Man ahnt ja nicht, was die Leute so antreibt. Der ARD-Moderator Frank Plasberg zum Beispiel sagt, ein „entscheidender Teil seines beruflichen Antriebs“ sei: „offener Wettbewerb und das sich Messenlassen an Konkurrenz“.
Wenn ich das gewusst hätte! Dann wäre ich vielleicht nicht überrascht gewesen, als mich am vergangenen Mittwoch eine Pressemitteilung der Überlinger Firma Compamedia erreichte:
Fairer Mann für „Top Job“
Frank Plasberg wird neuer „Top Job“-Mentor und präsentiert die besten Arbeitgeber des deutschen Mittelstands.
Nun ist „Mentor“ eine merkwürdige Wortwahl. Plasberg wird allem Anschein nach vor allem seinen bekannten Namen und sein Gesicht zu Werbezwecken zur Verfügung stellen. Die Unternehmen, die es auf die Liste der „100 besten Arbeitgeber“ schaffen, dürfen mit Plasberg für sich werben. Eigentlich nennt man das „Testimonial“. Aber bei Compamedia mag man das Wort „Mentor“. Die Agentur nennt sich selbst „Mentor der besten Mittelständler“.
Seit zehn Jahren veranstaltet sie einen Wettbewerb, bei dem die Belegschaft und die Personalabteilungen von Unternehmen befragt werden, um die attraktivsten Arbeitgeber zu küren. Vor Frank Plasberg war der ehemalige Arbeitsminister Wolfgang Clement „Mentor“, was unter anderem so aussah:
Clements Engagement fiel nicht nur positiv auf. Der „Focus“ berichtete vor fünf Jahren, dass der „Mentor“ die Bundestagsabgeordneten in einem Rundbrief aufgefordert hatte, ihm Kandidaten für den Wettbewerb aus ihrem Wahlkreis zu nennen. Das kam nicht bei jedem Volksvertreter gut an, insbesondere weil Clement wohl verschwieg, dass die Teilnahme Geld kostet: mehrere Tausend Euro, je nach Unternehmensgröße.
Das ist ohnehin ein wichtiges Detail. In gewisser Weise erkaufen sich die Unternehmen einen Platz auf der Liste. Eine Teilnahme garantiert zwar kein Prädikat. Aber nur wer zahlt, kann überhaupt ausgezeichnet werden. Ergebnis ist keine Liste der besten Unternehmen, sondern bestenfalls eine Liste der besten Unternehmen, die für die Teilnahme zahlen. Diese Information, die eine allgemeine Aussagekraft des Rankings eher zweifelhaft macht, fällt in der Kommunikation gerne unter den Tisch.
Die Pressemitteilung der vergangenen Woche zitiert Plasberg:
„Bei ‚Top Job‘ versammeln sich die besten Arbeitgeber des deutschen Mittelstands“, sagt Plasberg, dem der wissenschaftlich-seriöse Hintergrund des bundesweiten Unternehmensvergleichs ganz besonders wichtig ist: „Die St. Galler Wissenschaftler, die hinter dem Projekt stehen, sind auf dem aktuellen Stand der Forschung und prüfen das Personalmanagement der Bewerber auf Herz und Nieren – aber stets fair. Das gefällt mir, und deshalb habe ich eine besondere Freude daran, diese Besten unter Deutschlands Arbeitgebern zu fördern und bekannt zu machen.“
Ich habe Plasberg daraufhin (per Mail) gefragt, ob er wirklich den „aktuellen Stand der Forschung“ im Personalmanagement kennt, und wenn ja: woher. Seine Antwort:
Ich habe mich über die Art der Untersuchung informiert. Die wissenschaftliche Leiterin, Prof. Heike Bruch, ist Direktorin des Instituts für Führung und Personalmanagement und Ordinaria an der Universität St. Gallen. Dass sie als Professorin einer weltweit anerkannten Elite-Universität auf dem aktuellen Stand der Forschung arbeitet, versteht sich von selbst. Nur nebenbei: Im vergangenen Sommer war Frau Prof. Bruch beim hochkarätig besetzten Zukunftsgipfel der Bundeskanzlerin in Meseberg eingeladen und hat über das Thema Personalentwicklung referiert.
Nun gut, wenn es sich von selbst versteht, bräuchte man vielleicht nicht noch Herrn Plasberg, um den Fachleuten Kompetenz zu attestieren.
Auf die Frage, ob er es nicht zweifelhaft findet, in dieser Form Werbung zu machen, antwortet Plasberg:
Für mich ist entscheidend: Da lassen sich Unternehmen in die Karten gucken, akzeptieren, dass alle Mitarbeiter befragt werden, um am Ende zu erfahren, ob ihr Personalmanagement dem bestmöglichen Stand entspricht. Das hat erstmal meine Sympathie. (…)
Wenn ich werbe, dann für das Prinzip des Wettbewerbs und eines transparenten Umgangs beim Personalmanagement. Und wenn die wirklich guten, aber oft noch unbekannten mittelständischen Unternehmen so eine Bühne bekommen, um beim Ringen um die begehrten Fachkräfte erfolgreich zu sein, ist das für mich eine gute Sache.
Ich werde von sehr vielen Institutionen um Unterstützung gebeten. Und ich schaue mir das sehr genau an. Für die eine oder andere Idee engagiere ich mich. Mal ohne, mal mit Honorar. Und nicht selten profitiert der eine Bereich vom anderen. Ich finde, das liegt im Rahmen dessen, was eine öffentliche Figur wie ich tun darf, vielleicht sogar sollte.
Hat er sich das Werbeengagement vom WDR oder der ARD genehmigen lassen?
Nein, ich habe mir das Engagement für Top-Job nicht genehmigen lassen, u.a. deswegen, weil es dafür weder eine formale noch inhaltliche Notwendigkeit gibt.
Na dann.
Vielleicht sehe ich das alles zu eng. Vielleicht wirbt Plasberg für eine Sache, die zwar durch und durch kommerziell ist, aber irgendwie dem Gemeinwohl dient.
Mir geht es auch weniger um „Top Job“ und die Gestaltung dieser Arbeitgeber-PR-Veranstaltung. Ich habe nur den Wunsch, von einem Journalisten, der an hervorgehobener Stelle für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk arbeitet, kein Werbegequatsche lesen zu müssen wie: „Bei ‚Top Job‘ versammeln sich die besten Arbeitgeber des deutschen Mittelstands.“
Ist das zuviel verlangt?
Fortsetzung hier.