassen passierte. Auf diesem Amateurvideo kann man die Einsatzkräfte der Polizei – hautnah gefilmt – verfolgen („decouvrir“ im Sinne von „sehen“ oder „auf dem Bildschirm verfolgen“, AdÜ).“
    Dann folgt eine recht neutrale Kommentierung der Szenen.
    Zuvor hatte der Reporter Arnoud Compte vor Ort in Saint-Denis in einem längeren Beitrag über den kriegsähnlichen, „ausserordentlich beeindruckenden Charakter“ des Einsatzes berichtet.
    France2 gilt allgemein als seriös. Meine (franz.) Ehefrau und ich, wir waren nach der Ausstrahlung dieses „Amateurfilms“ recht betroffen. Der Film illustriert, in welchen krankhaften Kreislauf die Journalisten auf der Suche nach IMMER MEHR SENSATION geraten und wie sie dabei die Kontrolle über sich selbst verlieren. Siehe auch die Szenen vor die Basilika Saint-Denis vom selben Vormittag.
    Vielleicht noch eine kleine Anmerkung: zwischen Januar und August hatte France2 so gut wie gar nicht über das „Drama der griechischen Finanzkrise“ und den Verhandlungen mit den „Geldgebern“ berichtet. Offensichtlich hatte die Redaktion entschieden, sich zu diesem Thema zurückzuhalten – ganz im Gegenteil zu der ARD und ihren „Korrespondenten“ (Krause, Sina, …) wie wir ja leider wissen. Eine sehr interessante Tatsache, wie ich finde…
    Irgendwann im Sommer hatte dann aber auch in der franz. Presse hier und da (aber nicht bei France2 oder BFM) ) das absurde Varoufakis-Bashing fussgefasst – selbst in LeMonde (unter der Verwendung von „Adjektiven“, welche der Journalist aus dem Mainstream kopiert hatte – der Journalist kannte den ex. FinMin natürlich nicht persönlich).
    Gruss, Andreas

  50. @73 (magda):

    daher würde ich lieber „befindlichkeitsstrom“ vorschlagen. bewusstsein ließe sich eventuell noch teilweise intersubjektiv vermitteln.

    wie auch immer, onanieren ist und bleibt eine sehr individuelle erfahrung.

    .~.

  51. Vielen Dank fürs Transscript. Ansehen würde ich mir sowas wohl eher nie.
    Das erinnert doch sehr an Mario Barth.

    Da ich in jedem Schlechten auch immer das Gute suche, hab ich es auch hier finden können. Es bestätigt doch sehr meine Vermutung, daß es in der Presse keine große Verschwörung gibt, sondern die Journalisten (zu einem erschreckend großen Teil) einfach nur strunzblöde sind.

  52. @ civichief, # 66:

    „Wegen solch undistanzierter Berichterstattung (Paris ist doch weit weg von Deutschland aus, selbst von Aachen mehrere hundert Kilometer) plus komische Politiker, denkt der Deutsche, am Freitag sei alles vor seinem Haus passiert.“

    Naja, so simpel würde ich es auch nicht sehen. Auch ein „paar hundert Kilometer“ sind doch im globalen Maßstab nichts. Es ist für das subjektive Sicherheitsgefühl vieler schon ein Unterschied, ob so ein Anschlag in Paris oder Windhuk geschieht – nicht nur, weil es räumlich viel näher ist, sondern auch, weil viele zu Paris oder Frankreich einen stärkeren Bezug haben dürften als zu Namibia.

    „Die Leute sollen sich entspannen: Wenn es passiert, dann passiert es. Pech gehabt.“

    Da gebe ich Ihnen wiederum Recht. Und selbst wenn es passiert, ist die Wahrscheinlichkeit, betroffen zu sein, ziemlich gering.

