Schlagwort: Ich bin ein Star holt mich hier raus

Dschungelcamp-Journalismus: Wie buchstabiert man „Vorabmeldung“?

Immer mittags verschickt RTL in diesen Tagen eine Pressemitteilung, in der (mit einer Sperrfrist bis nach der Sendung) steht, was am vergangenen Tag im Dschungelcamp passiert ist und am späten Abend im Fernsehen gezeigt werden wird. Manche Medien übernehmen diesen Text einfach gleich mehr oder weniger komplett als eigenen Artikel. Zeitungen nehmen ihn als Grundlage für ihre Berichterstattung, damit sie schon am nächsten Tag über etwas berichten können, was eigentlich erst nach ihrem Redaktionsschluss zu sehen war.

Was den Haken hat, dass sie über etwas schreiben (müssen), das sie nicht selbst gesehen haben (können). Sie schildern das, was in der jüngsten Folge von „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“ geschehen ist, ohne eigene Anschauung – allein auf der Grundlage einer Pressemitteilung von RTL.

(Natürlich weiß man ohnehin nicht, was wirklich dort passiert ist, sondern kennt nur die Auswahl und Inszenierung von RTL. Aber die Journalisten, die bloß auf der Basis der Pressemitteilung schreiben, haben – im Gegensatz zu mehreren Millionen Zuschauern – nicht einmal die gesehen.)

Das ist prinzipiell schon problematisch. Gestern war es das aber auch ganz konkret, denn die Zusammenfassung, die die Pressestelle von RTL vorab verschickte, war fehlerhaft. Sie schilderte den Ablauf der Dschungelprüfung mit größter Detailfreude – aber eben in diesen Details teilweise auch falsch.

Es ging um ein Spiel, in dem Maren Gilzer – unter erschwerten Bedingungen – Wörter buchstabieren musste. Sie stellte sich dabei erstaunlich ungeschickt an. Aber eben anders ungeschickt, als RTL es vorab behauptete.

RTL-Vorab:

1. Begriff „Dschungelkönigin“: Sonja Zietlow nennt den ersten Begriff und Maren taucht kopfüber, mit zugehaltener Nase, durch die trübe Brühe. Sie fischt sich einen Ball und fängt an zu buchstabieren: „D, S, C, H, U, S, E, G, K, Ö…“

In Wirklichkeit schien Maren Gilzer „Dschungel“ mit zwei G buchstabieren zu wollen – jedenfalls war nach „DSCHUNG“ Schluss.

RTL-Vorab:

3. Begriff „Hartwich“: Das „Un-Glücksrad“ dreht sich wieder und Maren ruft: „H, A, R, T, W, I, G.“ Daniel Hartwich: „Leider falsch.“

Nee. Maren Gilzer kam gar nicht bis zum G oder CH. Sie hatte schon das T vergessen.

RTL-Vorab:

8. Begriff „Python“: Maren: „P, Y, T, O, S.“ Falsch!

Die Gelegenheit, ein rätselhaftes S einzubauen hatte die frühere Buchstabenfee schon gar nicht mehr, weil sie wegen des fehlenden H gleich unterbrochen wurde.

Wenn Sie jetzt sagen, dass das doch komplett egal ist, haben Sie natürlich einerseits Recht. Andererseits aber auch nicht, wenn Sie sehen, wie viel Mühe sich zum Beispiel die „Bild am Sonntag“ gemacht hat, genau diese Informationen groß in Szene zu setzen:

Obwohl „Bild“ und „BamS“ einen eigenen Reporter in der Nähe haben, beruht die ganze Seite eben nicht auf irgendetwas, was ein Mitarbeiter der Zeitung selbst gesehen hätte, sei es in Australien oder vor dem Fernseher hier, sondern ausschließlich auf der (fehlerhaften) Vorabmeldung der RTL-Pressestelle. (Bin mir nicht ganz sicher, ob das mit „Mythos ‚Bild‘-Reporter“ gemeint ist.)

Natürlich ist der konkrete Fehler bei RTL passiert. Aber der größere, grundsätzliche Fehler besteht dann doch darin, über eine Fernsehsendung zu schreiben, die man gar nicht gesehen hat.

PS: Bei der „Bild am Sonntag“ kommt noch eigene Unfähigkeit hinzu. RTL schrieb:

5. Begriff „Paparazzi“: Maren: „Ach, nee.“ Und gefolgt von Benjamin taucht sie wieder ins trübe Wasser. Nach dem Auftauchen buchstabiert Maren erstmals richtig. Sie wirft den Ball, doch der fliegt daneben. Benjamin schmeißt und trifft. Ergebnis: Einen halben Stern.

Irgendwer in der „Bild am Sonntag“-Redaktion hat anscheinend nach dem „Ach, nee“ aufgehört zu lesen, und deshalb behauptet „Bild am Sonntag“ heute, Maren Gilzer hätte sich an dem Wort „Paparazzi“ gar nicht erst versucht. Im Gegenteil:

Der „BamS“-Artikel endet damit, dass das Blatt für Frau Gilzer freundlicherweise das Wort „Versagerin“ buchstabiert, allerdings: „V, E, R, S, A, G, E, R, I, N“ und nicht: „B, I, L, D, A, M, S, O, N, N, T, A, G“.

Nachtrag, 10:30 Uhr. Im E-Paper hat die „BamS“ die Darstellung geändert:

Nachtrag, 28. Januar. Anscheinend konnte das Blatt die Fehler auch in einem Teil der gedruckten Ausgabe noch berichtigen. Laut „Bild am Sonntag“ betraf das rund ein Drittel der Auflage.

Eine Haltung mit Anstand? Das kann für RTL nur ein Missverständnis sein

Es war der Versuch, bei einem Sender wie RTL so etwas wie Anstand zu beweisen. Er ist umfassend gescheitert.


Foto: RTL

Es geht, zugegebenermaßen, scheinbar um nicht viel: den „Deutschen Comedypreis“ bloß, eine Auszeichnung, die Jahr für Jahr in Erinnerung ruft, wie klein die fernsehaffine Humorindustrie in Deutschland ist. (Mario Barth wurde sieben Jahre in Folge ausgezeichnet; Olaf Schubert war in diesem Jahr in einer bezeichnenden Doppelfunktion als Vorsitzender der Jury und Gewinner in der Kategorie „bester Komiker“ beteiligt — das Personal ist knapp.)

Nun gewannen aber gestern in der Kategorie „beste Moderation“ auch Sonja Zietlow und Daniel Hartwich: für die RTL-Dschungelshow „Ich bin ein Star — holt mich hier raus“. Das war einerseits nicht ganz unverdient, andererseits aber unglücklich, denn es war der erste Jahrgang ohne den verstorbenen Dirk Bach. Man konnte das, mit bösem Willen, so interpretieren, als hätte es geholfen, dass Bach nicht dabei war. Die Auszeichnung war mindestens ungeschickt.

Zietlow und Hartwich empfanden das offenbar auch so und kamen nicht zur Preisverleihung. Sie schickten stattdessen eine bemerkenswerte Videobotschaft mit folgendem Wortlaut:

Zietlow: Pünktlich zum ersten Todestag von Dirk Bach bekommen wir für den Dschungel also den allerallerallersten Preis überhaupt. Und zwar für die erste Staffel ohne Dirk Bach. Was für ein beschissenes Timing! Seit exakt zehn Jahren machen wir jetzt „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“. Für diese zehn Jahre würde ich jeden Preis der Welt mit Kusshand annehmen. Aber nicht für die erste Ausgabe ohne meinen Dickie.

Hartwich: Für Sonja und Dirk kommt dieser Preis ein Jahr zu spät. Für Sonja und mich kommt er ein Jahr zu früh. Ich kann keinen Preis annehmen, den mein Vorgänger verdient gehabt hätte. Ich hab mich nur ins gemachte Nest gesetzt. Und dann gewinnen wir auch noch in der Kategorie „Beste Moderation“. Aber von den vier Menschen, die für diese Moderationen zuständig sind, sind zwei gar nicht nominiert: Nämlich unsere beiden Autoren Jens Oliver Haas und Micky Beisenherz.

