Kurz verlinkt (26)

Anfangs verstand ich nicht, weshalb er gerade das Ostkreuz so liebte, denn es war alles andere als ein schöner, beschaulicher Ort. Es war ein staubgrauer, zugiger Bahnhof, von Tauben und Menschen bevölkert, die scheinbar sinnlos in der Gegend herum liefen. Überhaupt sah der S-Bahnhof Ostkreuz so aus, als sei er ohne Sinn und Verstand gebaut. Ein Gleis, das auf hohen Stelzen im schiefen Winkel quer über die Anlage führte, war nur von einer Seite zu erreichen, weil es auf der anderen einfach keinen Bahnsteig gab. Und die Züge Richtung Zoo fuhren mal an diesem, mal an einem anderen Bahnsteig, so dass man immer am falschen Bahnsteig stand und seine Bahn davon fahren sah. Otto Kuhl liebte diesen Bahnhof – all dieser Nachteile zum Trotz.

Im „Freitag“ steht eine berührende, besondere Geschichte über den Bahnhof Ostkreuz, in dessen Nähe ich wohne und der gerade in einem gewaltigen Akt umgebaut wird. Die Magie dieses Ortes, die der Artikel beschreibt, kann man auf vielen wunderbaren Bildern im unangemessen nüchtern benannten „Ostkreuz Guide“ nachempfinden.

[via Stralau-Blog]

19 Replies to “Kurz verlinkt (26)”

  1. Man muss schon ein vom Ostkreuz geprägter Berliner sein um seine Liebe darin Ausdruck zu verleihen und mit dem Umbau wohl etwas davon verlohren gehen wird, so wie man sich als Besucher aus dem fernen Süden, oft darin verloren fühlte, weil man als Fremder nie so richtig die versteckte Logik im Aufbau des Ostkreuzes verstand.

  2. Ich komme ja aus der Provinz: Vor 20 Jahren war ich das erste mal in Berlin. Seither (alb)träume ich ab und an vom Ostkreuz.
    Ja … war – und ist wohl immernoch – ein sehr beeindruckendes Stück urbane Architektur.

  3. Wieder ein wunderbares Stück Geschichte weniger in Berlin. Schade, für mich war das Ostkreuz ein wundervoller Ort der Erinnerung. Thx Stefan.

  4. Ich dachte immer, das sei ein provisorischer Bahnhof. Notdürftig zusammengenagelte Brückenkonstruktionen mit windschiefen Barackenimitaten, nicht am Geländer wackeln! Als er sich nach einigen Jahren immer noch nicht verändert hatte, dachte ich mir nur: die spinnen die Berliner. Jetzt, da ich weiß, dass das alles irgendwie Sinn hatte, bin ich etwas traurig, dass ich ihn wohl nie verstehen werde.

  5. Nostalgie ist schön, es sollte aber nicht in ein Festhalten am Alten, nicht mehr Funktionierenden und Baufälligen übergehen. Leute, die sich daran klammern und notwendige Modernisierungen verhindern wollen, kenne ich zur Genüge.

  6. Ostkreuz ist und war der einzige Bahnhof, wo ich es geschafft habe, in die richtige Bahn nur leider in die falsche Richtung zu steigen. Als Berliner.

  7. Mit Sicherheit einer der absolut schlimmsten Bahnhöfe dieser Stadt, wenn nicht der Nation, unpraktisch, hässlich, überfüllt, unübersichtlich und mit Fahrttrichtungsanzeigern aus DDR-Beständen, aber in Berlin wird ja wohl alles was irgendwie alt ist sofort als nostalgisch und erhaltenswert verklärt, normalerweise kann man hier nichtmal nen Klohäuschen abreissen ohne gleich ne Bürgerinitiative am Hals zu haben, Ich sag nur Gaslaternen….

  8. Auch ich wohne im Süd-Fhain und mir gefiel der morbide Charme immer. Gerade wenn ich aus einem anderen Teil Deutschlands am Ostbahnhof ankam und dann mit der S-Bahn am Ostkreuz war – da fühlte ich mich einfach zuhause, trotz oder wegen des Verfalls! Nun gut. Zeiten und Plätze ändern sich. Danke für die Links, so lebt das alte Ostkreuz wenigstens in den Fotos weiter, selbst wenn es zum nächsten scheußlichen Glas- und Betonpalast umgebaut ist…

  9. Sowas! Hab kurzzeitig in der Sonntagstraße gewohnt, und fand das Ostkreuz damals immer sehr abstoßend. War damals froh, als ich wieder in Kreuzberg war. Dank des Ostkreuz-Guides und des Textes sehe ich den Bahnhof mal aus einem anderen Blickwinkel und muss – mit fast 10 Jahren Abstand und mittlerweile nicht mehr in Berlin wohnend – sagen, dass ein bißchen nostalgische Gefühle hochkommen.

  10. Es war schon immer ein Kreuz mit dem Ost-Kreuz! Nach flotter Berufs-ausbildung bei der DR, Weiterbildung zum DAMPF-Lokführer (1965), 3 Jahre Armee (Bordmechaniker Hubschrauber) und Studium an der HfV Dresden hatte ich eine sehr persönliche Sicht auf das Kreuz: Ich konnte die unzähligen weniger guten und auch guten Rekonstruktions-vorschläge einsehen und diese geplante „Quadratur des Kreises“ ein wenig verstehen… Sicher kommt jetzt eine praktikable Lösung, besser als die des „Haupt“-Bahnhofs, allerdings nicht die beste für das Kreuz und seine Randbewohner… (Meine Meinung.) Seit ein Herr Mehdorn in diesem Land Eisenbahnentscheidungen treffen durfte, habe ich eh Probleme mit „Neuerungen“. Ich kürze ab…

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