  53. @DaW, ja so simpel ist es natürlich nicht.
    Ich finde aber, dass die Panik in Deutschland (wie damals bei dem Erdbeben+Tsunami+Atomkraftwerkunglück) absolut überzogen ist. Das hat ja darin gegipfelt, dass am Montag anscheinend ein Fußballspiel abgesagt wurde in Hannover.

    Es geht mir dabei aber auch um Aussagen von Kommentatoren und Politikern nach dem Motto: „Wir wurden angegegriffen. Diese Menschen mögen unseren Lebensstil nicht.“
    Das ist aus dem Munde vom Politikern und Kommentatoren zu simpel und soll den unselbstständigen Angstbürger mit in ihr Boot holen, obwohl die meisten nach dem Motto „Leben und leben lassen“ überleben

  54. Bei aller Widerwärtigkeit darf man nicht vergessen, dass die französische Polizei dieses Spiel mitgespielt hat. Die Macht der Bilder wird auch dort richtig eingeschätzt – man möchte zeigen, dass man bewaffnet ist und die Situation im Griff hat – eine Demonstration der Stärke des Staates. I.d.R. bedarf es nur einer ausdrücklichen Bitte (und „Geräte“ zum Unterstreichen dieser Bitte sind ja genug vorhanden) seitens der Polizei und der Großteil des Presse hält sich an diese Bitte – insbesondere, wenn es darum geht, Einsätze nicht zu gefährden.

  55. @Kai, mir persönlich erscheint die Kommunikation duch die verschiedenen öffentlichen Vertreter (Staatsanwalt, Sondereinsatzkräfte, Bürgermeister von St.-Denis, etc. insgesamt sehr moderat und überlegt).
    Im konkreten Fall war die Situation aber eine unvorhergesehene: eine Gruppe von Polizisten, welche sich ausserhalb des abgesperrten Bereiches aufhielt, erhielt offensichtlich einen Auftrag. Augenscheinlich wurden „verdächtige“ Personen in einer der Nebenstrassen vermutet. Wie bekannt ist, waren am Vormittag verletzte (!) „Personen“ in der Nähe des Einsatzortes gesichtet und festgenommen worden. Und offensichtlich wurde die Gefahr, dass sich weitere mögliche Attentäter in der Nähe befanden, extrem ernst genommen. In der Situation, von welcher hier berichtet wird, hatten die Polizisten offensichtlich nicht die Zeit, um (gemeinsam) Anzuhalten und die sie verfolgenden Personen aufzufordern, zurückzubleiben, bzw. sich in Sicherheit zu bringen. Offensichtlich galt, dass „Gefahr in Verzug sei“. Die Gruppe von Polizisten musste geschlossen vorrücken.

  56. Bei solchen Aktionen frage ich mich immer, ob diese „Reporter“ jemals in einem Schiessstand waren und/oder Krankenhaus, um sich bewusst zu machen, was eine Waffe als Mordinstrument anrichten kann. Mir kommt das so vor, als hätten die Deppen alle das Gefühl, dass sie so hollywoodmässig den Kugeln noch ausweichen können, oder 7 Mal angeschossen heroisch ihre „Berichterstattung“ weiterführen können.

  57. Ist natürlich grauenhaft, sowas. Aber: Es ist auch nicht so einfach, in einer unübersichtlichen Lage vor Ort, die eigenen Grenzen als Reporter immer zu erkennen und penibel einzuhalten. Wissen wir nicht erst seit Gladbeck. Ich habe bei der Hogesa-Demo in Köln für die Aktuelle Stunde (WDR) via Periscope berichtet und genau über diesen Punkt mit der Redaktion ausführlich gesprochen. Wenn man Periscope einsetzt, sollte man sich vorher klar machen, worauf man sich einlässt und in der Redaktion sollte immer einer sein, der ein Auge drauf hat und im Zweifel eingreift. So wie bei allen anderen Sendeformen auch. Periscope ist technisch kinderleicht, aber journalistisch nichts für Anfänger.