Zietlow: Es fühlt sich nicht richtig an. Nicht die richtige Kategorie, nicht die richtigen Nominierten und nicht der richtige Zeitpunkt. Und deshalb bitten wir um Verständnis, dass wir heute nicht mit euch feiern können.

Hartwich: Vielleicht nächstes Jahr. Vielleicht bekommt die Show dann endlich ihren ersten Preis. Ausgezeichnet… ist sie ja sowieso schon.

In dieser Form schaffte es das Statement aber nicht in die Preisverleihung. RTL schnitt die ersten drei Sätze von Zietlow und die letzten drei von Hartwich weg.

Es blieb, immerhin, eine klare Haltung, die viel positive Resonanz auslöste.

Auf seiner Internetseite ließ RTL zwar die darin enthaltene Kritik weg, berichtete aber:

Große Gefühle beim Comedypreis 2013: Sonja Zietlow und Daniel Hartwich wurden in der Kategorie „Beste Moderation“ für „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ ausgezeichnet. Die beiden Moderatoren waren bei der Preisverleihung in Köln nicht anwesend, verkündeten aber via Video-Botschaft, dass sie den Preis ein Jahr nach dem Tod von Dirk Bach nicht annehmen. Aus Respekt für „Dicki“ und weil es sich „komisch anfühle“, wie Zietlow in ihrer emotionalen Botschaft verkündete.

Hier könnte die Geschichte enden.

Aber offenbar war das noch zuviel kritische Haltung für RTL. Und so mussten die beiden Moderatoren plötzlich in einer neuen Erklärung ihre Haltung revidieren. Nun verlautbarten sie:

„Der Comedypreis für die beste Moderation ist das Ergebnis einer Teamleistung — den können und wollen wir deshalb gar nicht ablehnen. Den Zeitpunkt für die Nominierung finden wir nicht glücklich, aber die Auszeichnung ehrt uns. Wir wollten nur erklären, warum wir kurz nach Dickies erstem Todestag keinen Preis entgegennehmen und feiern können, den wir für die erste Staffel ohne ihn bekommen.“

Dass das im klaren Widerspruch zur Videoerklärung der beiden steht — und sogar zur früheren eigenen Darstellung auf der Seite von RTL — verschweigt der Bohlen-Sender. In einer Pressemitteilung schrieb er, die Videobotschaft von Zietlow und Hartwich sei „missverständlich so interpretiert“ worden, „dass sie den Preis abgelehnt hätten“.

RTL hat auch seine Berichterstattung auf rtl.de nachträglich geändert. Nun steht da nicht mehr, dass Zietlow und Hartwich den Preis nicht annahmen, sondern dass es „Verwirrung um die vermeintlich abgelehnte Ehrung“ gegeben habe. Nach der entsprechenden vermeintlichen Richtigstellung heißt es jetzt im Text:

Zuvor hatte es so ausgesehen, als wollten sie die Auszeichnung gar nicht annehmen. Die beiden waren in der Kategorie „Beste Moderation“ für „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ ausgezeichnet worden.

Die beiden Moderatoren waren bei der Preisverleihung in Köln nicht anwesend, hatten sich aber in einer Videobotschaft zu Wort gemeldet. Darin drückten sie sich allerdings so unklar aus, dass sie die Gäste im Saal ratlos zurückließen. Sie würden sich „komisch“ fühlen, weil Dirk Bach den Preis nicht bekommen hatte. „Der Preis kommt für mich zehn Jahre zu spät“, so Zietlow.

(Nein.)

Aus RTL-Sicht ist damit vermutlich alles wieder in Butter: Natürlich haben die tollen RTL-Moderatoren den schönen RTL-Comedypreis für die feine RTL-Sendung angenommen, sie wollten halt nur aus Pietät oderwiedasheißt nicht feiern kommen. Die eigene Berichterstattung wurde entsprechend geschönt.

Nur die Moderatoren, die eigentlich Haltung bewiesen hatten, stehen nun da wie Idioten, die nicht wissen, was sie wollen, und sich nicht einmal klar ausdrücken können.

Nachtrag, 18:55 Uhr. Als wäre die Sache nicht verworren genug, hat Sonja Zietlow nun gegenüber DWDL folgendes Statement abgegeben, das man schwerlich als „Erklärung“ bezeichnen kann:

„Eine Auszeichnung ist für mich wie ein Lob! Das hat man bekommen und Punkt. Ob man sich des Lobes für würdig hält und wie man damit umgeht, das steht auf einem anderen Blatt. Ich bin nicht wegen Terminschwierigkeiten nicht zur Verleihung des Comedypreises gegangen, sondern weil ich der Meinung bin, dass ich eine Auszeichnung zu genau diesem Zeitpunkt, in genau dieser Kategorie nicht verdient habe. Jedenfalls nicht NUR Daniel und ich.

Mit dieser Haltung wollte ich keineswegs respektlos gegenüber dem Preis, den Veranstaltern und der Jury erscheinen, nein, ich wollte meine höchste Anerkennung denjenigen zollen, die seit 10 Jahren für eine außergewöhnliche, mit Herzblut und Liebe gemachte Sendung stehen. Allen voran einem Mann, der zu Lebzeiten genau diesen Preis mehr als verdient hat: Dirk Bach! Aber wir haben diesen Preis nun mal genau JETZT bekommen, das Lob wurde ausgesprochen und ist angekommen. Und ich weiß auch schon genau, was ich damit machen werde…“

Dschungeltexter Jens Oliver Haas: „Ein Jahr Pause wäre jetzt gut für das Format“


Georgina, Olivia Jones. Fotos: RTL

Am vergangenen Wochenende lief das Finale von „Ich bin ein Star — holt mich hier raus“. Jens Oliver Haas, der seit der ersten Staffel die Moderationstexte für die Dschungelshow schreibt, ist schon auf dem Rückflug nach Hause. Unterwegs hat er mir noch einige Fragen per E-Mail beantwortet.

Im Rückblick: War 2013 ein guter Jahrgang?

Es war ein wunderbarer Jahrgang. Die Hanglage der Kandidaten hat sich ausgezahlt — aber trotzdem fehlte mir das Gefälle. Um im Bild zu bleiben: Es war mir zu ausgewogen. Da fehlte das intellektuelle Gefälle und der clash of cultures, wie wir es zum Beispiel bei meinen persönlichen Lieblingsstaffeln zwischen Rainer Langhans und Sarah Knappik oder zwischen Ingrid van Bergen und Giulia Siegel hatten. Da hatte ich mir speziell von Helmut Berger, Arno Funke und Olivia Jones mehr erwartet. Aber Helmut hat uns verlassen, bevor er zu sich kam, Arno hat sich als sehr farblos erwiesen und Olivia war einfach zu sehr damit beschäftig Olivia zu sein, um den Oliver mal punkten zu lassen.

Die Zahl der echten Prominenten schien in diesem Jahr besonders klein zu sein. Die Viert- oder Fünftplatzierten von DSDS, „Germanys Next Topmodel“, „Der Bachelor“… Anscheinend tat das dem Interesse an der Show und ihrer Unterhaltsamkeit aber gar kein Abbruch. Hat Dich das überrascht? Braucht die Show gar keine echten Stars, um zu funktionieren?

Ich glaube, es gibt keine falschen Kandidaten — es gibt nur falsche Mischungen. Im letzten Jahr hatten wir zum Beispiel ausgezeichnete Kandidaten — jeder für sich war ein Knaller. Aber in der Masse hatten wir einfach zu viele Camper, die schlecht oder gar nicht Deutsch sprachen. Der Dschungel lebt zum größten Teil nicht von den Prüfungen und Schatzsuchen, sondern von dem, was zwischen den Kandidaten passiert und sich entwickelt. Und das beginnt, entwickelt sich und endet immer in Dialogen.

