Kurzer Prozess: „Zeit Online“ und der geschasste 150-Euro-Reporter

Unter den Artikeln, die der freie Journalist Moritz Gathmann für „Zeit Online“ über die Ukraine geschrieben hat, steht seit kurzem folgender Hinweis:

Offenlegung: Der Autor arbeitet für die vom russischen Staat mitfinanzierte Zeitungsbeilage Russland heute. Dies entspricht nicht unseren Grundsätzen. Wir entschuldigen uns dafür.

Testfrage: Wofür genau entschuldigt sich „Zeit Online“?

Man würde annehmen, dass Leute, deren Beruf es ist, mit Sprache umzugehen, es schafften, eine solche Offenlegung klar zu formulieren. Aber vermutlich ist das im konkreten Fall keine Frage des Könnens, sondern des Wollens.

„Zeit Online“ hat an den Texten von Moritz Gathmann nichts auszusetzen. Markus Horeld, der stellvertretende Chefredakteur, sagte gegenüber dem Mediendienst „Newsroom“: „Wir waren mit seinen Beiträge[n] sehr zufrieden.“

Nicht zufrieden ist „Zeit Online“ damit, dass Gathmann außer für „Zeit Online“ auch für „Russland heute“ gearbeitet hat, ein deutschsprachiges Monatsmagazin, das der „Süddeutschen Zeitung“ beiliegt, vom Kreml finanziert wird und die Aufgabe hat, das angeblich „einseitige Bild“ Russlands in den ausländischen Medien zu korrigieren.

Dass Gathmann für „Russland heute“ gearbeitet hat, war kein Geheimnis. Es stand auf seiner Internetseite. (Vor allem habe er Texte redigiert und über eher unverfängliche Themen berichtet, sagt er.) „Zeit Online“ hat sich dafür wohl nicht interessiert, bis David Schraven sich darüber beschwert hat.

David Schraven leitet das Ressort „Recherche“ bei der Funke-Mediengruppe („WAZ“), er sitzt im Vorstand von „Netzwerk Recherche“ und er hat, was womöglich nicht ganz unwesentlich ist, eine andere Meinung zu den Vorgängen in der Ukraine als Gathmann. „Eher voreingenommen und gefärbt“, nennt er dessen Artikel.

Er fand einen Weg, sehr schnell etwas dagegen zu tun. Am Samstag um 17 Uhr twitterte er Jochen Wegner an, den Chefredakteur von „Zeit Online“:

diverse Sichtweisen in der Zeit sind gut. Aber es wär besser zu sagen, dass Moritz Gathmann für Russlands Propagandadienst schafft

Wegner ist zwar gerade in den USA auf einer Konferenz, antwortete aber eine Stunde später:

Ja, wir diskutieren dies gerade (auch aus anderen Gründen). Ich melde mich in spätestens 2h.

Es dauerte kaum mehr als eine Stunde, bis Wegner schnell mal geklärt hatte, dass die Zusammenarbeit mit dem freien Autor (an dessen Texten für „Zeit Online“ man, wie gesagt, nichts auszusetzen hat) mit sofortiger Wirkung beendet wird, was er ebenfalls auf Twitter bekanntgab.

So zügig geht das heute, dank Twitter, auch am Wochenende, auch aus der Ferne, wer wollte da bis zum folgenden Montag abwarten, um womöglich ein Gespräch mit dem betroffenen und eigentlich respektierten Autor abzuwarten?

David Schraven fand’s jedenfalls super so. „Danke“, twitterte er Wegner zurück, und lobte die unkomplizierte Ruck-Zuck-Trennung auf Facebook als „gut und bewundernswert“. Na, von so einem Mann möchte man doch gerne seine Interessen als Journalist vertreten lassen.

Nun räumt Gathmann selbst ein, dass die Arbeit für ein Medium, das vom russischen Staat mitfinanziert wird, problematisch war — jedenfalls in der aktuellen politischen Situation und „angesichts der immer stärker werdenden medialen Polarisierung aufgrund der Ukraine-Krise“. Er hat diese Arbeit jetzt beendet.

Warum war das nicht die Lösung: Gathmann arbeitet nicht mehr für „Russland heute“ und dafür weiter für „Zeit Online“? Weil dessen Ethik-Kodex das angeblich nicht erlaubt. „Unsere Grundsätze sehen eine Übergangszeit von mehreren Monaten vor“, antwortet mir Markus Horeld. „Heißt: Ein Autor kann erst nach einer gewissen Zeit wieder für uns über ein Thema schreiben, für das er zuvor PR o.ä. gemacht hat.“

Es geht also nur und ausschließlich ums Prinzip. „Zeit Online“ hat es vorher verschlafen, sich darum zu kümmern, ob der Reporter den Verhaltenskodex erfüllt, erzwingt diesen Verhaltenskodex aber im Nachhinein gnadenlos. Gathmann sagt übrigens, er habe von diesem Kodex und seinen Vorgaben, denen seine Arbeit für „Russland heute“ widersprach, nichts gewusst.

„PR o.ä.“ ist übrigens in diesem Fall eine treffend vage Beschreibung. Hat Gathmann wirklich PR für Russland gemacht? Das soll keine rhetorische Frage sein, sondern eine offene — meiner Meinung nach liegt die Antwort nämlich nicht auf der Hand.

Aber vielleicht bin ich da auch befangen, denn mir hat der „Spiegel“ vor ein paar Jahren vorgeworfen, als Medienjournalist für ein Magazin gearbeitet zu haben, das von ProSiebenSat.1 herausgegeben wird. Mir ist schon klar, dass die Fallhöhe und Brisanz in Gathmanns Fall um ein vielfaches größer sind, aber es geht „Zeit Online“ ja ums Prinzip, und das ist dann vielleicht doch vergleichbar.

Ich glaube im konkreten Fall unabhängig von der Frage, ob „PR“ der richtige Ausdruck ist, dass der Interessenkonflikt zu groß ist. Und dass es notwendig war, dass Gathmann nicht mehr für „Russland heute“ arbeitet. Aber solche und ähnliche Konflikte werden in Zukunft häufiger auftreten, nämlich zunehmend mit der abnehmenden Bereitschaft oder Fähigkeit unabhängiger Medien, Journalismus ordentlich zu bezahlen.

Gathmann formulierte es gegenüber „Newsroom“ so: „In gewisser Weise hat die Redakteursarbeit für Russland Heute mir auch erlaubt, mich in der übrigen Zeit mit ‚reinem‘, aber schlecht bezahltem Journalismus zu beschäftigen.“

Konkret hat er für seine Texte von „Zeit Online“ offenbar den „Standardsatz“ für Texte von mehr als 5000 Zeichen bekommen. Das sind 150 Euro. Außerdem hat sich „Zeit Online“ offenbar an den Spesen beteiligt.

Gathmann will sich über diese Bezahlung gar nicht beklagen. „Wenn gerade Revolution ist“, hätten Journalisten und Experten wie er kaum Finanzierungsprobleme. Schwierig sei eher die Zeit zwischen den Krisen, wenn die Medien keinen besonderen Bedarf an Berichterstattung aus Russland oder der Ukraine haben. Da hilft natürlich, scheinbar, ein Auftraggeber wie „Russland heute“.

Matthias Dell hat im „Altpapier“ heute einen dazu passenden Text von Gemma Pörzgen zitiert, die vor einem halben Jahr in der „taz“ darüber schrieb, dass „deutsche Zeitungen immer weniger Wert auf den eigenen Korrespondenten und ein Büro in Moskau zu legen [scheinen]“. Wieviel günstiger so ein freier Journalist ist, kann man da erahnen, und im Zweifel ist man ihn auch innerhalb von zwei Tweets los.

Gathmann sagt, dass andere deutsche Medien weiter mit ihm zusammenarbeiten wollen.

174 Replies to “Kurzer Prozess: „Zeit Online“ und der geschasste 150-Euro-Reporter”

  1. Ich erinnere gut, daß die ZEIT nichts dabei fand, über Monate die vom eigenen Verlag veranstaltete Kinderbuch-Reihe Titel für Titel redaktionell über den grünen Klee zu loben. Es fehlte halt das Wort „Anzeige“ drüber. Die stand dann entweder auf der gleichen oder der Folgeseite mit Bestellmöglichkeit. Da hatten die bigotten ZEITgenossen nichts an der (Eigen-) PR auszusetzen.

  2. Es ist für die ZEIT ja kein Problem, wenn Leute in ihr ihre Meinung vertreten, die verurteilte Steuerhinterzieher sind. Aber das ist vielleicht eine andere Sache.

  3. 5000 Zeichen € 150 ich bin sprachlos. Die Bezahlung ist prekär. Propagandakrieg und da wird wohl auf beiden Seiten mit harten Bandagen gekämpft und Zeit-Online ist dann wohl ein Frontpaper.
    Danke für die Info. Bin gespannt was Moritz Gathmann von der andern Frontseite berichtet.

  4. Interessant: Wenn also eine Petition im Internet eine Absetzung von Lanz wegen journalistischer Unprofessionalität und Einseitigkeit fordert, ist das laut der Zeit wie Judenverfolgung im dritten Reich.
    Wenn sich ein einzelner Typ im Internet (via Twitter) darüber beschwert, dass ein Journalist der für die Zeit arbeitet evtl unprofessionell und einseitig/voreingenommen ist, wird dieser im Schnellverfahren rausgeschmissen.

  5. Ja, da ist man bei der Zeit natürlich pingelig. Aber mit der Propagandaflut der letzten Wochen, nur eben aus der Gegenseite, hatte man keine Probleme. Wobei der Mann ja noch nicht mal in irgendeinerweise „pro-putin“ geschrieben hatte.

  6. „Schuld“ ist, wenn man so will, die nordrhein-westfälische Landesregierung. Diese plant, auch Medien außerhalb des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems indirekt mit Rundfunkbeiträgen zu fördern (was man im allgemeinen sowie bezüglich der NRW-Pläne im besonderen durchaus unterschiedlich bewerten kann). Dass ein Journalist, der für ein privates, aber staatlich gefördertes Medium arbeitet, trotzdem innerlich frei sein kann, ist ihm nicht erklärlich, und offenbar betrachtet er den völlig anders gelagerten Fall hier durch seine NRW-Brille.

    Ich selbst sehe auch mit Sorge, wie nicht zuletzt aufgrund der Medienkrise das Nachplappern von PR die hintergründige Recherche ersetzt. Aber mit seinem Schießen gegen einen nachweislich unabhängigen Geist kontakariert er seine NWR-Stellung genauso wie die Zeit ihre aktuelle Autoren-Kampagne, wenn sie einen Kollegen einfach so fallen lässt und seine Artikel mit einem Nachsatz am Rande der üblen Nachrede versieht.

  7. Einige ergänzende Anmerkungen:
    Es gab ein Gespräch mit Moritz Gathmann, bevor wir uns entschlossen haben, die Zusammenarbeit zu diesem Themengebiet zu beenden.
    Moritz Gathmann hat drei Monate als freier Autor für uns gearbeitet und insgesamt zehn Beiträge verfasst.
    Ich bedauere sehr, dass wir den Interessenkonflikt nicht früher erkannt haben, sondern von außen darauf hingewiesen werden mussten. Das ist allein unser Fehler. Leider konnten wir auf diesen Fehler nur so reagieren: ihn offenlegen und die Zusammenarbeit beenden.
    Wir lernen daraus für die Zukunft, dass wir unsere neu gewonnenen Autorinnen und Autoren vor Beginn der Zusammenarbeit deutlich auf unsere Standards hinweisen müssen.
    Und, ja: Es geht hier ausschließlich ums Prinzip, nicht um die von uns unbestrittene Qualität eines Autors. Ich persönlich glaube, dass es genau solche Prinzipien sind, die journalistische Medien ausmachen.
    Schließlich: Sicher ist es sinnvoll, unsere internen ethischen Richtlinien so schnell wie möglich zu publizieren. Auch das ist ein Versäumnis, das wir in den kommenden Monaten nachholen werden.

  8. Wäre der Verfasser vor einer Woche irgendwie darauf gekommen, dass Zeit-online jemanden beschäftigt, der auf russischer Pay-Roll steht, wäre die Empörung in diesem Blog ebenso groß gewesen…

  9. @Jochen Wegner:

    Leider konnten wir auf diesen Fehler nur so reagieren: ihn offenlegen und die Zusammenarbeit beenden.

    Nein.

    Und das ist nun wirklich der billigste rhetorische, geradezu merkelhafte Trick. Es war nicht unausweichlich, so zu handeln, sondern das war eure Entscheidung. Es hätte andere Möglichkeiten gegeben. Zum Beispiel: Die Zusammenarbeit fortsetzen, nachdem Gathmann bei „Russland heute“ aufgehört hat. Nicht das ganze im Eiltempo und aus der Ferne auf Twitter verhandeln. Wenigstens eine saubere Offenlegung formulieren, in der klar ist, wofür sich „Zeit Online“ eigentlich entschuldigt.

    „Zeit Online“ hat sich entschieden, die Zusammenarbeit mit Gathmann zu beenden. Es war eine Entscheidung, kein Naturgesetz. Steht wenigstens dazu.

  10. @Stefan Niggemeier:
    In Sachen Rhetorik lerne ich ja immer viel von Blog-Beiträgen wie diesem hier.
    Wie darin korrekt steht, sehen unsere Standards nun einmal eine lange Übergangsfrist vor, die in jedem Fall verletzt worden wäre. Selbstverständlich sind unsere Standards kein Naturgesetz, sondern: unsere Standards.
    Wir haben auch nichts „auf Twitter verhandelt“, sondern die Sache so schnell wie möglich geprüft, nachdem wir darauf hingewiesen wurden, und mit dem Kollegen gesprochen. Dann habe ich direkt darauf geantwortet, wie es sich im Netz gehört.Ich entschuldige mich für die Geschwindigkeit.
    (Ich bin auf Reisen und nun einige Stunden offline, schaue aber wieder vorbei.)

  11. Herr Wegner, ich glaube, Ihnen ist nicht ganz klar, was hier auch bemängelt wird: Standards, so ehrenhaft ihre Funktion auch sein mag, rechtfertigen gar nichts, wenn eine Gruppe Eingeweihter sie auch auf andere anwenden will. Da ist die katholische Kirche anständiger, wenn sie ganz selbstverständlich auch heidnischen Indianern, die nie von Jesus Christus gehört haben konnten, einen Platz im Himmel zugesteht.

  12. @Jochen Wegner

    Ob und aus welchen Gründen Sie jemanden von einer Sekunde auf die andere von Ihrer (hüstel) Lohnliste streichen, das bleibt Ihnen freilich selbst überlassen. Die öffentliche Führung zur Schlachtbank über Twitter (!), auf Anraten eines Denunzianten wohlgemerkt, ist allerdings ein erbärmliches Gebahren,welches eines Ablegers der Zeit nicht würdig ist. Ich sag’s mal auf Englisch: Shame on you!

  13. „Es geht hier ausschließlich ums Prinzip, nicht um die von uns unbestrittene Qualität eines Autors.“

    Sagt Jochen Wegner von Zeit Online. Wenn sein oberster Boss di Lorenzo aber Co-Autor eines Guttenberg-Buches ist, das er im eigenen Heft vermarktet, ist das etwas Anderes. Und wer weiß, welche Nebentätigkeiten in den oberen Etagen im Hause Zeit noch so gängig sind?

    Was David Schraven betrifft: es fällt schwer, sein Verhalten nicht als ekelhaft zu bezeichnen. Seinen Versuch, den anerkannten Osteuropa-Experten Gathmann quasi als Lohnschreiber Putins zu verunglimpfen, hat Brigitte Baetz so kommentiert: „David Schraven freut sich: Moritz Gathmann erfolgreich angeschwaerzt, ohne dass der sich wehren konnte. Woanders nennt man das Rufmord.“

  14. @ Jürgen Krol: Man muss weder Putin-Versteher sein noch ihn sonderlich mögen, um die Berichterstattung der letzten Wochen in westlichen Medien zu kritisieren. Es war erschreckend, wie alte Deutungsmuster aus dem Kalten Krieg wieder aufgebrochen sind, und zwar nicht nur auf russischer Seite (dort natürlich auch). Ich vermute, es liegt schlicht daran, dass es in hiesigen Medien kaum Wissen über Osteuropa und Russland gibt, verbunden mit einem überwältigenden Anteil an Journalisten, die im Kalten Krieg sozialisiert wurden und nicht imstande sind, diese Kategorien zu hinterfragen.

    Was meine ich konkret?

    1. Völlig zu Recht wurde in den letzten Monaten immer wieder die grassierende Homophobie in Russland in hiesigen Medien thematisiert. Allerdings: während meines letztjährigen Aufenthalts in Lemberg fand gerade eine Demo auf dem Marktplatz statt. Motto: „Homosexualität = Genozid“. Veranstalter: die Swoboda. Ja, jene Partei, die zu den tragenden Kräften der Oppositionsbewegung gehört, die hierzulande so pauschal hochgejubelt wurde, völlig ohne Differenzierung.* So ist es für Putin natürlich ein leichtes zu behaupten, „Menschenrechte“ seien nur ein vom Westen vorgeschobenes Argument, eigentlich ginge es gegen Russland bzw. das russische Volk.

    2. Ähnlich gelagert: wenn westliche Medien und Politik die Menschenrechte tatsächlich so ernst nähmen wie sie immer behaupten, hätten sie sich spätestens von der Opposition distanziert, als sie das Sprachgesetz und damit Russisch als Amtssprache abschaffen wollten. Irgendwie es der aber ausgeblieben. Es ging ja auch nur um Russisch (interessant wäre gewesen, wie die gleichen Medien auf eine ähnliche Abstimmung zur deutschen Sprache in Siebenbürger reagiert hätten). So bleibt auch hier ein schaler Beigeschmack, dass es eben nicht um Menschenrechte geht.

    Es ist erschreckend, dass „Menschenrechte“ inzwischen nur noch ein Instrument gegen Russland (China, wenauchimmer) zu sein scheinen. Aber von einer Wertegemeinschaft, die Waterboarding duldet oder Bahnhöfe mithilfe von Wasserwerfern durchsetzt, kann man leider auch keine glaubhafte Vertretung der Menschenrechte erwarten.
    ___
    * Inzwischen hat ja wenigstens „Panorama“ damit angefangen: http://www.ardmediathek.de/das-erste/panorama?documentId=20041352

  15. Ich sollte meine Kommentare vor dem Abschicken nochmal lesen…

    – „Irgendwie es der aber ausgeblieben.“ > „Irgendwie ist der Aufschrei aber ausgeblieben“
    – „Siebenbürger“ [angesichts des demographischen Wandels auch im ländlichen Rumänien eigentlich ganz passend] > „Siebenbürgen“

  16. Hat eigentlich irgendjemand von den Autorinnen und Autoren, die regelmäßig für Zeit, Zeit Online oder die anderen Ableger schreiben, von diesen ominösen Richtlinien gewusst? Ich jedenfalls nicht, und bei den Knebelverträgen, die der Vertrag jüngst rumgeschickt hat, war mir auch nichts aufgefallen.

  17. Sehr geehrter Herr Wegner,
    ich finde erstaunlich, dass Sie in Ihrem Eintrag sogar das Wort „Interessenkonflikt“ übernehmen, dass Ihnen in einer Beschwerde von außen zugetragen wurde. Was soll das denn genau sein dieser „Interessenkonflikt“ von Moritz Gathmann, frage ich Sie?