  58. Das ist nichts weiter als reine Inszenierung für die kochende Volksseele, die nach solchen Angriffen nach (symbolischer) Gegenwehr verlangt, nach dem Motto: „Seht her, wir unternehmen etwas, sind direkt in Aktion!“
    Bei einem echten Polizeieinsatz wird das Einsatzgebiet zunächst weiträumig abgesperrt. Reporter und solche, die sich dafür halten, müssen dann draußen bleiben.

  59. @civichief, 78

    Das hat ja darin gegipfelt, dass am Montag anscheinend ein Fußballspiel abgesagt wurde in Hannover.

    In welcher Welt leben Sie? Es wurde das Freundschaftsspiel zwischen Deutschland und Holland abgesagt. Und zwar ganz real und nicht anscheinend. Und nicht am Montag, sondern am Dienstag.

    Sie hatten schon davon gehört, dass Deutschland aktuell Fußballweltmeister ist? Tor von Mario Götze in der 113 Minute und so ???

  60. Das Video ist schrott und eignet sich bestenfalls dafür, ernstzunehmenden Journalismus in den Dreckt zu ziehen. Wieder einmal.

  61. hallo herr niggemeier,

    vielen dank für diesen kommentar. ich hatte in etwa die gleichen gedanken, als ich dieses unfassbare stück von on(the)line-journalismus angeschaut habe. sollte das die zukunft der internet-berichterstattung sein, dann ist mir die analoge vergangenheit lieber. oder anders formuliert: die griff zur qualitätszeitung ist mir da dann doch lieber. dieser stern ist mir echt schnuppe…

  62. Ach was, das ist sicher ein Versehen des Stern, das war bestimmt so ein 14 jähriger Austauschschüler gleichen Namens der sein Handyvideo an den Stern schickt.

    Der deutsche Qualitätsjournalismus stellt doch nicht solche Trottel ein!

    Oder????????????

  63. Offensichtlich berufen sich zur Zeit alle Medien auf das angebliche Recht der Öffentlichkeit auf Information, um zu legitimieren, dass sie, ohne Informationen zu haben, inhaltslose Schreckensberichte senden. So auch die ARD, die in den letzten Tagen meinte, eine Sondersendung nach der anderen zu bringen, um zu berichten, dass es nichts Neues gibt. Aber immerhin haben wir noch einmal ein paar Krankenwagen, Polizisten und Opfer gesehen. Was beim „Stern“ passiert, ist natürlich noch mal eine andere Ebene, bei der man nur noch sprachlos sein kann.

  64. Täglich sterben einhunderttausend Kinder an Hunger und deren Folgen von Hunger, auf dieser Welt. Aber wenn ein paar mutmaßliche Terroristen, verfolgt werden, dann steht der westliche Mainstream am ganz großen Rad? Seit 9/11 sind mindestens 1,0 Mio Zivile Opfer durch westlichen Terror zu beklagen? Im Westen wenn überhaupt nur eine Randnotiz? Aber wenn ein paar Tausend seit 9/11 Opfer im Westen zu beklagen sind, dann schreit man nach Rache und Vergeltung? Der Westen misst mit zweierlei Maß. Und solche sog. „life Verfolgungen“ sind nur noch geschmacklos, in Anbetracht des Leids weltweit. Aber richtig im Westen ist der Narrativ „Kollateralschäden“ Wie schrieb schon Jean Ziegler in seinem Buch sehr treffend: “ DER WESTEN EIN IMPERIUM DER SCHANDE“

  65. Der Grad zwischen „gesundem“ Risiko und Leichtsinn ist schmal, und wie ein Tanz auf Messers Schneide…

    Hier wurde er überschritten.

  66. Almost off topic: Zu den kommunikativen Kuriositäten dieser Tage zählt auch, dass Maiziere („ich will Sie nicht beunruhigen“) jetzt landauf, landab vorgeworfen wird, er sei zu ehrlich – er hätte die Nicht-Auskunft polizeitaktisch begründen sollen.