Ansonsten ist es ein Trugschluss, dass man Kandidaten kategorisieren kann. Es gab relativ unbekannte Kandidaten wie zum Beispiel Nico Schwanz, die im Format hervorragend funktioniert haben. Es gab andere wie Rocco Stark, die nur für das Format funktioniert haben — hier durch die Liebesgeschichte mit Kim Debkoswki oder seine Halbbrüder. Und es gibt Kandidaten wie Arno Funke, die nur für ein paar gute Wortspiele zum Auftakt gut sind und dann in aller Stille verpuffen. Da jetzt eine Erkenntnis draus ziehen zu wollen, die sich auf den nächsten unbekannten Aspiranten anwenden lässt, ist sinnlos.


Helmut Berger, Olivia Jones

Die Quote war hervorragend. Während fast alle anderen langjährigen RTL-Shows gerade (zugegeben: auf hohem Niveau) absacken, hat der Dschungel Rekorde gefeiert. Woran liegt das? Hat da der Name Helmut Berger gezogen?

Der Dschungel hat sich seinen Event-Charakter bewahrt. Zum einen, weil er einfach zu teuer ist, um ihn im Stile der Casting-Shows so oft zu duplizieren, bis sich das Genre erschöpft hat. Zum zweiten, weil es ihn — abgesehen vom medialen Vorgewitter — wirklich nur in 16 Tagen im Jahr gibt. Und zum dritten, weil es immer mal wieder eine Auszeit gab, die wieder großen Appetit auf die Show gemacht hat. So ungern ich das auch sage — jetzt wäre mal wieder ein Jahr Pause gut für das Format.

Und die Frage nach Helmut Berger beantwortet sich aus sich selbst heraus: Die Rekord-Quoten kamen erst, als Helmut schon gegangen war. Der Dschungel weckt nach wie vor das Gefühl: Wenn ich jetzt diese zwei Wochen nicht regelmäßig zuschaue… dann verpasse ich was. Dieser Eventcharakter, verbunden mit der Tatsache, dass wir innerhalb von 60 Minuten fast das gesamte Spektrum der aktuellen Fernsehunterhaltung abdecken, macht den Dschungel immer wieder so interessant.

Was ist ein „guter“ Kandidat für „Ich bin ein Star…“? Worauf kommt es an?

Ein gewisser Leidensdruck ist schon von Vorteil. Und er sollte kein zu großer und kontrollierter Medienprofi sein. Ein verzerrtes Selbstbild und eine damit verbundene Fallhöhe sind auch ganz hilfreich. Kleinere Störungsbilder werden gerne genommen, sollten aber nicht krankhaft oder akut sein. Ansonsten gilt wie bei allem: Nenn mir den Namen und ich sage dir, ob und warum ich ihn für einen guten Kandidaten halte. Es kann zwei Promis mit identischer Vita geben, von denen einer ein Traumkandidat und der zweite ein Totalausfall ist.

In früheren Staffeln gab es Anzeichen, dass sich das Prinzip langsam abgenutzt haben könnte, dass zum Beispiel die Kandidaten sich zu kalkuliert verhalten oder auch das Prinzip der ganzen Show sich abnutzt. Wie erklärst Du, dass das stattdessen immer noch funktioniert?

Das Prinzip der Show ist die Überraschung. Wenn ein Star gar nicht so ist, wie wir oder er selbst es gedacht haben. Wenn sich einer ganz anders entwickelt, als geplant, gehofft oder befürchtet. Das zuzulassen und zu begleiten ist die Show. Je mehr man glaubt, das im Griff zu haben oder im Griff haben zu müssen, desto weniger Spielraum gibt man der Sendung, sich selbst immer wieder neu zu erfinden.

Der Übergang von Dirk Bach zu Daniel Hartwich – wie wichtig war es, das in der ersten Folge richtig zu inszenieren? War womöglich die Neugier auf Hartwich auch ein Grund für die Leute einzuschalten?

Ich weiß bis heute nicht, ob wir es wirklich richtig inszeniert haben. Wir — also Autoren, Sonja und RTL — haben uns selbst vorgenommen, die erste Sendung erst vor Ort und mit den Eindrücken vor Ort zu bauen. Letztlich ist uns das nicht gelungen, weil Fernsehen halt doch von Planern gemacht wird und zu viele technische und organisatorische Dinge im Vorfeld entschieden werden mussten. Ich selbst wollte in der ersten Sendung viel mehr die bekannten und mit Dirk verbundenen Strukturen brechen und vielleicht sogar ganz beerdigen. Nicht nur, um Dirk zu ehren, sondern um der Sendung und Daniel Platz für eine Neuanfang zu schaffen. Das war das eine Extrem, das andere war der Vorschlag, einfach wie gewohnt weiter zu machen.

Am Ende wurde es ein Kompromiss, mit dem ich nicht glücklich war — ich hätte zumindest in der ersten Sendung den Begrüssungs-Schrei auf der Brücke weg gelassen und das Studio auf einem anderen Weg als gewohnt betreten. Aber vielleicht war es gerade dieses Ritual, dass als Signal funktioniert hat. Letztlich ist modernes Fernsehen ja immer die Kunst, den Kompromiss zu finden, der am besten funktioniert.

Überhaupt: Daniel Hartwich. Der wahre Gewinner dieser Staffel?

Der Gewinner ist die Sendung. Sie hat bewiesen, dass sie die Summe von ganz vielen richtigen Entscheidungen und ganz vielen guten Fernsehmachern in den richtigen Positionen ist. Daniel hat sich da so nahtlos eingegliedert, dass wir alle Lügen strafen konnten, die uns den totalen Absturz prophezeit haben. Das soll aber auf keinen Fall die Leistung von Daniel schmälern — sich so in ein dermassen komplexes und gut funktionierendes System einzupassen, zeugt von höchster Professionalität und Teamgeist. Das ist etwas, das vielen nicht bewusst ist: Die Leistung der Moderatoren, die ja gerne mal für die Geschichte als bessere Textableser dargestellt werden, ist sensationell! Was die in der Kürze der Zeit und mit der Masse an Text leisten — ich kenne in Deutschland keine Handvoll Moderatoren, denen ich das in der Perfektion zutraue.

Dazu muss man sich nur mal die Reunion-Show anschauen: Diese Sendung haben wir drei Stunden nach dem Finale aufgezeichnet — mit Texten und Fragen, die wir ihnen 20 Minuten vorher frisch aus dem Drucker noch zugesteckt haben. Ohne Probe, ohne Ablauf, ohne viele der MAZen überhaupt gesehen zu haben, haben die beiden eine perfekte Show hingelegt, die viele ausgeschlafen und mit vier Tagen Vorlauf nicht halb so gut gestemmt hätten.


Sonja Zietlow, Daniel Hartwich, Joey Heindle.

Hatte irgendjemand von Euch Joey und Claudelle auf dem Zettel als Favoriten fürs Finale?

Ich habe am dritten Tag bei der Teamwette meine fünf Dollar auf Claudelle gesetzt. Und den Jackpot für Joey teilen sich auch ein paar Kollegen — der geht nicht an einen einzigen.

Was war das mit den ganzen persönlichen Familiendramen und Schicksalsgeschichten, die die Kandidaten da preisgegeben haben im Camp? Spielt bei Eurem Umgang damit auch eine Rolle, inwiefern ihr die für wahr oder für inszeniert haltet? Oder ist die unausgesprochene Spielregel: Alles, was da gesagt wird, darf auch als Material und ggf. Vorlage für Witze verwendet werden?

Das ist wieder etwas, das man nur am jeweiligen Beispiel erläutern kann. Einen Witz, den ich über Gundis Zambo machen kann, die ein Buch über ihre Bulimie geschrieben hat, kann ich nicht über ein ausgemergeltes Model machen, das vehement abstreitet, eine Essstörung zu haben. Ich glaube, wir haben oft bewiesen, dass wir bei allem Brachialhumor auch sensibel mit sensiblen Themen umgehen können. Das Blöde ist, dass ich das nicht beweisen kann, weil es genau die ungesagten Dinge, die ungesendeten Szenen und die ungemachten Witze sind, die das belegen.