    „Russland Heute“ ist eine Verlagsbeilage der Süddeutschen Zeitung, die seit 2010 monatlich der SZ beiliegt. Sie wurde nach einem großen Wirtschaftstreffen der Zeitung lanciert, bei dem Präsident Wladimir Putin eine der Ansprachen hielt und man sich offenbar mit seiner Prominenz schmückte. Diese Beilage ist aus meiner Sicht unzureichend gekennzeichnend, da sie im Impressum nur die „Rossijskaja Gaseta“ ausweist, von der der normale SZ-Leser vermutlich nicht weiß, dass es sich um eine russische Regierungszeitung handelt und vom russischen Staat finanziert wird. Auch auf Anfrage teilt die SZ nicht mit, was sie an diesem Produkt eigentlich verdient. Es ist offiziell ja nur eine Verlagsbeilage.

    Wie Moritz Gathmann schreiben einige russlandkundige Kollegen für dieses Produkt journalistische Beiträge, weil sie dort Themen unterbringen, die anderswo nicht mehr gedruckt werden, seit die Auslandsberichterstattung bei vielen Printmedien so massiv zurückgefahren wird. Außerdem sind die Honorare bei „Russland Heute“ höher und mancher junger Kollege glaubt sogar, es handele sich nicht um ein PR-Produkt, denn es liegt ja der seriösen SZ bei.

    Moritz Gathmann ist ein politischer Journalist und hat seine Mitarbeit für „Russland Heute“ auf seiner Website kenntlich gemacht. Das war ja auch nur einer seiner Kunden, für den er Artikel redigierte und ab und zu einen journalistischen Beitrag schrieb. Es schien eben kein „Interessenkonflikt“ vorzuliegen, denn als freier Kollege begab sich Moritz Gathmann nicht in die Abhängigkeit dieses Kunden, sondern sicherte seine Unabhängigkeit dadurch ab, dass er für viele Medien schrieb und seine eigene Sicht der Dinge pflegte.

    Es ist genau diese unabhängige Sicht, die sich keinem „Mainstream“ unterordnet, die meiner Ansicht nach dazu führte, dass er bei Ihnen angeschwärzt wurde. Es wurde ihm unterstellt, er betreibe Kremlpropaganda und werde für das, was er schreibt, bezahlt. Das ist ein ungeheuerlicher Vorwurf für einen Journalisten, der in unserer Branche an Rufmord grenzt.

    Ich hätte deshalb von Ihnen erwartet, dass Sie sich zunächst selbst ein Bild machen, statt einfach zu glauben, was man Ihnen zuträgt. Es wäre richtig gewesen, persönlich das Gespräch mit Moritz Gathmann zu suchen, bevor Sie Entscheidungen über seine Weiterbeschäftigung treffen. Dabei hätten Sie natürlich darauf drängen können, eine Zusammenarbeit mit „Russland Heute“ zu beenden und hätten darauf hinweisen können, dass der Hinweis auf Ihre „Prinzipien“ am Anfang der Zusammenarbeit leider unterblieben ist.

    Es ist ja grundsätzlich gut, wenn es Standards in einer Redaktion gibt, die versuchen einer Vermischung von PR und Journalismus entgegen zu treten. Ich frage mich allerdings, was solche Prinzipien wert sind, wenn sie nur für freie Journalisten gelten sollen und nicht für die Verlage? Hat die SZ da nicht auch einen „Interessenkonflikt“?

    Und wirken solche Prinzipien nicht in Wahrheit verlogen, wenn der menschliche Umgang mit Kollegen auf einem Niveau angelangt ist, bei dem öffentlich per Twitter die Runde macht, dass man einen freien Mitarbeiter nicht mehr beschäftigt und warum. Da ist jemand für Sie in einer Krisenregion unterwegs und muss in der Ukraine erfahren, dass die Redaktion sich öffentlich von ihm distanziert? Ich denke, dass dieser Fall leider sehr deutlich zeigt, dass unsere Branche im Umgang mit Arbeitskollegen inzwischen jeden Stil vermissen lässt.

  18. Was meiner Ansicht nach die harsche Reaktion von Zeit-Online etwas entschuldigt, ist die gegenwärtige Situation bei den Leserkommentaren von ZO. Da kloppen sich gerade die Single-Purpose- und wenige Tage alten Accounts und Sockenpuppen um die vordersten Positionen im Thread, um Putin als Opfer darzustellen, von einer EU-NATO-US-UkrainischeNeoNazi-Verschwörung zu schwadronieren, die erschossenen Demonstranten dem Konto der Janukowitschgegner zuzuschreiben, jeden Russia-Today-Furz als Wort Gottes zu proklamieren …

    Ja, so undifferenziert manche deutschen Medien gerade berichten mögen, die Propagandaschlacht wird gegenwärtig von ganz anderer Seite befeuert. Da kann ZO zumindest das Gefühl haben, dass es der Ausgewogenheit gut täte, wenn man zumindest keine ‚Freien‘ mehr beschäftigt, die von Putins Ministerien bezahlt werden. Die RT-Sockenpuppen tun es auch.

    P.S.:

    „Das soll keine rhetorische Frage sein, sondern eine offene […]“

    Das schreibst du häufiger. Finde ich gut.

  19. Ich frage mich ein wenig, warum es Monate dauern soll, bis jene „internen ethischen Richtlinien“ veröffentlicht sind, die die Entscheidung gegen Moritz Gathmann angestoßen haben. Ob sie noch ein wenig ausgefeilt werden müssen? ZEIT online droht dann ja noch die ein oder anderen Autoren/innen zu verlieren, denn ja, schon um bei der üppigen Honorierung der Online-Pioniere überleben zu können, machen einige Ihrer Kollegen „PR o.ä.“. Gern können die Kollegen von ZEIT online das, was KircherBurkhardt und andere Corporate Publisher tun, aus journalistischen Gründen verwerflich finden. Sie sollten aber prüfen, inwieweit im eigenen Medium journalistische Unabhängigkeit gelebt wird – nicht nur, aber besonders im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Ukraine.

    Sollte Moritz Gathmann wollen, freuen wir uns, wenn er auch in Zukunft für die führende Content Agentur des deutschsprachigen Raums arbeitet.
    (Tom Levine ist Chefredakteur von KircherBurkhardt in Berlin)

  20. @Gemma Pörzgen #22
    „Es wurde ihm unterstellt, er betreibe Kremlpropaganda und werde für das, was er schreibt, bezahlt. Das ist ein ungeheuerlicher Vorwurf für einen Journalisten, der in unserer Branche an Rufmord grenzt.“

    Naja, mal doof gefragt: Für wie intelligent halten Sie die Entscheidung eines Kollegen für ein vom Kreml finanziertes Werbeblatt zu schreiben?! [… ‚tschuldigung. Wirklich nur eine rhetorische Frage.]

    Ich unterstelle Gathmann wirklich nicht, dass er sich Worte in den Mund hat legen lassen oder ein Putinist sei, aber es ist gerade einfach keine gute Zeit um sich von einem – seien wir mal ehrlich – Propagandablättchen bezahlen zu lassen.

  21. Erstens: man nennt Interessenkonflikt im Journalismus eine Situation, in der ein Journalist möglicherweise nicht mehr unbefangen und unvoreingenommen über ein Thema schreiben kann, weil er materielle Interessen hat, die diese Unbefangenheit und Unvoreingenommenheit beeinträchtigen könnten. Berichtet ein Journalist über die Ukraine, dann geht es um einen Gegenstand, bei dem Russland nicht nur Konfliktpartei ist, sondern zugleich noch eine Art Propaganda-Krieg führt. Deutschland ist aus Moskauer Sicht ein Schlüsselland für PR-Arbeit, weil es das Schlüsselland in der EU ist. Wenn also dieser Journalist zugleich Einkünfte aus einer Tätigkeit für ein vom Kreml finanziertes Organ erzielt, so entsteht potentiell ein Interessenkonflikt. Ob dies tatsächlich der Fall ist, kann man nur am konkreten Material entscheiden. Aber es gibt gute Gründe für Medien, solche potentiellen Interessenkonflikte vermeiden zu wollen.

    Zweitens: Moritz Gathmann hat 2012 einen Artikel verfasst, der ganz im Sinne der Kreml-Linie Pussy Riot zu diskreditieren suchte, indem er sie mit der RAF gleichsetzte. Wenn jemand, der für ein vom Kreml finanziertes Medium schreibt, zugleich auch einen Artikel verfasst, der Kreml-apologetisch erscheint, dann entsteht da zumindest eine Irritation. Das Stück findet sich hier:
    http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/pussy-riot-lady-suppenhuhn-11867761.html

    Drittens: Es ist etwas anderes, für ein Blatt zu schreiben und für dieses als Editor zu arbeiten. Ein Autor hat eine weitaus geringere Bindung an das Blatt und ist weitaus weniger in die konzeptionelle Arbeit eingebunden. Die Tätigkeit als Editor für die Verlagsbeilage spricht für ein Vertrauensverhältnis auf beiden Seiten. Zu den Aufgaben des Editors gehört es üblicherweise auch, auf die inhaltliche Linie zu achten und passende Autoren einzuwerben.

    Viertens: Es ist vollkommen akzeptabel, aus dem Kreml Einkünfte zu beziehen. Nur muss das dann auch durchgängig offengelegt werden. Es gibt auch zum Beispiel den Fall von Alexander Rahr, der bei Medienauftritten seine Affiliation mit einem Think Tank in Berlin, DGAP, angibt, nicht aber seine Tätigkeit als Senior Advisor bei Wintershall, einem Energieunternehmen, das eng mit Gasprom verbunden ist. Gasprom wiederum wird direkt vom Kreml kontrolliert. Worum es geht, ist Transparenz, die Vermeidung von Interessenkonflikten und auch die Information des Lesers, aus welcher Position ein Autor schreibt oder ein Kommentator kommentiert.

  22. Da wir hier anscheinend viele Experten haben, muss ich nicht selber nachschauen. Konnte Gathmann innerhalb der Arbeit für Russia Today seine Texte unzensuriert veröffentlichen? Finde das wichtig um die Unabhängigkeit zu beurteilen.
    Trotzdem bleibt das Verhalten von Zeit Online eine absolute Frechheit. Moralisch unterirdisch. Schnell antworten gehört zum Netz, die aber heissen sollte, dass dieses Thema intern und nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen wird. Wenn öffentlich dann sicher mit mehr als 140 Zeichen.

  23. Wenn man diese Moraldebatte nicht als Journalist, sondern – wie ich – als Zeitungsleser liest, wundert man sich, dass der ZEIT nicht die offenkundige Ursache der Dilemmasituation ins Bewusstsein dringt, nämlich dass die Doppelgleisigkeit Gathmanns durch ihre eigenen Niedrigst-Honorare ausgelöst wird. Oder ganz plump gefragt: Wer hat denn hier Schuld? Gathmann, der nach Brot und Butter trachtet? Die ZEIT, die ihre Autoren schäbig bezahlt? Schraven, der die permanente Finanzkrise von Freien Autoren kennt und trotzdem seltsam denunziatorisch den „Skandal“ verpetzt? Wir Online-Leser, die immer mehr journalistische Arbeit nutzen, aber nichts zahlen wollen?
    Mir ist als Leser auch nicht klar, wie Wegner und Schraven, teils aus Prinzip, teils vielleicht auch aus übelwollen, Gathmann so ruck zuck eine inhaltliche Identifikation mit dem PR-Blatt unterschieben, obwohl sie sich selbst an 1 halben kleinen Finger ausrechnen können, dass Gathmann hier nichts anderes nutzt als eine weniger schlecht bezahlte Einkunftsquelle, um seine Arbeit für u.a. die ZEIT zu substituieren.
    Da ja inzwischen jeder weiß, wie Journalisten und insbesondere Freie Journalisten immer mehr ausgepowert werden, ist diese scheinbar unbedeutende Debatte vielleicht doch wieder eines der Menetekel an der Wand, erschreckend auch wegen der Entsolidarisierung. Da müsste Schraven mal sich selbst investigativ unter die Lupe nehmen …
    Gebe Gott uns allen die Kraft für unsere tägliche Scheinheiligkeit. Wir kommen ja ohne gar nicht mehr aus.

  24. @Ulrich Speck: Ein Einwand: Nicht Editor, sondern „Guest Editor“. Fragen Sie mich nicht, was genau das sein soll — Gathmann hat nach eigenen Angaben vor allem Redigier- und Übersetzungsarbeiten gemacht und einige Gastbeiträge zu eher unwichtigen Themen verfasst.

    Aber gerade, wenn es darum geht, aus dem Titel auf die innere Nähe zur Publikation zu schließen, finde ich es unredlich, das „Gast-“ wegzulassen.

  25. Fragen der Ethik und der Vermeidung von Interessenkonflikte sind richtig und wichtig. Aber: Wer journalistische Unabhängigkeit und hochwertige Arbeit langfristig sichern will, muss dies durch entsprechende Honorare und die Zahlung von angemessenen Spesen unterstreichen und unterstützen.

  26. @Fritz #29
    Ich bin mir nicht sicher, inwiefern Sie Gathmanns Position hier verteidigen, wenn Sie behaupten, dass er aus einer wirtschaftlichen Zwangslage heraus gar nicht anders konnte, als für ein Propagandablatt Putins zu schreiben.

    Es soll ja auch noch Journalisten geben, die eher bei Aldi das Lager umräumen, als dass sie …

  27. @Stefan Niggemeier: Gast-Editor bleibt ja immer noch Editor, aber wir beide wissen ja nicht mit Sicherheit, was dieser Status bedeutet hat. Trotzdem werden Sie mir zugestehen, dass dies eine weitaus engere Verbindung zum jeweiligen Medium bedeutet als wenn man nur dafür schreibt. Ginge es nur um Redigieren, wäre man „copy editor“.

  28. Na, der Pussy Riot Artikel zeigt ja dann doch recht deutlich, wo Gathmann steht… Wenn Homosexuelle verfolgt werden aber man dann doch lieber die über die Stränge schlagenden Aktivistinnen tadelt (bei deren Aktionen niemand verletzt wurde, also von wegen RAF!!), läuft gehörig was falsch.

    (siehe #26)

  29. @Stefan Niggemeier
    Kann es sein, dass du dich hier vor den Wagen einer äußerst zweifelhaften Gestalt hast spannen lassen?!

  30. Da hat sich die Zeit nen schönen Bock geschossen. Korrespondenten mit derart erbärmlichen Honoraren abzuspeisen und dann noch öffentlich den journalistischen Meisner zu machen, das dürfte nach hinten losgehen. Zumal es kein Geheimnis ist, dass sich die sehr gut situierten Zeit-Redakteure oft und gerne von großen Konzernen Reisen und andere Annehmlichkeiten sponsern lassen.

  31. @Paul Bohfink #36

    Ehrlich gesagt finde ich Die Zeit ein ziemliches Scheißblatt. Ich kriege regelmäßig das Kotzen wenn Josef ‚Dschey Dschey‘ Joffe in vorrauseilendem Gehorsam selbst dann der US-administration in den Allerwertesten kriecht, wenn schon der Durschnitts-Amerikaner seine Regierung gerade zum Brechen findet.

    Aber ich sehe gerade nicht, inwiefern es verwerflich sein soll, wenn Die Zeit einen Journalisten schasst, der für ein Blatt schreibt, das direkt der Putin-Regierung unterstellt ist. Nochmal zur Erinnerung: In Russland werden Journalisten regelmäßig für ihre Arbeit erschossen. Russland steht im Ranking von Reporter ohne Grenzen auf Platz 148 von 180. Und hat sich damit schon um einen Platz gegenüber dem Vorjahr verbessert.

    Und für die Presse und Massenmedienagentur dieser Regierung arbeitet Gathmann.

  32. Was ich mich frage: Gelten diese Richtlinien eigentlich auch für Journalisten, die für den Deutschlandfunk, die Deutsche Welle oder andere öffentlich-rechtliche Organe gearbeitet haben? In dem Sinne müsste sich Giovanni di Lorenzo doch als Moderator der im u.a. von Politikern kontrollierten „Staatssender“ Radio Bremen beheimateten Sendung „3 nach 9“ bei der Zeit selbst feuern, oder?

    Oder gilt hier das „Alle Schlampen außer Mutti“-Prinzip? Alle anderen machen staatliche PR, außer wir selbst?

  33. Lustige Geschichte…
    Muss zugeben, dass *hochscroll* Moritz G. mir im Gegensatz zu *nicht hochscroll* David S. bisher kein Begriff war.
    Prinzipiell halte ich es zusätzlich für keine allzuschlechte Idee bei der „Zeit“ irgendwelche Leute aus welchen Gründen auch immer rauszuschmeissen. Wenn man die „falschen“ Leute rausschmeisst, wird das Profil gestärkt und der Laden hoffentlich schneller pleite (es sei denn, die Dummen wachsen schneller nach, da mag ich nicht wetten), oder man schmeisst die „richtigen“ Leute raus und das wird möglicherweise mal wieder was lesbares.

    Ääh – Moritz G. – mal unabhängig davon ob der dufte Reportagen für schmale 150,- schreibt, wenn die „Zeit“ in Zukunft ähnlich „konsequent“ wäre – was zu bezweifeln ist – könnte man die fast wieder lesen.

  34. Die Diskussion hier verwundert mich. Gelten denn journalistische Standards nicht mehr? Wir Journalisten, die gerne über „Kumpanei“ etc. in anderen Branchen klagen, sehen offenbar den Balken vor den eigenen Augen nicht mehr. Wenn jemand für ein Magazin der Atom-Industrie schreibt, muss das auch kenntlich gemacht werden, wenn er gleichzeitig oder kurz danach über Energie schreibt in anderen Medien. Wenn jemand für ein Propaganda-Medium regelmäßig tätig ist und entlohnt wird, dann ist es doch wohl das Miniumum, dass darauf hingewiesen wird. Moritz Gathmann hat die Zusammenarbeit mit „Russland heute“ ja selbst als problematisch bezeichnet. Offenbar versteht er das besser als die meisten seiner Verteidiger, die vor lauter „Kameradschaft“ auf journalistische Standards pfeiffen. In einem facebook-Kommentar steht als Rechtfertigung: „Welcher Journalist arbeitet denn nicht auch mit PR?“. Schönes Sittengemälde einer Branche.

  35. @Ulrich Speck # 26
    Sie Herr Speck setzen Putin mit Pinochet gleich – so geschehen an anderer Stelle in einem FB Kommentar. Für welche Tätigkeiten diskreditiert man sich den durch solch einen Vergleich?
    Von wem wurde Ihre Tätigkeit für Radio Free Europe seinerzeit bezahlt?
    Gathmann schreibt von „Parallelen“ zur 1. Generation der RAF in seinem Text, von Erinnerungen an deren Provokationen in der Anfangsphase. Wo ist da eine Gleichsetzung zur späteren RAF wie sie im Sprachgebrauch heute üblicherweise verstanden wird? Polemische Verkürzung diskreditiert Sie selbst doch nur als voreingenommenen, nicht unparteiischen Diskutanten, dessen Beitrag so erwartbar wie der nächste Vollmond ist und bestenfalls zum Gähnen anregt. Man muss Gathmanns Meinung ja nicht teilen – ich fand sie allemal interessanter als der Einheitsbrei den man sonst so über Pussy Riot hierzulande vorgesetzt bekam.

  36. Guten Tag!

    Sehr viele interessante Kommentare hier.