    Zum Stern ist vom Hausherrn und den Kommentatoren alles gesagt. Putzig France 2: „Amateurvideo“

  67. So neu ist das nicht. Die Kriegsberichterstatter sind schon lange so unterwegs. Mit Schutzweste, Helm ausgerüstet möglichst live von der Kampfline während eines Gefechtes berichten, wie gefährlich die Situation doch ist. Für den Helden gibt es dann einen journalistenpreis.

  68. @karlo
    Aber diese „embedded journalists“ sind entsprechend trainiert und Verhalten sich so unauffällig wie möglich. Die laufen nicht völlig ungeschützt und wirres Zeug brabbelnd durch die Gegend, wie der junge Mann von Stern.de!

  69. Auch unschön, aber auf anderer Weise: http://www.focus.de/politik/deutschland/focus-online-exklusiv-terror-alarm-in-muenchen-verdaechtige-mit-falschen-uniformen-planten-anschlag-mit-gasflaschen_id_5095893.html
    „Der Focus bleibt bei seiner Darstellung“. Sprich: wir haben als Journalisten natürlich auch die Poizei befragt, aber das ist ja eh ein Lügnerhaufen, und was sie sagen ist nicht halb so aufregend. Deswegen verbreiten wir die gehörten Gerüchte, die klingen viel dramatischer.

  70. @’61
    „Ich persönlich finde es aber nicht nur unverantwortlich von diesem Stern-Journalisten, ich finde es auch unverantwortlich von den Sicherheitskräften, dies zu erlauben.“
    Erlaubt? Was wurde denn hier erlaubt? Es ist doch offensichtlich, dass die Polizisten so viel damit zu tun haben vorzurücken, dabei sich selbst und ihre Kollegen ausreichend zu sichern (!), nebenbei die Leute in den Häusern anzuweisen, dass sie drin bleiben, und auch noch parkende Autofahrer am Aussteigen zu hindern, dass sie einfach nicht noch jeden Durchgeknallten, der hinter ihnen herläuft, verscheuchen können.

  71. […] Reporter in einem Kauderwelsch aus Englisch und Deutsch hinter  Polizisten her und dreht, was der Medien-Journalist Stefan Niggemeier treffend „Terror-Porno“ nennt. Bild.de vollendet mit stündlich wechselnden Horror-Szenarien, […]

  72. @84 schontoll

    ja, es war Dienstag nicht Montag. Stimmt.

    Letztlich war die Absage eines banalen Fußballspiels grundlos und das wollte ich damit ausdrücken. Wenn jemand so richtig Angst hat, dürfte er gar nicht das Haus verlassen bzw. müsste sogar dort Angst vor dem Leben haben.

    Die Menschen sollen einfach weiterleben. Entweder es passiert nichts oder es passiert etwas. Man darf sich ja gerade nicht von den Medien terrorisieren lassen, sondern muss das Leben ganz normal weiterleben.

  73. @ 101, civichief: Woher wissen Sie, dass die Absage grundlos war? Wenn die Absage auf Grund von Angst wegen der Angriffe in Paris beschlossen wurde, warum sind dann alle politischen Gäste zunächst nach Hannover gereist?
    Nach dem, was ich gelesen habe, ist das Spiel aufgrund tatsächlicher Verdachtsmomente abgesagt worden. Und das ist unter dem Motto „Lieber Vorsicht als Nachsicht“ besser, als auf Gedeih und Verderb ein Amusement durchzuziehen, dass vielleicht Opfer kosten könnte. (Gegenbeispiel hier die Love Parade in Duisburg)

  74. An US-Amerikanische Verhältnisse erinnert mich das. Da schwirren sogar Hubschrauber von TV-Sendern herum, wenn gerade ein spektakuläres Verbrechen stattfindet. Wäre ich dort Polizist gewesen, ich hätte mich umgedreht und dem Blödmann derart in den Hintern getreten … Der hat sich wahrscheinlich gefühlt wie seine großen Vorbilder, die Kriegsreporter. Besser wäre, er würde zukünftig Zuhause sein PC-Game „Embedded Journalism“ spielen.