Vielleicht nur soviel: An dem Format arbeitet ein fantastisches Team, das viel mehr von den Stars weiß und erfährt, als es jemals einsetzen würde. Und die fast schon inflationäre Zahl an Beichten war mir in der Masse und Inszenierung zu viel und zu aufgesetzt. Man muss das Format nicht schon zum siebten Mal machen, um mit relativ sicherem Gespür zu wissen, wann die Kameras in den Köpfen der Camper präsent sind und wann nicht. Und wenn ich mir sicher bin, dass ein Star das Format benutzt, dann darf das Format auch ihn benutzen.


Patrick Nuo, Iris Klein.

Hattest Du ein persönliches Moderationshighlight in diesem Jahr?

Ja! Mal wieder die Zusammenarbeit mit Micky Beisenherz. Die Moderations-Bücher entstehen innerhalb von vier Stunden, in denen wir noch Sitzungen haben und ständig zwischen Büro und den Schnittplätzen pendeln, um die parallel entstehenden MAZen zu sichten. Nebenbei wird dann gerne noch mal der Ablauf geändert, eine MAZ gekippt und ich synchronisiere noch Dr. Bob. Dazu kommen Gespräche mit Story-Producern, Show-Producern, Regisseur und die ständige inhaltliche Abstimmung mit [RTL-Redakteur] Markus Küttner. Ach ja… und ein täglicher Teaser und eine Dschungelprüfung müssen auch noch geschrieben werden. In der letzten Stunde des Schreibens sind dann auch schon die Moderatoren vor Ort und werden, wo es geht, auch noch in den Prozess mit eingebunden. Kurzum: Es ist unmöglich — und deshalb geht es nur mit Micky Beisenherz. Weil wir tatsächlich 18 bis 20 Stunden täglich fast symbiotisch aufeinander hängen und nur die Sendung leben. Teile der Show entstehen so immer schon auf der Fahrt zum Camp oder in den zwei Stunden, die wir uns täglich für Sport und zwei Bier im Pool abknappsen. Und das iPhone ist in Notiz-Funktion immer dabei.

Ihr nutzt Selbstironie in den Moderationen inzwischen fast wie eine Teflonschicht, an der jede Kritik gar nicht mehr haften bleibt. Das betrifft zum Beispiel die — berechtigten, oder nicht? — Zweifel an den Temperaturen bei Euch da unten und dem Grund für Helmut Bergers vorzeitigen Auszug. Dadurch, dass ihr Jörg Kachelmanns Vorwürfe in ironischer Form zum Thema gemacht habt, habt ihr sie lächerlich gemacht. Ganz anderes Beispiel: Wenn Daniel sich über die freizügige Kleidung von Sonja lustig macht und sie sich spielerisch darauf einlässt, macht sie das in gewisser Weise immun gegen Kritik daran. Wie erlebst Du die Macht und Möglichkeiten von Selbstironie in einem solchen Format? Was sind die Grenzen? Und warum wird das sonst so selten eingesetzt?

Wir haben die Selbstironie ja nicht als Waffe entwickelt sondern nur als Werkzeug entdeckt. Ein Werkzeug, das für jeden frei zugänglich ist — aber nur in Australien darf ich es in der Form auch benutzen. Und ganz ehrlich: Wie anders als mit Ironie soll ich mit Menschen umgehen, die mir aufgrund von Wetterdaten sagen wollen, wie warm es bei mir ist. Komischerweise hat keiner der Journalisten vor Ort jemals die aktuellen Temperaturen mal gemessen oder durchgegeben. Selbst die Kollegen vor Ort haben aus den Daten aus der Heimat zitiert oder irgendwelche „Fachleute“ vor Ort zitiert.

Die traurige Wahrheit ist: In dem Talkessel, in dem das Camp liegt, war es im Schatten viel heißer, als die Wetterwarte Murwillumbah gemessen hat. Und leider befinden sich weite Teile des Camps und der Trial-Area nicht im Schatten. Die Temperaturen, denen die Stars und auch die Moderatoren ausgesetzt waren, liegen sogar noch weit über den Werten, die uns keiner geglaubt hat. Und Kritik perlt tatsächlich an uns ab, weil sie teilweise so hanebüchen und verlogen ist, das es nicht wert ist, sich damit ernsthaft auseinander zu setzen. Nur als Beispiel: Seit acht Jahren schreiben die sogenannten „Journalisten“ einen Bericht von Frontal 21 ab, der massive Fehler und Unsauberkeiten enthält. Aber es ist einfacher, als sich mal selbst schlau zu machen. Ich kann den Quatsch von Dschungelgeräuschen vom Band, Nebelmaschinen und der angeblichen Bananenplantage nicht mehr hören. Man kann übrigens während des Sommer offizielle Führungen buchen und sich das Camp und alles anschauen. Aber das würde ja so viele der schönen Skandal-Geschichten kaputt machen.

Mit der Kritik an sich gehe ich viel entspannter um, seitdem das Spektrum von Trash bis Nietzsche, von Müll bis Kunst und von Gladiatoren- bis Tagesschau-Vergleichen geht.

Und die Frage, warum wir unsere gutfunktionierende Selbstironie und den speziellen Dschungelhumor nicht in den deutschen TV-Alltag hinüber retten können… das ist ein langes Gespräch für sich. Da gibt es ganz viel Hindernisse und leider keine Lösung.

Das Dschungelcamp und das Sich-Ekel-Fernsehen von „Spiegel-TV“

Es ist immer wieder ein Kulturschock, wenn im RTL-Programm „Ich bin ein Star – holt mich hier raus“ an das Magazin von Spiegel-TV stößt. Auf der einen Seite diese läppische Sendung mit ihren albernen Witzen und schlechten Kalauern, die fast nur von Häme lebt. Und auf der anderen Seite das Dschungelcamp.

Dabei haben sich die Spiegel-TV-Leute viel Mühe gegeben in den vergangenen beiden Wochen, von der Aufmerksamkeit für die Dschungelshow zu profitieren. Sie haben einen Bericht gemacht über Rainer Langhans und einen über „Promis in der Schuldenfalle“. Sie haben berichtet über den „Dschungel unter deutschen Dächern“, über „Neues aus der Ekel-Forschung“ und, natürlich, über Hitler. Hitler war nämlich, genau wie Sarah Dingens im Camp, Vegetarier! „Die vegetarische Fangemeinde lässt es gern unter den Tisch fallen, doch es ist wahr: Adolf Hitler aß zu Lebzeiten kaum Fleisch.“

Und nun das Finale. Keine Werbepause, kein Sponsor, unmittelbar nach der letzten Szene aus dem australischen Dschungel wird die Temperatur auf Frösteln heruntergedreht:

Maria Gresz steht da und sagt:

„Jetzt ist es also soweit: Des Deutschen liebstes Hassobjekt ist am Ende und seine Hauptdarsteller irgendwie auch. Ab morgen können wir nur hoffen, dass im Kanzlercamp wieder die Post abgeht. Dass Angela mit Guido rumknutscht. Dass Claudia rot sieht und ausplaudert, dass die Regierungsarbeit nur Show ist und dass die Abgeordneten nur mitspielen, weil sie dafür Geld vom Privaternsehen bekommne. Ich weiß, das wird nicht passieren. Wär aber lustig. Derartige Unterhaltung gibt es eben nur im Dschungel. Dort wo die Zivilisation freiwillig ihre Hüllen fallen ließ und damit Millionen Zuschauer zu glücklichen Voyeuren machte.“

In zwei Wochen im Dschungel wird den Kandidaten, den Tieren und der Menschenwürde nicht so viel Gewalt angetan wie der deutschen Sprache in einer einzigen Spiegel-TV-Anmoderation. Wer danach nicht sofort abschaltet, steckt sofort knietief in einem Metaphernschlammbad, gefüllt mit gammeligen Teekesselchen. „Die vermeintliche Machtausübung“ der abstimmenden Zuschauer, sagt der Sprecher, „sorgt für besonderes Kribbeln – auch am Körper des Altkommunarden Rainer Langhans.“ Das Bild dazu:

Später heißt es: „Ehemalige Camp-Bewohner können ein Lied davon singen“ – bitte schön: Werner Böhm tut es.