    Zum Honorar: 150 Euro für 5.000 Zeichen entsprechen rund 1,14 Euro/Zeile (auf Zeitung mit 38 Anschlägen gerechnet). Das ist nicht üppig, aber deutlich besser als das Zeilengeld, das man bei den meisten deutschen Zeitungen verdient. Ich habe mich 2003 bei der FAZ über 70 Cent pro Zeile für ein exklusives Stück zum Berichtdebakel der ARD über den Irak-Krieg beschwert – mit dem Ergebnis, dass man von mir keine Texte mehr wollte. Wir hatten vorher nicht über das Honorar verhandelt, es musste schnell gehen. Die FAZ hat dann 90 Euro nachgezahlt, sodass ich 1,60 Euro pro Zeile für den 100-Zeiler bekommen habe. Um das Stück schreiben zu können, hatte ich bereits über fünf Monate hinweg immer wieder recherchiert. Die Intendanten sollen sich nach Veröffentlichung eine Viertelstunde lang in einer Sitzung angeschrieen haben. War also ein Knaller. Herr Schirrmacher hat mir später auf einen Brief geantwortet und meinte, 70 Cent seien ein „durchaus übliches Zeilenhonorar“ für das Feuilleton der FAZ. Na danke.

    Ich habe im vergangenen Herbst 2013 zwei Stücke für ZO geliefert, die ziemlich gut gelaufen sind. 150 Euro waren als Zweitverwertung mit Extra-Überarbeitung für die ZO OK für mich. Einige andere Angebote konnte ich nicht mehr unterbringen. Kann sein, dass sie nicht passten, kann sein, weil ich den „Vertrag, den ich dann zugesandt bekommen habe, noch nicht unterschrieben habe. Ich lasse den nun bei http://www.freischreiber.de/ prüfen und entscheide dann, ob ich unterschreibe.

    Text 1:
    http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-09/buergerentscheid-mannheim-bundesgartenschau
    Aufwand: 1 Tag Arbeit für meine festangestellte Volontärin, unzählige Stunden Recherche zum Thema vor Ort für http://rheinneckarblog.de, exklusiver Zugang zum Oberbürgermeister (Handy-Gespräch, huhu), konkret für Gespräch und Textüberarbeitung für mich etwa 3 Stunden. Als Zusatzhonorar waren die 150 Euro netto ok, für die Volontärin das erste Mal bei Zeit.de viel Stolz.

    Text 2:
    http://www.zeit.de/gesellschaft/2013-10/dieter-schaefer-die-gewaltfalle
    Interview zu einem Buch des Polizeidirektors, der den Einsatz geleitet hat, der unter „Kurden-Krawall“ bundesweit bekannt geworden ist. Buch komplett gelesen: 3 Stunden. Selbst vor Ort gewesen: 6 Stunden. Dabei mit Steinen beworfen worden und über „gute Kontakte“ auf das Gelände gekommen. Interview, Schreiben, Finishing: 6 Stunden. Macht 15 Stunden zu 150 Euro netto. Honorar nicht ok, aber doch, weil ich das Interview sowieso gemacht hätte und hinterher bei mir veröffentlicht habe.

    2004 habe ich aus Thailand über den Tsunami berichtet. SPON hat mir damals 240 Euro pro Text gezahlt und keine Exklusivität verlangt. Das war in Ordnung, aber nicht gut. Focus hat mich dann mit einer Story über das DVI (Desaster victims identification) beauftragt. Auftraggeber: Jochen Wegner. Ich glaube mich an 2.500 Euro zu erinnern. Das war ein sehr ordentliches Honorar für einen sehr harten Job. Dazu gab es Spesen in einem Luxushotel, das ich nie gebucht hätte, 300 Dollar die Nacht, weil dort das DVI untergebracht war. Übrigens auch Matthias Gebauer von SPON. Nachdem der einige Tage nach dem Tsunami vor Ort eingetroffen war, trat er in „Konkurrenz“ zu mir, machte, zwei, drei Geschichten und ich entsprechend weniger.

    Es ist ein Scheiß-Gefühl, wenn man weniger Honorar für eine sehr gute journalistische Arbeit bekommt, als ein Reporter für eine Hotelnacht bezahlt (die anderen Spesen möchte ich gar nicht wissen).

    Der Spiegel hat mir dann noch eine Seite Bericht für 600 Euro abgekauft, der ebenfalls in eine Titelgeschichte mündete. Das war OK.

    150 Euro sind (siehe oben) immer im Verhältnis zu betrachten- für einen Reporter, der aus der Ukraine berichtet, sind sie nicht ok. Da fehlt ein Faktor 2-5 oder sogar eine Null.

    Zum Autor und zum Auftraggeber: Ich habe keine Zeit, um mich detailliert einzurecherchieren. Selbstverständlich hat ZO das Recht, einen Autoren sofort kalt zu stellen, wenn der Verdacht aufkommt, das es nicht lauter zugeht. Das würde ich überhaupt nicht anders halten.
    Aber selbstverständlich haben Autoren auch das Recht, anständig über „Standards“ informiert zu werden – zumal es keine DIN-Normen im Journalismus gibt. Ich habe noch nie „PR“ gemacht und gleichzeitig zu einem Thema journalistisch gearbeitet. Das ist mein Standard. Aber ich weiß auch, dass das andere unter dem Marktbedingungen so nicht einhalten konnten.

    Ich bin nicht ZO. Ich mache als „Chefredakteur“ ein kleines lokales Angebot und ich befrage jeden Autoren vor Veröffentlichung persönlich. Aus Qualitätssicherungsgründen. Und bei mir gibt es einen Redaktionsleitfaden, der hat rund 50 Seiten. Und alle Mitarbeiter müssen den lesen und erhalten eine umfassende Einführung, was geht und was nicht geht. Die dauert etwa zwei Stunden und ist sehr kompakt, aber eindeutig.

    Lieber Jochen: Schön, dass Du zeitig die Autoren-Inkenntnissetzung in Angriff nehmen willst. „In den nächsten Monaten“ ist aber nicht zeitnah.

    Zum Ablauf: Ich bin sehr irritiert, wenn ich die Story mit Twitter lese. Das geht mal so gar nicht. Da fühle ich mich als Freier Journalist komplett verunsichert. Als Freelancer habe ich keine Chance gegen eine Instanz wie ZO. Die Rufmord-Kommentare sind berechtigt. Ich wiederhole mich: Das geht so mal gar nicht.

    Ich schreibe nicht für Staatsmedien oder Lobby-Gruppen. Aber es gibt auch über mich etwas herauszufinden und das mache ich hier transparent, um die Debatte nach Standards anzuregen.

    Dabei geht es um die Frage, wann und unter welchen Bedingungen Journalismus Journalismus ist. Ist er das nur, wenn „unabhängige“ Verlage das (wie auch immer dotierte) Honorar bezahlen? Was ist mit Stipendiengeldern? Was mit crowd-funding? Was mit Stiftungsgeldern?

    Mein Beispiel: Der oben genannte Text 1 beinhaltet ein Gespräch mit dem Mannheimer Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz. Den habe ich zwischen 1991-1994 als Mannheimer Stadtrat kennengelernt. Irgendwann 2006 haben wir uns nach langer Zeit auf einer privaten Party wiedergetroffen und geduzt. Ein Jahr später ruft er mich an und schlägt mir vor, ihn zu porträtieren. Für ein regionales Magazin. Er will Oberbürgermeister werden. Ich sage gerne zu und nenne mein Honorar für die Arbeit (zwischen 1.500-2.000 Euro). Das kann das Magazin nicht bezahlen. Ich will wissen, wer mich bezahlt. Das ist die SPD Mannheim. Ich sage, dass ich keine PR mache, mich aber problemlos bezahlen lasse, wenn ich unter den von mir genannten Bedingungen arbeiten kann. Er bestätigt mir das. Wir treffen uns, ich schreibe das Porträt, erhalte mein Honorar und der Text wird veröffentlicht.

    Es gab zu keiner Zeit den Versuch einer Einflussnahme. Es wurde nicht ein Versuch unternommen, an meinem Text etwas zu verändern. Ist stehe zu jedem Wort, das ich geschrieben habe.

    Aber, lieber Jochen Wegner, ich hatte den Auftrag, ein Porträt zu schreiben, ich wurde über eine Partei bezahlt und ein regionales (Lala-)Magazin hat die Arbeit veröffentlicht. Es war bezahlte Arbeit. Und ich lasse mich daran messen, was ich abgeliefert habe. Ein absolut sauberes Stück. Kritisch, tiefsinnig, ehrlich.

    Sechs Jahre später fließen Informationen aus diesem Vertrauensverhältnis zum OB Dr. Kurz in eine Arbeit für ZO ein. Komme ich jetzt auf eine Liste? Oder habe ich Glück, weil ich drei Monate Sperrfrist locker überwunden habe? Oder bin ich durch meine Offenheit im Umgang grundsätzlich verdächtig oder gerade nicht?

    Ich finde es sehr gut, lieber Jochen, dass Du hier mitkommentierst. Aber ich fände es sehr viel besser, wenn wirklich zeitnah und transparent bei ZO klar gemacht wird, wer wie was wann und unter welchen Umständen dort veröffentlichen kann. Und was die verbindlichen Regeln sind. Denn bis das nicht passiert ist, muss sich jeder Sorgen machen, der (ich vermute mal positiv) ordentlich arbeitet, einfach so und nebenbei erledigt wird.

    Ich biete ZO gerne weiter Themen an, aber erst, wenn ich sicher sein kann, dass dort ordentlich mit mir umgegangen wird.

    Beste Grüße
    Hardy Prothmann

  37. Sehr geehrter Herr Wegner, ich bin Zo und Zeit Leser.
    Prinzipien an sich sind eine feine Sache und ich finde es auch richtig entsprechend zu Handeln .
    Nur sollte man dann nicht auch seine (freien) Mitarbeiter über diese Prinzipien informieren?
    Wenn Herr Gathmann nichts von besagten Prinzipien bei ZO wußte und es stimmt das er seine Anstellung bei Russland heute transparent Veröffentlicht hat, bekommen ihre Prinzipien einen bitteren Beigeschmack.

    Denn unveröffentlichte oder nicht kommunizierte Prinzipien , die nicht mal aktiv von ZO geprüft werden, haben für mich keine große Glaubwürdigkeit.
    Wer Prinzipien hat und diese auch nach außen Glaubhaft vertreten will sollte so transparent sein und diese auch entsprechend Veröffentlichen.

    Es mag etwas unfair sein so zu Urteilen. Aber auf mich wirken ihre Prinzipien in dieser Form äußerst praktisch. Man kann sie so schnell modifizieren und der jeweiligen Situation anpassen.

    Und noch ein Punkt. Wenn man nicht bereit ist freie Journalisten, die gewissen Mindeststandards entsprechen sollen, angemessen zu bezahlen, dann sollte man entweder etwas an den Ansprüchen ändern oder die Bezahlung anpassen.
    Denn das sind Menschen die von irgendetwas leben müssen und wenn sie der Qualitätsjournalismus nicht ernähren kann oder will, dann muß der Qualitätsjournalismus sie eben mit dritten Teilen.

    Eine „kleine“ private Anmerkung die an dieser Stelle hoffentlich gestattet ist…
    Ich habe mir mal alle Artikel von Herrn Gathmann in Ruhe nochmal angeschaut. Ich fand sie ingesamt recht nett und vorallem auch gut recherchiert und ausgewogen.
    Etwas das z.B. ein Herr Joffe nicht unbedingt schafft.

    Ich bin mir ziemlich sicher Herr Wegner das viele Leser aus Prinzip einen Herrn Gathmann, der ausgewogen und gut berichtet, besser finden, als einen Herr Joffe der gerne dazu neigt ein wenig in seiner eigenen Realität zu leben und grundsätzlich immer Kommentiert.
    Trotz der „Vergangenheit“ von Herrn Gathmann ist er im direkten Vergleich, doch der ausgewogenere und reflektiertere Journalist als der (mit)Herausgeber der Zeit.

    Jedenfalls meiner bescheidenen Meinung nach.
    Sollte ZO also prinzipiell Wert auf guten Journalismus legen, könnte man vieleicht doch einfach die Qualität der Journalistischen Arbeit beurteilen und weniger die „Herkunft“ des schreibenden Journalisten.

    MfG

    eher auf das Produkt schauen

    MfG

  38. PS

    Einen gedanken habe ich völlig unterschlagen. Bei ZO dürfen häufiger diverse Vertreter von NGO´s, Lobbyorganisationen aller Art, unabhängige und weniger unabhängige Wirtschaftsinstitute, sowie div. Politiker, Gastbeiträge oder Artikel verfassen.

    Ich hatte selbst bei (der von mir so empfundenen) einseitigsten „Propaganda“ nie ein Problem damit, denn man hat ja immer transparent darauf hingewiesen wer genau der Autor ist.
    Die Zeit/ZO steht ja für Meinungspluralismus. Warum dieses Prinzip bei freien Mitarbeitern nicht greifen soll, erschließt sich mir nicht.

    MfG

  39. Meine lieben Journalisten,
    ich sehe Ihr diskutiert hier fleißig über Gehalt (passt das in den Mindestlohn), Ethische Fragen der Kündigung und verschiedene Engagements.
    Ich als Leser lerne zwischen den Zeilen daraus, dass ihr durch eure Abhängigkeit von den Auftraggebern keinen freien Journalismus mehr anbieten könnt. Die Folgerung daraus überlasse ich euch selbst.

    Mit freundlichem Gruß
    Ein Leser

  40. Diese Blockwartmentalität in diesem Fall von Herrn Schraven . . . einfach nur widerlich. Und natürlich sind Journalisten die für nicht russische Medien schreiben nicht in ihrer Meinung einseitig, unvoreingenommen undoder propagandistisch.

  41. Ich kann die Aufregung wirklich nicht ganz verstehen. Sonst wird immer gern über die Verquickung von Journalismus und PR durch freie Autoren geklagt, und wenn ein Medium dann eine konsequente Richtlinie gegen eine solche Verquickung entwickelt und sie in diesem Fall auch anwendet, werden Krokodilstränen geweint. Ich gebe gerne zu, dass diese „Schamfrist“ u. a. deshalb aufgestellt wurde, weil wir selbst mit „Tempus Corporate“ Corporate Publishing betreiben. Das ist keine plumpe PR, aber eben auch kein Journalismus, es werden „journalistisch geschriebene“ Produkte für Kunden wie Universitäten, Vebände, Forschungsinstitutionen erstellt (nicht für Staaten, soweit ich weiß), und freie Journalisten arbeiten gern dafür, weil die Honorare sicherlich höher sind als bei ZEIT Online (denke ich mir, ohne die Sätze genau zu kennen – aber so ist das eben bei PR). Und wir wollen nicht, dass bei uns ein Autor, der soeben noch indirekt von der Uni Kleckersdorf Honorar für einen Image-Artikel bezogen hat, bei uns deren neuen Rektor porträtiert – unabhängig von der Qualität der Texte. Und da kann man auch nicht sagen: „Ach, jetzt ist die PR-Tätigkeit vorbei, da kann er ja wieder für die ZEIT schreiben“ – das wäre ziemlich albern. Deshalb haben wir die Frist, wir wollen die freien Kollegen ja auch nicht lebenslänglich als PR-Arbeiter brandmarken. Und über Themen, die nichts mit ihrer PR-Tätigkeit zu tun haben, können Sie selbstverständlich weiterhin schreiben. Das ist eine klare, transparente und – wie ich finde – vorbildliche Regelung. Es kann sein, dass wir unsere freien Autoren (die ja ohnehin meist mündliche Aufträge bekommen) darüber in der Vergangenheit nicht jedes Mal aufgeklärt haben, in Zukunft werden wir da sicherlich mehr drauf achten, und noch schöner wäre es, wenn es sich herumspräche und andere Medien es ähnlich halten würden.

  42. Was mich zunächst schon mal erstaunt: Der Aufschrei über die nur 150 € bei ZO. Auch Silke Burmester tat dies ja vor einiger Zeit. Dabei zahlen alle Onliner schlecht, 150 € ist da noch eins der besseren Honorare. Aber selbst wenn man gerade noch 20 € bekommt, gibt es Neidhammel, die einem den Job neiden und einen verleumden, damit man rausfliegt.

    Was dagegen typisch ist: Die ständige öffentliche Kommunikation über früher als intern angesehene Dinge, die einerseits als „transparent“ gilt, andererseits aber eben den Betroffenen sofort brandmarkt.

    Wieso muß sowas öffentlich per Twitter ablaufen statt per E-Mail oder Direct Message?

    Ist das wirklich „transparent dem Leser gegenüber“ oder einfach nur ein Weg, jemand öffentlich zum Schafott zu führen?

    Ich habe denselben Mist ja mit Kommentaren im Heise-Forum erlebt, die „natürlich“ heute noch dort stehen, mit glatten Verleumdungen, ich würde Millionen verdienen mit krummen Geschäften. Würde ich Millionen verdienen, würde ich mich dann noch mit Online-Journalismus abgeben? Nee, natürlich nicht. Es ist mit Logik erkennbar völliger Bullshit, allerdings verleumderischer Bullshit. Aber es gilt als tolles Demokratieverständnis und Transparenz, daß statt eines verleumderischen Briefes an meinen Chef (von denen es natürlich auch genug gab) das sogar öffentlich da steht. Und nein, Demokratie ist da nicht drin: Nehme ich dazu Stellung, wird meine Antwort natürlich gelöscht…nur die Anschuldigung bleibt stehen…

    Natürlich ist auch dieser Blogbeitrag hier samt Kommentaren eine Fortsetzung dieses Spiels. Und wie kritisch nun die Arbeit für diese Beilage ist, ist eine andere Frage (ist die eigentlich entsprechend als Anzeige gekennzeichnet?). Aber diese Art, über Bande zu spielen – öffentliche Twitter-Anfrage, um eine schnelle und ebenso öffentliche Antwort zu erzwingen – ist nicht „Transparenz“, sondern eher Mobbing.

  43. Drei Anmerkungen zu dieser Debatte.

    Erstens, Kreml-Medien zahlen besser. Klar, sie wollen ja auch was.

    Zweitens, Pussy Riot und die RAF. Es ist unerheblich, ob man diese Punk-Anarchisten mit der ersten oder der zweiten Generation gleichsetzt. Der Punkt ist, sie als Terroristen zu brandmarken, wie in dem oben verlinkten FAS-Artikel an prominenter Stelle geschehen. Daraus könnte der geneigte Leser, dass eine jahrelange Lagerhaft für das Absingen von Schmähliedern in einer Kirche doch zumindest präventiv gerechtfertigt ist. Der Pussy Riot-Prozess hat in Deutschland viele Illusionen über den Charakter des Putin-Regime hinweggefegt. Insofern war es im Sinne des Kreml, die Künstlergruppe in ein dunkles Licht zu rücken.