  75. @105 ST

    Sehen Sie, ich habe eine andere Auffassung vom Leben als die Politiker und Verantwortlichen. Ich lebe mein Leben und lasse mir das ungern einschränken.
    Es war nur Fußball. Entweder man geht da hin und vergnügt sich oder man geht nicht hin. Aber wegen unkonkreter Ängste lässt man das nicht absagen. Es ist zu unbedeutend dafür, selbst wenn einige Minister dahin gehen wollten.
    Wir kommen sonst noch in die Situation, dass jeder dumme Junge einen Anruf machen kann und alle haben Angst.
    Wenn es knallt, bin ich der letzte, der der Polizei einen Vorwurf machen wird.

  76. @108,civichief: Vielleicht lesen Sie sich meinen Post nochmal durch, bevor Sie einen Post mit genau dem gleichen Inhalt verfassen? Nochmal für Sie: Es gab einen konkreten Verdacht. Auch wenn keine Fans im Stadion gewesen wären, dann wären zB immernoch die Fußballer gefährdet, die ja spielen müssen, weil das ihr Job ist. Oder ist deren Leben nicht schützenswert?
    Oder gehören Sie zu den Menschen, die sich nicht anschnallen, oder die ein Kind mit einem scharfen Messer spielen lassen würden?

  77. Ich finde es gut, dass unser Innenminister so beruhigende und klare Worte zum Thema „Spielabsage in Hannover“ gefunden hat.

    Jeder weiß woran er ist und wir als Gesellschaft beugen uns nicht dem Terror … auch bewundernswert ist die ausgeglichene und sachbezogene Berichterstattung in allen Medien … So kann uns kein Terrorist bzw. Terrororganisation in die Knie zwingen …

  78. @110 HERDIR

    Danke für den satirischen Beitrag, genial! Ich habe tatsächlich geschmunzelt und auch meine Beiträge hier nochmal gelesen.

    Danke – ernsthaft.

    Deshalb braucht man Satire, um die Sache mal überspitzt witzig zu betrachten.

  79. @107: Ich finde auch so x-beliebige Flüge von A nach B viel zu unbedeutend, als dass man da Kontrollen oder sowas macht… entweder man fliegt oder bleibt daheim, Aber wegen unkonkreter Ängste lässt man doch nicht Sicherheitschecks oder sowas durchführen…

  80. @ schontoll

    „Sie hatten schon davon gehört, dass Deutschland aktuell Fußballweltmeister ist? Tor von Mario Götze in der 113 Minute und so ???“

    Sie hatten schon davon gehört, dass Deutschlands Fußballverband korrupt bis über die Halskrause ist? WM 2006 von Franz Beckenbauer gekauft im Jahr 2000 und so ???

    In welcher Welt leben Sie denn? Wen interessiert denn das, ob so ein beknacktes Fußballspiel stattfindet oder nicht. Eine solche Absage hätte normalerweise die gleiche Wirkung wie wenn in China ein Sack Reis umfiele, würde sie nicht aufgebauscht werden bis zum geht nicht mehr.

  81. „In welcher Welt leben Sie denn? Wen interessiert denn das, ob so ein beknacktes Fußballspiel stattfindet oder nicht. Eine solche Absage hätte normalerweise die gleiche Wirkung wie wenn in China ein Sack Reis umfiele, würde sie nicht aufgebauscht werden bis zum geht nicht mehr.“

    Können Sie mir kurz bitte erklären, wie so eine Absage „normalerweise“ abgelaufen wäre, so dass es niemanden interessiert hätte?

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