Spiegel-TV-Leute leiden unter einer schlimmen Synonymzwangsstörung. Über Rainer Langhans darf nicht berichtet werden, ohne ihn mindestens einmal den „Apo-Opa“ zu nennen. Mit der Alternative „Gleichmut-Guru“ gibt es später noch Alliterations-Bonuspunkte. Und überhaupt, was ist der Dschungel? „Das Guantanamo der Z-Prominenz.“

Auf den ersten Blick ungewöhnlich ist es, dass Spiegel-TV ausgerechnet das Berliner Rumpelblatt „B.Z.“ als Beleg dafür zeigt, dass „das deutsche Feuilleton – ganz im Geiste Brechts – eine reflektorische Metaebene beim Miteinander von Mensch und Made“ entdeckt habe. Vermutlich bringt aber der Autor des entsprechenden Beitrags selbst die fehlende behauptete Fallhöhe mit:

Ross Antony, der die Show vor drei Jahren gewann und dabei auf sympathisch-schockierend-lustige Weise seine eigenen Phobien überwand, wird im Spiegel-TV-Deutsch zum „bekennenden Homosexuellen“, der „etwas Gutes für seine Community tun wollte“.

Und fast jeder Satz trieft von Herablassung. Es ist Sich-Ekel-Fernsehen bis hin zur Anmaßung, den Teilnehmern pauschal „verunglückte Lebensentwürfe“ zu unterstellen. Dann ist der Dschungelbeitrag vorbei (oder wie Spiegel-TV sagen würde: am Ende), und die Moderatorin leitet wie folgt zum nächsten Thema über:

„Es soll in dieser Welt noch Menschen geben, die weniger scharf auf Kameras sind. Waffenhändler zum Beispiel.“

Den Beitrag auf spiegel.de ansehen

Dschungel-Journalismus aus erster Hand

Immer mittags verschickt RTL in diesen Tagen eine Pressemitteilung, in der (mit einer Sperrfrist bis nach der Sendung) steht, was am vergangenen Tag im Dschungelcamp passiert ist und am späten Abend im Fernsehen gezeigt werden wird. Das ist ein Angebot, das von einem Qualitätsmedium wie welt.de für die eigene, äh, Nachberichterstattung natürlich dankbar angenommen wird.
 

RTL-Pressemitteilung Welt.de-Artikel
Indira Weis und Mathieu Carrière müssen zur ersten Dschungelprüfung antreten. (…) Dirk Bach: „Die gute Nachricht: Ihr müsst nichts Unangenehmes essen. Die schlechte Nachricht: Ihr müsst etwas Unangenehmes in den Mund nehmen“. Indira Weis und Mathieu Carrière mussten zur ersten Urwald-Prüfung antreten. „Die gute Nachricht: Ihr müsst nichts Unangenehmes essen. Die schlechte Nachricht: Ihr müsst etwas Unangenehmes in den Mund nehmen“, kündigte Dirk Bach die Aufgabe für die beiden an.
Die Aufgabe: Auf einem Zahnarztstuhl sitzend müssen Indira und Mathieu nacheinander jeweils vier lebende Tiere für 20 Sekunden in den Mund nehmen. Dabei dürfen die Tiere nur mit den Lippen und so sanft wie möglich festgehalten werden, damit kein Tier verletzt wird. Was war konkret zu tun? Auf einem Zahnarztstuhl sitzend nacheinander jeweils vier lebende Tiere für 20 Sekunden in den Mund nehmen. Dabei dürfen die Tiere nur mit den Lippen und so sanft wie möglich festgehalten werden, damit kein Tier verletzt wird.
Und wie beim Zahnarzt üblich wird anschließend ein Abdruck genommen – in diesem Fall allerdings aus essbarem Schleim mit Mehlwürmern. Wenn das geschafft ist, kann jeder fünf Sterne holen (…). Den elften Stern gibt es für eine „Dschungel-Spülung“, die nur ein Kandidat vollständig austrinken muss. Und mit den magischen Worten „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ können Indira und Mathieu die Prüfung jederzeit abbrechen. Und wie beim Zahnarzt üblich wurde anschließend ein Abdruck genommen – in diesem Fall allerdings aus essbarem Schleim mit Mehlwürmern. Dafür bekam jeder fünf Sterne. Den elften Stern gab es für eine „Dschungel-Spülung“, die nur ein Kandidat vollständig austrinken muss. Mit den Worten „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ konnten Indira und Mathieu die Prüfung jederzeit abbrechen.
Tapfer nehmen Indira und Mathieu die Prüfung an und setzen sich auf die Zahnarztstühle. (…) Indira beginnt und bekommt in einer Nierenschale einen 20 cm großen Blauen Flusskrebs serviert. Sie greift das Schalentier, steckt es in ihren Mund und gibt mit Daumen hoch das „Go“. Tapfer nahmen Indira und Mathieu die Prüfung an und setzten sich auf die Zahnarztstühle. Indira begann und bekam in einer Nierenschale einen 20 Zentimeter großen Blauen Flusskrebs serviert. Sie griff das Schalentier, steckte es in ihren Mund und gab mit Daumen hoch das „Go“.
Der hintere Teil des Flusskrebses zappelt in ihrem Mund, die Scheren kneifen kräftig. Vor Schreck reißt Indira den Mund auf – der Flusskrebs fällt zu Boden, die Prüfung: nicht bestanden! Mathieu behält das Schalentier ohne Probleme 20 Sekunden im Mund. Der hintere Teil des Flusskrebses zappelte in ihrem Mund, die Scheren kniffen kräftig. Vor Schreck riss Indira den Mund auf – der Flusskrebs fiel zu Boden, die Prüfung: nicht bestanden! Mathieu behielt das Schalentier ohne Probleme 20 Sekunden im Mund.
2. Runde: Die Stars müssen nun eine Wasserspinne komplett in den Mund nehmen. Indira öffnet ihren Mund, empfängt die Spinne und lässt sie tapfer 20 Sekunden im Mund. (…) Indira: „Oh, Gott. Ich dachte, ich bekomme ein Zungenpiercing“. Die Stars mussten in der zweiten Runde eine Wasserspinne komplett in den Mund nehmen. Indira bestand dieses Mal. „Oh, Gott. Ich dachte, ich bekomme ein Zungenpiercing“, sagte sie.
3. Runde: Nun wird eine große Rhinozeros-Kakerlake gereicht. Deren Hinterteil muss in den Mund. Sonja Zietlow: „Du musst aufpassen, diese Kakerlake hat scharfe Füße und kann kratzen“. Indira öffnet den Mund (…). Das Tier spuckt, doch Indira hält durch. Mathieu Carrière wirft im Zahnarztstuhl seinen Kopf nach hinten, presst die Lippen zusammen und behält die Rhinozeros-Kakerlake 20 Sekunden im Mund. Eine große Rhinozeros-Kakerlake wurde in der dritten Runde gereicht. Deren Hinterteil muss in den Mund. Sonja Zietlow warnte: „Du musst aufpassen, diese Kakerlake hat scharfe Füße und kann kratzen“. Als Indira es in den Mund nahm, spuckte das Tier, doch die Sängerin hielt durch. Mathieu Carrière musste dieses Mal mit sich kämpfen. Er warf im Zahnarztstuhl seinen Kopf nach hinten, presste die Lippen zusammen. Geschafft.
Jetzt bekommen die Stars eine Stabheuschrecke in der Nierenschale serviert. Diese müssen sie quer in den Mund nehmen. Stabheuschrecken in der Nierenschale wurden als nächstes serviert. Diese mussten die beiden Dschungelcamper quer in den Mund nehmen.
Richtig zubeißen heißt es jetzt! Ein Abdruck aus essbarem Schleim mit Mehlwürmern muss in den Mund. Richtig zubeißen, hieß es zuguterletzt. Ein Abdruck aus essbarem Schleim mit Mehlwürmern musste in den Mund.
Die zweite Dschungelprüfung steht bereits fest: „Friedhof der Kuscheltiere“. Dafür wird der prominente Teilnehmer in einen Sarg gelegt, den er oder sie sich mit einigen Ratten teilen darf. Für jede ausgehaltene Minute erhält der Kandidat einen Stern. Doch damit nicht genug: Während des Sargaufenthalts wird die ursprünglich gläserne Kiste nach und nach freigelegt und dabei über eine 70 Meter hohe Schlucht gezogen. Nichts für einen Star mit Rattenphobie oder Höhenangst also! Der „Friedhof der Kuscheltiere“ wartet in der nächsten Folge von Dschungelcamp auf die prominenten Teilnehmer. Sie werden in einen Sarg gelegt, den er oder sie sich mit einigen Ratten teilen darf. Für jede ausgehaltene Minute erhält der Kandidat einen Stern. Doch damit nicht genug: Während des Sargaufenthalts wird die ursprünglich gläserne Kiste nach und nach freigelegt und dabei über eine 70 Meter hohe Schlucht gezogen. Nichts für einen Star mit Rattenphobie oder Höhenangst also.