    Drittens: Ja, ich habe für Radio Free Europe in Prag gearbeitet und bin stolz darauf. Das Radio wird vom amerikanischen Steuerzahler finanziert und die Aufgabe besteht darin, möglichst objektive Nachrichten und Diskussionen im postsowjetischen Raum und im Nahen Osten zu verbreiten, insbesondere in Autokratie und Diktaturen. Journalisten aus Azerbaijan, Turkmenistan, Weißrussland oder dem Iran gehen in ihrer Arbeit für Radio Free Europe hohe persönliche Risiken ein; es gibt immer wieder Angriffe und Verhaftungen, viele fürchten um ihre Familien und viele können nicht mehr in ihre Heimat reisen. Das ist echter Mut, und echte Opferbereitschaft. Wofür? Für die Freiheit, die bei vielen Linken nur noch ein Achselzucken hervorruft (während sie alle Vorteile der westlichen Freiheitsordnung gerne genießen). Nach Prag geholt hat das Radio Vaclav Havel. Für viele Dissidenten war das Radio im Kalten Krieg die wichtigste Informationsquelle. Auch heute sind Sender wie Radio Swoboda in Russland ein Gegenpol für die Propaganda des Regimes. Ist Radio Free Europe objektiv? Nein, es tritt ein für Freiheit und Menschenwürde, als für die liberale Ordnung, es wendet sich gegen Autokratie und Diktatur. Was man von Kreml-Medien nicht sagen kann. Insofern besteht ein qualitativer Unterschied, ob man von Radio Free Europe bezahlt wird (oder wie ich jetzt, von Carnegie, einem amerikanischen Think Tank) oder aber vom Kreml. Radio Free Europe und Carnegie setzten sich ein für eine pluralistische demokratische Ordnung ein und sind an Meinungsvielfalt interessiert. Wenn ich aber für den Kreml arbeite, dann erwartet mein Auftraggeber von mir, ein klare Kreml-Agenda in Deutschland zu vertreten, man ist also ein verlängerter Arm eines Regimes, das Demokratie gewaltsam unterdrückt, in andere Länder einmarschiert und Teile davon abspaltet, ein Regime, das mutmaßlich Janukovych dazu angestiftet hat, seine Spezialeinheiten Todesschüsse auf Demonstranten abzugeben (hier die Ähnlichkeit zu Pinochet), ein Regime, das in Syrien seine schützende Hand über einen Diktator hält, der Zivilisten vergast und bombardiert (10.000 Kinder sind dort gestorben).

  44. Lieber Herr Speck,
    auch in Ihrem Beitrag findet sich die Unterstellung, dass Moritz Gathmann bestimmte Beiträge verfasst habe, weil er befangen sei. Sein von Ihnen erwähnter FAS-Artikel hat tatsächliche mit einer steilen These eine große Debatte ausgelöst, weil er einer der wenigen Artikel war, die der unkritischen Sympathiewelle für Pussy Riot publizistisch etwas entgegen setzte. Damals gab es auch den Versuch, den Autor zu diskreditieren, aber die FAS-Redaktion hat sich vorbildlich hinter ihren freien Autor gestellt, Juristen beauftragt und ihn so behandelt wie einen Redakteur. Auch die Beschwerde beim Presserat wurde damals abgewiesen. Ohne Frage ist Moritz Gathmann ein streitbarer Kollege, aber gerade das macht seine Beiträge so wertvoll. Er schreibt kenntnisreich, verfügt über nötige Fremdsprachenkenntnisse und passt sich häufig eben nicht dem gängigen Mainstream der deutschen Berichterstattung an. Das macht für mich nach der Lektüre seiner Artikel und Kenntnis seiner Person die besondere Qualität seiner Arbeit aus.

    Ich habe mich ausführlich mit „Russland Heute“ befasst, da just diese Woche in der Zeitschrift „Osteuropa“ (offline) ein Artikel von mir erscheint mit dem Titel „Soft Power und Imagepflege aus Moskau. Leichtes Spiel für PR-Offensiven in der Medienkrise“.

    Ich habe daran als freie Journalistin länger recherchiert, weil es mich entsetzt, dass unsere Branche angesichts der Sparzwänge immer mehr zum Einfallstor für PR wird und wir unserer Verantwortung nicht ausreichend gerecht werden, diese echten „Interessenkonflikte“ für unsere Leser, Zuhörer und Zuschauer ausreichend transparent zu machen. Sie nennen ein schönes Beispiel, den Russland-Experten Alexander Rahr, der in vielen Interviews und Talk-Shows zu Wort kommt. Aus meiner Sicht würde es zu den Sorgfaltspflichten einer Redaktion gehören, ordentlich zu recherchieren, dass er festangestellt (!) für den Energiekonzern Wintershall arbeitet, der in Russland wirtschaftlich sehr engagiert ist. Und natürlich hätte das in seiner Funktionsbezeichnung auftauchen müssen, als er bei Anne Will in der Talkshow saß. Das gleich gilt für Igor Rodionov, der bei der Jauch-Talk-Runde nur als russischer Journalist vorgestellt wurde. Es wurde nicht ausreichend deutlich gemacht, dass er (festangestellt!) für die Videoagentur „Ruptly“ in Berlin arbeitet, die eine Tochterfirma des russischen Auslandssenders „Russia Today“ ist und weltweit Bilder zu günstigeren Preisen verkauft als Reuters und AP – denn auch „Ruptly“ wird staatlich finanziert.

    Aber das ist nicht mit einem freien Journalisten zu vergleichen, der mehrere Kunden hat, auf Honorarbasis journalistische Beiträge schreibt und einige Artikel für „Russland Heute“ redigiert. Ich persönlich würde für diese Publikation auch nicht schreiben, gestehe aber anderen Kollegen zu, da zu anderen Entscheidungen zu kommen. Wichtiger finde ich, dass sie es transparent machen und sich ihrer journalistischen Unabhängigkeit verpflichtet sehen. Das heißt, bei inhaltlichen Eingriffen der Redaktion widersprechen und Widerstand leisten.

    Aus meiner Sicht liegt das Problem vielmehr in der Schlampigkeit einiger Redaktionen und Verlagshäuser im Umgang mit PR . Das zeigt sich ja auch gerade bei Zeit-Online, wo der Chefredakteur in der Hektik des Redaktionsalltags zwar einen freien Journalisten im Krisengebiet Ukraine drei Monate lang beschäftigt, aber den Kollegen und dessen dessen Website noch nicht einmal kennt. Und vergisst, ihn wissen zu lassen, dass die Redaktion bestimmte „Statuten“ in der Schublade hat. Wenn wichtige Prinzipien so behandelt werden, sind sie eigentlich nur Sonntagsreden, aber keine wichtige Selbstverpflichtung des Medienhauses.

    Dieser Fall sagt deshalb viel aus über den relativ unreflektierten Umgang mit freien Kollegen und mit PR-Einflüssen. Denn, wie Sie zu Recht sagen, Deutschland ist ein Schlüsselland für PR-Arbeit. Da bin ich ganz ihrer Meinung! Aber diese Debatte sollte sich nicht auf Vorwürfe gegen einzelne freie Kollegen reduzieren. Da ist eine viel grundsätzlichere Debatte fällig, der sich Netzwerk Recherche vielleicht bei der nächsten Jahreskonferenz widmen sollte. Dazu gehört, dass man sich Produkte sehr genau anschaut und vor allem in die Zusammenarbeit von Medientunternehmen mit PR-Firmen viel mehr Transparenz einzieht.

  45. @Christoph Drösser:
    Dass die Richtlinie zur Vermeidung von PR dienen soll ist eine, Verzeihung, lachhafte Nebelkerze. Wenn PR vermieden werden soll, dann muss man sich den Inhalt der Artikel ansehen. Und bei Gathmann gab es da offensichtlich nichts auszusetzen, selbst als er für Russland heute gearbeitet hat.

    Wenn es aber um die Überzeugung zu bestimmten Themen geht, die einer eventuell haben könnte, dann ist es naiv zu glauben, dass sich diese Überzeugung nach einer angemessenen Zeitspanne (einem halben Jahr?) ändert. Und mit meinungsgefärbten Artikeln scheint ZO grundsätzlich ja sowieso kein Problem zu haben, selbst wenn sie so faktenfrei daherkommen wie die Kommentare von Joffe. Liegts dann vielleicht doch an der Meinung selbst?

    Insofern hat es für mich doch stark den Anschein, als sei diese Richtlinie nicht gegen mögliche PR-Artikel vorgesehen (das kann sie nämlich nicht leisten), sondern eher um dem „Rauswurf“ (freie Mitarbeiter kann man ja nicht im eigentlichen Sinne rauswerfen) einen rationalen Anstrich zu geben. Bezeichnend ist ja, dass diese „Richtlinie“ bisher offenbar nicht angewandt wurde, sondern erst dann, als irgendeinem Denunzianten die Einstellung von Gathmann nicht gepasst hat. Das sieht dann doch viel eher nach Putin aus: Gesetze erlassen, die je nachdem dann angewendet werden können, oder auch nicht.

    Ach ja, zu den „Krokodilstränen“: SN hat, soweit ich seine Blogartikel in Erinnerung habe, kein grundsätzliches Problem damit, dass ein Medium PR oder tendenziöse Artikel veröffentlicht (auch wenn er oft Unsinn als Unsinn kritisiert), sondern damit, dass PR oder Meinungsmache nicht gekennzeichnet und intransparent veröffentlicht wird. Wenn man bei Gathmann-Artikeln also den Hintergrund des Autors offengelegt und auf seine Tätigkeit bei Russland heute hingewiesen hätte, dann hätten sich die Leser selbst kritisch mit dem Text auseinander setzen können. Sofern es denn nötig gewesen wäre
    (hat im Wesentlichen auch M.J.Groenewold in #43, #44 gesagt).

  46. Noch ein Nachtrag, lieber Herr Speck, weil inzwischen schon Ihr nächster Eintrag erschienen ist. Darin ärgern Sie sich nun selbst darüber, dass jemand Ihnen unterstellt, Sie seien nicht unabhängig, weil sie für „Radio Free Europe“ gearbeitet haben. Ich teile Ihre sehr idealistische Sicht auf dieses Medium nicht, denn auch hier handelt es sich ebenfalls um einen staatlich finanzierten Sender der US-Regierung, der bestimmte Ziele und Interessen verfolgt. Es ist aber eine Regierung, die Ihnen persönlich offenbar sympathischer ist. Für viele andere Menschen ist das natürlich genauso ein Propagandasender wie der russische Auslandssender „Russia Today“.

    Das Beispiel zeigt aber auch sehr schön, dass auch für „Radio Free Europe“ neben den CIA-Leuten auch sehr viele gute Journalisten arbeiten, die diese Nische gewählt haben, um dort zu publizieren und damit Geld zu verdienen. Ähnlich verhält es sich leider in unseren komplizierten Medienwelt mit Kollegen, die für „Russland Heute“ arbeiten. Sie weichen dorthin aus, weil sie für Ihre Themen dort Platz finden und damit Geld verdienen können. Ich persönlich finde es auch viel sympathischer und besser für Medien zu arbeiten, die von keiner (!) Regierung finanziert werden und privatwirtschaftlich unabhängig sind. Aber leider gibt es immer weniger funktionierende Geschäftsmodelle, die das ermöglichen und für die gelieferten Inhalte ausreichend bezahlen.

  47. Die Überschrift stimmt nicht. Es handelte sich nicht um einen „kurzen Prozess“. Es handelte sich um eine mehrtägige Kampagne. David Schraven hat nicht erst am am 8. März agiert, sondern bereits am 6. März. Die erste (bei Twitter dokumentierte) Aktion war ein Tweet an den Leiter des Investigativ-Ressorts der Zeit, Karsten Polke-Majewski:
    @PolkeMajewski Die einen kündigen – die anderen schreiben für Russland Heute und die Zeit #Moritz Gathmann / http://bit.ly/1f0IJ2z
    https://twitter.com/David_Schraven/status/441552205775007744
    In kurzem zeitlichem Abstand folgten inhaltsgleiche, sprachlich leicht abgewandelte Tweets an:
    – Mandy Ganske-Zapf
    – Hannah Beitzer
    – phoenix_de
    – Überraschung: Jochen Wegner
    Am 7. März folgt ein Tweet an @zeitonline_all, am 8. März noch zweimal Jochen Wegner sowie einmal Kai Biermann.
    Innerhalb von 48 Stunden hat Schraven also (nur über Twitter, anderes ist mir nicht zugänglich) neun Schüsse gegen Gathmann abgefeuert. Das ist kein kurzer Prozess, das ist eine Hetzjagd.

  48. Egal wie man den Vorfall jetzt werten möchte: Die Kunst ist doch, auch im hektischen Alltagsgeschäft seine Prinzipien zu bewahren und sich die Zeit zu nehmen, sie auch umfassend zu kommunizieren. Manchmal reicht schon ein kurzes Gespräch, eine verständliche schriftliche Erklärung, ein Blick auf die Internetseite des anderen und das Zuhören. Gerade Medien an sich und speziell Journalisten sollten klar kommunizieren können. Das verlangen wir doch auch von anderen.

    In meinen Augen wird eine verständliche Transparenz immer wichtiger und im Grunde ist sie auch kein Hexenwerk, wie ich für mich herausgefunden habe: http://www.der-freigeber.de/transparenz-ist-kein-hexenwerk/

  49. Da hilft natürlich, scheinbar, ein Auftraggeber wie »Russland heute«.

    Muss es nicht heißen: anscheinend, denn es erweckt den Anschein. Oder hilft es nur Schein, also scheinbar. Seufz.

  50. Liebe Frau Pörzgen,

    wir haben glaube ich auch mal vor Jahren für das gleiche Medium gearbeitet, die Frankfurter Rundschau.

    Ihre Verteidigung Gathmanns ist konsistent und in sich plausibel. Meine Irritationen bleiben dennoch bestehen.

    Was die Gleichsetzung von Kreml-Medien und US-Medien angeht, auch diese teile ich nicht. Sie und ich verdanken die Möglichkeit, hier frei unsere Meinung auszutauschen, letzten Endes der Bereitschaft der Amerikaner, in den Wiederaufbau Deutschlands nach der Nazi-Zeit zu investieren: eine freiheitliche Verfassung zu geben, Marktwirtschaft und europäische Integration zu fördern. Amerika steht, bei allen Fehlern, nun einmal für Freiheitswerte. Sprechen Sie mal mit Dissidenten in Osteuropa, denen ist das sehr klar. Und es ist ebenso klar, dass Putin nichts mehr fürchtet als die Ausbreitung dieser Freiheit nach Russland — das wäre das Ende seiner auf Gewalt und Manipulation beruhenden Herrschaft.

    Der Kreml – nicht Russland! – steht dagegen für Autokratie und für die Ausbeutung der Massen durch wenige Ultrareiche, Putins Oligarchen. Dort herrscht pure Macht, nicht das Recht. Der Kreml ist sozusagen die Schaltzentrale dieser Clique, die mit Hilfe von Manipulation (kontrollierten Medien) und der Umverteilung von Teilen der ungeheuren Reichtümer des Landes (ein großer Teil fließt in die eigenen Taschen) ihre Position sichern.

    Es ist genau dieser Gegensatz, der die Ukraine mehrheitlich dazu bewegt, sich der EU assoziieren zu wollen.

    Mit besten Grüßen.

  51. Die Leserkritik nimmt zu

    Laut FAZ werden im Informationskrieg um die Krim, insbesondere von den russischen Medien, Halbwahrheiten und Lügen verbreitet und zudem Ukrainische Sender abgeschaltet.

    Nun gibt bei der FAZ im Leseforum die schöne Möglichkeit, mit einem „Klick“ die Leserbeiträge zu sortieren.

    Falls man im Menü die „-viel empfohlenen-“ Lesermeinungen , zu dem redaktionellen „Informationskriegs-Beitrag“ aufruft, bekommt man einen Eindruck, wie kritisch viele FAZ-Leser auf den Artikel reagieren.

    Denn von den mittlerweile rund 200 Leserkommentaren bekommen die meisten zustimmenden Leser- Empfehlungen überraschend solche Aussagen wie: „Lügen werden vor allem von der ARD und dem ZDF verbreitet.“ oder „Wer sich wirklich informieren will, muss auf Alternativmedien ausweichen.“

    Wer nun, und sei es aus Langeweile, die „Empfehlungspunkte“ der ersten zwei Seiten dieser Lesermeinungen überschlägig addiert, kommt auf über 5000 Zustimmungen, für zum Teil recht deutliche Kritik. Und zwar beinahe ausschließlich die gängigen Westmedien betreffend.

    Ok, dass sind jetzt etwas verspielte Berechnungen und Überlegungen. Insgesamt ergab sich jedoch eine bemerkenswerte Auflistung.

    FAZ-Artikel:
    http://bitly.com/1eowIj6

  52. @drösser @Wegner
    veröffentlichen Sie doch bitte einmal Ihre sogenannten Standards. Noch besser: Wenden Sie diese doch bitte gleich auf sich selbst an. Mancher Bumerang fliegt an den eigenen Kopf.

  53. Ulrich Speck,

    ihre Argumentation ist derart lächerlich, dass es beschämend ist. Wenn Sie sich wirklich als „Freiheitskämpfer“ sehen, hilft wohl auch kein Verweis mehr auf Guantanamo, Drohnen-Opfer, Irak-Krieg etc. pp.
    Sie sind ja immer auf der Seite der Guten, „with god on our side“. Was Sie hier betreiben, ist die amerikanische Variante von Agitprop.

    @Detlef Guertler (54): Dankie für die Info über Schraven, das Kollegenschwein.

  54. Ich bin schlicht entsetzt über das hier Gelesene. Schämen sollten sich alle Etablierten… Den Vermarktern und Geldschneidern sollte man die Feder, so sie denn noch gebraucht werden sollte, … (nein ich sage es nicht).

  55. @Ulrich Speck #57

    Ich habe unter meinen Vorfahren selbst osteuropäische Dissidenten und bin durchaus dankbar für die, auch geheimdienstliche, Einmischung der US-Amerikaner die mit zur Befreiung der meisten ehemaligen Ostblock-Staaten geführt hat.

    Ja, mir ist die US-amerikanische Pressefreiheit lieber als die Situation in Russland.

    Aber Sie unterstellen Frau Pörzgen, sie würde US-Medien mit Kreml-Medien gleichsetzen. Das tut sie doch gar nicht. Sie vergleicht Radio Free Europe mit Russia Today. Und Radio Free Europe ist nicht das Selbe wie „die US-Medien“, sondern ein von Kongress finanzierter Regierungssender. Persönlich glaube ich zwar, dass der US-Kongress Freiheitsrechte viel höher stellt als die Putin-Regierung, der Russia Today untersteht, jedoch so zu tun, als sei Radio Free Europe ein unabhängiges, freies Medium oder gar eine selbstlose Gabe an die ehemaligen Ostblock-Staaten, die nur dazu dient ihnen Freiheit und Demokratie zu schenken, ist doch bestenfalls eine etwas naive Sichtweise.

  56. @meykosoft #58

    Leider stammt diese Art von „Leserkritik“ viel zu oft von Leuten, die dann gegen die „MSM“, also „Mainstreammedien“ wettern und einem als Alternative dann Russia Today, Voltaire Net, Truther-Seiten, Infokrieger oder am besten gleich Altermedia empfehlen. Ich glaube nicht, dass das in der Breite das ist, was man guten Gewissens als „kritische Leserschaft“ bezeichnen würde.

  57. @DaDee
    Oder sie lesen sowas wie „heise online“:

    „(…)dass das Schüren eines aggressiven Klimas das falsche Signal wäre. Übrigens betonte schon der in Deutschland so geschätzte Gorbatschow, die Wichtigkeit der Ukraine für Russland (laut einem älteren Spiegelartikel hielt er die ukrainische „Region“ für einen Teil Russlands. Gratschew plädiert für Diplomatie, wirbt für ein größeres Verständnis der anderen Seite. Dass die Konfrontationspolitik nicht besonders klug ist, bestätigen auch deutsche Wirtschaftsvertreter[…]“

    http://bitly.com/1ic02OE

  58. Sehr geehrter Herr Speck,
    bei allem, was Deutschland den Aliierten verdankt, war diese Rettung aber doch nicht selbstlos und ein ewigwährender Pakt, der von uns verlangt, alle Handlungen Amerikas zu feiern und zu unterstützen.

