Monat: Oktober 2008

Programmhinweis (22)

Unter dem Titel „Mehr Klicks … mehr Qualität?“ veranstaltet der Deutsche Journalistenverband am kommenden Samstag, 18. Oktober, zum vierten Mal seine Tagung „Besser Online“, diesmal in Hamburg. Es sind viele interessante Leute dabei, u.a. die Chefredakteure von „Spiegel Online“, „Focus Online“ und tagesschau.de und die stellvertretende Chefredakteurin von „RP Online“, es gibt eine bestimmt kontroverse Diskussion zwischen Lutz Tillmanns, dem Geschäftsführer des Deutschen Presserates, und mir — und am Ende darf ich sagen, wie es war (und wie es wird).

Besser Online: Programm, Anmeldung.

Was man nicht mit dem Zweiten sieht

Ich habe dann noch eine Frage zu dem Fernsehpreistheater am Wochenende.

Das ZDF hat aus der Preisverleihung am Samstag größere Teile herausgeschnitten, zum Beispiel eine nach übereinstimmenden Augenzeugenberichten furchterregende Sketcheinlage von Johann Lafer und Horst Lichter und eine ganze Serie von lustig nur gemeinten Einspielfilmen (ausführlicher haben das die Kollegen von DWDL festgehalten). Das war natürlich im Sinne der Fernsehzuschauer, die so eine bessere und kurzweiligere Show sahen als die Gäste im Saal und geht insoweit völlig in Ordnung. Nur bezog sich der Wutausbruch von Marcel Reich-Ranicki ja gerade auf die Zumutungen dieser Preisverleihung. Offensichtlich waren sie es, die seine Ungeduld und Empörung auslösten, nicht der allgemeine Zustand des Fernsehens. Aber einen erheblichen Teil der Längen und Peinlichkeiten, die Reich-Ranicki ertragen musste, bekam der Zuschauer gar nicht zu sehen. Das ZDF zeigte die Wirkung, aber nicht die Ursache. Ein ehrliches Urteil darüber, ob sein Wutausbruch berechtigt war, kann das Publikum zuhause nicht fällen.

Mir ist schon klar, dass das im konkreten Fall keine dramatischen Folgen hat (und, nein, ich möchte gar nicht sehen, was Lafer und Lichter da vorgeführt haben). Es ist eher eine akademische Frage, die aber vielleicht nicht ganz irrelevant ist, wenn plötzlich eine Grundsatzdebatte über die Qualität des Programmes geführt werden soll: Ist es nicht merkwürdig, mit welcher Selbstverständlichkeit wir es hinnehmen, dass uns das Fernsehen etwas vormacht und ohne Not ein falsches Bild von der Wirklichkeit zeichnet?

Pastewka widerspricht Reich-Ranicki

Elke Heidenreich ist nicht die einzige, die bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises war und sich geärgert hat. Auch Bastian Pastewka hat sich geärgert — aber über den Auftritt von Marcel Reich-Ranicki.

In einem Gastkommentar auf fernsehlexikon.de bedauert er, dass die Sender überlegen, die „Fehlleistung“ des Literaturkritikers auch noch mit einer eigenen Sendung zu belohnen.

Bastian Pastewka: Keine Sendung für Marcel Reich-Ranicki!

MRR will Fernsehquatschpreis nicht

Tja, wie mag er heißen, der Mann, der gerade anscheinend etwas Wunderbares gemacht hat: sich über den ganzen Schrott beklagt, den er sich viele Stunden lang anschauen musste, und es dann spontan abgelehnt, den Ehrenpreis des Deutschen Fernsehpreises anzunehmen? „Spiegel Online“ bietet aktuell nicht weniger als drei Varianten an:


Vielleicht müssen sich die Veranstalter doch langsam etwas ausdenken, auch wenn Hans Janke, der stellvertretende ZDF-Programmdirektor und amtierende Beiratsvorsitzende des Preises, das in der „Süddeutschen Zeitung“ am Freitag so entschieden bestritt. Im vergangenen Jahr nahm Götz George den Ehrenpreis zwar an, stöhnte aber nach der endlosen Preisverleihung voller Preisträger, die er gar nicht kannte: „Ich habe so wahnsinnig Durst und Hunger, wir müssen zum Ende kommen.“ Eventuell könnte man ja den Ehrenpreis zum Auftakt der vielstündigen Sendung überreichen, und Teil der Auszeichnung wäre die Möglichkeit, danach sofort zum Essen gehen und die restlichen 3182 Auszeichnungen schwänzen zu dürfen.