Und falls Ihnen dieser Eintrag bekannt vorkommt, ist das kein Zufall. Manche Dinge ändern sich nicht.

(Auch beim Online-Auftritt des „Express“ verlässt man sich der Einfachheit halber auf die praktischen PR-Texte von RTL.)

Guten Morgen aus Tralien: Dirk Bach am Dschungeltelefon

Heute Abend geht sie zu Ende, die vierte Staffel von „Ich bin ein Star – holt mich hier raus!“ Kurz vor dem großen Finale spricht Moderator Dirk Bach über das Phänomen Peter Bond, das Improvisieren im Dschungel, den erstaunlichen Abstand von Fremd- und Selbstbild bei den Kandidaten und Giulia Siegel, die nicht so gerne „der vierunddreißigjährige Krieg“ genannt werden möchte.


Dirk Bach mit Co-Moderatorin Sonja Zietlow. Fotos: RTL

Das Fernsehblog: Herr Bach, es ist kurz nach Mitternacht in Deutschland, die Show ist gerade vorbei. Wo sind Sie gerade? Ist da hinter dem Baumhaus gleich ein großer Studiokomplex angebaut?

Dirk Bach: Nein, das Baumhaus ist schon mittendrin im Dschungel. Von da aus muss man ganz oben auf den Berg fahren, da ist zwar immer noch Dschungel um uns herum, aber der fällt nach unten ab. Da ist unsere Technikzentrale. Da ist die Redaktion, die Schneideräume und da steht ein großer Wagen, in dem Sonja und ich wohnen.

Sie hatten gerade die heikle Aufgabe, mit Gulia Siegel zu plaudern, die nach ihrem Auszug erfahren musste, dass ihre Außenwirkung nicht ganz die war, die sie sich erhofft hatte. Haben Sie vorher schon Kontakt gehabt zu ihr?

Nein, wir sind von den Kandidaten komplett getrennt. Das vor der Kamera jetzt war unser erstes Interview mit Giulia Siegel. Wir lassen die Kandidaten dabei immer so lange warten, wie es geht, um es alles ganz frisch zu halten, und nicht vorher schon all die Sachen besprochen werden.

Sind sind also nicht im selben Hotel wie die ausgeschiedenen Kandidaten? Das ist vermutlich auch ein Schutz für Sie.

Deren Hotel ist richtig, richtig weit weg, aber gar nicht um uns zu schützen – bislang wollte uns noch keiner schlagen. Die müssen einfach weit weg sein. Wir wollen das nicht vermischen. Wir wohnen viel näher am Camp, obwohl wir auch schon ganz schön weit weg sind.

Giulia Siegel hat sich jedenfalls nicht wiedererkannt und meinte, dass Sie ihre Erlebnisse bösartig einseitig zusammengeschnitten haben.

Natürlich überhöhen wir die Dinge, die passieren, in den Filmen und auch in unseren Moderationen. Ich glaube aber nicht, dass das so weit ist von der Realität. Es ist keine Dokumentation, und es ist auch kein großes Experiment, wie „Big Brother“ vorgibt zu sein. Es ist einfach eine Unterhaltungssendung mit Prominenten, die ausprobieren: Wie gut halte ich es zwei Wochen dort aus, wo es nicht so ist wie zuhause. Ein bisschen, denke ich immer, liegt es an einem selbst, was man da macht. Ich glaube, dieses: „Hätte man doch nur alle 24 Stunden gezeigt, dann hätte man gesehen, was für ein guter Mensch ich bin“, das stimmt nicht. Vielleicht wird Giulia Siegel das auch mal erkennen. Sie ist ja ein ganz verständiger und kluger junger Mensch.


Dschungelprüfung mit Peter Bond.

Das ist ja ein roter Faden der Show, insbesondere in diesem Jahr, die Diskrepanz zwischen Fremd- und Selbstwahrnehmung. Bei Peter Bond, der sich die Welt und seinen Platz darin zurechtdenkt, war es besonders krass. Ist das ein spezielles Phänomen bei Prominenten?

Nein, das haben wir alle. Wir erleben ja selbst, wieviele Missverständnisse man produziert, wenn man etwas sagt und das von anderen ganz anders aufgenommen wird. Vielleicht hat man hier zwei Exemplare gefunden, die dann doch besonders weit auseinanderliegen, in dem, wie sie denken zu sein, und wie sie dann erscheinen.

Mit den beiden sind Sie und Sonja Zietlow in den Moderationen aber auch besonders gnadenlos umgegangen. Peter Bond hatte von der ersten Sekunde keine Sympathien bei Ihnen, oder?

Beim Peter kam aber noch einiges dazu, was man uns erzählte, was im Flug passiert ist. Und beim Einzug ins Hotel. Das nimmt man natürlich dankbar auf und setzt daraus dieses Bild von ihm zusammen. Und er hat wirklich nicht viel getan, dieses Bild zu verändern, auch jetzt, wo er nicht mehr da ist, hört man immer noch Dinge… Ich glaube, er ist da ganz mit sich im Reinen, dass es so ist mit ihm. Er ist, glaube ich, glücklich so. Aber wir haben hier nicht zehn wehrlose Hartz-IV-Empfänger eingeschlossen, sondern zehn Prominente, deren Beruf es ist, in diesem Medium zu leben, und die Sendung inzwischen gut kennen. Sie halten sich alle für Experten für das, was sie im Camp zu tun haben und wie man sich zu verhalten hätte. Denen ist schon klar, was sie hier tun, und wenn sie da so sind, wie sie sind, dann sind sie das durchaus auch im Einklang mit sich selbst.

Ist es heikel, wenn Sie nach all ihren hämischen Pointen später die Kandidaten treffen? Sie spielen ja dabei nicht nur eine Rolle und sagen Texte auf, sondern genießen es sichtlich, auf deren Kosten zu improvisieren.

Ja, wir haben nicht immer das Glück, alle Einspieler komplett gesehen zu haben, und sind oft selber verblüfft, was wir da hören. Dann müssen wir einfach noch nachsetzen, und klar, da entstehen ein paar Dinge. Wobei Giulia eben im Weggehen noch zu mir sagte: „Also, mich ‚der vierunddreißigjährige Krieg‘ zu nennen, war hart“, und ich dachte, mein Gott, das ist doch eine so süße Bemerkung, dass man der vierunddreißigjährige Krieg genannt wird, das hat mir gefallen. Nein, die Menschen hier wussten, worauf sie sich einlassen, das ist ja durchaus bekannt im vierten Jahr. Und in diesem Business ist es ja auch gut, wenn eine Pointe über einen gemacht wird, auch eine böse.