  59. Sehr interessant, diese Debatte. Drei Punkte vielleicht zur Klarstellung:
    1. Wenn Journalisten für „PR o.ä.“ schreiben, entsteht der Interessenskonflikt nur dann, wenn eine Abhängigkeit entsteht – wenn also der Journalist oder die Journalistin sich nicht mehr traut, kritisch zu einem Thema zu schreiben, weil er oder sie fürchtet, einen wichtigen Geldgeber zu verlieren. Diese Schere im Kopf ist gefährlich, keine Frage. Aber sie geht von einem sehr eingeschränkten Verständnis dessen aus, was konzeptionell hinter Corporate Publishing-Titeln wie „Russland heute“steckt. Die werden sich zum Beispiel immer darum bemühen, möglichst kremlferne Journalisten dazu zu kriegen, in ihrem Heft zu schreiben. Nur so erreichen sie ja das, was sie wollen: Aufmerksamkeit über ein Land, über das in Mainstream-Medien schlicht zu wenig berichtet wird (über Tendenzen sei hier mal höflich geschwiegen).
    2. Auch Corporate Publisher, zu denen ich (nach einer Zeit u.a. als Auslandskorrespondent einer großen deutschen Zeitung) gehöre, haben übrigens ihre Richtlinien. Wir mögen es nicht, wenn Journalisten, die frei für uns schreiben, zum gleichen Thema in unabhängigen Medien veröffentlichen. Das hat einen ganz einfachen Grund: Wer im Auftrag eines Unternehmens oder einer Institution schreibt, erhält ggf. Einblicke, Zugänge oder Informationen, die ein normaler Journalist nicht erhalten würde. Das führt zu Glaubwürdigkeitsproblemen: Wer eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben hat, kann nicht mehr frisch, fromm, fröhlich, frei über das damit verbundene Thema schreiben. Also schreibt der Autojournalist des XY-Blatts bei uns eben allenfalls über Stahlproduktion oder Versicherungsrisiken. Bei Auslandskorrespondenten ist diese Trennung aber nicht durchzuhalten. Wer in Moskau sitzt, schreibt über Russland – für uns wie für die freie Presse. Wenn ZO und andere Medien das so nicht haben wollen, sollen sie ihre Leute gefälligst vernünftig bezahlen. Dann wird es halt bald ein CP-Korrespondentennetz geben, das wir uns mit unseren Mitbewerbern teilen. Moskau ist übrigens eine der teuersten Städte der Welt und nicht Takka-Tuka-Land, deshalb ist das mit dem Crowdfunding eher ein peinlicher Vorschlag.
    3. Im Falle Moritz Gathmann geht es nicht um „Russland heute“, sondern um Tendenz. Schraven hat einen anderen Blick als Moritz Gathmann auf Russland. Darf, soll, muss er auch haben. Es wäre allerdings wichtig, dass BEIDE Meinungen in den Medien ihren Platz finden. Aus der deutschsprachigen Mainstream-Presse lächeln uns am Kiosk derzeit mindestens sieben Putin-Titel entgegen, die in ihrem Dämonisierungsgrad ganz unschuldig an die Kaiser-Wilhelm-der-Hunne-Karikaturen erinnern, mit der die britische Presse vor dem Ersten Weltkrieg für die notwendige Kriegsbegeisterung sorgte. Wäre schön, wenn jedenfalls hinter den Titelblättern nicht weiter gleichgeschaltet wird.

  60. @dadee Ich verteidige niemanden. Ich meine nur, dass der Konflikt einen Ursprung an dem Punkt hat, der hier ausgiebig und offen diskutiert wird – nämlich in der Daumenschraube,unter der die Printmedien produzieren und bei der die freien („just another word for nothing left to lose“) Reporter einfach die berühmten letzten sind, die die Hunde beißen. Die Bissigkeit empfinde ich unfair, insbesondere wenn außer Acht bleibt, was man selbst zur Erwerbsnot der Freien beiträgt. Auch die ZEIT möchte und sollte ja nicht vorschnell für ihre Honorarprinzipien abgeurteilt werden (übrigens die einzigen Prinzipien, die den Freien offenbar klar und unzweideutig kommuniziert werden). Kurzum: Am wenigsten Sympathie habe ich in diesem Fall zwar für den investigativen Säuberer und super smarten Twitter-Nutzer Schraven, aber auch das ist eigentlich egal, weil es im Kern um eine Strukturkrise geht. Die Integritätsdebatte kann man auch führen, aber doch bitte nur anhand von konkreten Texten und Arbeiten, nicht anhand von Verdächtigungen … (was Schraven abgezogen hat, ist schon seltsam enthemmt, selbst wenn es berechtigt sein sollte, und die ZEIT sollte sich für solche augenscheinlichen Entgleisungen der guten Sitten auch Standards zulegen und kommunizieren).

  61. @ meykosoft: Auf die Leserbewertungen würde ich nicht allzu viel setzen. Es ist ja nichts neues, dass

    – auf einschlägigen Seiten bestimmte Artikel verlinkt werden und zum Bewerten aufgefordert wird und
    – sich viele mehrmals anmelden und mehrfach abstimmen.

    Beides hatte tagesspiegel.de übrigens auch gemerkt und deshalb das Bewertungssystem erst geändert und dann abgeschafft. In einem Artikel dazu wurde erklärt, dass einige User bis zu acht (!) Benutzernamen hatten.

    Ähnlich repräsentativ sind m.E. die allgegenwärtigen Umfragen (die ja ein eigenes Thema sind, weil ja die einfachsten Grundsätze der Umfrageforschung missachtet werden).

    Ich stimme DaDee zu, dass viele „kritische“ Leser einfach nur das Gegenteil von dem behaupten, was in der Zeitung steht – eine gedankliche Leistung, die einen durchschnittlichen 5-jährigen deutlich unterfordern dürfte. Und diese selbsternannten Querdenker oder Freigeister sagen dann anderern Usern, sie sollten nicht alles glauben, was in der Zeitung steht, obwohl sie selbst alles glauben, was in der Zeitung steht – auch wenn es dann eben eine russische ist.

    Ansonsten möchte ich mal diese bewusst verallgemeinernde und provozierende These in den virtuellen Raum werfen: Russische Journalisten wissen, wovon sie berichten, dürfen es aber nicht sagen. Westliche Journalisten dürfen sagen, was sie möchten, wissen aber nicht, worüber sie reden.

  62. Klar geht es „ums Prinzip“, worum sonst? Der Reporter hätte spätestens zu Beginn des Propagandafeldzugs gegen die „ukrainischen Faschisten“, die angeblich vom Kiever Majdan aufgebrochen seien, Russen und Juden zu verfolgen, von sich aus transparent die Zusammenarbeit mit der bezahlten SZ-Beilage beenden müssen.

    „Zeit-online“ mag es zunächst verpennt haben, auf die Verbindung zu achten, aber gleich bei Kenntnisnahme zu reagieren, ist achtbar und richtig. Und es ist auch richtig, den Transparenzhinweis nachträglich zu setzen, obwohl die Texte offenkundig tadellos waren – auch lt. Pressekodex spielt das keine Rolle bei der Transparenzpflicht. Diese besteht überdies gegenüber dem Leser von „Zeit-online“ unabhängig von irgendwelchen Hinweisen anderswo, und sei es auf der Webseite des Autors.

    Es wird argumentiert, dass der Reporter auch in der PR-Beilage journalistisch anständige Texte gebracht habe. Dies spricht jedoch nicht zwingend für ihn, sondern für die Rafinesse der russischen Medienstrategie. Denn gerade dies ist natürlich gerade jetzt gekonntes Marketing für die Normalität russischer Verhältnisse. Die Frage ist doch, ob er alle die anständigen journalistische Texte, die in der SZ-Beilage erscheinen können, auch in Russland publizieren könnte. Ist das nicht der Fall, trägt er hier mit seinem anständigen Texten zu einem schöngefärbten Russlandbild bei. Wahrscheinlich könnte er aber schon nicht alle denkbaren Texte, die jetzt angesagt wären, in der SZ-Beilage unterbringen – etwa zu der russischen Desinformations- und Einpeitscherkampagne, die droht, einen neuen Eisernen Vorhang zu etablieren.

    Bleibt die Frage, ob es korrekt war, sich von dem Autor zu trennen. Meine Antwort lautet: Ja. Regeln sind Regeln. Und wenn es eine nachvollziehbare Regel gibt, dann die, dass PR und Journalismus nicht zusammengehen. Hier fehlte klar mindestens der Transparenzhinweis, aber auch eine strikte Unvereinbarkeitsregel ist nicht unethisch oder unfair, sondern schlicht Sache der jeweiligen Redaktion, wie weit die Trennung gehen soll.

    Schließlich: Dass der Hinweis über Twitter kam und daher auch auf Twitter beantwortet werden musste, ist keine Stilfrage – da es um Transparenz geht, ist es nicht unelegant oder unfair, den (korrekten, unstrittigen Hinweis) nicht hinter den Kulissen zu geben. Der Hinweis hätte – ungefragt – vor dem ersten Text vom Reporter kommen müssen.

  63. @Tom Levine #66
    Zu Ihrem Punkt 3:
    Sie finden also, dass „balance as bias“ bzw. „false balance“ ein Zeichen ausgewogenen Journalismus wäre?

    In einem Informationskrieg, in dem ein abgehörtes Gespräch, in dem sich der estnische Außenminister und die EU-Außenbeauftragte über sich im Umlauf befindende Gerüchte (!) austauschen, zufällig „geleakt“ wird, um dann plötzlich als „Beweis“ für eben diese Gerüchte herzuhalten?

    Bei dem Bilder an der polnischen Grenze stehender Ukrainer als „Beweis“ für die Flucht russischstämmiger Ukrainer nach Russland herhalten sollen?

    Verzeihen Sie, aber Putins Propagandisten sollten bei uns in seriösen Medien nur dann zu Wort kommen, wenn sie für Leser, Zuschauer bzw. Hörer als solche erkennbar sind!

  64. @Journalistenlehrer: Aber ist es nicht interessant, dass sich „Zeit Online“ so wenig dafür interessiert hat, wer da für sie aus der und über die Ukraine berichtet hat? Guckt man womöglich nicht so drauf, kost‘ ja nicht viel, der Mann, und Texte scheinen irgendwie in Ordnung.

    Und wenn sich dann rausstellt, dass der Mann gegen die eigenen, internen, nicht veröffentlichten Regeln verstoßen hat, weil jemand auf Twitter auf etwas hingewiesen hat, was man selbst hätte wissen können und müssen, dann muss die Konsequenzen dieses Redaktionsversäumnisses nicht die Redaktion, sondern der Kollege tragen. Und der Chefredakteur sagt dann auch noch, man habe gar keine Wahl gehabt, als so zu handeln, ganz streng, nach dem Buchstaben des Gesetzes (das man selbst nicht bekannt gemacht hat und dessen Einhaltung anscheinend bis gerade noch nachrangig zu sein schien). Hm.

  65. @DaW #68

    Bei faz.net ist die Aussagekraft der Kommentarempfehlungen noch mal besonders gering, weil man sich für die Empfehlung nicht einmal anmelden muss. Eine nette Einladung der Online-Redaktion an Bot-Netz-Betreiber.

  66. @Theo H.: Ich finde den Ausdruck „Kollegenschwein“ absolut unangemessen. Ähnlich übrigens auch das Wort „Denunziant“, das andere in diesem Zusammenhang als Schimpfwort benutzt haben.

    Warum sollen Journalisten nicht darauf hinweisen, wenn andere Journalisten Fehler machen oder sich, ihrer Meinung nach, nicht korrekt verhalten? Mich stören an Schravens Vorgehen der Stil und die öffentliche Freude über den Erfolg. Aber natürlich müssen Journalisten Journalisten kritisieren dürfen, auch öffentlich, insbesondere wenn es um Informationen geht, die eh öffentlich sind.

    Die Frage, ob manche Äußerungen eine Art Rufmord darstellen, ist eine andere.

    (Lustig, das ausgerechnet in einem Blog zu erklären, das zu großen Teilen daraus besteht, dass ein Journalist Kollegen öffentlich kritisiert. Die Alternative zum „Kollegenschwein“ und „Denunzianten“ ist nämlich die alte Regel „Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“. Ich bin dann im Zweifel für Denunzianten.)

  67. @ DaW#68
    Ich lass das mal so stehen.

    Was mir dazu ausserdem noch einfällt:

    Zufällig habe ich die Pressekonferenz von Putin am Di. 04.03.14, 11.30 Uhr live verfolgt. Die Medien, die seine Aussagen anschließend zusammenfassten und interptretierten, erschienen mir danach ziemlich tendenziös.

    Aber, heutzutage kann man sich ja vergangene Sendungen zur Überprüfung nochmals ansehen. Interessant waren auch die zum Teil recht kritischen Fragen einiger Journalisten.
    http://bitly.com/1kJ5VWt

    Zu den Sanktionen sagte Putin z.B. erklärend (ca. ab Min. 22:30): Über die Folgen müssen sich in erster Linie die Gedanken machen, die sie einführen wollen. Ich glaube , dass in einer Welt, in der alles eng miteinander verbunden ist und jeder von jedem abhängt, da kann man natürlich einander irgendwelchen Schaden zufügen. Aber diese Schäden werden gegenseitig sein, das sollte beachtet werden…

    In den Nachrichten hörte ich völlig überraschend: Putin hat bei Sanktionen mit Gegenmaßnahmen gedroht.

    Kann man, wenn man denn möchte, so darstellen…

  68. @66: „Wer in Moskau sitzt, schreibt über Russland — für uns wie für die freie Presse. Wenn ZO und andere Medien das so nicht haben wollen, sollen sie ihre Leute gefälligst vernünftig bezahlen. Dann wird es halt bald ein CP-Korrespondentennetz geben, das wir uns mit unseren Mitbewerbern teilen.“
    Dieses „Korrespondentennetz“ wird sich dann schlicht aus allen freien Journalisten vor Ort zusammensetzen. Denn für Medien mit einem derart hohen Anspruch (nicht inhaltlich, sondern formal) wie die Zeit wird man als freier Journalist schlicht nicht arbeiten können. Schön für die Zeit, wenn sie auf dem Markt die Mehrausgaben finanziert bekommt, die ein eigenes Netz mit fest angestellten Korrespondenten erfordert.

  69. @Stefan Niggemeier: Natürlich war es falsch, dass sich „Zeit online“ nicht von vornherein dafür interessiert hat, ob der Kollege noch PR macht. Ganz schlecht. Gleichwohl sind die Regeln, denen die Redaktion dann folgte, korrekt und nachvollziehbar. Die eigenen Regeln zu beugen, weil man selbst erst einmal lässlich damit umgegangen ist, wäre ja nicht die bessere Lösung, oder?

    Ich bin (und war früher als leitender Redakteur verschiedener Medien mit – je nach Erbsenzähler am anderen Ende des Tisches – wechselvollem Erfolg) allerdings Verfechter anständiger Honorierung von Journalisten. Hier liegt ein weiterer Fehler von „ZO“: 150 Euro pro Text plus Spesen ist quasi nichts, anständige Recherche und gute Schreibe vorausgesetzt. Einer der (wirtschaftlich) erfolgreichsten Verlage setzt hier auf das Motto: Sollen andere für unsere Qualität aufkommen, und wenn sie hungern. Das ist zutiefst fragwürdig, wenn man zugleich harte Regeln für Unvereinbarkeit mit PR hat, wo deutlich besser gezahlt wird.

    Dennoch sind diese Regeln richtig – aber die finanziellen Konsequenzen sollte schon der tragen, der sie formuliert, zumal er der wirtschaftlich stärkere Partner ist.

  70. „In den Nachrichten hörte ich völlig überraschend: Putin hat bei Sanktionen mit Gegenmaßnahmen gedroht.“

    In der Tat eine völlig unzulässige Verkürzung der Argumentation. Ich würde aber dennoch nicht davon ausgehen, dass diese Formulierung „von oben“ kam, sondern dass es als als Verknappung gedacht war, sich aber die Bedeutung gewandelt hat. Auch das kommt ja im journalistischen Alltagsgeschäft durchaus mal vor. Erinnert sei an den einen FDP-Politiker (seinen Namen habe ich vergessen), dem Rassismus vorgeworfen wurde, weil er davon berichtete, dass Philipp Rösler zuweilen wegen seiner Herkunft angegriffen werde.

    Ich vermute, viele Journalisten haben Schlagworte im Kopf, nach denen sie grob Meldungen und Zitate durchscannen (hier war es eben „Sanktionen“, sonst ist es eher „Hitler“), und wenn sie irgendwas finden, posaunen sie es raus in die Welt, ohne auf Nuancen zu achten. Dass es so häufig vorkommt, kann und muss man durchaus kritisieren, es aber konkret an der Ukraine-Krise
    festzumachen, halte ich für einen Fehler. (Ich weiß, Sie haben das auch nicht getan.)

    Und das eigentliche Probleme sprechen aus meiner Sicht weder die westlichen noch die russischen Medien an: den Nationalismus. Denn einem idealen Staat mit einer idealen Gesellschaft sollte es völlig egal sein, welche Sprache jemand spricht. Ebenso wie seine Religionszugehörigkeit, seine sexuelle Orientierung oder sein Geschlecht egal sein sollte. Das Problem ist doch, dass Menschen in irgendwelche herbeifantasierten, vermeintlich zutiefst unterschiedlichen Gruppen, die angeblich nicht friedlich miteinander leben können, eingeteilt werden.

  71. 69, „Journalistenlehrer“

    Ich weiß nicht, warum du deinen Nick so wählst, aber wenn du Journalisten tatsächlich unterrichten würdest, dann gute Nacht.

    Alleine die Schlussfolgerung, dass einer mit einem journalistisch sauberen Text zur Propaganda beitrage, wenn dieser Text nicht auch innerhalb eines anderen Landes veröffentlicht werden dürfte… meine Güte. Da schäumt es aber gewaltig. Auch vom amerikanischen Steuerzahler finanziert worden? ;-)

    PR und Journalismus gehen nicht zusammen. Ist ne nachvollziehbare und feine Formulierung. Nur: wo fängt PR an, wo hört sie auf? Was ist mit den Damen und Herren Leitende Redakteure oder Edelfedern, die für gutes Geld Vorträge halten bei Firma X, bei Stiftung Y? Darf einer wie Helmut Schmidt nicht mehr für die Zeit schreiben, weil er woanders – bestens honoriert – eine Veranstaltung schmückt, die das Bild eines Unternehmens aufhübscht? Wer von den hohen Damen und Herren der Zeit hält sonst noch bezahlte Vorträge?

    Das Vortragswesen ist aus meiner Sicht die elitäre Form von PR. Geahndet wird das kaum. Aber der kleine freie Autor, der aus seiner Nebentätigkeit nie einen Hehl gemacht hat und dem nie eine Verquickung von Interessen nachgewiesen werden kann, bei dem wird nun ratzfatz die große Prinzipien-Keule herausgeholt.

    Und David Schraven bedankt sich dafür.

  72. “ Ich finde den Ausdruck »Kollegenschwein« absolut unangemessen.“

    Ich nicht, Stefan Niggemeier. Ich bin für Kritik, auch an Kollegen. Aber im vorliegenden Fall geht nicht um Kritik, sondern um Mobbing. Das ist ne ganz andere Nummer.