Das ZDF kann in seiner Übertragung der Sendung den von Reich-Rasnitschy ausgelösten Eklat noch nach Gusto glattbügeln. Der Sender hat am Samstag in seiner Vorberichterstattung so getan, als finde die Verleihung erst am Sonntag statt, und zeigt sie dann als Aufzeichnung. Was auch eine Bankrotterklärung des Mediums Fernsehen ist, die Show, nicht wenigstens (wenn schon nicht live) am selben Abend auszustrahlen.

[Disclosure: Ich war 2005 in der Jury des Deutschen Fernsehpreises und habe danach frustriert meinen Platz in dem Gremium geräumt.]

[Frederic Schneider ist auch über den „Spiegel Online“-Artikel gestolpert.]

Nachtrag, 12:15 Uhr. Ein ausführlicher Bericht von Ort steht bei den Kollegen von DWDL, die von einem weiteren Eklat raunen, den sie aber noch nicht verraten wollen, weil sie sich an die Sperrfrist des Senders gebunden fühlen.

Das ZDF spricht auf ZDF.de derweil nur von einem „Beinah-Eklat“:

Nachtrag, 14:40 Uhr. Die Tochter, die den Preis an Stelle des Kritikers entgegen genommen habe, war übrigens auch eine (inzwischen klammheimlich korrigierte) Fehlleistung von „Spiegel Online“.

Nachtrag, 15:40 Uhr. Unbedingt lesen! Elke Heidenreich, die dabei war, ist auf FAZ.net hemmungslos empört:

(…) Wo waren die Programmdirektoren und Intendanten in diesem Augenblick, warum kam keiner von ihnen auf die Bühne, um etwas zu sagen? Weil es verknöcherte Bürokarrieristen sind, die das Spontane längst verlernt haben, das Menschliche auch, Kultur schon sowieso.

Man schämt sich, in so einem Sender überhaupt noch zu arbeiten. Von mir aus schmeißt mich jetzt raus, ich bin des Kampfes eh müde. Ich schäme mich, ich entschuldige mich stellvertretend für alle Leidenden an diesen Zuständen, und derer sind auch in diesen verlotterten Sendern noch viele, bei Marcel Reich-Ranicki für diesen unwürdigen Abend. Ja, bitte nimm den Preis nicht an, jetzt nicht und nie. Lass dich nicht einlullen. Und rede nicht mit den Vertretern der Sender, es bringt nichts. Sie werden es nicht begreifen.

(…) die Radios meldeten schon, Reich-Ranicki habe einen Eklat verursacht. O nein, das hat er nicht. Der Eklat war diese ganze grauenvolle Veranstaltung. Reich-Ranicki war der Lichtblick.

Der Peer und ich bloggen die Aufzeichnung heute Abend „live“ auf fernsehlexikon.de.

„Everything’s drawn and super 80s“

Das hier hat nichts mit irgendwas zu tun (außer vielleicht mit der nach wie vor von den klassischen Medien viel zu wenig gestellten, geschweige denn beantworteten Frage, wie sie die grenzenlose Kreativität, die sich in so vielen YouTube- und anderen Internetprojekten zeigt, in ihr davon oft so schmerzlich freies Programm bekommen — und ich rede hier nicht von dämlichen Clip-Shows), aber die Idee und die Umsetzung sind so toll, dass ich es einfach zeigen muss.

Es ist die Wörtliche-Video-Version von „Take On Me“ von a-ha. Irgendwelche Verrückten haben es neu aufgenommen und den Originaltext durch eine Beschreibung dessen ersetzt, was man im Film sieht:

Ist das nicht ganz groß?

[via Nerdcore]