Lorielle London vor Ihrer Dschungelprüfung.

Beunruhigend ist, wie viele der Kandidaten zu glauben scheinen, dass sie im Camp ganz Deutschland etwas beweisen müssen. Bei Ross Antony war das so, bei Lorielle London noch mehr. Woher kommt das?

Bei Ross war es einfach schön, weil er diese beiden Seiten hat. Er zeigte, dass die Tunte, die immer nur quiekt, auch tough sein kann, auch wenn sie dabei quiekt. Das war ganz süß, weil er genau wusste, was er da machte – das war für mich der bewussteste Kandidat von allen. Bei Lorielle habe ich auch immer ein bisschen Angst, weil die, glaube ich, alles tun würde, nur um zu beweisen, dass sie liebenswert ist, was sie gar nicht müsste. Ich bin kein großer Fan der Dschungelprüfungen, meinetwegen könnte da jeder sagen: nee, mach ich nicht, wie komm ich dazu, ‘nen Hoden zu essen? Vielleicht ist das was Deutsches. Die Briten machen diese Prüfungen zwar auch alle, aber mit soviel Geschrei, dass klar ist: Es ist wirklich nur „Spiel ohne Grenzen“. Bei uns ist das sehr ernst, da fürchte ich mich auch immer ein bisschen vor.

Überhaupt, Lorielle und ihre Transsexualität. Sie ist damit ein Opfer vieler Pointen. Denken Sie darüber nach, welche Grenzen Sie nicht überschreiten wollen, welche Vorurteile nicht bedienen?

Ja, das ist für mich ganz wichtig. Sie ist selber an einem Punkt, wo sie sich ganz viel erfüllt, was sie nie haben konnte. Sie lebt gerade ihre Jungmädchenträume aus, das geht alles durch eine große Öffentlichkeit. Das können wir nicht verhindern, das hat sie selber alles schon angeleiert. Aber wir können versuchen, damit ganz gut umzugehen, und ich glaube, das ist uns gelungen. Sie zum Beispiel als Frau zu nehmen, die sie ja ist, egal, ob da noch was nicht perfekt ist.

Verfolgen Sie das Getöse der Berichterstattung über die Show?

Nicht so gerne. Ich bin natürlich, wie wir alle, quotenabhängig…

Die sind natürlich bei dieser Show eine seltene Freude.

Ja, was ich ja sonst nicht so erlebe. Aber der Rest: nicht so. Ich muss nicht auseinandersetzen mit der Berichterstattung vom „Stern“ oder von der „Bild“.

Müssten Sie sich nicht die gleiche Frage stellen wie die Kandidaten, ob es wirklich eine gute Idee ist, für die Karriere, in den Dschungel zu gehen – auch als Moderator der Show?

Ob es eine gute Idee ist, hängt davon ab, wo man hinmuss. Als homosexueller, dicker Mann in diesem Business hatte ich nie einen großen Plan, was mit mir passiert. Ich habe nur mal das englische Original gezeigt bekommen, und fand das sehr lustig und unterhaltsam, und war dann verwundert über die Reaktionen, die das hervorrief und wie man dann auf einmal als unappetitlich ausgegrenzt wurde. Aber das hat mich nie verunsichert. Für mich ist Fernsehen immer eine große Vielfalt von Dingen. Und in zwei Monaten fange ich an, in Bern an der Oper für den Sommernachtstraum von Benjamin Britten zu proben, und ich glaube, da wird mir das auch nicht so sehr schaden, was ich hier jetzt mache.

Warum wirkt „Ich bin ein Star – holt mich hier raus!“ so anders als andere Fernsehsendungen? Es scheint den Machern selbst mehr Spaß zu machen.

Es hilft, dass wir weiter weg sind von den großen Zentralen. Auch von der Umgebung her. Wir sitzen nicht in den deprimierenden, großen Unterhaltungskasernen, sondern wirklich im Dschungel. Die Entscheidungen werden hier viel kurzfristiger getroffen, wir produzieren viel mehr Material in kürzerer Zeit. Und das Team besteht fast vollständig aus Leuten, die seit der ersten Staffel dabei sind.

Aber Sie sind der Marco Schreyl des Dschungel, weil sie Ihre Texte dauernd von den Moderationskarten ablesen.

Wir müssen die haben. Wir machen ja noch nicht einmal einen richtigen Durchlauf, sondern nur Stellproben. Während die Einspielfilme laufen, versuchen wir uns zu erinnern, was wir uns ausgedacht hatten.

Es gibt keine Probe, in der Sie alles einmal durchspielen?

Nee, dafür ist keine Zeit. Es gibt eine Stellprobe für die Kameras, bei der wir aber nur ablesen, weil wir die Texte selber noch nicht kennen. Das ist alles ziemlich live rausgehauen.

Die endlosen Pausen, bis nach Ihren Moderationen endlich der nächste Beitrag kommt, während Sie noch irgendwie weiterplaudern, sind inzwischen fast stilprägend.

Da sind wir auch selbst immer unsicher: Sind wir durch? Und der Regisseur weiß auch nicht: Reden die da noch was Wichtiges? Und dann möchte er auch immer ausführlich mit den Kameras durch den Dschungel fliegen, um zu zeigen, wo wir sind. Um endlich Schluss zu machen mit diesen Aachener Gewächshausgerüchten.

Und wer gewinnt heute abend? Wer soll gewinnen?

Sonja und ich waren traurig, dass Gundis rausgewählt wurde, weil wir sie sehr geschätzt haben. Wir hätten eigentlich gerne drei Frauen am Schluss gehabt. Aber für mich ist es egal, wer jetzt welchen Platz macht: Es sind Königin Mutter, eine Prinzessin und der Prinz.

„Ich bin ein Star – legt vernünftige Musik unter mich!“

Ein Fluch liegt auf dem deutschen Fernsehen, der Terror der naheliegendsten musikalischen Untermalung. Egal ob ein Bauer seine Frau sucht, ein Restaurant seinen Rach oder ein Auswanderer sein Glück – unter jeder Szene liegt ein Musiktitel, der das Geschehen oder die aktuelle Stimmung doppelt. Die Auswahl scheint sich auf eine Doppel-CD mit den größten Hits der 80er und 90er zu beschränken (plus „Viva la Vida“ von Coldplay). Fast immer handelt es sich um die naheliegendste Idee oder den ersten Treffer bei der Titelsuche. Keine Kornfeld-Szene ohne Jürgen Drews; wenn jemand sagt, dass ihm etwas egal ist, kommt Shakespeare’s Sister mit „I Don’t Care“, und wenn Hilfe naht, naht sie nicht ohne die Beatles und „Help!“ Manchmal ist die Textzeile, die das Gesehene exakt wiederholt, sogar nur für drei Sekunden zu hören.

Zu den unterschätzten Qualitäten von „Ich bin ein Star, holt mich hier raus!“ gehört es, anders mit Musik umzugehen. Zum Abschluss der letzten Staffel, als die Kandidaten das Camp verließen, in der vagen Hoffnung, ihrer Karriere neues Leben eingehaucht zu haben, und mit der realistischen Aussicht, ihr den endgültigen Todesstoß versetzt zu haben, war „Vielleicht“ von den deutschen Indierockern Madsen zu hören: „Vielleicht ist das der Anfang / Vielleicht ist das das Ende…“

Wenn Giulia Siegel Peter Bond zärtlich im Teich wäscht, liegt „Underwater Love“ von Smoke City darunter. Und das intime Gespräch zweier Männer am Lagerfeuer wird vom Soundtrack zu „Brokeback Mountain“ begleitet.