  73. @Christoph Drösser: Die Sätze von Tempus Corporate liegen übrigens nur unwesentlich über den journalistischen. Das ist eine ganz andere Merkwürdigkeit des Marktes.

  74. @Denunziant:
    Ich habe das Wort deshalb verwendet, weil es mir so vorkommt, dass DS eben nicht für Transparenz werben, sondern eigentlich Gathmanns Texte und Gathmann selbst abqualifizieren, ihm also nach Möglichkeit Schaden will. Nachträglich verstärkt der Kommentar #54 von Detlef Guertler diesen meinen Eindruck.

    In der Wiki steht zu „Denunziation“ folgendes:

    Die Denunziation zeichnet dabei die Besonderheit aus, dass sie an eine übergeordnete Instanz (Vorgesetzte, Partei, staatliche Stellen) ergeht, von der – in aller Regel unausgesprochen – Sanktionen gegen die Betroffenen erwartet werden.

    Es kann natürlich auch sein, dass ich nur deshalb den Eindruck habe man könne DS Twitter an Jochen Wegner „Denunziation“nennen, weil es tatsächlich gleich eine Sanktion gegeben hat (ohne von DS beabsichtigt). Dann möchte ich mich für die Bezeichnung natürlich entschuldigen. Aber jemand müsste mir noch erklären, warum sich DS für das Beenden der Zusammenarbeit von ZO mit Gathmann noch bedankt?

  75. Interessant finde ich daran, dass die vermeintlich segensreiche Transparenz solcher Entscheidungsfindungen über Twitter hier letztlich für die Kritik ausschlaggebend ist. Hätte Herr Schraven seinen Kollegen von der Zeit telefonisch informiert, wäre nichts weiter aufgefallen. Und hätte Herr Wegner die Sache seinerseits vertraulich behandelt, erst recht nicht. Vielleicht sollte mancher Vorgesetzte bzw. Auftraggeber mal überdenken, ob man Angelegenheiten, die zunächst einmal nur den Mitarbeiter bzw. Auftragnehmer betreffen, auf diese Weise öffentlich kommentieren soll.

  76. @Ulrich Speck/50: Sollen wir mal kurz diskutieren, über wie viele Diktatoren Ihre Verteidiger der Freiheit ihre „schützende Hand“ gehalten haben? Oh, und „in andere Länder einmarschiert“ … das wollen Sie nicht wirklich.

  77. @Dadee
    in unserer Welt ist alles möglich.
    Sie tun ja so, als ob Russland, insbesondere Putin die alleinige Schuld trägt für die Krise in der Ukraine. Und die westlichen Länder (USA, Deutschland, etc.) sind die Guten. Das ist dieses Schwarz-Weiß-Denken, das man noch aus dem Kalten Krieg kennt. Schauen Sie sich doch mal die Karten an. Russland wird von der NATO immer mehr eingeengt. Was würden Sie denn an Stelle von Putin machen? Zusehen?
    Und btw. in der Ukraine wurde ein demokratisch gewählter Präsident gestürzt (diese Vorgehensweise kennt man von den USA in Hinblick auf lateinamerikanische Präsidenten). Warum eigentlich? Was war die Initialzündung, die zu den Protesten führte?
    Ich lese hier nur Anti-Russland-Posts von Ihnen. Aber so einseitig ist die Situation nun auch nicht. Es gibt in diesem Konflikt keine Guten und Bösen. Wenn Putin Täter ist, dann ist es die Deutsche Regierung wie auch die US-Regierung genauso.
    Und es ist auch schön, welche Medien Sie dann als kategorisch ablehnen, weil sie nicht neutral berichten. Da würde ich gerne mal wissen, welchen Medien Sie vertrauen. Bin mir sicher, dass diese ziemlich neutral sind. LOOL!!

  78. @ Theo H., 79: Sie geben meine Schlussfolgerung falsch wieder – anständiger Journalismus trägt als PR für Russland in einer deutschen Qualitätszeitung zu einem falschen Bild von russischer Normalität bei. In diesem Sinne nicht normal ist, dass im Lande selbst anständiger Journalismus, wo es darauf ankommt, nicht praktiziert werden kann. Ein Journalist, der auf beiden Seiten arbeitet, hat ein Glaubwürdigkeitsproblem.

    Und zum Thema (Eigen-) PR der Medien: PR ist nicht verboten, sondern steht unter Transparenzpflicht. Wo dagegen verstoßen wird, gibt es z.B. im Wettberwerbsrecht Möglichkeiten zum Einschreiten. Eigen-PR ist wieder etwas anderes: Die wird nicht von Dritten bezahlt. Jeder kann und darf sich selbst öffentlich nach Kräften toll finden – was das wiederum für seine Glaubwürdigkeit heißt, steht freilich auf einem anderen Blatt.

    Zuletzt: Sie versuchen den Eindruck zu erregen, dass der Mist, den Chefredakteur A baut, den Mist rechtfertigt, den Redakteur B oder irgendein freier Mitarbeiter baut. Das ist nicht der Fall. Der Haufen wächst mit jedem neuen Mist, und jedes schmutzige kleine Ding, das in der Grauzone zwischen PR und Journalismus gedreht wird, vergrößert den Berg. Mit unsachlichen Relativierungen Ihrer Art muss man sich je nach Drehrichtung des Zynismus am Ende über nichts mehr aufregen oder gleich alles total schrecklich finden – aber es ist im jeweils gegebenen Fall wenig hilfreich, nicht besonnen und bei der Sache selbst zu bleiben.

  79. in diesem und anderen fällen kann ich den freien journalisten nur noch raten, unter wechselnden pseudonymen zu arbeiten.

  80. @Journalistenlehrer: Sie haben Recht, aber das ist natürlich die reine Lehre. In Zeiten, in denen Beschäftigungsverhältnisse im Journalismus immer prekärer werden und es auch von Seiten der Verlage mit der Trennung von Journalismus und PR nicht mehr weit her ist (Stichwort Leistungsschutzrecht), ist die Grauzone schlicht zum alltäglichen Standard geworden (leider). Ich glaube, dass man angesichts dieser Tatsache um eine relative Sicht auf das Problem gar nicht mehr herumkommt – eine absolute ist einfach nicht mehr realistisch.

  81. @Blunt: Ich bin als Redakteur mit der „reinen Lehre“ recht weit gekommen, aber auch im Grunde schließlich genau an diesem Punkt so angeeckt, dass ich in die Ausbildung gewechselt bin. Dennoch bleibe ich dabei: Journalismus als solcher verdient nur dann seinen Namen (und vom Leser bezahlt zu werden), wenn nicht Interessen unsichtbarer, zahlender Dritter nebenbei bedient werden.

    Fragen Sie mich gelegentlich, wie in der Realität schon die enge „Partnerschaft“ einer x-beliebigen Lokalzeitung mit der örtlichen Sparkasse i.d.R. deren Berichterstattung mit vielfältigen Gefälligkeiten kontaminiert, werden sie einen langen Vortrag darüber hören, wie sich die Medien aus Grier, falschem Opportunismus sowie Opportunismus gegenüber den Falschen ihr Grab selbst schaufeln. Das Publikum ist nämlich überhaupt nicht blöd. Okay ist dies nur, wenn sich das Medium, das derlei treibt, gleich „Anzeigenblättla“ oder so schimpft. Da weiß man, was man hat. Gilt online, im Radio oder im Fernsehen natürlich genau so.

  82. @86:

    „anständiger Journalismus trägt als PR für Russland in einer deutschen Qualitätszeitung zu einem falschen Bild von russischer Normalität bei.“

    Also unanständiger Journalismus ist besser? Und was ist bitteschön die „russische Normalität“?

    Und zum Thema (Eigen-) PR der Medien: PR ist nicht verboten, sondern steht unter Transparenzpflicht.“

    Der von der Zeit geschasste Autor hat nie etwas verheimlicht.

    „Zuletzt: Sie versuchen den Eindruck zu erregen, dass der Mist, den Chefredakteur A baut, den Mist rechtfertigt, den Redakteur B oder irgendein freier Mitarbeiter baut.“

    Einspruch, Euer Ehren. Ich habe nur den Verdacht geäußert, dass mit unterschiedlichem Maß gewogen wird. Auch bei der Zeit. Für mich sind bezahlte Vorträge in aller Regel PR-Arbeit.

    Ob Schraven, der sich auf die Unvereinbarkeit von PR und Journalismus beruft, sich ebenso über einen Kollegen echauffiert hätte, dessen politische Haltung mit seiner übereinstimmt?

  83. Als ich vor rund einem Jahr aus einer Festanstellung als Redakteur gekündigt wurde, hat man mir aus Profitgier ungewollt eine schwere Last von den Schultern genommen. Als Suchtmensch hatte ich bis dahin über viele Jahre hinweg keinen Weg gefunden, mich selbst von einem Beruf und seinen Akteuren zu verabschieden, für den ich heute fast nur noch Verachtung empfinde. Wie schön wäre es in dieser Debatte gewesen, wenn sich ausschließlich diejenigen zu Wort gemeldet hätten, die noch nie in ihrem Leben einen Journalistenrabatt genutzt haben. Wenn ich heute das Wort „Journalist“ auch nur höre, verbinde ich damit aus eigener Anschauung sofort Heuchelei, Missgunst, Machtgeilheit und Arroganz. Ethos? Fehlanzeige. Schon lange.

    Wer wollte nochmal Moritz Gathmann warum verurteilen?

  84. @Journalistenlehrer:
    Sie tun aber so, als wäre eine extern bezahlte Beilage in einem namhaften Medium eine Propagandakriegswaffe, bei der schon indirektes Mitwirken journalistisch disqualifiziert. Als ob es keinerlei redaktionelle oder sonstige Einwirkungsmöglichkeiten des Mediums gibt, welches eigentlich produziert. Das ist zumindest unehrlich, nicht „reine Lehre“.

  85. David Schraven, Ressort »Recherche« bei der Funke-Mediengruppe…

    So so! Ist das etwa die Funke-Mediengruppe, die auch eine ganze Reihe schmieriger Regenbogenheftchen herausgibt, deren Inhalt sich eher selten an den Grundsätzen ordentlicher Recherche, dafür aber umso mehr am Grundsatz Spekulation und Dichtung orientiert?

    Wundert mich eigentlich, daß die da auch ein Ressort „Recherche“ haben. Würde der Herr Schraven öfter mal einen Blick in die Erzeugnisse aus dem eigenen Haus werfen, hätte er kaum noch Zeit zum Twittern sondern müßte 25 Stunden pro Tag damit zubringen, die eigenen Leute auf ihre Verfehlungen hinzuweisen. Aber da scheinen seine Vorstellungen von ehrlichem Journalismus eher flexibel zu sein.

  86. @Nobilitatis: Nein, so tu ich nicht. Sie zitieren falsch. Sinngemäß sage ich in der Tat, dass die PR-Beilage umso besser im Sinne des Kunden (Russland) wirkt, desto kritischer und intelligenter der Journalismus darin ist bzw. sein darf. Umso mehr verzerrt diese Art der PR die realistische Sicht auf den Auftraggeber (Russland). Das ist genau der Sinn dieser PR. Daran wirkt auch das Medium mit, dem sie beiliegt: Die „SZ“ trägt hier sozusagen gegen Geld ihren guten Ruf zu Markte. Da dies aber transparent geschieht, bleibt es per definitionem außerhalb der Grauzone.

    Frei in irgendeinem Sinn des Wortes ist diese Art der PR-Berichterstattung jedoch nicht. Konfliktthemen bleiben davon nämlich immer (nicht nur beim Auftraggeber Russland) ausgespart – es herrscht mithin Unfreiheit darin, Themen zu wählen, bei denen kritischer Journalismus zu Ergebnissen führt, die dem Auftraggeber nicht passen. Zwischen Journalismus und PR entsteht für die Akteure in diesem Bereich also ein Interessenkonflikt, für den es zwei Lösungen gibt. 1. Lückenlose Transparenz: „Der Autor arbeitet sonst für ein PR-Medium zum selben Thema.“2. Konsequente Abstinenz, also keine Überschneidung von Themen und Auftraggebern, wenn man in der PR und journalistisch arbeitet. Ein Kompromiss ist nach den derzeit geltenden Regeln (nicht nur denen von „Zeit online“) nicht vorgesehen.

  87. Ich bin erstaunt über die Fähigkeit einzelner Diskutanten hier, eine klare Grenze zwischen „Journalismus“ und „PR“ zu ziehen. Nach meiner Erfahrung gibt es eine solche klare Grenze nicht. Es gibt IMMER Interessengeflechte zwischen Berichter und Berichtsgegenstand, zwischen Beobachter und Beobachtetem, es gibt NIE absolute Objektivität. Jedes Medium kann seine eigene Grenze ziehen, was erlaubt ist und was nicht, und auch jeder Journalist, ob fest angestellt oder frei. Aber es ist jeweils EINE Grenze, nicht DIE Grenze.
    Wer für sich bzw. sein Medium eine klare Grenze ziehen kann, herzlichen Glückwunsch. Und die dringende Empfehlung, nie in existenzielle Krisen zu kommen und sich nie in Gefechte mit hohem Einsatz auf allen Seiten zu begeben. Die sind nämlich Gift für solche Klarheit.

  88. Herr Speck, ich finde ihren Kommentar unter #26 lesenswert, würde jedoch anmerken, dass Herr Gathmann in besagtem FAZ-Artikel „Pussy Riot“ bzw. deren Dunstkreis allerhöchstens mit den Anfängen der RAF bzw. den entsprechenden Personen der ersten RAF-Generation vergleicht – und ja ich halte das für einen Unterschied.

    Ansonsten kommen in dem Artikel zum großen Teil wörtliche Zitate der Mitglieder von „Pussy Riot“ sowie deren „Dunstkreis“ vor – diese sprechen in meinen Augen für sich selbst.

    Aber vielleicht sind sie ja der Meinung, diese Sätze wurden den entsprechenden Personen vom Kreml bzw. Putin höchstselbst in den Mund gelegt.

    Daraus schon einen Interessenskonflikt zu konstruieren, nur weil man hierzulande aufgrund des dt. Qualitätsjournalismus anscheinend ein anderes Bild von „Pussy Riot“ hat, halte ich für ziemlich daneben.

  89. Herr Speck,

    Der Punkt ist, sie als Terroristen zu brandmarken, wie in dem oben verlinkten FAS-Artikel an prominenter Stelle geschehen. Daraus könnte der geneigte Leser, dass eine jahrelange Lagerhaft für das Absingen von Schmähliedern in einer Kirche doch zumindest präventiv gerechtfertigt ist.

    sie scheinen dem gemeinen FAZ-Leser intellektuell wirklich nicht viel zuzutrauen…

  90. Ach und noch etwas: ist es eigentlich ‚Korinthenk…erei‘, von einem „journalistischen Qualitätsmedium“ wie der Zeit bzw. deren handelnden Personen zu verlangen, dass sie wissen, dass man sich nicht selbst „entschuldigen“, sondern nur um Entschuldigung bitten kann?

  91. @97 stefan niggemeier
    „Vielleicht meint er: Keinen noch zweifelhafteren Ruf als die Funke-Gruppe.“
    Diese Grätsche mag zwar stimmen, hat insofern – auch – „den Ball getroffen“, aber war sie angesichts des „Spielverlaufs“ noch nötig?
    Sehr interessante Debatte hier, danke fürs Initiieren und ein Sonderdank von mir als Leser an die engagierte Frau Pörzgen.

  92. Statt über Details zu streiten wie Denunziation (ja, war es) oder die Funktion von Verlagsbeilagen (ja, sind Werbung), sollten wir uns doch mal das Wesentliche am Fall Gathmann anschauen: Er zeigt wie sehr der Journalismus vor den Hund gekommen ist.

    Redaktionen greifen auf Freie zurück, weil sie sich Feste nicht mehr leisten können. Freie werden aber so schlecht bezahlt, dass viele von ihnen nebenher PR-Jobs machen müssen, um überleben zu können. Das kann/muss man bedauern, ist aber auch ein derzeit nicht zu ändernder Zustand.

    Entscheidend ist, wie man mit diesem Zustand umgeht, bei dem die Übergänge zwischen Journalismus und PR ineinander zu fließen drohen. Gathmann war vorbildlich, weil er auf seiner Website „Russland heute“ als Auftraggeber aufführte. Ankreiden lassen muss er sich allerdings, dass er als Journalist über das gleiche Sujet schrieb, für das er auch PR machte. Und an dieser Stelle werden die Grenzen per se sehr fließend – selbst wenn seine Ukraine-Texte journalistisch sauber waren. So etwas ist dann das Einfallstor für Denunzianten.

    Insofern hilft nur, die Sujets, über die man als Journalist berichtet, und die Sujets der PR-Aufträge sauber zu trennen. Anders geht es nicht in Zeiten des Prekariats-Journalismus.

  93. Schraven hätte Wegner auch eine E-Mail schreiben können. Er wusste, was es bedeutet, es über Twitter zu machen. Insofern: doch Denunziant.

  94. Die (einzig) korrekte Antwort von Herrn Wegner an Herrn Schraven per twitter wäre gewesen:
    „Dies ist nicht das geeignete Medium für diese Angelegenheit.“

  95. für mich fängt es schon mit der schmierigen formulierung auf twitter an „[…]dass Moritz Gathmann für Russlands Propagandadienst schafft“. Klar kann man sowas so sagen, muss man aber nicht. Klingt ja fest nach anschaffen.

    Und in der Replik dann: „Ich melde mich in spätestens 2h.“ Was soll das denn?

    Echt widerwärtig.

  96. Ich möchte nochmal meine Frage wiederholen:

    Disqualifiziert sich ein freier Journalist bei der ZEIT, wenn er gleichzeitig für PR-Medien wie den Deutschlandfunk oder die Deutsche Welle schreibt?

  97. Ein schwächerer Niggemeier-Text mit einer noch schwächeren Diskussion. Es wird alles durcheinander geworfen, die schlechte Bezahlung, der schlechte Twitter-Stil, die angebliche Prinzipienreiterei, die Nichtoffenlegung der Prinzipien bis hin zu Grabenkämpfen von kalten Kriegern, und die ersten Kommentatoren rühren noch etwas Kinderbuchreihen und von verurteilten Steuerhinterziehern bei.

    Dafür fehlt es dem Text an einem klaren und nachvollziehbaren Vorwurf. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Kommentatoren, die in diesem Block ja traditionell in die Empörung mit einstimmen, nun die verschiedensten Ansichten durch diesen Blogtext bekräftigt sehen: Freie Mitarbeiter stimmen der Kritik an der niedrigen Vergütung zu, Journalisten sehen ihr Berufsverständnis gegenüber der herzlosen Prinzipienreiterei bestätigt und Putinfreunde sehen sich im Kampf gegen die proamerikanische Haltung der Zeit unterstützt.

  98. @J.S. #85
    Wenn Sie finden, dass die Qualität des Eingreifens von USA und Deutschland auf der einen Seite und Russlands auf der anderen Seite vergleichbar sind, dann sagen Sie mir doch mal wo genau in der Ukraine gerade US-Truppen und Bundeswehr das Land besetzen und ein Referendum über die Abspaltung eines Landesteils … äh … „absichern“?

    Und meine Ablehnung welches Mediums ist Ihnen so sauer aufgestoßen? Radio Free Europe, Zeit, Russia Today oder doch Altermedia?!

    Ich behaupte übrigens, dass kein Medium absolut neutral ist.

    Aber man muss sich ja auch nicht dahingehend verarschen lassen, dass man in der Krim-Krise ausgerechnet auf die direkt der russischen Regierung unterstehenden und schon mehrfach bei Lügen ertappten Propagandamedien vertraut.

    Übrigens ein ganz interessantes Interview der überhaupt nicht neutralen taz mit dem überhaupt nicht neutralen CDU-Politiker Ruprecht Polenz:
    http://www.taz.de/Ruprecht-Polenz-ueber-Russland-Strategie/!134669/

    Zu guter Letzt möchte ich noch anmerken, dass ich es ein ganz unsägliches Argument finde, wenn Sie behaupten, Putin hätte quasi ein Recht auf die Ukraine, und EU und NATO sollten sich gefälligst raushalten, weil Russland sonst von allen Seiten von der NATO umzingelt sei. Mit ähnlichen Argumenten können Sie auch den Einmarsch in Tschechoslowakei 1968 legitimieren, die von der Sowjetunion erzwungene Verhängung des Kriegszustand in Polen 1981 oder die Niederschlagung des Aufstands des 17. Juni.

    Geht ja nicht, dass die Vorherrschaft von Sowjetunion/Russland durch das Aufmucken seiner Vasallenstaaten gefährdet wird.

  99. @lutz: danke für die beurteilung des ganzen. sicherlich auch im namen der anderen kommentatoren. ebenso traditionell wie die empörung ist ja dann auch irgendwann ein kommentar, nutzlos wie der ihrige. schön, dass ich diesen jetzt hinter mir habe.

  100. @Lutz: Es handelt sich um einen Text und eine dazugehörige Debatte, die von der Erkenntnis geprägt sind, dass es zu diesem Fall mehr als nur eine Meinung geben kann – und dass man bei der eigenen Meinungsbildung in der Tat einige Facetten berücksichtigen muss. Mir gefallen solche Diskussionen weitaus besser als die von Ihnen offenbar präferierten „klaren Vorwürfe“ mit den üblichen daran anschließenden Empörungsstürmen.

  101. Ich finde es als Leser das Verhalten von Zeit Online vollkommen nachvollziehbar. Von Journalisten erwarte ich eine gewisse Integrität. Diese ist verletzt, wenn man für ein staatliches Propaganda-Magazin schreibt. Gleiches gilt auch für jeden „Journalisten“ bei Russia Today oder Voice of America. Danach ist man „verbrannt“ und kann nicht mehr als Journalist arbeiten.

  102. @veri: Finden Sie es auch nachvollziehbar, die Beendigung solcher Beschäftigungsverhältnisse in aller Öffentlichkeit zu erörtern?

  103. @Blunt: Ja. Schließlich hat der Journalist sich ja mit der Veröffentlichung seines Textes selbst in die Öffentlichkeit begeben.
    Die Leser haben ein Recht darauf auch im Nachhinein über Verwicklungen des Autors in den Propagandaapparat eines Landes aufgeklärt zu werden, damit sie den Text auch entsprechend einordnen können.

  104. Zu guter Letzt möchte ich noch anmerken, dass ich es ein ganz unsägliches Argument finde, wenn Sie behaupten, Putin hätte quasi ein Recht auf die Ukraine, und EU und NATO sollten sich gefälligst raushalten, weil Russland sonst von allen Seiten von der NATO umzingelt sei.

    Wow, hier werden ja gleich mehrere Ebenen durcheinander geworfen bzw. falsch interpretiert.
    Zunächst geht es (soweit ich es gelesen habe) der überwiegenden Zahl von Kommentatoren hier immer noch um die Krim und nicht um die Ukraine. Mir wäre auch neu, dass Putin jetzt die Ukraine besetzen lässt.
    Unabhängig davon ist es ein schlichtes Faktum, dass – entgegen der wohl Russland (damals noch Gorbatschow) im Rahmen der 2+4 Gespräche gemachten Zusicherung, die NATO nicht über die Oder-Neiße-Grenze auszudehnen – heute NATO-Staaten direkt an Russland angrenzen. Nun kann man sicher die dahinterstehende Doktrin hinterfragen bzw., warum sich Russland davon überhaupt in irgendeiner Weise bedroht sieht; genauso könnte man sich aber mal in die Russen hineinversetzen und überlegen, was man wohl selbst angesichts des ein oder anderen gebrochenen Versprechens über seine „transatlantischen Partner“ denken würde.
    Das bringt mich zum letzten Punkt: Russland hat mit der Ukraine einen uralten Vertrag über die Stationierung von Soldaten auf der Krim. Können die USA gleiches für bspw. Guantanamo vorweisen?

  105. @116:

    Schließlich hat der Journalist sich ja mit der Veröffentlichung seines Textes selbst in die Öffentlichkeit begeben.

    Den Text hat immer noch der Verlag veröffentlicht…
    Diese Unterscheidung mögen Sie als akademisch abtun – da Sie allerdings ausschließlich damit die öffentliche Demontage und Kündigung von Herrn Gathmann per twitter rechtfertigen, kann ich nur den Kopf schütteln…

    Aber wer weiß, vielleicht erleben wir ja noch die Entlassung von Ministern oder Kanzlern durch den Bundespräsidenten via twitter – inkl. ShortCut auf den Volltext der salbungsvollen Entlassungsworte auf der Webseite des BPA…

  106. @veri: Was die nachträgliche Aufklärung der Leser betrifft, stimme ich Ihnen zu. Aber fragwürdig scheint mir doch, wenn über die Zukunft eines Mitarbeiters über Twitter kommuniziert wird. Auch wer sich selbst in die Öffentlichkeit begibt, hat in meinen Augen ein Recht auf diskrete Behandlung von Fragen zu seiner Beschäftigung. Ich zumindest hätte wenig Verständnis dafür, wenn ich von meinem Chef auf Twitter Kommentare über meine weitere Eignung als Mitarbeiter lesen müsste.

  107. Zunächst geht es (soweit ich es gelesen habe) der überwiegenden Zahl von Kommentatoren hier immer noch um die Krim und nicht um die Ukraine. Mir wäre auch neu, dass Putin jetzt die Ukraine besetzen lässt.

    Ist die Krim für Sie schon unabhängig?

    Russland hat mit der Ukraine einen uralten Vertrag über die Stationierung von Soldaten auf der Krim.

    Beinhaltet dieser Vertrag auch, dass russische Soldaten ohne Hoheitszeichen Straßensperren errichten und ukrainische Soldaten am Antritt ihres Dienstes hindern? Noch nicht einmal die staatlichen russischen Agenturen geben sich mehr große Mühe so zu tun, als wären die „Selbstverteidigungskräfte“ nicht russische Soldaten.

  108. @Stefan Niggemeier #121
    Ja, tschuldigung. Hab es immerhin geschafft mir 3,5h die Antwort auf J.S. zu verkneifen.

  109. @Marius Ramberg: Grundsätzlich ist das der richtige Weg, und er wird ja von Corporate Publishern, Content Agenturen usw. auch beschritten – aus beidseitigem Interesse. Für Auslandskorrespondenten aber ist er nicht gangbar, weil das Sujet eines Korrespondenten einfach zu weit ist. Moritz Gathmann hat – soweit ich das verfolgt habe – keine politischen Themen für „Russland heute“ bearbeitet, aber „Russland“ als Sujet ist natürlich ein sehr, sehr weites.
    Im übrigen warne ich davor, einen Unterschied zu machen zwischen bezahlten Staatsmedien und solchen von Unternehmen. Es gibt gute CP-Medien, die sehr journalistisch auftreten, und schlechte, die Propaganda machen. Weder das eine noch das andere ist verwerflich, böse und schlecht, wie manch einer das hier darstellt, sondern eine Form von Kommunikation, die sich vom Journalismus halt unterscheidet.

  110. Wenn wirtschaftlich erfolgreiche Qualitätsmedien, gute Arbeit auch gut bezahlen würden, dann gebe es diese ganze Diskussion möglicherweise gar nicht.
    Die Prinzipien höhren halt wohl da auf, wo die eigene Geldbörse anfängt.

    Wer hohe (unveröffentlichte) Anforderungem an seine freien Mitarbeiter hat, der muß auch dafür sorge tragen das es realistisch ist diesen Gerecht zu werden. Von ZO Artikeln alleine dürfte auch nicht der beste/produktivste freie Journalist leben können. Intressenkonflikte sind da vorprogramiert.

    Wenn so „Prinzipien“ für guten Journalismus aussehen…..

    MfG

  111. Mannomann, hier tobt ja echt der Kalte Krieg. :-(
    @108 Lutz:
    Wenn das hier ein schwächerer Text und eine ebensolche Diskussion wäre, hätte ich nicht bis zu Ihrem Kommentar gelesen.
    Es geht im Kern darum – und deshalb bin ich Stefan N. dankbar für den Beitrag – dass Verlage ein wirtschaftliches/unternehmerisches Risiko, das sie früher ganz selbstverständlich selbst getragen haben, den Freien aufbürden, ohne dafür als Kunde einen angemessenen Risikozuschlag zu bezahlen. An die Adresse von Jochen Wegner und Christoph Drösser: Ihr solltet Euch nicht hier lieber nicht äußern wie Pressesprecher (also PR-Leute) Eures Arbeitgebers. Die Bezahlung solcher Autoren ist indiskutabel, Punkt. So treibt Ihr die Leute den PR-Auftraggebern in die Arme.
    Wie verlogen jegliche Schwadronage à la „Journalisten machen keine PR“ ist, erkennt man unschwer am Kleingedruckten des typischen Full-Buyout-Autorenvertrags, wie er bei den meisten Großverlagen inzwischen Usus ist. Die darin verlangten Rechteabtretungen sind meist so umfassend, dass die Texte sowohl Dritten überlassen als auch zu Werbezwecken genutzt werden dürfen. Der Freie darf die PR lediglich nicht auf eigene Rechnung machen – weil der Verlag das Geschäft gerne selbst machen möchte. So viel zu Ethik und Glaubwürdigkeit. (Zum Glück gibt es Ausnahmen.)
    Für Von-hinten-Leser: unbedingt zu Gemma Pörzgen, Detlef Gürtler, Tom Levine und Hardy Prothmann scrollen! (Und natürlich die Zwischenrufe von Niggemeier und Wegner lesen.)

  112. […] Kurzer Prozess: “Zeit Online” und der geschasste 150-Euro-Reporter (Stefan Niggemeier) – Ein Tweet von David Schraven (WAZ-Recherche) führt dazu, dass sich ZEIT Online von einem freien Mitarbeiter trennt (siehe auch: Ein-Mann-"Brüllkommando" in der Zwitschermaschine). […]

  113. Sehr geehrter Herr Wegner,

    ich wende mich an Sie mit einer eiligen Bitte: Uns von Zeit Online ist kürzlich unser Russlandkorrespondent abhanden gekommen. Wären Sie bereit, einzuspringen?

    Ich schildere Ihnen kurz den Rahmen der Tätigkeit:

    1. Sie berichten journalistisch auf höchstem Niveau für unsere Internetseiten.

    2. Sie erhalten dafür 150,00 Euro pro Beitrag.

    3. Wenn uns irgend etwas ,was Sie tun, nicht gefällt, lassen wir Sie fallen.

    4. Ach, was schreibe ich: Wir stellen Sie außerdem öffentlich bloß.

    5. Da wir Ihren Vorgänger verloren haben, weil wir ihm erst erzählt haben, was uns gefällt und was nicht, nachdem er etwas getan hat, was uns nicht gefällt, schreiben wir Ihnen nun, was uns nicht gefällt:

    5.1 Wenn Sie von einem Thema keine Ahnung haben, gefällt uns das nicht.

    5.2 Wenn Sie von einem Thema mehr Ahnung haben als wir, gefällt uns das nicht.

    5.3 Wenn Sie für andere Auftraggeber über ähnliche Themen schreiben, gefällt uns das nicht.

    5.4 Wenn Sie Ihr Honorar pünktlich wollen, gefällt uns das nicht.

    5.5 Wenn Sie Spesen erstattet haben wollen, gefällt uns das nicht.

    5.6 Wenn Sie etwas schreiben, was uns nicht passt, gefällt uns das nicht.

    5.7 Wenn Sie wissen wollen, was uns nicht passt, gefällt uns das nicht.

    5.8. Wenn Sie wollen, dass wir Ihre Artikel redigieren, damit da immer drinsteht, was uns passt, gefällt uns das auch nicht.

    5.9 Wenn Sie glauben, unsere Zeitung hätte eine Tendenz, gefällt uns das nicht.

    5.10 Ach was, wenn Sie auch nur eines Tages nach dem Aufstehen kurz überlegen, ob unsere Zeitung eine Tendenz haben könnte und nicht so unabhängig ist wie Robinson Crusoe auf seiner Insel, gefällt uns das nicht nur nicht, sondern Sie werden am nächsten morgen mit einem abgetrennten Pferdekopf in Ihrem Bett aufwachen.

    5.11 Wenn Sie öffentlich sagen, dass Sie mit den Arbeitsbedingungen ein Problem haben, gefällt uns das nicht.

    Das sind unsere Redaktionsstandards, an die sich alle freien Mitarbeiter halten müssen. Nun zu den Details ihres Auftrages:

    6. Sie berichten über das ganze Theater da in der Ukraine.

    Na, sind Sie dabei? Ach so, bevor ich’s vergesse: Vorausetzung für all das ist natürlich, dass Sie zehn Jahre lang für einen Hungerlohn gearbeitet haben und dann für einen Hungerlohn oder auf eigene Kosten eine journalistische Ausbildung gemacht haben und dann jahrelange Erfahrung als Korrespondent haben. Studiert sollten Sie auf noch sein und mindestens drei Sprachen fließend sprechen. Wie, kein Doktortitel oder Adelstitel? Schade. Aber man kann eben nicht alles haben. Wenigstens Mitglied in der FDP? Dann schicken Sie doch bitte das Parteibuch vorbei.

    In Erwarung ihrer positiven Antwort heiße ich Sie herzlich willkommen im Kreis der freien Autoren von Zeit Online – Deutschlands unabhängigem Dienstleister für Qualitätsjournalismus.

    Mit freundlichen Grüßen

    Der Typ von Zeit Online

    PS: Es könnte sein, dass unser Chef ab und zu Teile Ihrer Artikel unter seinem Namen veröffentlicht oder wir ein Thema ablehnen und der Chef es dann schreibt. Das gilt bei uns als große Ehre und der Chef erwartet dafür eine Flasche besten russischen Wodkas als Dankeschön.

    PPS: Besser sind zwei Flaschen!

    PPPS: Was unser Arbeitsverhältnis betrifft ist in der Ukraine gar kein Theater. Was das betrifft, ist die Ukraine eine kleine Mittelmeerinsel, auf der das Wort Theater nie erfunden wurde. Deshalb gibt’s auch keinen Urlaub.

    PPPPS: Diese Nachricht wurde so nie geschrieben. Wenn Sie sie veröffentlichen, werde ich leugnen, jemals in meinem Leben Zugang zu einem Internetanschluss gehabt zu haben.

    PPPPPS: Mailen Sie Ihre Texte einfach an unsere Praktikantin, die mit den großen Hupen, die macht das dann schon!

  114. @Ulf J. Froitzheim

    „Es geht im Kern darum – und deshalb bin ich Stefan N. dankbar für den Beitrag – dass Verlage ein wirtschaftliches/unternehmerisches Risiko, das sie früher ganz selbstverständlich selbst getragen haben, den Freien aufbürden, ohne dafür als Kunde einen angemessenen Risikozuschlag zu bezahlen.“

    Sie mögen damit Recht haben. Aber wo behandelt der Artikel – ob im Kern oder nicht – das wirtschaftlich/unternehmerisches Risiko der Verlage und die (Nicht-)Zahlung eines angemessenen Risikozuschlags?

    Sie scheinen meine Vermutung, wonach der Text so vage und ungenau gehalten ist, so dass fast jeder Kommentator hier etwas anderes dareinliest, ja ungewollt zu bestätigen.

  115. Das geradezu erschütternd schlichte Weltbild einiger ist geradezu – nunja – erschütternd.
    1. Regel: „Wir sind die Guten“.
    2. Regel: siehe oben.
    Der gleiche Umstand – in fremde Länder einmarschieren, als Journalist von Staatsknete leben – ist unterschiedlich zu bewerten, abhängig davon, ob man zu den Guten™ oder zu den Bösen gehört.
    Es ist etwa so, als ob ein katholischer Priester, welcher bei duweißtschonwas erwischt wird, sagt: Wenn ich kleinen Jungs in die Hose greife, ist das etwas anderes, besseres, denn ich hab ja die tollen christlichen Werte, im Unterschied zu so einem linken Alt-Achtundsechziger ohne Moral und Werte.

    Und dann die Verschwörungstheorien: Klar, wer nicht Elmar Brok zustimmt, muss, also MUSS, ein Kreml-Propagandist sein. Beweise? Pah, der sagt was anderes als wir, die Guten™, das ist doch Beweis genug!
    (Nebenbei, was wäre, wenn ich behaupten würde, Foristen würden von CIA oder Mossad bezahlt?)

    Die tolle Meinungsfreiheit im Westen bedeutet doch nicht, das man auch eine nicht-Elmar Brok-Meinung besitzen darf. Man darf sich natürlich eine Meinung bilden – aber es muss die richtige sein.

    Und zum Thema Online-Propagandakrieg: Ich hab da komischerweise eine ganz andere Wahrnehmung: Ich sehe, gerade bei der Zeit, aber auch bei SPON, jede Menge neuer Kommentatoren, erst seit kurzem angemeldet, mit Kommentaren zu nur einem Thema: böser Putin. Hoch auf dem moralischen Roß der eigenen Selbstgerechtigkeit reitend, sind sie vor allem damit beschäftigt, andere Kommentatoren in scharfer Form zurechtzuweisen, wenn diese aus der Reihe tanzen, gerne mit persönlichen Angriffen („Jürgen Krol“) und Unterstellungen, wie Blockwarte. Nach dem Prinzip „Angriff ist die beste Verteidigung“ sind es meist diese, die von bezahlter Propaganda schreiben.

    Am schönsten sind aber immer noch die Versuche, neue Propagandaslogans unters Volk zu bringen. Erstaunlich übereinstimmend liest man überall von „Putinismus“ resp. „Putinisten“, und neuerdings bei faz.de sogar von „Putler“. Geht es noch alberner?

  116. Soso, Niggemeier zensiert aber sehr streng. Das widerspricht seinem Anspruch.

    Schade, ein Leser weniger.

  117. @Lutz: Wer in der Branche tätig ist, versteht das. Schade, wenn Sie es nicht erkennen.
    @129: Nicht alles, was jemand übertreibt, ist auch Satire. Das ist einfach nur daneben.
    @ 132: Würde er streng zensieren, stünde das Geschwafel von 129 nicht hier.

  118. @ „Headhunter der Zeit“

    Ich fand’s gut. Nicht nur, dass es recht treffend war, Sie haben auch das „Zeit“-typische Geschwafel ganz gut imitiert. Damit es wirklich „Zeit“-gemäße Dimensionen erreicht, hätten sie die Inhalte noch auf die Hälfte kürzen und die Textlänge verdreifachen müssen.

    „5.1 Wenn Sie von einem Thema keine Ahnung haben, gefällt uns das nicht.“

    Keine Ahnung von irgendetwas zu haben ist doch eigentlich Grundvoraussetzung, um es bei der „Zeit“ zu etwas zu bringen (Chefredakteur, Herausgeber)?