Die Titel sind oft hintergründige Kommentare zum Gezeigten – und die Interpretenliste kann sich sehen lassen: Am Dienstag untermalten die Smashing Pumpkins, The Verve, Sigur Rós, Feist, Babyshambles, Justin Timberlake, Air, Amy MacDonald und die Dust Brothers das Geschehen im Dschungel.

Anlass für einen Anruf in Australien: bei Markus Küttner, 37, dem Ressortleiter Comedyshow bei RTL.

Das Fernsehblog: Sind Sie der Mann, der die Musik für die Dschungelshow aussucht?

Markus Küttner: Nicht jede Musik für jede Sendung, das sind ja hundert Titel. Aber ich sorge schon dafür, dass wir nicht zu jedem Sonnenaufgang „Morning has broken“ spielen, dass nicht immer „Money“ von Pink Floyd zu hören ist, wenn über Geld geredet wird, und nicht die Miss-Marple-Musik kommt, wenn eine alte Frau durchs Bild geht.

Das heißt, es gibt eine bewusste Vorgabe von RTL, es anders zu machen als in der typischen Doku-Soap?

Das ist eine Vorgabe von mir.

Manchmal entscheiden Sie sich aber auch für die naheliegendste musikalische Illustration. Wenn die Österreicherin „Mausi“ Lugner ins Bild kommt, erklingt zum Beispiel „Der dritte Mann“ oder Falcos „Vienna Calling“.

Die Producer, die den Film geschnitten haben, als Mausi auf der Dachterasse im Hotel erscheint, hatten ursprünglich Wiener Walzer darunter gelegt – das war mir doch eine Nummer zu hart. „Vienna Calling“ war dann der kurzfristige Ersatz – das fand ich noch ganz okay.

Wie läuft das ab bei der Produktion?

Die Producer sitzen hier in Australien ganz normal an Schnittprogrammen wie sonst auch – nur wenn man hier vor die Tür geht, ist nicht ein trauriges Industriegebiet, sondern Dschungel. Die Producer arbeiten dann ziemlich unabhängig und legen unter den Rohschnitt schon Musikvorschläge. Inzwischen wissen alle, in welche Richtung wir da gehen wollen – da schlägt keiner mehr „Money“ vor.

Haben Sie eine ganze Digital-Bibliothek dabei? Oder haben Sie Hundert CDs in den Dschungel mitgenommen?

Das haben wir tatsächlich bei den ersten beiden Staffeln gemacht. Das Internet hier war damals noch sehr langsam, und wenn man morgens um sechs eine Livesendung hat und um vier anfängt, bei iTunes einen Song runterzuladen und es nur millimeterweise vorwärts geht – dann wird man wahnsinnig. Ich habe mein iTunes komplett mitgenommen, was schon mal ganz gut ist, und viele Producer haben ihre Sammlungen mitgebracht. Wir kaufen aber auch viel spontan. Gerade für die Eröffnungssequenz, vor der Begrüßung durch Sonja und Dirk, da liegen ziemlich bombastische Titel drunter. Da ist oft auch Filmmusik drauf, die man nicht unbedingt parat hat.

Zum Einzug, als alle sich zum ersten Mal in dem Lageplatz mit dem Teich umsahen, war Peter Fox zu hören mit „Haus am See“ – allerdings nur der Instrumentalteil. Solche Anspielungen funktionieren also nur für Leute, die das Lied kennen. Was ist die Idee dahinter?

Zunächst einmal hat die Musik gut zu der Szene gepasst. Selbst wenn das Stück einen ganz anderen Text gehabt hätte, hätte die Musik alleine trotzdem gepasst. Das ist natürlich die Hauptsache. Aber wenn man noch einen kleinen Insider-Gruß für, ich weiß nicht, fünfzehn Prozent unserer Zuschauer mit hineinpacken kann, die es erkennen und sich freuen: um so besser. Die ganze Show ist vielschichtiger als ein Großteil derer, die darüber berichten, überhaupt erkennen. Es steckt viel mehr drin.

Als Giulia Siegel klagte, dass sie ohne eine aufgestockte Zigarettenration nicht im Dschungel bleiben könnte, lief „Better Living Through Chemistry“ von Queens Of The Stone Age.

Ja. Und in der letzten Staffel hatten wir Julia Biedermann, die gleichzeitig im „Playboy“ mit Hochglanzbildern war und im Camp aussah wie Rod Stewart nach einer durchsoffenen Nacht. Darunter haben wir von den Sternen „Was hat dich bloß so ruiniert“ gelegt – lustigerweise auch erst nur das Intro, ohne Text. Wir haben auch gerne mal schöne Intros von Radiohead, allerdings eher die älteren Sachen. Die neuen sind selbst für abgefahrenere Shows ein bisschen zu hart.

Ist es eine bewusste Entscheidung, so stark auf für RTL untypische Musikfarben zu setzen?

Ich weiß nicht, ob die Musikfarben wirklich so untypisch für RTL sind. Ich bin zum Beispiel auch für die Doku-Soap „Teenager außer Kontrolle“ zuständig. Da nehme ich nicht so viel Einfluss und wir haben mehr Filmmusiken, aber das geht in eine ähnliche Richtung. Auch bei der „Super-Nanny“. Ich bin seit Jahren großer Radiohead-Fan, und immer wenn Radiohead in der Show zu hören ist, bekomme ich innerhalb von drei Minuten 15 SMS von Freunden, die sagen: Du Idiot, was spielt ihr Radiohead im RTL-Programm?!

Schöne Situation: Sie müssen sich vor RTL rechtfertigen, dass sie Radiohead spielen, und vor den Radiohead-Fans, dass sie es bei RTL spielen? Sie machen beiden das Programm kaputt!

Vielleicht bringe ich da Welten zusammen, die in Wahrheit zusammen gehören… Nein, das macht einfach Spaß, und am Ende geht es immer um die Sendung.

Haben Sie, so weit weg von der Zentrale, mehr Freiheiten als sonst?

Freiheit habe ich sonst auch. Aber hier im Dschungel gibt es nur wenige Stellen mit Handyempfang. Da ist man nicht immer erreichbar, das kann schon mal praktisch sein. Wir haben uns in früheren Staffeln zum Beispiel über die wunderbaren Dschungelsongs lustig gemacht. Soviel Selbstironie muss erlaubt sein, schließlich machen Sonja und Dirk bei ihren Sprüchen auch vor sich selbst nicht halt.

Und trotzdem hatten sie den schrecklichen aktuellen Song, die Zipfelbuben mit „Hier im Dschungel“ neulich in die Sendung eingebaut.

Ach, das passiert.

Dann ist RTL Enterprises glücklich?

Ja. Aber der eigentliche Kampf als Programmverantwortlicher beginnt eher jetzt, wenn die Single im Handel erhältlich ist und Promo dafür gemacht wird. Ich wehre mich natürlich nicht grundsätzlich dagegen, aber so, wie Sonja und Dirk die Sendung moderieren, würde es nicht passen, das in der üblichen Manier zu tun.

Warum ist es so schwer, in anderen Shows auch so ambitioniert und überraschend bei der Musikauswahl zu sein? Ist es wirklich so, dass die Zuschauer eigentlich nur den Wiedererkennungseffekt wollen, dass in jeder Szene genau die Textzeile kommt, die sie kennen und die das Geschehen eins-zu-eins illustriert?

Tatsache ist, dass beides funktioniert. Es funktioniert der typische Doku-Soap-Stil genauso wie unser eher abwechselungsreiches Konzept. Es gibt eine Berechtigung für beides.

Darf ich mir noch was wünschen?

Klar.

Echt?

Na, ich habe ja nicht gesagt, dass ich Ihren Wunsch erfülle.

(Aber was läuft am Abend, in Folge 7, nach 14 Minuten, wenn sich die Kandidaten auf ein unerwartetes Belohnungsfrühstück mit Toast und Marmelade stürzen? „When Will I Ever Get Home“ von den Kilians!)