    @ Statistiker:

    „Schade, ein Leser weniger.“

    Sie haben da beim Kommentieren irgendwie die Internetseiten verwechselt.

  119. Ich finde, die Zeit hat absolut das Recht, sich von einem Politikkorrespondenten zu trennen, der sich von einem russischen Staatsorgan bezahlen lässt (ließ). Aber mit zweierlei Maß zu messen, geht natürlich auch nicht: Die unendlichen Verwebungen von PR und Journalismus innerhalb der ZEIT müssten nun, wenn es eine gerechte Welt wäre, ebenso auf den Tisch. Nach dieser Aktion dürfte es in der ZEIT keine Vermischung von Journalismus und PR mehr geben. Alles andere wäre Bigotterie.

  120. […] Kurzer Prozess: »Zeit Online« und der geschasste 150-Euro-Reporter Unter den Artikeln, die der freie Journalist Moritz Gathmann für »Zeit Online« über die Ukraine geschrieben hat, steht seit kurzem folgender Hinweis: Offenlegung: Der Autor arbeitet für die vom russischen Staat mitfinanzierte Zeitungsbeilage Russland heute. Dies entspricht nicht unseren Grundsätzen. Wir entschuldigen uns dafür. Testfrage: Wofür genau entschuldigt sich »Zeit Online«? David Schraven leitet das Ressort »Recherche« bei der Funke-Mediengruppe (»WAZ«), er sitzt im Vorstand von »Netzwerk Recherche« und er hat, was womöglich nicht ganz unwesentlich ist, eine andere Meinung zu den Vorgängen in der Ukraine als Gathmann. »Eher voreingenommen und gefärbt«, nennt er dessen Artikel. Er fand einen Weg, sehr schnell etwas dagegen zu tun. Quelle: Stefan Niggemeiner […]

  121. einige dieser ganz schlauen leute hier sollten sich mal überlegen, weshalb menschen zeitungen kaufen bzw. artikel darin lesen.

  122. @DaW 135: Jochen Wegner Ahnungslosigkeit zu unterstellen, ist dummes Zeug. Dafür kenne ich ihn lange genug. Ihn, der selbst einmal Freiberufler war, für eine gewisse Déformation professionelle zu kritisieren, weil er wohl etwas zu laut das Lied seines Brötchengebers singt und zu wenig Verständnis für die Nöte seiner Honorarempfänger zeigt, geht in Ordnung.Den Schuh muss er sich anziehen. Aber er ist nicht blöd, kein Freund des Zeilenschindens, kein schlechter Journalist. Vor allem ist er nicht verantwortlich für das, was manchen hier an der Zeit-Printausgabe stört. Pauschales Zeit-Bashing ist schlichtweg überflüssig. Der „Headhunter“-Kommentar war einfach nur mies, weil sein Verfasser einfach alle seine (Vor-)urteile gegenüber der Zeit an Wegner abreagiert hat.Die schiere Länge als Persiflage auf das Blatt zu deuten, ist sehr wohlwollend.

  123. @ Ulf J. Froitzheim:

    Ich hatte mit „Chefredakteur“ Giovanni DiLorenzo gemeint und demzufolge wohl nicht genug zwischen Print und Online unterschieden. Ebenso wie ich bei meiner „Zeit“-Schelte vor allem die Printausgabe im Kopf hatte. Ehrlich gesagt hält aber gerade die (gemeinsam mit den bei tagesspiegel.de zweitverwerteten Artikeln) mich auch davon ab, mir das Onlineangebot regelmäßig zu gemüte zu führen.

  124. @ DaW #78
    Zu:»In den Nachrichten hörte ich völlig überraschend: Putin hat bei Sanktionen mit Gegenmaßnahmen gedroht.«

    Sie stimmen mir freundlicher Weise zu und finden sogar Erklärungen:
    „In der Tat eine völlig unzulässige Verkürzung der Argumentation. Ich würde aber dennoch nicht davon ausgehen, dass diese Formulierung »von oben« kam, sondern dass es als als Verknappung gedacht war, sich aber die Bedeutung gewandelt hat. Auch das kommt ja im journalistischen Alltagsgeschäft durchaus mal vor.“

    Ich wäre tatsächlich nicht darauf gekommen, dass diese Formulierung evtl. »von oben« kam.

    Eine weitere, naheliegende Vermutung, wie es zu solchen Aussagen kommen kann, habe ich allerdings auch:

    Da wäre einmal die von einigen Redakteuren „nach Gefühl“ angewandte „Pointierung“ und häufiger noch, die oftmals fehlinterpretierte Lehre einer sogenannten „journalistisch notwendigen Polarisierung“.

  125. @Ulf J. Froitzheim (#134):

    Schade ist allerhöchstens, dass man in „der Branche“ tätig sein muss, um den (angeblichen) Kern zu erfassen. Wer in der Branche tätig ist, sollte doch mehr als andere Wert auf eine allgemeine Verständlichkeit legen.

    Und nein, die im Artikel angedeutete schlechte Bezahlung des Journalisten enthält noch keine Ausführungen zum unternehmerischen Risiko und einem entsprechenden Zuschlag. Nur das zu verstehen, was man verstehen will, ist eine gefährliche Eigenschaft, besonders für die Tätigkeit in der Branche.

  126. @Jochen Wegner
    Wenn sie ihren Mitarbeitern bezahlen würden, was sie verdienen und nicht was gerade so zum überleben reicht, dann würden sich solche Probleme gar nicht stellen. Dann wären viele Kollegen gar nicht gezwungen PR-Artikel (außerhalb der „seriösen“ Medien) zu schreiben, um sich den Journalismus leisten zu können. Aber beim Geld hört sich die Ethik natürlich auf – auch bei der Zeit.

  127. Zu 136: Was sind denn die „unendlichen Verwebungen von PR und Journalismus innerhalb der ZEIT“??

  128. Was bin ich froh, dass ich nicht in den Bereichen Journalismus, PR, oder Werbung arbeite. Ich hatte früher einmal Ambitionen, in einem der oben genannten Bereiche zu arbeiten. Nun habe ich mein Studium abgebrochen und mache jetzt eine Ausbildung in einer staatlichen Behörde. Wenn ich sehe, wie sich ehemalige Studienkollegen von mir trotz bester Referenzen durch Praktika und ähnlicher Anstrengungen nach dem Studium durchs (Berufs-) Leben schlagen müssen, dann ist meine damalige Entscheidung nicht mehr schmerzlich, im Gegenteil.

    Dass die Zusammenarbeit mit einem (wennauch freien) Mitarbeiter aufgrund eines Postings auf Twitter beendet wird, halte ich für menschenverachtend.

  129. Schraven war ebenfalls vor einigen Jahren für die „Zeit“ tätig .

    Wahrscheinlich deshalb funtionietren die „informellen Kanäle“ so gut …

    Wenn Schraven gar nicht merkt, dass er wie die von ihm kritisierte Zensur in Russland agiert, ist das schon ein bedenkliches Zeichen.

    btw – mich bewegt die Frage, wie aus „der Russe“ (der, der immer brav vor der Türe stand) inzwischen „die Russen“ geworden sind …

  130. @kleitos #148

    btw — mich bewegt die Frage, wie aus »der Russe« (der, der immer brav vor der Türe stand) inzwischen »die Russen« geworden sind …

    Habe gerade auf der Seite nach „die Russen“ gesucht. Außer der Erwähnung durch Sie finde ich noch Andreas Spengler mit:

    […] genauso könnte man sich aber mal in die Russen hineinversetzen und überlegen, was man wohl selbst angesichts des ein oder anderen gebrochenen Versprechens über seine »transatlantischen Partner« denken würde.

    Was ist jetzt Ihr Problem? Also warum bewegt Sie die Frage, die Sie bewegt und warum bewegt sie Sie ausgerechnet hier im Kontext dieser Diskussion?!

  131. @kleitos: Falsch spekuliert. Jochen Wegner ist noch gar nicht so lange bei der Zeit (und immer nur online, war nie Mitglied der Print-Redaktion). Aber er war in den 90ern der Initiator des Jonet, einer Mailingliste für Journalisten, und ist deshalb der wahrscheinlich bestvernetzte deutsche Journalist.

  132. A propos „Iwan ad portas“: In diesem Zusammenhang kam gerade die Meldung herein, die Süddeutsche habe Ihren Werbekunden „Russland heute“bis auf weiteres vor die Tür gesetzt. Wie es sich liest, hat die Chefredaktion der Verlagsleitung klargemacht, dass Putins Geld stinkt.

  133. „Aber solche und ähnliche Konflikte werden in Zukunft häufiger auftreten, nämlich zunehmend mit der abnehmenden Bereitschaft oder Fähigkeit unabhängiger Medien, Journalismus ordentlich zu bezahlen.“

    Ich stimme Herrn Niggemeier bei seiner Kritik am Vorgehen von ZEIT Online zu. Ein sinnvoller – wenn auch sehr moralisierender – ethischer Kodex darf nicht zum „Aburteilen“ und – im vorauseilenden Gehorsam einer sich womöglich empörenden Öffentlichkeit – zur Kündigen von bislang geschätzen Mitarbeitern führen.

    Dieser Vorgang zeigt einmal mehr, dass die Debatte über Ethik und Bezahlung (besonders von Freien) im Journalismus aller Branchen geführt werden muss. S. hierzu auch die folgenden Kampagne auf vocer.org. über die Zustände im Fernsehen.

    http://www.vocer.org/journalisten-unter-druck/

    Gerade die öffentlich-rechtlichen sollten da Vorreiter sein:

    http://www.stefan-niggemeier.de/blog/gegen-einen-notgroschen-fuer-besseres-oeffentlich-rechtliches-fernsehen/

  134. Pfui, ein Nestbeschmutzer! Da empört sich natürlich der nationale Linksalternative. Aber was hat das jetzt nochmal mit dem Thema zu tun?

  135. @ Jochen Scholz:

    Danke für den Link (wobei Sie sich die pathetische Einleitung hätten sparen können, „sein Land verunglimpfen“ ist wohl doch etwas hoch gegriffen). Diese ständige Kriegspropaganda, die sich neuerdings ausbreitet, ist besorgniserregend. Ich bin Westerwelle jedenfalls sehr dankbar, dass Deutschland sich nicht in Libyen „engagiert“ (hat). Oder in Mali. Wenn Bittner & Co das nicht passt, können sie sich ja gern bei der französischen Armee melden. Aber so weit, das eigene Leben zu riskieren, gehen sie dann wohl doch nicht. Da ist Schaumschlägerei (immerhin die Kernkompetenz der „Zeit“) um eine angebliche Verantwortung doch viel bequemer.

    Aber jetzt schweifen wir wirklich ab.

  136. Sehr geehrter Herr Drösser,

    sicherlich kann man des Kollegen Beitrag in der NYT verniedlichen. Ob dies angemessen ist, mögen die hier Diskutierenden jeweils für sich entscheiden. Ich bin jedenfalls nicht bereit, journalistische Vasallen- (das Copyright hat Brzezinski inne: „The Grand Chessboard“) Dienste einfach hinzunehmen. Schon gar nicht vor diesem Hintergrund:

    <>

    http://www.fpri.org/articles/2001/11/next-stop-iraq

    Der „Prince of Darkness“ in Hochform und der „Terrorismus“ als eierlegende Wollmilchsau, mal Tarnkappe, mal bekämpft, mal gepäppelt.
    Wie es um die einstige weitgehende Interessenidentität zwischen EU und USA bestellt ist, zeigen Victoria Nulands Komplimente an die Adresse der EU und die zwölf Stunden zwischen dem von den Außenministern des Weimarer Dreiecks vermittelten Abkommen und dem Putsch in Kiew.

  137. Ich habe nie verstanden, was die Leute nur immer an der ZEIT finden. Diesem ungenießbaren Mix aus Agenda-Setting und intellektuell aufgehübschten Banalitäten. Da gibt es nun wirklich besseres. Aber das hier beschriebene gewährt einen hübschen kleinen Einblick, wie es bei uns denn so läuft mit der freien patriotischen Presse. Erst recht, wenn die eigenen Narrative zunehmend Risse bekommen und für jeden erkennbar in seltsamen Gegensatz zur Realität stehen. Aber so ist das eben: Wenn die Fahne weht, steckt der Verstand in der Trompete.

  138. Auf Telepolis erschien gestern ein Beitrag über die widersprüchliche Anwendung des Ethik-Kodex‘ bei der Zeit:
    http://www.heise.de/tp/artikel/41/41289/1.html

    Dem Bericht nach werden mögliche Interessenskonflikte von Autoren nicht angegeben, wenn deren Beitrag zunächst in der Print-Ausgabe erscheint. Auch wenn der Beitrag anschließend auf Zeit online wieder gegeben wird, wird dies nicht kenntlich gemacht.
    Diese irrationale (informelle?) Regelung wird am Fall des Zeit-Autors Jochen Bittners und dessen Mitarbeit am Strategiepapier „Neue Macht – neue Verantwortung“ exemplifiziert.

  139. Der Zeit-Mitherausgeber Josef Joffe ist in folgenden pro-amerikanischen außen- und sicherheitspolitischen Eliten-Organisationen eingebunden, z. T. in gehobener Position (nach Uwe Krüger, Meinungsmacht, S. 119-122):
    American Academy in Berlin
    American Council on Germany
    American Institute for Contemporary German Studies
    Aspen Institute Deutschland
    Atlantik-Brücke
    Bilderberg
    Europe’s World
    Goldman Sachs Foundation
    Hypovereinsbank
    International Institute for Strategic Studies
    „Internationale Politik“
    Münchner Sicherheitskonferenz
    „The American Interest“
    Trilaterale Kommission.
    Hier geht es also um jemanden, der extrem mit ganz bestimmten Interessen vernetzt ist – dessen Artikel diese Interessen bedienen und die dauernd gegen den angeblichen Verhaltenskodex der „Zeit“ verstoßen – ohne dass die „Zeit“ ihre Beziehung mit Herrn Joffe beendet oder auch nur seine Artikel mit dem Hinweis auf diese Verbindungen kennzeichnet.
    Geben Sie doch mal „Josef Joffe“ und „Kriegstreiber“ in Google ein, um nur über die schlimmsten Auswüchse Joffe’scher Schreiberei zu lesen. Das soll weniger schlimm sein als ein Angehöriger des journalistischen Proletariats, der (für ein wahrscheinlich ebenso kümmerliches Geld wie für die „Zeit“) in einem von Rußland finanzierten Blatt einige Artikel über eher randständige Themen geschrieben hat?
    Wieviel an Heuchelei gesteht sich die „Zeit“ hier selber zu? Josef Joffe’s Artikel ohne Hinweis auf die Vernetzung mit den genannten Organisationen bedeutet doch, die eigenen Leser gezielt hinter’s Licht zu führen und für dumm verkaufen zu wollen, ihnen interessengeleitete Meinungsmache als Journalismus zu verkaufen.

  140. @Herr Wegner:

    Wer A sagt….
    Kann ich davon ausgehen, dass konsequenterweise unter Herrn Joffe’s Meinungsbeiträgen in der ZO künftig folgendes Warnlabel zu lesen ist?

    „Herr Joffe ist abhängig Beschäftigter des Hoover Institut an der Universität Stanford. Dieses finanziert sich durch Zuwendungen von amerikanischen Investmentbanken und Großkonzernen wie JP Morgan, General Motors, oder Exxon.
    Das Institutskollegium propagiert eine aggressive US-amerikanischen Aussenpolitik und war in der Vergangenheit treibende ideologische Kraft hinter den Militäraktionen in Lateinamerika und dem mittleren Osten.
    2007 kündigte das Hoover Institut an, den Kriegsverbrecher und Folterer Donald Rumsfeld als Mitarbeiter anzustellen.
    Dies entspricht (optional: „nicht“ einfügen) unseren Grundsätzen.
    Dafür entschuldigen wir uns (optional: „nicht“ einfügen).“

  141. Herr Gathmann (ungläubig):
    „Gegen WELCHE Standards habe ich denn verstoßen? Von solchen Richtlinien der ZO höre ich zum ersten Mal. Auch den Kollegen sind diese nicht bekannt!“

    Herr Wegner:
    Aber lieber Herr Gathmann, streiten Sie doch nicht weiter das Unbestreitbare ab! (Öffnet mit triumphierender Geste das Geheimfach seines Biedermeier-Sekretärs)
    Hier, lesen Sie, es steht doch schwarz auf weiß auf dem Einband: „Ethische Richtlinien der ZEIT Online Redaktion“!

  142. Beim neuen Regionalteil schaut man allerdings wohl online nicht allzu genau hin. Hier werden die Blogger vorgestellt, die über Hamburg berichten werden:

    http://blog.zeit.de/hamburg/die-neue-hamburg-site/

    Dort heißt es:

    „Die Hamburger Experten Daniela Hinrichs und Jörg Heikhaus berichten über Kunst und Galerien“ –

    Erstere betreibt mit Dear Photography ein Online-Auktionshaus für Fotografie, letzterer ist Eigentümer der Galerie Helium Cowboys. Interessenskonflikte scheinen hier plötzlich keine Rolle mehr zu spielen.

  143. Der inzwischen 90-jährige Weltkriegsteilnehmer Wilhelm Weier hatte sich 2010 auf den Weg nach Rußland gemacht, um die Gräber von Kameraden zu finden und der Kriegsgräberfürsorge zu übergeben. Vom Volksbund angeblich beauftragt, gesellte sich ihm in Moskau ein angeblicher Dolmetscher, der ihn angeblich nur bei seinem Vorhaben betreuen sollte. Dieser Mensch schrieb dann, ohne sich zuvor geoutet zu haben – so berichtet Weier – einen üblen Artikel über den Greis, der schließlich auch in der Lokalzeitung ders Herrn Weier erschien und für ihn in seinem dörflichen Umfeld eine Katastrophe bedeutete.
    Weil russische Zeugen bestätigen konnten, dass mit dem Verfasser Moritz Gathmann offenbar die Fantasie durchgegangen war, mußte selbst Fritz Kirchmeier, Pressechef des Volksbundes, einräumen, der Herr Gathmann habe einen „launigen Artikel“ geschrieben, der „schief gegangen“ sei und sein Opfer in „ein dubioses Licht“ gerückt habe. „Und offensichtlich hat er in einigen Details wohl dichterische Freiheit für sich in Anspruch genommen.“
    Weier hat verzweifelt versucht, u. a. über den Bundespräsidenten als Schirmherrn des Volksbundes, über den Presserat und den Volksbund zu einer wirksamen Berichtigung und Rehabilitierung zu kommen. Inzwischen hat er seinen Wohnort gewechselt, um ohne den angehängten schlechten Ruf seine letzten Tage zu verbringen.
    Vor diesem Hintergrund sollte man einmal den Beitrag von Gathmann über Weier im Internet nachlesen und anschließend über seinen aktuellen Schicksalsschlag keine weiteren Krokodilstränen vergießen.
    J. Lübeck

  144. Guten morgen,

    man sollte sich auch mal mit deren Zensur von Lesermeinungen
    im Online-Auftritt befassen.

    Reine Willkür, – und eines angeblichen demokratischen Wochenblattes nicht würdig.

    Beste Grüsse Kornelius

  145. Sehr geehrter Herr Ulrich Speck!

    Bei Ihnen scheint die Zeit stehen geblieben zu sein.
    Haben Sie schon mal was von der NSA gehört?

    MfG Kornelius

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